Taxi-Talk im Radio

So, nun ist es offiziell: Für den meiner Stimme wegen ausgefallenen Online-Talk bei DRadio Wissen gibt es Ersatz. Und zwar diesen Samstag:

9.6.2012, 11 – 12 Uhr
DRadio Wissen

Der Termin ist zwar schwierig – ich müsste da eigentlich schon, ihr noch im Bett sein – aber vielleicht findet sich ja doch jemand, der mir gerne beim Reden übers Taxifahren und Bloggen zuhört. Und Konstantin Zurawski, mein Gesprächspartner in der Sendung, schrieb weiter:

Achso, wenn du Lust hast, kannst du die Sendung ja bei dir im Blog oder wo auch immer ankündigen und deine Follower ermuntern Fragen zu stellen, die wir am Samstag besprechen sollen…

Insofern: Ermunter! 🙂

1925 – ein Popstar?

Leute, Bloggen ist eine geile Sache!

Gestern hatten wir eine Betriebsversammlung bei meinen Chefs. Da ist ein bisschen über Interna gequatscht worden und wie das bei Interna so ist, bleiben die auch intern. Es war jedenfalls ein netter Termin mit „anschließender Erstinbetriebnahme des Firmengrills“, wie eine SMS aus dem Hauptquartier zuvor verkündet hat.

Nun sind Details aus dem Firmeninneren kein Blogthema und auch das Grillen selbst war zwar eine schöne Sache und ich freue mich, für eine Firma zu arbeiten, in der sowas mal gemacht wird – aber der Grund für diesen Artikel ist ein anderer:

Mein hochgeschätzter Tagfahrer – das ist der Mensch, der mit der 1925 so viel Umsatz einfährt, dass es mir nicht übel genommen wird, wenn ich wenig Geld einfahre – trat grinsend an mich heran und erzählte mir, dass unser Auto ja nun offenbar „wejen dem, wat du so in’n Internet schreiben tust“ eine Berühmtheit sei. Er erzählte mir von Kollegen und Passanten, die in anquatschen würden, dass sie es toll fänden, nun mal die 1925 zu sehen, hinter ihr zu stehen usw. Einer kam anscheinend sogar an und fragte kess, wo denn nun die aktuelle Beule sei.

Leute, das ist irre! 😀

Mein Tagfahrer nimmt es mit Humor und mich freut das ungemein. Ebenso natürlich, dass sich Leute tatsächlich solche Kleinigkeiten wie unsere Konzessionsnummer merken. Und es ist irgendwie komisch, ein Taxi zu einer Bekanntheit gemacht zu haben, das eigentlich für sich gesehen nichts besonderes ist. Ich gebe zu, mich darauf zu freuen, wenn mir erstmals wer ein Foto des Autos zusendet, ohne dass ich ihn kenne und ich freue mich darauf, wenn ihr alle Kondolenzkarten an meine Chefs schreibt, wenn die 1925 irgendwann mal in die ewigen Parkplätze eingeht. Nebenbei möchte ich aber noch eines sagen:

Nervt meinen Kollegen bitte nicht unnötig! Ja, er nimmt das gerade wirklich mit Humor und ich hoffe, es bleibt so. Aber er hat mit GNIT wirklich nichts zu tun und kann quasi nichts dafür, dass er das Auto mit mir teilt. Er ist wirklich ein netter Kerl, ich schätze ihn als Kollegen sehr, also bitte sorgt nicht dafür, dass er es umgekehrt bereut. OK?

Eigentlich weiß ich ja, dass ihr das beherzigt!

Nun aber noch mein Lieblingsfoto unseres Sternchens:

Die gute alte 1925 – hier noch ohne Dachwerbung. Quelle: Sash

Im Übrigen werden wir diese Woche noch die 340.000 km schaffen. Nur noch 44.600 km bis zum Mond!

Voll im Arsch!

Nein, ganz so „ungewählt“ (blödes Wort, ich hab mir den „Arsch“ gründlich überlegt und mit Bedacht gewählt!) hat sich mein Fahrgast nicht ausgedrückt. Nachdem er seine Krücke und eine Aktentasche auf die Rückbank gelegt hatte, setzte er sich auf den Beifahrersitz und fiel in sich zusammen.

