Wenn ich gefragt werde, was ich am Taxifahren so mag, dann erzähle ich meist eine Story über Abende wie den gestrigen. Wegen der Arbeitszeiten.
Ich bin recht spät los, saß um 20.15 Uhr erst im Taxi. Von da an lief es eigentlich recht gut, aber um 23 Uhr fragte Ozie an, ob ich nicht vielleicht noch mit ihr zur Packstation fahren würde, ein Paket abholen. Gesagt, getan: ich hab noch abgewartet, bis ich am Ostbahnhof eine Tour gekriegt habe und bin dann nach Hause gefahren. Einfach so. Nach knapp über drei Stunden. Weil es geht.
Obwohl dieses Mal sogar der Umsatz gestimmt hat: meine Arbeitslaune war nur wenig ausgeprägt. Der Unterschied zwischen mir und den meisten Menschen ist in so einem Fall: die meisten Menschen sehen mitleidig auf die Uhr und zählen die Stunden bis zum Feierabend – ich sehe wehleidig auf meinen Geldbeutel und rechne mir aus, wie viel Geld ich am Monatsende weniger habe, wenn ich jetzt Schluss mache.
So auch um die nullte Stunde herum. „Auf eine Zigarette“ bin ich vorläufig mit hoch in die Wohnung gekommen, wieder gegangen bin ich drei Stunden später – um das Auto abzustellen. Da es arschkalt war, hatte ich die Zeit gut geplant. Mir blieben am Abstellplatz ein paar Minuten zum Papierkramerledigen und dann hoffentlich nur wenig Wartezeit an der Bahnhaltestelle. Um den Plan nicht zu gefährden, hab ich auf der Fahrt gleich die Fackel ausgeschaltet gelassen. Das Auto war noch (gemessen an winterlichen Maßstäben) sauber und noch ausreichend betankt, alles kein großer Deal. Dank einer Baustelle ist allerdings der Parkplatz gerade immer ziemlich gut belegt, so dass ich ein oder zwei Runden drehte, um einen Standplatz für die 1925 zu finden. Und dann?
Wurde ich rangewunken.
WTF? Fackel war aus, wir waren auf einem düsteren Parkplatz in Lichtenberg und vor mir standen zwei Winker. Naja, wahrscheinlich wollten sie irgendwas wissen: den Weg zum Hotel oder so.
Nein, wollten sie nicht. Zwei junge Asiaten, Koreaner vielleicht, fragten in mehr als brüchigem Deutsch, ob ich sie „Okeide binga“ könne.
„Nee nee, sorry! Ich hab Feierabend!“
Noch sieben Minuten bis zur Bahn und ich hatte noch nicht einmal einen Parkplatz …
„Feiaaad?“
„Ja, ich bin fertig. Schluss, finito. Shift finished.“
„Okeida?“
Das ging noch eine Weile so weiter. Am Ende hab ich dann beschlossen, dass einfach die Kommunikationsbasis fehlt, um die Fahrt abzulehnen. Ich weiß, die meisten Kollegen hätten das eher umgekehrt gemacht, aber ich bin ja nicht die meisten Kollegen. Die Adresse hatten die unerwarteten Fahrgäste glücklicherweise ohne gröbere Patzer im Handy gespeichert und so stellte sich heraus, dass sie in die Borkheider Straße – nach Marzahn, fast schon Ahrensfelde mussten. Puh!
Im Grunde eine schöne Sache. Weite Tour – am Ende 18,00 € – und damit lohnend. Nur zähneknirschend den Feierabend verschiebend und zudem auch noch zuhause vorbeifahrend gefiel mir das eigentlich eher weniger. Aber gut, jetzt hatte ich schon ja gesagt.
Die beiden waren wirklich lieb, eine Unterhaltung war allerdings nicht möglich. Trotz aller Versuche. Ich war deutlich schneller unterwegs als sonst so in Berlin und hab nach dem Absetzen der beiden festgestellt, dass mir noch eine reelle Chance bleiben würde, nun ziemlich passgenau die Bahn zu kriegen, die eine halbe Stunde später fuhr. Und ich habe es geschafft.
40 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit, da weinen die Kollegen aus der Tagschicht aber. 🙂
OK, natürlich hatte ich so erst 30 Minuten später Feierabend. Dafür aber auch 8 € brutto mehr am Monatsende. Auf die Stunde gerechnet stinkt da selbst der Dezemberlohn gegen ab …
Ja, normalerweise ist Feierabend, wenn Feierabend ist – Ende! Aber wie sagt man so schön: Ausnahmen bestätigen die Regel. 😀
