Redselige Kundschaft

Gequasselt wird ja viel im Taxi. Dieser Fahrgast jedoch hat es geschafft, mir ganze drei Minuten Gespräch unterzujubeln, bevor wir überhaupt losgefahren sind. Bevor er nämlich einen Zielort benannt hat, hat er erstmal erzählen müssen, dass er sein Handy, vermutlich, vielleicht, im Taxi hat liegen lassen und wollte nun von mir…

Eigentlich wollte er nur reden. Denn die Nummern der Funkzentralen und den Hinweis aufs Fundamt hatte ihm ein anderer Kollege bereits gegeben. Er wollte es einfach nochmal erzählen. Zwischen den Zeilen keimte bei mir bereits die Hoffnung auf, ihn zu seinem Hotel bis nach Siemensstadt fahren zu können, das wäre das Warten auf jeden Fall wert gewesen. Am Ende aber wollte er nur, naja:

„Dann bring mich mal zu dem Turm!“

„Zu welchem Turm?“

„Ach ja richtig, gibt ja ein paar Türme hier! Da zum, dem am Alex …“

„Zum Fernsehturm?“

„Ja, genau!“

Ob ich ihn direkt zum Turm oder doch zum Alex bringen sollte, beschäftigte ihn dann die ganze Fahrt über, am Ende hab ich ihn doch am Platz rausgelassen. Magere 6,80 € hatte ich auf der Uhr – aber wenigstens einen typisch klischeemäßigen gesprächigen Rentner im Wagen. Da sollte das mit dem Trinkgeld wenigstens …

Denkste.

„Machste sieben!“

Immerhin hatte ich nicht lange gewartet auf die Fahrt.

13 Kommentare bis “Redselige Kundschaft”

  1. Aro sagt:

    Das erinnert mich an einen Fahrgast, der mal Funk- und Fernsehturm verwechselt hat, und auch die ganze Zeit gequasselt hat. Die Tour war eindeutig lukrativer als Deine.

  2. sightsigh sagt:

    Selig sind die, die an allem noch was Gutes finden können …*lol*

  3. Sash sagt:

    @Aro:
    Na die Verwechslung muss ja lukrativ sein 😀

    @sightsigh:
    Ach, wir hätten alle nichts davon, wenn ich mich da eine Viertelstunde lang drüber aufrege und die nächste gute Tour deswegen verpasse 🙂

  4. Ich sagt:

    irgendwie hat das eben mit meinem kommentar glaub ich nicht geklappt ^^

    also.. ich hab mich gestern auch gefragt, wie viel trinkgeld so angemessen ist. als ich hatte dann 6,90 zu zahlen und hab ihm 8 gegeben, was ja schon mehr als die 10% ist, aber hmm :S

  5. Sash sagt:

    @Ich:
    Ach, da hab ich mir schon die Tastatur speckig geschrieben über das Thema – und allgemein kann man es einfach nicht sagen. Ich finde 1,10 € ein normales und damit gutes Trinkgeld und alles in allem würde es bei mir im Mittelfeld liegen: Prozentual liegt es etwas höher als der Durchschnitt, vom Betrag her etwas darunter.
    Aber selbst das sagt ja nichts aus. War es eine kurze Winker-Tour ohne irgendwas besonderes, dann ist es sehr gut. War es eine Tour mit langer Wartezeit, viel Kofferschleppen und Hilfe in irgendwelcher Form, dann wirkt es schon wieder recht niedrig…
    Ich persönlich würde sagen, dass 10% ein guter Richtwert sind, würde mir bei Touren unter 10 € aber lieber etwas mehr wünschen – so wie bei dir: 7,50 € wäre eigentlich näher an 10% gewesen, damit finde ich 8 völlig ok.
    Aber das sage ich jetzt einfach als Fahrer und ich wäre wirklich froh, wenn die Leute beim Trinkgeld einfach ein bisschen mehr auf den Service und die Freundlichkeit achten und es entsprechend anpassen würden.

  6. Mariha sagt:

    Bei mir wäre der Beschleuniger nach kurzer Zeit angewesen :-), dann besinnen sich die meisten darauf, dass man ja auch während der Fahrt erzählen kann.

  7. Micha I sagt:

    Trinkgeld? Ne Fahrt ins Klinikum. 1 € Trinkgeld. Dafür, das die Fahrerin schon wieder im Taxi saß, als ich mal die Beifahrertür aufmachte und mich sammt Tasche reingesetzt habe. Sie: oh, die hätte man in den Kofferraum tun können..
    Ich dachte nur:???
    Wohlgemerkt, die Fahrt habe ich zwei Tage vorher bestellt. Strecke ca. 16 km.

    Auf der Rückfahrt von der Klinik, der Fahrer trug meine Tasche zum Auto, verstaute selbige und hielt mir noch die Tür auf.
    Trinkgeld: 4,50€
    Er trug mir am Ziel noch die Tasche in die Wohnung (ebenerdig).

