Vielleicht richtig…

Tiefsinnige Unterhaltungen sind selten im Taxi. Das ist verständlich, denn schliesslich sind ich und mein Mitprotagonist zu Beginn noch nicht einmal miteinander bekannt. Manchmal geht es dann aber doch recht schnell, wie im Fall des folgenden Beamten:

Ein paar Fragen seinerseits, wie es so läuft – die angeblich häufigste Einstiegsfrage seitens der Fahrgäste – und als die Fahrt 10 Minuten später beendet war, waren wir bereits soweit, dass er mit mir seine Sorgen teilte, er wüsste nicht, was er seinen Söhnen heutzutage noch für einen Beruf nahelegen könnte.

Dass Taxifahrer nicht zur Debatte stand, wunderte mich nicht, aber es war sehr schön, am Ende von ihm anerkennend zu hören:

„Wissen sie, vielleicht haben sie es ja wirklich richtig gemacht mit ihrem Taxi!“

Dazu können sich nicht alle durchringen…

 

Taxi Tanzania

So, es wird mal wieder Zeit für einen Gastbeitrag!

Muhehe hat eine ganze Weile in Tansania gelebt und dabei auch interessante Taxi-Erfahrungen gemacht. Er hat mich angefragt, ob ich Interesse hätte, sie hier zu veröffentlichen, und das tue ich sehr gerne. Viel Spaß!

Sash versorgt uns ja beinahe täglich mit neuen, spannenden Geschichten aus der Berliner Taxi Welt.  Aber Taxis gibt es in jedem Land dieser Welt und sicher ist die tansanische Taxiwelt  eine komplett andere.

In Deutschland nutze ich ein Taxi eigentlich nur nach einer durchzechten Nacht, wenn es keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr gibt. In Tansania hat das Taxi eine ganz andere Bedeutung.  Dazu sollte man vielleicht wissen, dass Tansania eines der ärmsten Länder dieser Erde ist, aber auch eines der friedlichsten in Afrika. Das Bildungssystem ist miserabel, das Gesundheitssystem am Boden, an AIDS und Malaria sterben tausende. Die meisten werden Tansania mit dem Kilimandscharo, der Serengeti oder Sansibar in Verbindung bringen.

Soviel mal zu den Basics, denn eigentlich soll es ja hier um Taxis gehen.  Man darf sich das nicht so wie in Deutschland vorstellen, dass es Funkzentralen gibt an denen Aufträge an einzelne Unternehmer verteilt werden. Jeder Fahrer ist sein eigenes Unternehmen, umso wichtiger ist eine gute Kundenbindung für den Fahrer, wenn man nicht ewig am Taxistand stehen möchte. Aber gleiches gilt auch für die Leute die Taxis benutzen und es sich leisten können. Einige Zuverlässige Taxifahrer in jeder Stadt zu haben kann „überlebenswichtig“ sein.  Mindestens zwei sollten es sein, einen der die Tagschicht macht, einer der Nachts unterwegs ist. Denn spätestens wenn es dunkel wird, gibt es einige Ecken an denen man gerade als weißer nicht mehr zu Fuß unterwegs sein sollte.

Ich werde hier hauptsächlich über zwei meiner „Cap buddys“ schreiben. Eric, ein aufgeweckter Mann von ca. 20 Jahren der nebenbei an seiner aufstrebenden HipHop Karriere arbeitet. Amelie, der Taxifahrer mit Frauennamen und Mädchenstimme. Er hatte schiss vor meinen selbstgedrehten Zigaretten, war notorisch unzuverlässig und eine ziemlich arme Socke und aber ziemlich Nett. Deswegen hatte ich immer wieder mit ihm „Geschäfte“ gemacht habe.

