„Und? Müssen sie noch lange?“
„Wie man es nimmt. Aber ich bin schon noch bis um 7 Uhr unterwegs.“
“ Och! Das ist aber schon ganz schön lange, da müssen sie doch auch mal müde sein.“
„Wann sind sie denn aufgestanden?“
„Na um 5 Uhr wie immer!“
„Sehen sie, da bin ich erst ins Bett. Ich bin um 16 Uhr aufgestanden.“
„Dann, dann arbeiten sie nur nachts?“
„Ja.“
„Also ich, ich würde ja, also nicht, oder doch. Das ist hart!“
„Hat alles Vor- und Nachteile.“
„Ja. Nein, aber sie tun mir echt leid!“
Wenn er das wenigstens mit einem angemessenen Trinkgeld ausgeglichen hätte…
OK, so schlimm finde ich es nicht, nachts zu arbeiten, aber wenn jemand schon so besorgt ist…
Die Frage, ob ich noch lange müsste, ist übrigens inzwischen die wohl verbreitetste Frage der Fahrgäste überhaupt. Weder der klischeehafte Einstieg mit der Frage danach, ob es gut läuft, noch das sinnlose „Sind sie frei?“ am Taxistand können da mithalten.
Sind sie frei? Und läuft es heute gut und müssen Sie noch lange? Machen wir übrigens Festpreis?
Oh ja, selbst am Tage kommt die Frage, müssen sie noch lange, sehr häufig. Selbst von Stammkunden manchmal.
Und da wir einen fliegenden Wechsel haben, auch oft die Frage, sind sie noch Nachtschicht, oder schon vom Tage, beziehungsweise umgekehrt…
Und die „sind sie frei“-Frage, würde ich am liebsten jedes Mal mit einer anderen dummen Antwort erwidern. Macht man aber leider doch nicht, weil man ja den potentiellen Kunden nicht vergraulen will.
Einmal, bei Soldaten, bin ich ausgestiegen, zeigte auf die Dachlaterne, und erklärte: Wenn ich hier stehe und dat Dingen da oben brennt, dann bin ich wohl noch frei.
Ansonsten, wenn man wenigstens mal fragen würde: Darf ich…. Das konnte man dann unter Höflichkeitsfloskel abhaken 🙂
Kann ich zu 100% bestätigen. Diese Frage wird einfach nur übelst oft gestellt, wobei ich mich dann immer frage, warum das jetzt so interessant ist. Die Arbeitsbedingungen unterscheiden sich jetzt nicht so elementar von denen anderer Niedriglohnjobs 😉 Dass viele die ganze Nacht fahren (wie ich auch meistens) ist auch vielen Fahrgästen wirklich suspekt. Ein Leben mit einem umgekehrten Tag-Nacht-Rhythmus ist irgendwie schwer vorstellbar…
Leider habe ich immer das Gefühl, das die Kunden denken, wer nachts arbeitet, der macht das nur, weil er nicht viele andere Jobs kriegen würde. Das viele sich da sogar ganz gezielt so aussuchen, weil es ihnen mehr liegt, oder besser zu den Lebensgewohnheiten passt, oder, oder, oder, das können sie sich nicht vorstellen.
Genauso geht es mir manches Mal, wenn man sich mal mit Kunden bißchen mehr über Jobs unterhält. Hab schon öfter zu hören bekommen, direkt oder durch die Blume, das man nicht verstehen kann, warum ich Taxi fahre. Und wenn ich dann erzähle, das es mir sogar verdammt viel Spaß macht, und ich mir nichts anderes vorstellen kann, sind einige dann ganz verwundert.
Nun ja, wir sind scheinbar nur Existenzen am Rande der Gesellschaft, die froh sein dürfen, das wir wenigstens das noch machen dürfen….. So kommt es mir manchmal vor, das einige es so sehen!
@ Der Maskierte: 🙂
„Sind Sie frei?“ hab ich auch schon öfter gefragt, bzw. „Sie sind frei?“, einfach weil es mir höflicher scheint, als mich quasi ungefragt nur mit einem „Grüß Gott“ (nördlich des Mains natürlich „Guten Tag“) in ein fremdes Auto zu setzen. Naja, am Standplatz am Bahnhof oder Flughafen frag ich nicht. Aber ob die Fackel leuchtet oder nicht, da hab ich bisher eher weniger drauf geschaut – was sich jetzt natürlich geändert hat dank des rührigen Blogbetreibers. 😉
Seid halt ein wenig nachsichtiger mit euren Fahrgästen, sind doch fast alle Taxiamateure, so sie keinen Taxiblog lesen. „Dumme Fragen“ von Kunden gehören wahrscheinlich für Jeden zum Beruf, egal ob Handwerker, Steuerberater oder Taxifahrer.
Für jeden der seinen geregelten 8 Stunden-ArbeitsTAG hat, ist Nachtarbeit halt auch irgendwie schwer vorstellbar. Aber wenn man das freiwillig macht, warum nicht. Übel ist es wohl vor allem dort wo die Schichten wöchentlich wechseln.
