Taxitest? War da nicht eben erst was? Ach ja, tatsächlich!
Sowas ähnliches muss sich auch ein Praktikant bei RTL gedacht und das derletzt beim Mittagessen versehentlich ausgeplaudert haben. Was sie beim Sender jetzt genau dazu veranlasst hat, den mehr oder minder fragwürdigen Test des ADAC nachzuerzählen und durch Beimischung hirnlosen Humbugs das journalistische Handwerk zuzüglich der Taxifahrer in den Dreck zu ziehen, entzieht sich meiner Kenntnis.
Sollte nämlich der auf RTL gestern im Rahmen von „Extra“ ausgestrahlte „Test“ tatsächlich so geworden sein, wie sich das das sicher sehr sehr kompetente Team gedacht hat, dann müsste die Grundidee folgendermaßen ausgesehen haben:
„Wir tun so, als würden wir den Test vom ADAC machen. Dann filmen wir ein paar schlimme Taxifahrer und noch schlimmere. Einer vom ADAC darf sagen, wie schlimm die Schlimmen schlimme Ding tun. Hauptsache ist, dass am Ende Deutschland gut dasteht und wir brauchen Bilder von Taxischildern. Um Himmels Willen, vergesst die Scheiß-Taxischilder nicht!“
Und so saß ich also mit meiner besseren Hälfte Abends vor dem eiligst hervorgeholten Fernseher und sah mir das Unheil an…
Wir zeigen mal, wie schlimm das ist!
Die langen Schlangen von Taxischildern gab es gleich am Anfang, und nachdem uns eine bedeutungsschwangere Stimme bereits verkündet hat, dass viele Taxifahrer einen im Kreis fahren würden, „wie im Karussell“, konnten wir gleich am Flughafen Düsseldorf das Elend in Form eines nur mangelhaft verpixelten Taxifahrers sehen. Der fuhr dann die zweieinhalb Kilometer lange Strecke angeblich auf einem Umweg, der gleich 15 Kilometer lang war. Das Team hat ihn noch ein bisschen in die Enge getrieben und am Ende bot er einen schon mal grundsätzlich illegalen Pauschalpreis von 15 € an – was immer noch dem doppelten Normalreis entspricht. Dafür stellten sie ihn dann später am Stand zur Rede und kassierten das zu viel bezahlte Geld zurück. Soweit, so gut – selbst für die lustige Grafik mit dem Weg hat RTL offenbar die korrekten Entfernungen gegoogelt. Ein positives Beispiel für einen Fahrer sollten/wollten sie bis zum Ende nicht finden.
Anstatt dem eiskalten Betrüger, der die Sache offenbar sogar noch halbwegs lustig fand, eine Anzeige reinzudrücken, wurde irgendein Zuständiger kurz vor die Kamera gezerrt, der erklärte, dass man sich bei sowas am besten an die Zentrale oder die Ordnungsbehörde wendet. Der Fahrer, so er nicht auch nur ein gecasteter Praktikant von RTL war, hat sicher seine Lehre aus der Tatsache gezogen, dass er bei der betrügerischsten Fahrt aller Zeiten, bei der er auch noch von einem Fernsehteam erwischt wurde, am Ende tatsächlich das zu viel erhaltene Geld zurückzahlen musste. So zerknirscht, wie er am Ende des Beitrages lacht, tritt der Morgen aus Reue dem Kirchenchor bei. Oder den Hells Angels, je nachdem, wo besser gekocht wird.
Schnitt, Taxischilder, bedeutungsschwangere Stimme.
213% in Hamburg, schlimme Unlust in Düsseldorf
Von einem sonst eher Allgemeinplätze feilhaltenden Herrn Sauter vom ADAC-Verbraucherschutz wurde dann kurz erklärt, dass es in Hamburg am schlimmsten war, weil da ein Fahrer sogar mal 213% Umweg zusammengefahren hat – was irgendwie keine Wirkung entfalten will, wo gerade in Düsseldorf einer die 500% geknackt hat. Aber richtig: Das war ja ein eigentlich ganz anderer Test!
