Interessenkonflikt

Pärchen. Im Grunde ist es unverständlich, wieso sich Menschen paarweise zusammenrotten, stets darum bemüht, mit dem Partner in möglichst vielen Punkten uneinig zu sein. Das Pärchen, das zu mir ins Auto gefunden hatte, musste jedenfalls irgendwie ganz großartigen Sex haben oder in finanzieller Weise voneinander profitieren, denn sonst schienen sie nicht sonderlich gut zueinander zu passen. Er ein eher schüchterner Typ mit Zufallsfrisur und Dreitagebart, sie hochgestylt bis zum Level Barbie+ und mit einem Befehlston auf den Lippen, der wahrscheinlich Flugzeuge vom Himmel holen könnte.

Beide für sich waren sie nett zu mir, allerdings machte der junge Mann einen gewaltigen Fehler. Also in ihren Augen schien es zumindest so zu sein. Er fragte mich ein paar Allgemeinplätze, wie es gehe, was das Geschäft so mache – üblicher Smalltalk. Und auf meine Antworten hin erwiderte er, er kenne das, bei ihm sei gerade dies und das.

„Halt die Klappe Schatz, das interessiert keinen!“

Wann immer er sich anschickte, sich mit mir zu unterhalten, funkte seine Holde dazwischen und postulierte, dass er mich mit seinem langweiligen Geseier nerven würde. Was keineswegs der Fall war, ich hatte schon wesentlich unschönere Gespräche im Auto.

Sie suchte nicht wirklich ein Gespräch mit mir, die zwei drei Worte, die wir letztlich doch wechselten, waren allerdings keineswegs von höherer Qualität. Aber immer wieder:

„Naja, da hatte ich ja neulich auch diesen …“

„Boah Schatz, kannst Du das mal lassen, dich mit deinem langweiligen Quark einzumischen! Glaubst Du, das interessiert den Taxifahrer oder mich?“

Sie hat ihn letztlich sogar bei der Verabschiedung von mir unterbrochen und ihn angeschnauzt, er solle nicht immer so viel tratschen. Ich wünsche den beiden, dass sie zu Hause nicht so viel reden müssen wie im Taxi …

16 Kommentare bis “Interessenkonflikt”

  1. Klarer Fall von: Er hat die Kohle und sie lässt ihn ab und an dafür mal ran.

  2. bla sagt:

    Dann soll er sich doch lieber ne Hure nehmen. Aber ok, wer auf Barbie-Style steht hat eh irgendwo nen Schaden…

  3. Sash sagt:

    @Der Maskierte:
    Könnte sein …

    @bla:
    Wenn es so sein sollte, ja. Aber man weiß ja oft nicht, was noch so dahintersteckt.

  4. elder taxidriver sagt:

    Trauriger Fall, die werden nämlich vermutlich auch von Freunden und Bekannten gemieden. Wer will schon so ein Pärchen am Tisch haben bei einem gemeinsamen Essen? Der Film dazu: ‚Wer hat Angst vor Virginia Woolf?‘

  5. MsTaxi sagt:

    Hm, vllt ein verbalerotisches Vorspiel der ganz besonderen Art und zuhause mutiert Duckmaeuserich zur dominanten Mightymouse und Zickenbarbie wird „spezialerzogen“. Baaaah, etz habbisch Koppkino *lol*

  6. Wahlberliner sagt:

    Boah, wenn ich das schon lese, da kocht der Hass und das angewidert Sein in mir hoch…. Wieder so eine Sache, die mich froh sein lässt, nicht als Taxifahrer zu arbeiten. Ich könnte nicht anders, als diese Frau so abgrundtief zu hassen, bis es bei mir körperliche Abwehrreaktionen/Würgereflexe hervorrufen würde. Und als Fahrer ins eigene Taxi kotzen kommt doch eher nicht so gut 😉
    Ein hoch auf jeden Taxifahrer, der diplomatisch sein kann und sich verkneifen kann, seine Abneigung offen zu zeigen!

  7. Sash sagt:

    @elder taxidriver:
    Das kann ich mir auch vorstellen! Auf eine WG-Party hätte ich die nicht eingeladen – und unsere Anforderungen an die Besetzung waren echt nicht hoch 😉

    @MsTaxi:
    Klar, [hier bitte ehemaligen Toyota-Slogan einsetzen]. Aber wie man DEN Übergang hinkriegt … als nicht einmal begrenzt schau-, und damit rollenspieltauglicher Mensch wage ich nicht, mir das vorzustellen.