@ maik aus W.:
„…Existenzen am Rande der Gesellschaft…“ Die schlechtesten Vertreter jeder Zunft prägen oft das Image. Das wißt ihr doch selber. Unter euren Kollegen (und auch den Kunden) gibt es von der übelsten Dumpfbacke bis zum Supertyp alle Arten von Menschen. Und wie überall ist der ganz normale, meist freundliche, der einfach seinen Job macht, in der Mehrzahl.
Da fällt mir noch ein Vergleich ein, der mir gestattet sei, weil ich mich damals zur Bekleidungsfrage (glaub ich) nicht geäußert hatte. Wenn man von jemandem gefahren wird, mit kurzer Hose, dessen T-Shirt gleich vom Bierbauch gesprengt wird und der dann noch den Duft einer Raucherkneipe oder einer Turnhallenumkleide verbreitet, dann ist die Assoziation vom „Rande der Gesellschaft“ nicht weit. Ich erinnere mich noch gut, wie beeindruckt ich war, als ich einmal (in Belgien) von einem Fahrer mit Anzug kutschiert wurde. Im übrigen liegt für mich die „Wahrheit“ bekleidungstechnisch in der Mitte zwischen diesen Extremen.
paßt irgendwie ganz gut zu meinem eben geschriebenen
http://www.berlinstreet.de/5555
„Sind Sie frei?“
„Ja, auf Bewährung!“
😀
@Bernd K
Ich bin im Taxi selbst nur zahlender Kunde. 😉 Meine Kunden quälen mich anders. 😀
@ Der Maskierte:
Ja, mit Zigarettenangeboten und Umwegen, die auf Verlangen auch noch gefahren werden. Oder so.
@ Sash:
Was für eine Einstiegs-/Begrüßungsfrage wünscht du dir denn als Taxifahrer? Das würd mich mal interessieren. Denn die Kunden sind ja nun nicht alle Bloglesend – und ich würde die gestellten Fragen alle als Höflichkeitsfrage abtun (wirst du wohl insgeheim auch so machen). Aber los – nun her mit der ultimativ richtigen Begrüßungsfrage für den Taxikutscher …
Dieser Beitrag verwundert mich so sehr, dass ich ihn entgegen meiner Gewohnheit doch mal kommentieren muss (aus Sicht eines gelegentlichen Fahrgastes).
Klar, „Sind Sie frei?“ ist eine ziemlich bescheuerte Frage. Aber gerade bei Nachtfahrten hatte ich bislang den Eindruck, dass die Fahrer recht dankbar sind, wenn man nicht sturzbesoffen ist und noch in der Lage, ein bisschen Small-Talk mit ihnen zu machen. Und da fällt mir – gerade angesichts der Kürze einer durchschnittlichen Taxifahrt – nix besseres ein als wie es so läuft und wie lange die Schicht noch dauert. Zumal mich das, erhlich gesagt, wirklich interessiert. Selbst wenn ich das Standard-Small Talk-Thema Wetter nehme, führt das doch fast zwangsläufig dazu, wie die Schicht so läuft (hat ja stark damit zu tun), was wiederum dazu führt, wie lange sie noch geht.
Oder soll ich die 10 Min. Taxifahrt für eine philosophische Diskussion über die Ontologie von Kants Kategorischem Imperativ nutzen? (Es sind ja entgegen dem Klischee nicht alle Taxifahrer abgehalfterte Philosophiestudenten).
Oder ist es euch tatsächlich lieber, eine ganze Schicht lang nur schweigende Fahrgäste zu haben?
Ich bin etwas ratlos…
@Tom’s Taxi:
Den merk ich mir! Ich werde berichten, wie es ausging 😉
@ednong und Smithee:
Was ich mir wünsche? Was besser wäre?
Da gibt es eigentlich nix. Es ist nur einfach bemerkenswert, dass selbst im Umgang mit tausenden Leuten immer wieder das Gleiche gesagt wird. Ist von meiner Seite aus ja nicht anders. Und ich finde das bei weitem besser als Schweigen, gar keine Frage. Ich finde es bloß irgendwie lustig. Genauso wie „Folgen sie dem Wagen!“ oder „Sind sie das Quiztaxi?“ sind die oben genannten einfach Dinge, die immer und immer wieder kommen – und das ist den meisten Kunden ja nicht bewusst. Deswegen thematisiere ich das einfach so zum gegenseitigen Verständnis auch immer mal wieder. Das hat echt nichts mit genervt sein oder so zu tun.
Früher habe ich im Taxi als Fahrgast meist geschwiegen. Wenn man aber öfter mit dem Taxi fährt, redet man offenbar auch mehr (vielleicht hat das auch mit dem Alter zu tun?). Gerade wenn man immer wieder an den selben Punkten ins Taxi einsteigt, hat man natürlich auch Fahrer, die man schon kennt und die einen auch schon kennen (nicht mit Namen natürlich). Da wird schon öfter über alle möglichen Dinge geredet, mit dem einen Fahrer z. B. über Bücher, mit dem anderén über die Lebensumstände. Es ist also nicht übertrieben zu sagen, daß das Gespräch mit dem Taxifahrer durchaus manchmal schon ins Philosophische lappt.
