Winterlich frisch

war es am vergangenen Wochenende nochmal. Insbesondere der eisige Wind hat Kunden und Fahrer von der Straße immer wieder ins Taxi getrieben. Es fiel zwar kein Schnee mehr, aber die knappen 0°C haben sich angefühlt wie -10°C.

Nach langer Zeit war ich mal wieder am Berghain aufgeschlagen, so richtig Lust hatte ich eigentlich nicht. Erfahrungsgemäß ist die Kundschaft von dort zwar immer recht nett und weit nicht so zerstört, wie es die Öffnungszeiten des Clubs vermuten lassen. Allerdings hatte ich keine große Lust, nach Schöneberg zu fahren – und davon kann man fast schon ausgehen, wenn man sich dort anstellt. Das Berhain hat aufgrund seiner Vergangenheit nach wie vor viel schwules Publikum und ganz klischeemäßig enden viele Fahrten deswegen an Tom’s Bar, einer sogar im Ortskundekatalog vermerkten Szene-Lokalität.

Ich bekam aber stattdessen eine junge Dame als Fahrgast, bei der ich endlich mal nachvollziehen konnte, wieso meine Eltern mir bei unpassender Kleiderwahl immer diesen nervigen Satz aufs Auge gedrückt haben, dass sie selbst bei meinem Anblick frören. Ein farbenfrohes Panda-Outfit hatte das Mädel angelegt, ganz schwarz-weiß also. Wobei nur der schwarze Teil Kleidung war, der Rest war nackte Haut mit anderthalb Jahren Sonnenabstinenz. Und davon reichlich!

Das Oberteil, dünnster Baumwollstoff, bedeckte gerademal so ihre Brüste, Arme und Bauch lagen komplett frei. Ich hab mich umgesehen: Eine Jacke hatte sie nicht dabei. Wie sie die Zeit in der Schlange vor dem Club überlebt hat, weiß ich nicht. Aber so wenig durchschnittlich an diesem kalten Tag ihr Auftreten war, so wenig war es das Fahrtziel. Also naja – lang war die Tour nicht. Aber es ging nicht bis nach Schöneberg, sondern ins Nikolaiviertel. Eine Stunde nur war sie im Club, dann der Anruf vom Freund. Sie solle vorbeikommen, Taxi bezahle er.

Ob er sich auch nur Sorgen gemacht hat, sie würde erfrieren?

Ich werde es nie rausfinden.

„Gibt’s nicht!“ – ein Text über die Arschlöcher unter den Taxifahrern

Dass es da draußen einen Haufen Taxifahrer gibt, die ich nur ungerne als Kollegen bezeichne, ist leider Realität. Kurze Strecken werden dauernd abgelehnt, es werden Umwege gefahren, Kollegen überholt und (größtenteils überteuerte) Festpreise ausgemacht. Was die meisten dieser Idioten nicht so ganz mitschneiden, ist, dass sie damit eigentlich erst für den ganzen Stress im Gewerbe sorgen. Egal ob wir uns bemühen eine gute Arbeit zu machen – bei vielen Kunden ist der Ruf von Taxifahrern im Allgemeinen nach einer Fahrt mit so einem Knallkopf dauerhaft ruiniert.

Nur weil das ständig passiert, müssen alle Taxifahrer sich damit rumschlagen, Kunden klarzumachen, dass Festpreise illegal sind oder dass man nicht hinter jeder kleinen Nachfrage mangelnde Ortskenntnis oder gar einen Betrugsversuch wittern muss. Mal ganz davon abgesehen, dass manche Leute nach wiederholten schlechten Erfahrungen so weit wie möglich aufs Taxifahren verzichten.

Aber natürlich gibt das alles Sinn, denn schließlich ist ein Fünfer mehr in dieser Stunde besser als dauerhaft einen angenehmen Job und Mehreinnahmen zu haben… bei so manchem Evolutionsverweigerer fällt es schwer, angemessene Worte zu finden.