    @Wahlberliner:
    Ach, DIE beiden sind sicher auch im Supermarkt und in der Bank stressig. Und zu mir war ja auch sie nett. Wie man sicher merkt: ich verstehe solche Leute nicht. Und natürlich ist jeder Sarkasmus auch schlecht getarnte Verachtung. Aber irgendwann weiß man halt, dass es auch eine Menge Idioten unter der Sonne gibt …

  8. Wahlberliner sagt:

    @Sash: Ich glaube, das freundlichste was ich in der Situation hätte tun können, wäre mich auf die Seite des Mannes zu schlagen und zu sagen: „Nein, ich finde es interessant, jetzt seien Sie mal ruhig und lassen ihn reden“, und ihm dann beim Aussteigen (so, dass sie es hört) auch noch ein herzliches Beileid zu so einer „Frau“ gewünscht, und die Anführungsstriche auch deutlich mit ausgesprochen… 😉

  9. Sash sagt:

    @Wahlberliner:
    Ja, aber ich hab die beiden rund 10 Minuten erlebt. Vielleicht ist er ja in der Regel wirklich eine unglaubliche Nervensäge und einer von den Typen, die unangenehmerweise nie merken, wenn sie stören. Außerdem: wenn man sich da einmal einmischt, ist man plötzlich selbst das Hassobjekt von beiden gleichzeitig. Und ich bin kein Paartherapeut, sondern hatte den Willen, mir noch etwas Trinkgeld zu sichern 😉

  10. ednong sagt:

    Jaja,
    immer ans eigene Überleben denken, sonst kommt man unter die Räder … 😉

  11. Wahlberliner sagt:

    Genau deshalb wär das kein Job für mich: Ich müsste mich zwischen meiner (erst geistigen, daraus resultierend dann irgendwann körperlichen) Gesundheit oder meinem Lebensunterhalt entscheiden. Keine gute Wahl.

  12. Sash sagt:

    @ednong:
    Kann auch mal hilfreich sein. Vor allem, wenn die sich nur untereinander kabbeln 🙂

    @Wahlberliner:
    Ist aber nicht schlecht, das zu können. Hilft auch außerhalb der Arbeit. Stressige Pärchen sind ja nun nicht gerade ein taxispezifisches Problem …

  13. Wahlberliner sagt:

    @Sash: Normalerweise kann man sich von stressigen Menschen (ich will das nicht auf Pärchen beschränken) ja einfach fern halten, wenn man nicht beruflich mit ihnen in Kontakt sein *muss*. Aber ich gebe offen zu, dass ich noch nicht wirklich eine (berufliche) Lösung gefunden habe, bei der ich mich (als Mensch) nicht verbiegen müsste, was sich dann immer so anfühlt, wie mein Menschsein zu verleugnen. Ist auch nicht leicht – erst recht das mit dem „professionellen Auftreten“ und so weiter. Zugleich mache ich, wenn, dann eine Sache am liebsten um ihrer selbst willen, und nicht des Geldes wegen (das fühlt sich sonst nämlich unehrlich bzw. unecht an, und so wichtig kann und darf Geld gar nicht sein). OK, jetzt bin ich zwar irgendwie weit vom Thema abgekommen, aber ich schicke den Kommentar trotzdem ab…