Bei mir ist es so, daß ich einen überdimensionierten Innenspiegel habe. Der wird immer wieder gerne thematisiert, meist mit großer Begeisterung und gerne auch mal mit Anspielungen auf meine körperliche Ausstattung (Das sind aber mindestens 25 cm)…
@ednong
Er wirkte aber alles andere als gequält auf mich. 😀
Ja, dann ist ja gut, Sash. Ich dachte schon, dich langweilt das. Aber stell dir vor, die Kassiererin bei Penny bei dir um die Ecke wird wahrscheinlich auch jeden Tag hunderte von Kunden haben, die den Dialog – sofern er stattfindet – auch immer gleich anfangen … 😉 Du bist also nicht allein.
„Sind sie frei“ ist lediglich eine Hoeflichkeitsfloskel, die Euch gegenueber nichts als freundlich gemeint ist. Aber was moechte denn ein Taxifahrer hoeren? „Guten Tag“? Nix? „Fahr los!“? Lasst es uns wissen!
Hui, ich fühle mich ertappt. Wenn ich mal ein Taxi nehme, dann meist auch vom Bahnhof aus und meine erste Frage ist *immer* das (anscheinend berüchtigte) „Sind Sie noch frei?“. Das mag auch ein Kleinstadt/Großstadt-Kulturkonflikt sein. Dort, wo ich aufgewachsen bin, standen höchst selten mal Taxen bereit am Bahnhof und wenn, konnte es durchaus sein, dass gerade nur auf Kunden mit Vorbestellung gewartet wurde.
Insofern scheint mir die Frage, ob jemand noch frei ist einfach höflich und erspart die eventuelle Peinlichkeit, sich nach einem selbstsicheren Fallen-lassen ins Taxiinnere direkt wieder erheben und aussteigen zu dürfen, falls eben doch nicht frei war.
..dass dies an Taxiständen eventuell anders sein könnte, hat sich mir auch erst nach Bloglektüre erschlossen, da ich (mit meiner Kleinstadtfahrgastlogik) davon ausging, dass auch die Taxen dort teilweise vorbestellt sein können und auf die jeweiligen Kunden warten, denn wenn nicht am Taxistand, wo sonst? 😉
@Wurst:
Wie ich weiter oben geschrieben habe: Ich hab keine „Verbesserungsvorschläge“ oder will was Bestimmtes hören. Es ist nur lustig, dass sich eine (in unseren Augen) sinnlose Frage durchgesetzt hat.
Was ich persönlich logischer finde, ist zum Beispiel: „Guten Abend, können sie mich zum/nach XY bringen?“ Trotz Beförderungspflicht kann es ja z.B. sein, dass mir als Fahrer das Ziel nichts sagt. Aber wie erwähnt: Ich finde das alles kein bisschen schlimm.
@scf:
Da bist du ja nicht alleine 🙂
In der Regel ist es halt so, dass die nicht freien Kollegen sich auch nicht irgendwo postieren und Kunden ins Auto lassen. Mir ist es bisher so gut wie nie passiert, dass ich mit einem freien Kollegen verwechselt worden bin. Und am Taxistand sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass einer rumsteht und nicht frei ist zumindest in Berlin auf quasi Null.
Ich schließe mich Smithee an. Wenn ich nachts Taxi fahre (und wenn ich Taxi fahre, dann meistens nachts…) und mir nach Smalltalk ist, dann halte ich das auch für eine geeignete Einstiegsfrage, zumal es mich halt auch interessiert, wie so die Schichten sind, der eine steht um 2 Uhr nachts kurz vor Feierabend, weil er am frühen Abend begonnen hat, der andere (so wie du üblicherweise) hat gerade begonnen und fährt die Nacht komplett durch. Und auch hier sind die Unterschiede zwischen Großstadt und Dorf wieder sehr interessant.
Ich möchte mich auch anschließen. Es ist keine sinnlose Frage. Sprache ist nicht immer logisch, es hat auch eine Funktion als „soziales Schmiermittel“.
Indem der Kunde das Gespräch mit einer Frage beginnt, gibt er Dir verbal die Möglichkeit, da noch „auszusteigen“ (auch wenn dies natürlich logisch gesehen Quatsch ist). Es ist einfach höflicher.
oh ja, Sash sagte ja ganz richtig, dass „Können Sie mich nach X bringen“ logischer wäre, und das wäre auch eine Frage. Das stimmt, aber es ist halt viel länger. Man beginnt in der Regel ein Gespräch mit einem Fremden nicht mit langen Sätzen, sondern Standardfloskeln wie „Entschuldigen Sie“, „Guten Tag“ etc. „Sind Sie frei“ passt da auch gut rein…