So war ich auch reichlich sprachlos, als meine Kundin mir nach einer kleinen Anfrage mitteilte, dass sie das sehr gut findet, dass ich frage, weil sie derletzt in Köln ein ziemlich mieses Erlebnis hatte:

„Ich hatte da eine Fahrt vom Flughafen zu einer Bekannten. Ich kenn‘ mich in der Stadt jetzt nicht so gut aus, ich wusste nur, dass es ein recht kurzer Weg war, so vielleicht 7 Minuten mit dem Auto. Die Fahrerin ist dann mit mir losgefahren und irgendwann waren wir 20 Minuten unterwegs und ich hab gefragt, ob wir nicht eigentlich schon längst da sein müssten. Daraufhin hat sie mir gesagt, dass es die Adresse ja gar nicht geben würde: Gibt’s nicht!
Ich hab ihr dann erklärt, dass das aber ganz sicher der Fall ist, ich war ja selbst schon da und meine Bekannte wohnt da seit Jahrzehnten – ist also auch keine neue Straße gewesen. Daraufhin hat die dann zu mir gemeint, dass ich das dann halt zeigen müsste, wenn ich schon in so ’ne blöde Ecke will.“

Hey, auch wir Taxifahrer machen mal Fehler. Wie das auch jedem anderen Menschen da draußen passiert. Aber wie kommt man eigentlich auf die Idee, einfach mal loszufahren und erst auf Nachfrage zu sagen, dass es das gar nicht gibt? Hallo?

Über vieles, was ich schreibe, kann man diskutieren. Manch Kollege ist hier und da nicht mit meiner Meinung einverstanden und das ist ok so – wir sind Menschen, als solche unterschiedlich, und auch als Taxifahrer haben wir ja hier und da ein wenig Spielraum. Aber solche Fahrer wie die oben angesprochene Kölner Kollegin… da fallen mir echt nur Dinge mit Fäkalien ein, sorry!

Hey, vielleicht bin ich ja zu ehrlich für diese Welt, aber kann man es nicht erwarten, dass man in einem Dienstleistungsberuf auch mal an die Kunden denkt und nicht NUR auf seinen Geldbeutel? Man muss ja nicht gleich bis zur Selbstaufgabe kriechen und auf alle Spielchen eingehen, aber was würden diese Kollegen eigentlich machen, wenn man sie selbst so behandeln würde? Ich blicke es echt nicht und ich kann nur sagen:

„Macht doch einen anderen Job, wenn ihr zu inkompetent seid, um diesen zu machen und versaut den echten Taxifahrern nicht ihre Arbeit!“

Krieg ich das Geld von Google wieder?

Ich bin ja recht gut ausgestattet, um alle möglichen Adressen zu finden. Am Wochenende musste ich einmal passen. Die Kundin drohte mit einer sehr lukrativen Fahrt nach Blankenfelde-Mahlow zu einem Hotel. Sie hatte die Adresse dabei. Sodenn!

Nix!

Das Navi kannte die Straße (ist wohl relativ neu) nicht. Der Stadtplan hörte einen halben Kilometer vorher auf, da es zu weit im Umland lag. Blieb noch Google. Smartphone gezückt, rumgetippelt… da hat sie dann gefragt, ob sie nicht vielleicht mit einem anderen Kollegen…

*seufz*

Aber der Kunde ist König. Der Kollege hinter mir hat die Straße dann gleich im Navi gefunden. Herzlichen Glückwunsch, die bessere Technik gewinnt. Ich hab also die Tour über 40 oder 50 Euro gegen eine trinkgeldlose Fahrt für 9 € getauscht. Das hat mich die ersten zwei Stunden der Schicht ehrlich gefuchst.

Andererseits bin ich froh, dass ich es nicht mit meinem Kollegen Jens gehalten habe. Der hat nämlich gleich gemeint:

„Wärste halt erstmal losgefahren. Machen die anderen doch auch alle.“

Aber zu dem Thema kommt morgen noch was…

Andrea Berg schon wieder…

Ich habe ja so meine Probleme mit Andrea Berg. Ich mag ihre Musik nicht – und das kann ich mit gutem Gewissen behaupten, denn sie hat mich vor einer Weile gezwungen, mir ihr aktuelles Album etwa fünf Mal in Folge anzuhören.

Vielen Dank an dieser Stelle an Klaus vom cablog, der ihrem Manager das wohl dereinst mal von mir ausgerichtet hat, als der zufällig bei ihm ihm Taxi saß 😉

Deswegen musste ich auch etwas schmunzeln, als mir am Samstag am Ostbahnhof ein wehleidiges Pärchen eingestiegen ist, dem das Konzert in der O2-World viel zu laut war, und die es deswegen bereits über eine Stunde vor Schluss verlassen hatten. Die Tour war soweit prima und die beiden auch ganz nett. Allerdings hat sich mit der Zeit dann doch herauskristallisiert, dass die Frau auch ziemlich eigene Vorstellungen von angenehmer Lautstärke hatte und ich ihren Kindern hiermit empfehlen würde, nie wieder Konzertkarten zu verschenken. Ehrlich! Zitat:

„Dann gehen wir lieber ins Kino. Vielleicht in den neuen Stummfilm. Obwohl, nee: Da ist ja auch Musik!“

Denn, klar: Kino ist auch immer zu laut.