Nun wurde aber noch ein zweiter Flughafenfahrer gefilmt, der die Strecke zwar zu größter Zufriedenheit auf dem kürzesten Weg fährt, aber „ein Problem“ hat. Ich glaube, es fiel sogar das Wort „genervt“. Dummerweise haben sie nicht einmal einen O-Ton für diese Behauptung gefunden, denn der Kollege nahm es mit Humor und lachte sogar (verpixelt) in die Kamera, als er wortwörtlich sagte:
„Ich hab zwar nix dagegen, aber nach 3 Stunden tut das weh.“
Kunststück bei einer Tour unter 7 €. Unangemessen beschwert hat er sich zumindest in dem Ausschnitt nicht. Solche Sätze sage ich auch mal, wenn mich die Kundschaft auf die kurzen Strecken anspricht. Und dass die Knallchargen von RTL offenbar auf Skandale aus waren, kann man wohl als Fakt bezeichnen.
Die Problematik mit den kurzen Strecken wurde dann noch kurz erklärt, es kommen noch zwei drei zottelige unverpixelte Fahrer zu Wort und schon wird mit einem Teaser angekündigt, dass man erstmal abwarten soll, was sich die Taxifahrer im Ausland alles erlauben würden. Das Ganze ist nur echt mit Bildern von dicken streitenden Männern und schon hatten wir die Werbepause erreicht!
Ich hab jetzt erst einmal durchgeatmet und versucht zu eruieren, wer da jetzt eigentlich wo was getestet hat. RTL? Der ADAC? 2 Fahrten in einer Stadt, die der ADAC nicht auf dem Monitor hatte, wurden mit den Ergebnissen des ADAC verglichen und untermauert… ich hab mir erstmal ganz groß das Wort „WIRR“ direkt unter dem Titel auf meinem Notizblock vorgemerkt. Aber ich hatte ja keine Ahnung, was noch kommen sollte…
Die spinnen, die Römer!
Die bedeutungsschwangere Stimme klang bereits nach den ersten Wehen als sie verkündet, dass man in Rom „einige dabei erwischt“ habe, dass sie… ich hab keine Ahnung mehr, bei was! Ist auch egal, denn das Hirn der für Content zuständigen Personen hat offenbar die Sonne in Italien schlecht vertragen und der „Test“ schlingert nun in einer einzigen Absurditätskurve durch das Flughafengelände der Millionenstadt. Etliche Minuten vergehen damit, dass Fahrer gezeigt werden, die aggressiv um Kundschaft buhlen und dabei „ganz andere Preise im Sinn“ haben als die eigentlich angesagten 40 € Festpreis in die City. Das wird ausgelatscht bis auf dorthinaus, und eher nebenbei kommt dann raus, dass diese Typen gar keine Taxifahrer sind, sondern Limousinen-Chauffeure, die sich als „Taxi“ bezeichnen und mit den „echten“ Taxifahrern wohl um die Kundschaft ringen.
Ich für meinen Teil vermute, dass man in Rom wie hier auch als Taxifahrer keine Werbung für sich machen darf, und die Taxifahrer ja eigentlich die seriöse Alternative zu diesen Typen sind, die aber irgendwie auch gar nicht so zu Unrecht aufgebracht sind. Schließlich dürfen sie (weil sie keine Taxifahrer sind) ja legal höhere Preise anbieten und nun rennt da ein deutscher Underground-Reporter durch die Gegend und weist die anderen Touristen darauf hin, dass die richtigen Taxis eigentlich billiger wären und versaut ihnen somit ihr Geschäft. Ich würde ja gerne mal in einer Live-Sendung von RTL fürs ZDF werben und dann eine Doku über unverschämtes Schrott-Fernsehen machen, weil sie mich wegschicken.