    Die erstere war etwas stoffelig. Oder lag es an der Uhrzeit? Start: 05:45 Uhr morgens.

  8. Sphen sagt:

    Nun das Thema Trinkgeld ist ein Spezielles, gerade im Taxi…
    „Meine“ Fahrer zum Beispiel mögen ungerne Pauschaltouren (also nach Außerhalb des Pflichtfahrgebietes, oder von Außerhalb rein) da die meistens „glatte“ Beträge ausmachen, und es dann meist kein Trinkgeld gibt… Trotzdem kann man das nicht pauschal sagen, gestern hatten wir zB ne Tour die bei so einer Fahrt 10 €uro Trinkgeld gab (die Fahrt kostete 40 €uro)
    Ich habe das gefühl (über tag) je mehr Geld die Leute haben, desto schlechter das Trinkgeld… Nachts scheint es etwas anders zu sein, da scheint sich tatsächlich eine Regelung abzuzeichnen das es ehr Trinkgeld bei „älteren“ Fahrgästen gibt… nunja wenn am Ende der Schicht ein Trinkgeld +- 10% des Umsatzes liegt, sollte man zufrieden sein….

  9. elder taxidriver sagt:

    Es hängt auch davon ab ob der Trinkgeldgeber ein proletarisches Verhältnis zum Geld hat oder ein bürgerliches, kurz gesagt. Proletarisch wäre, wenn der Kellner oder Taxifahrer, der weiß wie schön ein gutes Trinkgeld ist, eben auch viel gibt.
    Da sitzt das Geld lockerer.
    Die Bürger, die ein Haus haben und abgezähltes Geld am Monatsende auf dem Konto, denken da anders. Und die,
    die häufig unterwegs sind, Taxi, Hotel und und.. denken auch anders, denn da ist der Unterschied zwischen ‚viel‘ und ‚wenig‘
    vielleicht mehrere hundert Euro monatlich. Und soviel haben sie dann eben auch nicht zu verschenken.

    Das zu Unterstützung von Sphens Beobachtung.

    Manchmal hatte ich den Eindruck , dass das Trinkgeld durch ein Gespräch schon abgefrühstückt wurde. Die
    sozusagen perfekt ausgeführte Dienstleistung, schweigend vollbracht, wurde bei mir oft durch ein überraschend
    hohes Trinkgeld gewürdigt.

  10. elder taxidriver sagt:

    Ausnahmen bestätigen die Regel: Einmal habe ich für einen Witz 20 Euro bekommen. Aber das ist ne längere Geschichte.

  11. ez sagt:

    Ich freue mich über den Aspekt, den elder taxidriver hier hereinbringt:

    ich selbst bin jemand, der lieber schweigend – Sachkommunikation wie die Wegbesprechung ausgenommen – Taxi fährt.

    Auf Smalltalkversuche seitens des Taxifahrers fühle ich mich gezwungen, möglichst sinnvoll zu antworten – was je nach Typ des Fahrers entweder in einem netten Gespräch (was sehr schön ist) endet – oder aber bei weniger Feinfühligen Laberbacken in Stress meinerseits. Was leider weit häufiger der Fall ist als das schöne Gespräch.

    Dementsprechend honoriere auch ich die „perfekt ausgeführte Dienstleistung, schweigend vollbracht“ gerne mit einem hohen Trinkgeld.

  12. Sash sagt:

    @Mariha:
    Das stimmt. Ich halte mich da meist zurück, da sich aus solchen Situationen dann oftmals gar keine Fahrt ergibt. Und das ist dann nerviger als alles andere 🙂

    @Micha I:
    Da bist du aber einer der wenigen, der sich explizit am Fahrer, bzw. der gebotenen Dienstleistung orientiert. Ich bin überzeugt davon, viele haben ein „Standard-Trinkgeld“.

    @Sphen:
    Ach, so viel anders ist das Nachts auch nicht. Und wie üblich verfälschen ein oder zwei sehr spendable Leute gleich den Schnitt 🙂

    @elder taxidriver:
    Ob das pauschalisierbar ist? Ich weiß nicht. Ich denke, dass unter den Angestellten in Trinkgeldberufen schon grundsätzlich eine gewisse Solidarität vorherrscht, die man vielleicht vorschnell auf proletarische und bürgerliche Einstellungen projeziert. Das soll aber nicht heißen, dass es mir in der Praxis nicht auch so vorkommt.

    @ez:
    Wie man genau die perfekte Dienstleistung sieht, ist ja jedermanns höchsteigene Sache. Und der perfekte Dienstleister ist letztlich der, der das erkennt… 😀

  13. elder taxidriver sagt:

    Hier noch ein Trinkgeld-Nachklapp einmal von der Geber-Seite gesehen:

    Von Hellmuth Karasek , Kritiker, selbstkritisch:

    ‚Ich gebe manchmal Trinkgeld als müsste ich mich freikaufen. Manchmal fehlt mir
    die Distinktion zwischen großzügig, verschwenderisch und doof‘.

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