  14. Sash sagt:

    @Wahlberliner:
    Naja, kann man sich fernhalten? Deppen laufen einem doch überall über den Weg. Ansonsten verstehe ich ja gut, was Du meinst. Und hey, genau deswegen fahre ich Taxi. Wie jeder Job erfordert es natürlich auch mal ein Ruhigbleiben, wo man sich aufregen möchte – aber letztlich dann doch sehr selten. Und wenn’s mich fertig macht, fahre ich heim und mach Feierabend. Ich bin kein Freund davon, mich zu verbiegen. Schon gar nicht für Geld. Sicher, manchmal macht man es doch – auch wenn es nur für einen Euro Trinkgeld ist. Auf der anderen Seite lehne ich auch mal Fahrten ab, wenn ich mit Leuten drüber diskutieren muss, ob ich sie jetzt für 30 oder 33 € nach Spandau will. Wäre beides gutes Geld gewesen, aber ihr könnt mich mal! Fertig, Ende der Diskussion!
    Eine Sache um seiner selbst Willen zu machen, ist großartig. Allerdings tritt das ebenso wie beschissene Arbeit, die man nur des Geldes wegen macht, selten in Reinform an. Ich fahre verdammt gerne Taxi, aber natürlich zwinge ich mich auch manchmal Freitags dazu, es aus Vernunftgründen zu machen, weil ich andernfalls 2 Schichten für dieselbe Kohle arbeiten müsste. Und obwohl ich jederzeit unterschreiben würde, dass ich das Bloggen liebe und GNIT nie hergeben würde für sowas lächerliches wie ein paar tausend Euro, sitze ich doch manchmal morgens da und denke: „Fuck, irgendwas musste heute noch schreiben“ – oder ich verlängere einen 1700-Zeichen-Artikel mit einem zusätzlichen Satz, um ggf. den Zehner bei der VG Wort noch abgreifen zu können.
    Selbst Freizeitbeschäftigungen, Hobbies – ja sogar Beziehungen und dergleichen – haben irgendwann mal Momente und Nebenaspekte, bei denen man sich dann denkt: „Doof, aber da muss ich wohl durch!“
    Und so manche Lohnarbeit, die man nicht freiwillig macht, enthält hier und da Erfolgserlebnisse, Freude über geleistetes und Stolz aufs eigene Schaffen. Viel wichtiger als eine kategorische Ablehnung des einen oder anderen ist in meinen Augen, dass insgesamt die Balance stimmt, und möglichst wenig von den negativen Zutaten irgendwann dominierend sind.

    Hey, manchmal sitze ich im Taxi, unterhalte mich interessanten Leuten und bemerke nach 10 Minuten: „Boah Fuck, und die bezahlen mich auch noch dafür! Dabei hätte ich diese Erfahrung nie missen wollen!“ Und das entschädigt jedes Mal für etliche der o.g. Personen 🙂

  15. elder taxidriver sagt:

    Und die Problem-Fahrgäste, die Nerv-Fahrgäste:

    Das alles ist in ner Viertelstunde vorbei. In anderen Berufen muss man sich manchmal jahrelang mit üblen Kollegen
    ( Kolleginnen) herumschlagen, oder sie still erdulden. Oder Richter zum Beispiel: Mit den letzten Hallodris monatelang
    den Prozess durchziehen, irgendeinem Blödmann nachweisen, dass er dann und dann da und da war, nicht der kleinste Fehler darf passieren, sonst: Revision.

    Oder Polizisten: Jede Nacht zu Einbrüchen, Schlägereien, Familienstreitigkeiten oder sonstwas gerufen werden:
    Das sind wirklich Helden der Arbeit. Eine Unfallaufnahme mit Blechschaden ist vermutlich die reine Erholung für die. Vorausgesetzt die Beteiligten gehen sich nicht an den Kragen. Ich rede jetzt nicht von HNO-Ärzten die eine
    sehr verdienstvolle Tätigkeit machen, buchstäblich und im übertragenen Sinn. Aber jeden Tag den Patienten was aus der Nase ziehen und fachlich begutachten? Nö, lieber nicht. Der Vorteil bei den Festangestellten ist natürlich: Genau abgezähltes Geld am Monatsanfang. Am besten haben es natürlich die Piloten. Die können während des Fluges schlafen.
    Stand in den Zeitungen kürzlich. Und in einer hier weniger geliebten stand dazu: Gefährlich wird es nur, wenn der Autopilot müde wird und einnickt..

    Und NIki Lauda hat mal gesagt, dass , wenn man fünfmal Wien- Bangkok bei Nacht geflogen ist, der Reiz des Piloten-Berufes doch sehr nachlässt..

  16. Lesbomat sagt:

    Hi zusammen,

    schon mal auf die Idee gekommen, dass er drauf stehen könnte und das ein SM-Spiel war? Der arme Sash wurde eventuell unfreiwillig Mitspieler. Ich hoffe, das Trinkgeld hat gestimmt.

    Die Lesbomatin

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