Ein älterer Herr mit ergrautem Schnauzbart und sich abzeichnender Halbglatze, gekleidet in Jeans und ein nicht billig wirkendes Sakko in einem edlen Braun, das sich gekonnt zwischen Kackbraun und Nazibraun eine Bresche schlug und in dieser einfach nach Lehrerklamotten aussah. Seine Stimme war nur leise und unter dem mannigfaltigen Klappern meines Autos hatte ich mitunter Schwierigkeiten, ihn zu verstehen.

Aber er gab mir einen Stadtteil im hohen Norden Berlins vor, bei dem nicht nur die Richtung umgehend klar war, nein auch der Preis für die Fahrt war damit schon locker auf das zweieinhalbfache bis dreifache der Durchschnittstour festgelegt. Wahnsinns-Schichtbeginn!
Die müden Augen eigentlich nie zu mir wendend, immer auf die Straße gerichtet, erzählte er mir mit der Zeit, dass er seit morgens um 5 Uhr unterwegs sei, die Inspektion einer Baustelle weit außerhalb der Stadt habe ihn den ganzen Tag beschäftigt. Mit der Zeit kam auch noch heraus, dass er ja eigentlich krankgeschrieben sei, aber – so sei das nunmal! – sonst würde es halt ein anderer machen. Wäre jetzt der achte Tag gewesen, nun hätte er frei. Also falls nicht noch ein Anruf kommt.

Mich interessierte vor allem aber, was er eigentlich machte. Inspektionen? Kann ja viel sein: Bauaufsicht, Gesundheitsamt, Zoll … keine Ahnung, was auf Baustellen nicht alles inspiziert werden könnte und was für ein vielleicht spannender Beruf dahintersteckt. Ich bin ja neugierig 🙂

Also fragte ich:

„Sie sagten Inspektion! Was inspizieren Sie denn auf den Baustellen? Um welchen Bereich geht es denn bei Ihrer Arbeit?“

Die Antwort hat selbst mich überrascht:

„Ja, was wir da … ich, ich …ganz ehrlich, der Tag war zu viel: ich weiß es nicht mehr!“

Respekt! Selbst nach 13 Stunden Arbeit sollte man doch irgendwie noch wissen, was man eigentlich macht, oder? 😉

Eigenartige Kurzstrecken

Der Kurzstreckentarif im Taxi in Berlin ist unter den Fahrern ja ein recht heikles Thema. Während jüngere wie ich meist kein großes Problem damit haben oder es als niederpreisiges Einstiegsangebot gar nicht so schlecht finden, gibt es auch Gemecker. Die Geschäfte waren früher mal besser und – ob zu Recht oder nicht, kann ich nicht beurteilen – das wird auch gern auf die Einführung der Kurzstrecke geschoben.

Ein bisschen kann ich aber die Haltung der Kollegen verstehen, wenn auch aus anderen Gründen. Zum einen ist ein zweiter Tarif blöd, wenn es auch einer getan hätte. Zum anderen – und wichtigeren – ist es diese „Kleiner Finger“-Geschichte. Seit es die Kurzstrecke gibt, gibt es Kunden, die meinen, wenn man auch „so billig Taxifahren“ kann, dann müssten wir Fahrer das doch auch immer und von uns selbst aus und überhaupt und auch bei längeren Strecken …

Ich denke, Ihr versteht was ich meine.

Als ich jetzt am Wochenende an der Wuhlheide stand, um Publikum von den Ärzten abzugreifen, pirschte sich auch ein Pärchen heran. Er streckte den Kopf zum Fenster rein und fragte:

„Hallo, ich wollte mal fragen: Was ist eine Kurzstrecke und wieviel kostet die?“

Schon klar, dass jeder irgendwann das erste Mal nachfragen muss, aber es war schon sehr dieses „Hab jehört, dit jeht noch billija!“.  Zumindest die Einschränkung, dass man vom Stand aus nicht mit Kurzstrecke fahren kann, kennt inzwischen fast jeder. Aber egal. Kundschaft ist Kundschaft und ich hab freundlich erklärt, dass eine Kurzstrecke 4 € kostet, man damit 2 Kilometer weit fahren könnte, allerdings nicht von einem Taxistand aus. Das wurde auch zur Kenntnis genommen und die beiden haben sich verzogen.

Das ist auch kein Problem für mich gewesen. Die sollten sich gerne ein Taxi ranwinken, denn natürlich hätte ich mich über eine Tour von mehr als 6,60 € gefreut (das wären 2 Kilometer zum Normaltarif). Nach 3 Minuten, ich stand immer noch da, kamen sie wieder und stiegen etwas wortkarg ein. Ihre Straße sagte mir nicht gleich was, sollte aber „da vorne links“ irgendwo sein. Als ich die Adresse im Navi hatte, stand die Uhr bei 6,80 € und das Ziel lag noch über 3 Kilometer entfernt.