In diesem Artikel wird es sich aber hauptsächlich um den Preis einer Taxifahrt drehen. Generell wird nach Festpreis gefahren. Ausgehandelt wird, bevor eingestiegen wird. Eine wirklich feste Regel gibt es nicht, wie viel für einen Kilometer wird.  Meist gibt es eine Art Minimumpreis für eine bestimmte Strecke. Zum Beispiel Dar es Salaam Airport bis ins City Center 20.000 Tansania Schilling (Tsh).  Das sind ca. 10€. (Durchschnittslohn in Tansania liegt bei ca. 30€). Dann kommt es natürlich immer auf die Verkehrslage an und in welcher Richtung die Staus sind, wie viel Uhr es ist und wie die Chancen stehen auf dem Rückweg noch eine Fahrt zu erwischen. Und natürlich:  der Benzinpreis. Ihr merkt: Für ortsunkundige eine ziemlich schwierige Sache den optimalen Preis zu ermitteln. Als Weißer noch schwieriger ihn zu bekommen, denn bei Weißen versucht natürlich jeder Fahrer die Marge zu erhöhen. Im Zweifelsfall hab ich mir einige Diskussionen gespart und ein bisschen mehr bezahlt, mit dem Wissen, dass der Kerl was davon hat und es mir nicht weh tut. Ich hab oft genug Weiße gesehen die stolz geprahlt haben für die Fahrt vom Flughafen in die Innenstadt nur 15.000 gezahlt zu haben und wie toll sie doch handeln können.

Taxifahrer in Tansania sind alles andere als reiche Menschen und müssen oft auch mal 16 Stunden am Tag arbeiten um nicht ein Minus zu erwirtschaften.  Und wer sich einen Flug nach Tansania leisten kann, sollte wegen 2,5€ für eine 1 bis 2 Stunden Fahrt einen Fahrer nicht so weit runter drücken, nur um sich zu beweisen wie toll er handeln kann.

Meiner Meinung nach kann zwischen Kunden und Taxifahrer eine richtige Geschäftsbeziehung entstehen. Ich als Kunde erwarte zuverlässige Services, Sicherheit und am liebsten natürlich auch noch ein nettes Gespräch. Ein Taxifahrer der solche Services bietet, möchte eine akzeptable Bezahlung. Stimmt beides kann eine langfristige Geschäftsbeziehung entstehen. Das passiert nicht durch unverschämte Preisdrückerei oder auf der anderen Seite komplett überzogene Forderungen.

Aber was macht man denn eigentlich als Neuling in Tansania ein Taxi braucht. Dazu sollte man wissen: Für den öffentlichen Personenverkehr lizensierte Fahrzeuge haben ein weißes Nummernschild. (Private Autos haben gelbe Nummernschilder). Das heißt aber noch lange nicht, dass der Taxifahrer eine Personenbeförderungslizenz hat. Beides sagt übrigens nichts über die Sicherheit des Autos oder die Ortskenntnisse des Fahrers aus.  Trotzdem: Wer fremd ist in Tansania, steigt einfach nicht in ein Auto mit gelbem Nummernschild ein, auch wenn der Fahrer sich als Taxi ausgibt.  Selbst ich habe das, äußerst selten gemacht, nachdem ich ein Jahr in Tansania gelebt habe.

Dann kommt die Preisverhandlung: Oft ist die Sprache eine Hürde. Gerade in den von Touristen weniger frequentierten Regionen. Englischkenntnisse sind oft schlecht oder gar nicht vorhanden.  Ein bisschen Suaheli hilft weiter. Positiver Nebeneffekt: Meist freuen sich die Tansanier wenn man sich bemüht ein wenig Suaheli zu sprechen. (Senkt auch wieder den Preis oder die Anfangsforderung).

Wie schon gesagt: Eine Faustregel für Preise gibt es nicht. Nehmt euch Zeit für die Verhandlung, seid relaxed. Fallt nicht mit der Tür ins Haus, ein „wie geht’s?“ sollte mindestens drin sein. In Tansania sind lange Begrüßungen besonders höflich. Oft wird sich der Reihe nach den nach dem Befinden der nächsten Verwandten erkundigt. Lustige Nebeninfo: Ich hab von einer Anwältin gehört, dass eine Begrüßung bei der hohen Richterin in einer Anhörung mindestens 10 Minuten dauern sollte.

Sagt dem Taxifahrer wo ihr hinwollt, ein markanter Punkt reicht, Straßennamen gibt es eigentlich nur in der Hauptstadt. Fragt nach dem Preis.

Oft steigt der Fahrer in die Verhandlung mit einem Preis ein der 50% / 60% über dem Normalpreis liegt.  Aber auch das ist nie sicher. Meine Regel wenn ich mal keinen Plan hatte wie viel es kosten soll: Ich möchte mit gutem Gewissen den Preis zahlen können und auch das Gefühl haben der Taxifahrer hat ein gutes Geschäft gemacht.  Und wenns ein paar Euros sind, so what?