Richtig falsch richtige Taxen mit dem falschen richtigen Tarif
Dann wird es richtig lustig. Nachdem sich das Kamerateam fast von diesen Limousinenfahrern verprügeln lassen hat, nahmen sie ein Original-Taxi und hier will der Fahrer nun auf einmal 60 € statt der zuvor erwähnten 40. Um nun noch weiter zu verwirren, weisen sie darauf hin, dass es durchaus auch bei den Taxis einen 60€-Tarif gibt – nämlich, wenn das Taxi aus einer anderen Gemeinde kommt. Muss eine ähnliche Geschichte sein, wie bei uns hier in Schönefeld. Da haben die LDS-Taxen auch einen anderen Tarif als wir und kein Kunde blickt das ernstlich.
Der Fahrer war aber doch direkt aus Rom und versuchte also zu Unrecht einen höheren Tarif zu nehmen. Immerhin ist er niedriger als all die von den Limousinenfahrern – und am Ende verzichtet der junge Wilde sogar auf den Zwanni. Fazit ist, klar: Auch die richtigen Taxifahrer bescheissen!
An dieser Stelle wird darauf verwiesen, dass Rom ja auch beim ADAC-Taxitest schlecht weggekommen ist und nur Ljubiljana noch schlimmer war. Dorthin war wahrscheinlich der Flug zu teuer für das Budget der knallharten Recherche-Sendung „Extra“… Wer weiss?
Fazit
Der „Test“ von RTL bestand also aus 3 gefilmten Taxifahrten. In deren Augen waren alle schlecht.
1. Fahrt in Düsseldorf: Der Fahrer fährt 500% Umweg, verlangt aber letztlich einen Festpreis von 200% des Maximalpreises, findet das lustig und wird aber ganz dolle bestraft, indem er 8 € zurückzahlen muss.
2. Fahrt in Düsseldorf: Der Fahrer fährt vorbildlich, macht allerdings den Fehler, dass er darauf hinweist, dass die kurze Tour sich bei der langen Wartezeit eigentlich nicht wirklich lohnt.
3. Fahrt in Rom: Der Fahrer fährt ohne Uhr und verlangt 150% des erlaubten Preises und ist ziemlich genervt. Am Ende bezahlen sie den vorgeschriebenen Preis und sind damit weit billiger als mit den ganzen anderen Chauffeuren, mit denen sie sich fast prügeln mussten (weil sie die Taxis verteidigt haben!).
Das Fazit aus diesem umfangreichen Taxitest über das Fahren in europäischen Großstädten ist damit nach RTL völlig logischerweise:
In Deutschland hat man es eigentlich recht gut mit den Taxifahrern, nur die Umwege sind nicht so toll. Im Ausland muss man bedeutend vorsichtiger sein!
Und nein, das habe ich mir nicht ausgedacht! Diese gequirlte Kacke auf dem Niveau von 5-jährigen Gehirnamputierten wird erwachsenen Menschen als informative Dokumentation aufgetischt. Ich bin heilfroh um jeden Beitrag, der sich kritisch mit unserem Gewerbe auseinandersetzt, ganz bestimmt. Aber so eine Bedienung blödester Kneipenklischees ist schlichtweg Volksverblödung. Eine vermeintliche Aufklärungssendung, die Betrüger davonkommen lässt, nicht einmal das Subjekt ihrer Nachforschung genau umreissen kann, reisserisch Bericht erstattet, das genaue Gegenteil von analytischer oder auch nur halbwegs durchdachter Arbeit ist und all das noch gelegentlich durch das mildtätige Lächeln von Birgit Schrowange so einlullend macht, dass auch die letzte Gehirnzelle einschläft, die kann ich nur als intellektuelles Abführmittel bezeichnen. Zeigt wieder Softcore-Pornos wie in den Neunzigern, dann komme ich vielleicht auch mal wieder in die Versuchung, den Fernseher anzuschalten!