Ich hab die beiden bis fast nach Buch gefahren, nicht ohne dass mir selbst hierbei erzählt wurde:

„Wenn ich da noch länger dringeblieben wäre, dann könnten sie gleich bis zum Klinikum durchfahren.“

Äh ja, abgesehen davon war es aber ok. Auf dem Rückweg hatte ich in Blankenburg einen Winker, ich kann also den Nachtfahrern im Nordosten sagen: Kommt wieder in die Stadt, den einen dieses Jahr hatte ich, der nächste ist erst wieder Silvester fällig 😉

Da ich aber offenbar vollständig schmerzbefreit bin, bin ich gleich im Anschluss nochmal zur O2-World, wo sich das Konzert inzwischen dem regulären Ende zuneigte. Im Grunde sind Volksmusikbegeisterte ältere Ehepaare ja nicht die schlechtesten Kunden, die man Nachts erwischen kann. Man sollte zwar vorsorglich behaupten, böse Jugendliche hätten just gerade eben das Radio kaputt gemacht und man könne deswegen jetzt leider nicht… Aber damit hat man zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen und fortan viel Spaß mit ihnen…

Ich hatte mich jedenfalls kein Bisschen verschätzt, was die Ergiebigkeit der Touren von dort anging, denn während Kollege Carsten mit einem Betrunkenen Irren zum Ostbahnhof, keine 500 Meter weit, tingelte, stieg mir eine total nette ältere Frau mit ihrer behinderten erwachsenen Tochter zu. Im Gegensatz zu den beiden anderen waren diese im Übrigen total begeistert und mit sich und der Welt im Reinen. Die Tour ging bis weit in den Südwesten der Stadt und war damit nicht nur lukrativ, sondern allgemein sehr entspannt.

In solchen Momenten denke ich an meine Zeit beim Behindertenfahrdienst zurück, insbesondere daran, dass gerade die, denen das Leben am meisten Anstrengung abverlangt, mitunter die zufriedensten und angenehmsten Kunden sind.

Wenn ich es also überschlage: Eine wegen Schlafmangel nicht gefahrene Schicht auf der einen, 60 € Umsatz auf der anderen Seite… nein, quitt bin ich mit Andrea Berg noch nicht – aber wenn sie so weiter macht, klappt das vielleicht irgendwann mal 😀

Bring mich heim…

Gelegentlich habe ich Leute im Taxi, die bewusst auf ein Auto verzichten, deswegen öfter mal unsere Dienste in Anspruch nehmen und sich freuen, wie sehr sich das auf Dauer lohnt. Eine nette Abwechslung zu all den „Is ja so teuer, kannste nicht mal billiger machen?“-Typen. Derletzt fuhr ich jemanden, der sein eigenes Auto erst kürzlich abgeschafft hatte. Aus Gründen:

„Das ist besonders blöd, wenn man wie ich ein Auto hat, das sich beim Anblick des Berliner Ortsschildes immer sagt: Ach nee, das ist mir zu weit – soll der ADAC mich mal heimbringen!“

Sehr schöne Umschreibung 😀

Top 3 Verkehrssünder 2012

OK, es ist zu früh, bereits jetzt diese Bestenliste zu schreiben. Aber ich könnte sie umbenennen in

Die Top 3 der Stoffel, die dieses Wochenende mindestens 3 Punkte eingefahren haben

Fehler machen wir alle mal, auch ich. Meine Schadenfreude hält sich meist in Grenzen, zumal ich ja auch schon einmal zu Unrecht 3 Punkte an einer Ampel kassiert habe, weil ein paar Cops das aus einer unmöglichen Perspektive so gesehen haben wollen. Über kleine Unachtsamkeiten brauchen wir nicht zu reden, nobody’s perfect! Aber 3 Leute haben sich während der Samstagsschicht in mein Gedächtnis eingebrannt. Kommen wir also zur Preisverleihung:

Platz 3

geht an den Fahrer eines Autos von außerhalb, das als vorderstes vor mir und einem A-Klasse-Fahrer am späten Abend am Tempelhofer Damm vor DER Ampel stand. Die Ampel (vor der Autobahnbrücke) ist deutlich sichtbar (!) mit zwei Ampelblitzern versehen, die keine 15 Meter vor der Haltelinie fast auf Augenhöhe stehen.
Der Führer des Fahrzeugs stand etwa eine halbe Minute an der Ampel, bis er schließlich Gas gibt und schräg rechts in die Kreuzung einfährt. Unmittelbar nach den zwei Blitzlichtern, die seine Übertretung sowie sein verkehrsrechtlich bedenkliches Halten mitten auf der Kreuzung dokumentierten, blieb er stehen. Bravo!