Dann kann es eigentlich schon losgehen. Taxifahren ist in Tansania eigentlich ziemlich sicher. Mir ist keine Story zu Ohren gekommen, in der ein Taxifahrer einen Passagier bestohlen oder sonstwas angetan hat. Die Gefahr, dass man in einen Verkehrsunfall verwickelt wird ist sowieso viel höher 😉

Eine goldene Sicherheitsregel gibt es vielleicht noch: Wenn ihr in einem Taxi fahrt: lasst keinen anderen Einsteigen, auch wenn es der Bruder oder Cousin oder sonst wer sein soll. Kein seriöser Taxifahrer macht sowas.

Ich hoffe der Artikel war spannend zu lesen. Es soll auch noch mehr kommen! Wenn es etwas gibt was euch besonders interessiert schreibt es doch in die Kommentare. Wenn ihr mich persönlich Fragen wollt, mailt an Sash, er schickt es mir dann sicher weiter.

Das tue ich selbstverständlich gerne. Die Verzögerungen, die sich durch die Weiterleitung ergeben, müsst ihr halt mit einberechnen. Ach ja, ich hoffe trotzdem, dass ich nicht hunderte Mails weiterleiten muss 😉

Der Taxi-Anti-Knigge

Nachdem Pharmama gestern diese herrlichen Verhaltensregeln für einen erfolgreichen Apothekenbesuch und für das Hochgefühl der dort beschäftigten Menschen veröffentlicht hat, dachte ich, ich sollte auch den Taxikunden ein derartiges Standard-Werk zur Verfügung stellen.

Also: Wenn Du ein Taxi brauchst…

1. Winke nie!
Wenn dir ein Taxi entgegenkommt, stehe möglichst uninteressiert an der Straße herum. Lasse dich nicht auf einen Blickkontakt mit Taxifahrern ein und winke keinesfalls. Erst wenn der Fahrer vorbeigefahren ist, signalisiere mit einem kurzen Handzucken, dass er gefälligst anzuhalten hat. Wenn der Taxifahrer deiner Bewegung Folge leistet und scharf bremst, kläre ihn gleich beim Einstieg darüber auf, dass derartig apruptes Anhalten auf keinen Fall durch die StVO gedeckt ist. Erfinde ggf. einen Verwandten im Polizeidienst, der seit Jahren mit Stasi-Methoden solche Rüpel gnadenlos verfolgt.

2. Besser bestellen!
An einem Taxistand gilt – wie an allen von vielen Taxen befahrenen Plätzen – das Taxi telefonisch zu ordern. Dies bietet eine umfassende Möglichkeit, dem Servicegedanken auf den Zahn zu fühlen. Sollte das Taxi dann nach 2 Minuten nicht da sein, winke das nächstbeste heran. Hierbei unbedingt wieder auf  Regel 1 achten!

3. Wähle deinen Sitz!
Fordere den Fahrer bereits mit der Sitzwahl zum Arbeiten auf! Sollte der Fahrer unerlaubterweise etwas auf dem Beifahrersitz liegen haben, setze dich einfach drauf. In Kleinbussen verlange, dass dir der Platz in der letzten Sitzreihe zugänglich gemacht wird.

4. Nenne nie ein Fahrtziel!
Nenne nie umgehend ein Fahrtziel! Taxifahrer sind an allem interessierte Menschen, und nichts entspannt in einer schwierigen Verkehrssituation (man steht in zweiter Reihe am Straßenrand einer Hauptstraße und alle nachkommenden Verkehrsteilnehmer hupen) mehr, als sich erst einmal anzuhören, weswegen man genau jetzt ein Taxi braucht und wie das eigentlich nochmal war mit dem Furunkel von Opa Erwin.

5. Beweise deine Ortskenntnis!
Sollte der Fahrer unverständlicherweise ein Fahrtziel verlangen, antworte grundsätzlich mit „Fahr erst mal los!“ Gute Taxifahrer leisten dieser Bitte auch an großen Kreuzungen mit abknickender Vorfahrt zielsicher Folge. Sollte der Fahrer einen Richtungswechsel vergessen, stell das umgehend klar: „Da hinten hätten wir aber rechts gemusst!“. Weise den Fahrer je nach Schwere seiner Verfehlung auf seine mangelnde Ortskenntnis hin und darauf, dass das früher niemals passiert wäre.

6. Verhandle und fahr billiger!
Beginne während der Fahrt mit dem Taxifahrer zu verhandeln. Taxifahrer betrügen sowieso sowohl ihren Chef als auch den Staat, also lass dir nicht erzählen, dass das illegal wäre. Jedes Nein bedeutet, dass du den Preis weiter senken kannst.

