Eine recht häufig gestellte Frage von neuen Lesern ist die, ob ich im Taxi auch so eine nervige Quasselstrippe bin. Oder umgekehrt, ob ich wenigstens rede und nicht so schweigend und brummig am Lenkrad sitze. Ja.
Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich Nachtfahrer bin, jedenfalls komme ich mit grob geschätzt 98% meiner Kundschaft ins Gespräch. Ich zwinge es niemandem auf, aber ich versuche es eigentlich immer. Wer seine Ruhe will, bekommt sie natürlich – aber das sind nachts nicht viele. Und mein Job, mein Leben, mein Blog – wäre alles viel langweiliger ohne das Ganze. Sicher, manchmal quält man sich durch an sich lächerlichen Smalltalk, manchmal ist man auch gegensätzlicher Meinung, es ist nicht immer nur alles toll. Aber Kommunikation hilft, sich einzuschätzen, Vertrauen aufzubauen, Sympathien zu wecken und dergleichen mehr. Meistens haben am Ende beide Seiten was davon. Man erfährt was neues, kann irgendwas loswerden, das ewige Spielchen eben.
Das geht sicher bei einigen Kollegen nach hinten los, die die Fahrgäste einfach aus dem Stand weg damit nerven, wie scheiße das Geschäft läuft oder noch schlimmer: Wie sehr einen jetzt die Tour selbst nervt – wenn man es richtig anstellt, gibt es aber eigentlich nichts, was dagegen spricht, die paar Minuten im Taxi nicht zu schweigen.
So gesehen kann ich einen Kollegen gut verstehen, der mir erzählt hat, dass er bei einem Kunden erstmal „drauf los geplappert“ hat. „Wie immer halt…“
Der Fahrgast hatte eine längere Tour für ihn, es ging einige Kilometer aus der Stadt raus. Aber reden wollte er nicht. Drogen waren scheinbar reichlich im Spiel und die Contenance war allerhöchstens… nein, die war gar nicht mehr da:
„Ey, wenn du weiterquatschst, kriegste auf’s Maul!“
Der Kollege hat beschwichtigend gemeint, er hätte das doch nicht böse gemeint und er könne gerne auch schweigen. Das taten sie dann. Eine halbe Stunde lang. Und? Was war das Ende vom Lied? Leider kein schweigsames: Der Kunde ist kurz vor Ankunft völlig ausgetickt, hat dem Kollegen weiterhin Schläge angedroht, so dass er den Fahrgast letztlich zum Schutz seiner eigenen körperlichen Unversehrtheit ohne Bezahlung hat gehen lassen müssen. Von Freiwilligkeit kann keine Rede sein, aber er hat in dem Moment keine andere Möglichkeit gesehen…
Die unsägliche Diskussion über Bewaffnung von uns Fahrern sind am Stand hochgekocht, das kann ich euch sagen. 🙁
Soweit ich weiß, hat die Polizei den randalierenden Typen natürlich nicht auftreiben können.
Ich hingegen hatte neulich die wahrscheinlich wortkärgste Tour ever, was aber schlicht an Sprachdifferenzen lag. Der Kunde kam an und zeigte mir mit irgendeinem osteuropäischen Wort einen Zettel, auf dem die Adresse eines Hotels stand. Ich hab ihm zugenickt und „OK, no problem!“ gesagt. In der Hoffnung, er würde vielleicht einen Hauch Englisch verstehen. Nichts. Gegenüber des Hotels hat er dann „Here“ gesagt. Oder „Hier“, ist ja egal 🙂
Bezahlung klappte dann inklusive Trinkgeld nonverbal. Muss man auch gelegentlich trainieren. Zumindest als Quasselstrippe…
Prima geschrieben, kann man dazu nur sagen. Im ‚Kumpelnest 3000‘ in der Lützowstraße, gab es zu Beginn taubstumme Kellner, es war ganz erfrischend die per Taxi zu fahren. Es gab immer nur eine Handbewegung, ‚jetzt links‘, ‚ schräg rechts‘ und so, es hatte irgendwie Charme..
Natürlich respektiert man das Schweigen. Aber gerade rechtzeitig fällt mir noch der schöne Satz von Arno Schmidt ein:
‚Auch das Schweigen hat seine Zeit , danach wird es blöd‘.
Naja – manchmal kommt es eben auf den Fahrer an (sage ich aus Beifahrersicht). Ich bin ja nun auch nicht jemand, der von sich aus losquasselt. Ich setzte mich ins Auto, sage „bitte nach x“ sowie „Danke und schönen [bla]!“ und weg bin ich, wenn der Fahrer mich nicht motiviert.
Ich musste eine zeitlang mal täglich mit dem Taxi in die psychatrische Tagesklinik gondeln – die Fahrten dauerten nie lange… vielleicht 10 Minuten. Ich hatte in der Zeit drei Fahrer, die sich quasi abgewechselt haben. Bei einem herrschte stets unangenehmes Schweigen (für beide Seiten), der andere redete belangloses Zeug und die einzige Dame schaffte es zumindest zum echten Dialog. Und zwar alle drei unabhängig der jeweiligen Tagesform.
Trotzdem gehört zu einem Gespräch in der Regel mehr als einer. Und ich gehe eigentlich davon aus, dass jeder Taxifahrer da zumindest den Hauch einer Empathie entwickelt, was die Gesprächsbereitschaft des Kunden betrifft. 😀
@elder taxidriver:
Ich stimme Arno Schmidt diesbezüglich zu. 🙂
Und welcher Taxifahrer hat sich nicht schon mal gewünscht, der Fahrgast möge die Klappe halten – natürlich passiert das andersrum genauso. Aber auf Dauer wäre mir das zu langweilig. Dann könnte ich auch Pakete ausfahren.
@Wolfy:
Siehst du, genau wegen solcher Leute wie dir biete ich meist ein Gespräch an. Die Leute zuzuquasseln bringt natürlich nichts, aber man kann ja mal fragen, wo sie herkommen, wo sie hingehen… wenn die Antworten einsilbig werden, kann man es ja lassen.
@Sash:
Das hat der „tot schweigen“-Mann beim ersten mal auch gefragt. Kommt nur komisch, wenn er mich von der Haustür ins Krankenhaus und später wieder zurück fährt. 😀
@Wolfy:
Naja, das war ja auch nur beispielhaft.
@Sash:
hat der Kerl trotzdem gebracht 😉
„Und mein Job, mein Leben, mein Blog“
… finde nur ich, dass Sash das mal rappen sollte? :p
@Dom:
Finde ich ja nicht 😉
Obwohl ich über „mein Blog“ durchaus auch schon öfter nachgedacht habe als Verarsche…