Platz 2

geht an den Fahrer einer dunklen A-Klasse, die sich hinter dem drittplatzierten Fahrer nach seinem Ausweichen über 2 Spuren zur Kreuzung vordrängelte und etwa 10 Sekunden nach dem in der Nacht deutlich sichtbaren Blitzen des Vordermanns ebenfalls ein Gewitterschauspiel inszeniert und weitere 2 Blitzerfotos von der kuriosen Kreuzungssituation anfertigen lässt.
Meine Vermutung, er hätte sich vielleicht vorbeigedrängelt, um sein Kind in Todesgefahr zu retten, ist an der nächsten Ampelkreuzung erstorben, wo er auf mich wartete, treudoof vor einer nicht blitzgesicherten Ampel und ohne Augenzeugen. Doppelter Respekt! Bravo!

Platz 1

geht an einen Kraftfahrzeuglenker, der sich ganz ganz besonders Mühe gegeben hat. Es war bereits in den frühen Morgenstunden des Sonntags und ich befuhr die Landsberger Allee stadteinwärts, kurz vor dem Platz der vereinten Nationen. Besagter Fahrer konnte nicht die 200 Meter bis zum Platz warten um dort zu wenden und in die Friedenstraße einzubiegen. Stattdessen bog er illegal links über die Straßenbahngleise, fuhr dann rechts entgegen der Fahrtrichtung auf die stadtauswärts führende Landsberger Allee, bog unter großzügiger Benutzung einer Sperrfläche abermals links ab und überfuhr dort noch eine Ampel bei Rot. Ich habe das Ganze verfolgen können, da ich etwa 40 bis 50 Meter hinter ihm fuhr (bin ihm natürlich nicht gefolgt).
Die wirkliche Glanzleistung des Fahrers besteht indes in der Situationseinschätzung. Denn zwischen ihm und mir befuhr ein weiteres Auto die Landsberger Allee, eines das durch die übliche Farbgebung, die reflektierenden Schriftzüge und nicht zuletzt das bereits nach dem ersten Abbiegevorgang eingeschaltete Blaulicht recht unschwer als Polizeifahrzeug zu erkennen war.
Insbesondere, wenn es direkt hinter einem fährt…

Ganz großes Kino, herrlich! 🙂

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Eine Taxischicht der Superlative!

Nein, ganz ehrlich: Rekorde im finanziellen Bereich kann ich nicht verkünden. Also wenn, dann müsste ich die Regeln ziemlich krude auslegen. Denn ich hatte zum Beispiel die lukrativste Tour, die ich jemals zweimal gefahren bin: Die beiden Mädels, die ihren Heimweg gerne vom Ostbahnhof über Hellersdorf nach Potsdam nehmen, haben mich an der Halte erkannt und mich gleich zum zweiten Mal dazu gezwungen, eine eigentlich schon aufgegebene Nacht doch erfolgreich zu beenden 🙂

Ansonsten sind Fahrten für Blogeinträge zusammengekommen, bei denen ich nicht mehr weiß, wann zur Hölle ich die alle schreiben soll, so zahlreich sind die erwähnenswerten Kunden in mein Auto gepurzelt.

Und wenn es nicht die Kunden waren, dann waren es die anderen Verkehrsteilnehmer! Binnen weniger Stunden haben gleich drei Autofahrer nacheinander den Rekord eingestellt, wie dämlich man sich Punkte in Flensburg einfängt. Ich bin aufgrund des Rekordhalters noch nicht aus dem Staunen heraus, ehrlich…

Die letzte Tour hat weit in meinen Feierabend hineingeragt, so dass ich am Ende doch über elfeinhalb Stunden irgendwie unterwegs war, allerdings zwischenrein auch mal kurz privat. Ich bin ziemlich fertig gerade, würde aber am liebsten alles gleich niederschreiben. Ich werde euch dennoch auf morgen vertrösten müssen.

Jedenfalls hoffe ich, dass ihr auch ein geiles Wochenende hattet, ich melde mich dann wieder, wenn mein eigenes beginnt.