7. Du hast es eilig!
Vergiss nicht, immer wieder daran zu erinnern, dass du es eilig hast. Im Gegensatz zu einem Taxifahrer kannst du ja nicht den ganzen Tag im Auto rumsitzen, du hast schließlich eine wichtigere Arbeit. Sollte die von dir vorgeschlagene Strecke letztlich teurer sein als der Preis, den du im Sommer 2005 für eine Taxifahrt in Kairo ergoogelt hast, weigere dich, ihn zu bezahlen.

8. Mach es spannend am Ziel!
Füge am Ziel eine aufmunternte Schnitzeljagd ins Geschehen ein. Definiere den Platz zum Halten unter Einbeziehung der Umgebung. Nenne keine Meterangaben oder Hausnummern, sondern greife auf Formulierungen wie „das Auto“ in einer vollgeparkten Straße, „der Baum“ am Waldrand oder „der beleuchtete Hauseingang“ in einer belebten Straße zurück.

9. Halte mit Gepäck nie vor der Tür!
Wähle als Haltepunkt wenn möglich eine Feuerwehreinfahrt in 150 Meter Entfernung zum eigenen Haus. Der Taxifahrer wird verstehen, dass die Ladezone vor der Tür langjährigen Bewohnern vorbehalten ist und das Gepäck gerne die letzten paar Meter selbst tragen.

10. Zahle mit Großgeld!
Zahle ausschließlich mit 100- oder 200€-Scheinen! Viele Taxifahrer sind allergisch gegen Kleingeld, und sind froh, wenn sie bei der Fahrt für 5,20 € gleich 94,80 € weggeben können. Wenn dich der Fahrer unterwegs angemessen unterhalten hat, gib ihm nachträglich 20 Cent Trinkgeld mit dem Verweis, er solle damit auf sein nächstes Auto sparen.

11. Profi-Tipp: Drogen!
Alle oben genannten Regeln sind wesentlich einfacher einzuhalten, wenn man vor der Taxifahrt möglichst viele Drogen konsumiert. Je irrationaler das eigene Verhalten dabei wird, desto mehr wird sich der Taxifahrer freuen, ein wenig Abwechslung in seinem sonst ja eher eintönigen Job zu haben. Gerade die oft verpönten Nebenwirkungen wie Stimmungsschwankungen, Desorientierung und Brechreiz bereichern das Leben von Taxifahrern ungemein!

Ziellos im Taxi

Es gibt Zeichen dafür, dass Kunden nicht von der einfachsten Sorte sind. Zum Beispiel, wenn sie aus einem Taxi aussteigen und dann zum Taxistand kommen. Das muss natürlich nicht gleich das Schlimmste bedeuten, aber ein wenig komisch ist es im Allgemeinen schon. Im Extremfall hat der Kollege sie rausgeschmissen oder aus dem Auto rausdiskutiert, vielleicht haben sie aber auch einfach keine Ahnung.

Diese Freude hatte ich am Samstag Abend.

Die beiden betrunkenen Gestalten hab ich eben genau aus oben genanntem Grund erst einmal nicht wahrgenommen. Sie sind gerade aus einem vorgefahrenen Taxi ausgestiegen. Dass sie da an der Taxihalte vor sich hingeschwankt sind, schien ich erst einmal nicht für sonderlich interessant zu halten.
Als sie ihre tadellose Bewerbung zum Berufspendel allerdings direkt vor meine Wagentüre verlegt haben, hab ich sie doch mal näher angesehen.

Die beiden wirkten wie ein etwas alternatives Vorzeigepärchen beim Clubhopping. Die Klamotten in gedeckten Farben waren bereits leicht verdreckt, ansonsten sahen sie in ihrer Betrunkenheit geübt aus. Also schätzte ich, dass sie entweder freiwillig einen Teil ihrer Zeit auf dem Boden verbracht haben, oder auf einen unfreundlichen Türsteher gestoßen sind. Beide grinsen noch ziemlich zufrieden, und wenn man bedenkt, dass es den Abend über geregnet hat, könnte man in ihrem Zustand tatsächlich schlimmer aussehen.