Also hab ich versucht, die ohnehin grundlos geknickte Laune ein wenig aufzubessern und gesagt:

„Im Übrigen: Ärgern Sie sich nicht über die Kurzstreckenregelung. Sie wären mit diesem Tarif ohnehin nur bis hierher gekommen. Sie kommen also keineswegs teurer weg als in irgendeinem anderen Fall, das hätte schlicht nicht gereicht.“

Fazit: 12,20 € auf der Uhr, eisernes Schweigen und kein Trinkgeld.

Das sind die Momente, in denen ich mir auch denke, dass mich die Kurzstrecke nervt. Die hat mir an diesem Abend definitiv die Tour komplett versaut, weil meine Fahrgäste dauernd vor Augen hatten, dass sie ja vielleicht hier und da und da war doch was mit 4 € …

Wochenendlich

Ich hab dieses Wochenende bisher nichts von mir hören lassen. Das hat seine Gründe. Ich hatte nicht wirklich etwas zu erzählen und am Wochenende wie immer wenig Zeit. Endlich lief es mal wieder so richtig, selbst bei Twitter (was gerade noch am ehesten das Social Network ist, in dem ich mich blicken lasse) bin ich nur selten mal aufgekreuzt, seit die meisten von euch am Freitag Abend den Stress der Woche von sich geschüttelt haben.

Nicht, dass ich gar keine Zeit hatte. Aber Lust muss dann ja auch mal sein, nicht wahr? 😉

Ich hab auf jeden Fall genügend Geschichtchen gesammelt in den letzten Tagen. Neben einigen, die ich etwas breiter treten werde, will ich vor allem erwähnen, dass mir dieses Wochenende besonders die Ärzte (aus Berlin) eine Menge Freude gemacht haben, haben sie doch für einige Fahrten gesorgt – unter anderem auch die mit Philipp, der hoffentlich sein kinderfreies Wochenende noch weiter genießen konnte. Nicht kinderfrei, dafür umso entspannter war K.T., der mit seinem Taxi bisher die finnische Stadt Tampere unsicher gemacht hat und sich hier in Berlin mit meiner guten alten 1925 in die Umweltzone bringen ließ. Ihm verdanke ich auch die beste Meldung am Telefon:

„Hier ist die Stimme aus dem hohen Norden …“

Das schickt einen nachts um 2 Uhr schon mal kurz 😀

Ich freue mich schon auf die ganzen (jetzt in den nächsten 48 Stunden) zu schreibenden Geschichten und hoffe, ihr habt die freien Tage auch ohne GNIT mal gut rumgebracht.

So, und jetzt denke ich ernsthaft drüber nach, heute vielleicht doch noch für zwei oder drei Stündchen loszufahren …

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Köpebicker

„OK, wo soll es hingehen?“

„Wait, I have to remember …“

Sehr interessant, dass sie an diesem Punkt ihr Smartphone zückte. Aber ich gebe zu, ich mache das auch öfter. Ich sage, ich müsse kurz überlegen und schalte währenddessen das Navi scharf.

„Here: Köpebicker Straße 20!“

„I think, you mean Köpenicker …“

„Yeah, could be right.“

„OK, then I just have 1 question: which one?“

„20!“

„Ok, but which of the Köpenicker Streets? We have nearly 10 of them!“

Immer wieder nett 🙂

Zugegeben: In dem Fall war es die Köpenicker, die direkt beim Ostbahnhof ums Eck liegt. Aber wissen kann man das ja nie, da frage ich doch besser nach!

Im Übrigen befindet sich auch eine (leider nicht vollständige) Liste doppelter Straßennamen im Berliner Atlas paradoxaler Mobilität. Das Buch empfehle ich nicht nur einfach so: Zum einen ist eine der Karten im Buch auf meine Fahrten zurückzuführen, zum anderen ist es auch eine sehr interessante Herangehensweise an eine Stadt wie Berlin. Ich hab es erst kürzlich zu Ende gelesen und lege es ernstlich jedem nahe, der sich mit Kunst und Karten, Mobilität und Meisterwerken, Wissenschaft und Widersprüchlichem auseinandersetzen will.