„Was kossn zur Haburer Chaussee?“

„Harburger? Oder Haburer oder wie?“

„Harburger…“

„Hmm, ist mir jetzt erst mal unbekannt. Sorry, da müsste ich mein Navi fragen.“

Kollege Jürgen stand neben mir und überlegte auch fieberhaft. Ihm sagte die Straße auch nix. Ich hab mich also kurz in den Wagen geworfen und das Navi befragt. Aber: Möööp! Gibt es nicht. Zumindest nicht in meinem Navi. Ich hab ernsthaft überlegt, das erste Mal seit einem Jahr den Stadtplan rauszukramen, da der aktueller ist.

„Wo soll das denn genau liegen?“

fragte Jürgen.

„Inn Norden.“

„Also Pankow? Oder noch weiter? Außerhalb?“

Die Antwort schuldig geblieben stiegen sie bei mir ein und zwangen mich dazu, sie zu bitten, ihre Ansage zu konkretisieren.

„Fahr ersma los, wir zeigen dirs!“

„Ja, aber in welche Richtung denn genau? Seid ihr beim Straßennamen sicher? Harburger Chaussee?“

„Klar, da wohn ich doch!“

„Was ist denn da die nächstgrößere Hauptstraße in der Nähe? Mir sagt das nämlich wirklich nicht einmal grob etwas!“

„Ey sachma! Jeder Hamburger Taxifahrer kennt die Harburger.“

Ich hab sowas ja fast schon befürchtet:

„Ihr beiden Dösbaddl wisst aber schon, dass ihr in Berlin seid, oder?“

„Ja, is mir doch egal. Bring uns doch einfach hin. Wir zahlen das ja auch!“

„OK, mal Butter bei die Fische: Es gibt nichts, was ich lieber täte, als euch nach Hamburg zu fahren. Aber das wird eine verdammt lange Fahrt und die kostet ein Schweinegeld. Wenn ich das machen soll, dann ist gut. Dann brauche ich aber auch Geld. Und zwar zumindest zum Teil im Voraus! Bei so einer Strecke brauche ich einfach eine Sicherheit, nichts für ungut!“

„Ok, is kein Problem!“

flötete sie von hinten rechts und reichte mir aus einer neuen Schachtel zwei Zigaretten. Das wird haarsträubend! Ich bin mal wieder Trottelmagnet, super! Ich drückte ihr die zwei Zigaretten in die Hand, und bei der Entgegennahme zerknickte sie eine davon. Logischerweise wollte sie die gleich im Taxi entsorgen. Ich hab sie aus dem Fußraum gefummelt und ihr in die Hand gedrückt:

„Leute, so nicht! Steck die Kippen mal wieder ein! Nochmal von vorne: Ihr seid in Berlin. Deutsche Hauptstadt, knapp 300 Kilometer von Hamburg weg. Ich könnte… sach mal! Kannst du bitte aussteigen, wenn du eine rauchst. Ich rauch hier drin auch nicht!“

Der Typ mit den schon leicht speckigen Haaren sah mich ratlos an:

„Aber ich bin eingesperrt. Die Tür geht nicht auf…“

„Ja, das ist die Kindersicherung. Momentan vermute ich zwar eher, die sollte das Öffnen von außen verhindern, aber warte kurz…“

Nicht sonderlich begeistert ist er ausgestiegen und ich konnte meinen Monolog gegenüber der jungen Dame fortsetzen:

„So, also. Ich bringe euch beide gerne nach Hamburg, aber das wird teuer. Ich würde es nicht empfehlen.“

„Dann bring uns doch in nen Club!“

„Ein Club? OK, warum nicht? Welcher denn?“

„Hmm, wie is mit Fritz-Club?“

„Der Fritz-Club liegt hier direkt hinter uns. Da müssen wir nicht hinfahren.“

„Ehrlich?“

„Ja.“

„Egal, dann geb ich dir einen Euro und penn hier ne Stunde. Is ok?“

„Sorry, für einen Euro ist das nicht ok.“

„Wieviel dann? 10? 20? 30? 40? Is mir egal. Ich zahl, was du willst!“

Bei 40 € hab ich mir ja fast schon überlegt, einzuschlagen. Arg viel besser hätte ich es in der Stadt auch nicht erwischen können. Gemütlich ein paar Zigaretten rauchen, Fotos von schlafenden Betrunkenen im Taxi bei Facebook posten (verdammt, die haben doch neuerdings die Gesichtserkennung 😉 ). Ich stellte mir das eigentlich ganz lustig vor. Aber dann:

„Nee, du fährst uns jetzt einfach nach Hamburg!“

Ganz ruhig bleiben…

„OK, dann Klartext: Wir fahren nach Hamburg. Das kostet, hm… mal überlegen… sagen wir 500 €. Und die will ich nicht erst in Hamburg sehen, sondern hier schon! Wenn ihr mich fragt: Es würde sich lohnen, eine Stunde auf den Zug zu warten.“

Ich weiss nicht, ob das Mädel in dieser Sekunde einfach einen klaren Moment hatte oder eine Halluzination von biblischen Ausmaßen. Jedenfalls riss sie die Augen entsetzt auf und sagte mit einer verständnis- und liebevollen Stimme in bester Pädagogenmanier:

„Boah, das ist echt ziemlich teuer. Ey danke, dass du das gesagt hast. Das ist vielleicht, ich muss mal fragen. Bennniiiii?“

Ihr Begleiter schielte mitsamt Zigarette zum Fenster hinein und sie erzählte ihm von der unglaublichen Weisheit, dass die Fahrt nach Hamburg 500 € kosten würde. Auf die Frage, ob er ihr das zahlen könnte, reagierte er etwas unwirsch:

„Du, wir sind hier schon 4 mal Taxi gefahren. Ich hab bisher schon alles gezahlt. Glaubst du, ich hab noch 500 € dabei? Nee du, hab ich nicht! Müssen wir eben was anderes finden…“

Na bitte! Endlich! Hinter mir waren inzwischen 5 Kollegen, inklusive Jürgen, von der Halte weggekommen. Wurde auch Zeit, dass mein Auto wieder frei wird! Also zumindest, wenn es doch nicht nach Hamburg geht. Darauf hätte ich ja schon noch ein Weilchen warten können 🙂
Kaum dass sie das Taxi auch verließ, stieg mir vorne gleich neue Kundschaft ein und ich hatte eine bequeme 15€-Tour ein paar Kilometer ums Eck. Und ich war damit nicht sonderlich unzufrieden. Als dieser Fahrgast dann ausgestiegen ist, hab ich hinten auf den Rücksitzen erst einmal den halben Strand entfernt, den sie dank ihrer Klamotten auf meiner Rückbank verteilt hatten. Immerhin nur Sand und kein Seetang!

Und eine Schachtel Zigaretten. Eine, aus der genau 2 Stück fehlten.

Göbeln und pöbeln

Komisch wird es, wenn wunderliche Kollegen sich mit ihrem enormen Fachwissen und ihrer sozialen Kompetenz versuchen, bei kleinen Problemchen einzumischen. Der folgende Fall ist ein zweischneidiges Schwert, der Kollege wollte mir zweifelsohne bloß helfen. Das ist auch ohne Frage sehr nett, am Ende wirkte es irgendwie ziemlich skurril.

Zunächst hielt er sich in seinem Auto hinter mir versteckt. Ein Fahrgast landet bei mir und spricht mich an. Es entwickelt sich folgender Dialog:

„Kanns mich zur Göbelstraße bringen? Nach Friedrichshain?“

„Göbelstraße? Sicher?“

„Nee, die Göllellstraße! In Friedrichshain!“

„Gö-Lel-Straße?“

„Nein, die Görlellstraße. Ist nicht weit!“

„Sagt mir erst mal nix. Wo in Friedrichshain soll sie denn genau liegen?“

„Na sach mal: Die Gördelstraße! Am Ostkreuz!“

„Ach, sie meinen die Gürtelstraße!?“

„Ja, Görlstraße! Hab ich doch gesagt. In Friedrichshain!“

Schwere Geburt. Aber man kriegt ja alles hin. Von dem recht lautstarken Dialog fühlte sich nun der Kollege angesprochen und kraxelte aus seinem Wagen.

„Kollege! Zweimal!“

baffte er mich von der Seite an, während ich das Gepäck einlud.

„Zweimal?“

„Jaha! Musste doch wissen! Jibbet zweimal!“

„Was jetzt?“

„Na die Gürtelstraße!“

„Äh ja, aber nicht zweimal in Friedrichshain, oder?“

„Aber doppelt jibbet se trotzdem!“

„Der Herr hier möchte nach Friedrichshain in die Gürtelstraße. Die gibt es meines Wissens nach nur einmal. Das stimmt doch, oder?“

Man kann in Berlin ja echt nie wissen…

„Nee Mann! Aber in Weissensee!!!“

Dass mein Fahrgast uns inzwischen anstarrte, als seien wir zwei aus dem Zoo entlaufene Affen, konnte ich ihm nicht verübeln.

„Kollege, der Fahrgast hat mir doch schon mitgeteilt, in welchen Stadtteil er möchte. Und da es keine zwei Gürtelstraßen in Friedrichshain gibt, ist die Aussage doch eindeutig.“

„Pfff, kann ich doch nicht wissen, wo der hinwill!“

maulte der Kollege und stieg wieder in seinen Wagen.

Kollegiale Hilfe ist wirklich was tolles. Die hat mich schon oft gerettet, und auch ich hab schon dem ein oder anderen Kollegen mal aus der Patsche helfen können. So sollte es ja auch sein. Aber irgendwann gab es mal dieses bekannte Zitat, was man besser machen sollte, wenn man einfach keine Ahnung hat…

Genau.

Soso, ganz normal…

Also ich persönlich bin ja jetzt nicht so wirklich begeistert von unserem Mechaniker. Meine Chefs unterhalten offenbar eine langjährige Geschäftsbeziehung mit ihm, und da sie nicht doof sind und durchaus wissen, dass Qualität auch mal ihren Preis hat, vermute ich, dass er im Großen und Ganzen wahrscheinlich schon vernünftige Arbeit abliefert.

Im letzten Jahr allerdings bin ich echt regelmäßig enttäuscht worden. Gut, er war immer schnell und die kaputten Dinge waren letztlich auch behoben. Aber gleich zweimal wurde die Radkastenabdeckung vergessen, anzuschrauben und irgendwann sind wohl auch unsere Glühbirnen-Fassungen der Frontscheinwerfer einer fehlenden Abdeckung, und damit dem Rost zum Opfer gefallen.

Und jetzt war nach 3.000 km die Kupplung hinüber. Natürlich ist mir bewusst, dass so eine Kupplung ein Verschleissteil ist. Die geht unweigerlich mal kaputt. Und ich weiss auch, dass das je nach Fahrstil schneller oder langsamer passiert. Bei einer Lebensdauer von 3.000 km, bzw. einem Monat, liegt allerdings wohl einiges im Argen. Nur: Von diesen 3.000 km habe ich selbst etwa 2.000 runtergerockt und den Rest mein Tagfahrer, der das Auto nun noch länger fährt als ich. Ich bin mir auch ziemlich sicher, nach rund 8 Jahren als hauptberuflicher Fahrer auf hauptsächlich Schaltwagen nicht plötzlich unter die Idioten gegangen zu sein, die mit einer Kupplung nicht vernünftig umgehen können.

So aber könnte man zweifelsohne auffassen, was unser werter Schrauber sich gestern erdreistet hat, mir vorzuhalten:

„Man muss halt den Fuß ganz vom Pedal nehmen!“

Nee, is klar! Das ist ja eine bahnbrechende Neuerung…
Wahrscheinlich hat er mir deswegen die neue Kupplung so eingestellt, dass der Schleifpunkt nun in unmittelbarer Nähe zum Bodenblech lauert. Ich geb zu, ein bisschen nervt mich das schon. Aber ich bin froh, dass mein Chef auch nicht daran glaubt, dass ich zu doof bin, ein handelsübliches Auto plötzlich nach 3 Jahren nicht mehr fahren zu können…

Und wenn wir schon bei Reparaturen sind: Die Social-Gedöns-Buttons unter den Beiträgen haben mich und meine bessere Hälfte in den letzten Tagen etliche Stunden Arbeit gekostet (Wie diese Idioten die Teile programmieren, unglaublich!), aber wenigstens in unseren Browsern stehen sie jetzt wo sie sein sollten. Neu dabei ist der Google+1-Button. Vielleicht nutzt das ja schon jemand. Der Flattr-Button im RSS-Feed wehrt sich noch ein wenig und produziert eine Fehlermeldung. Beizeiten wird auch das noch behoben. Wenn jemand eine Idee hat, wie das machbar ist, dann wäre jetzt der geeignete Zeitpunkt, sich einzuschleimen 😉

Schönes Wochenende euch allen!

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

Abonniert doch den RSS-Feed von GNIT. Mehr von Sash gibt es außerdem bei Facebook und bei Twitter.

Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Haie im Taxi

So langsam beginnt die Urlaubszeit, und nicht nur mein Tagfahrer hat sich in wärmere Gefilde verabschiedet. Allerlei Menschen zieht es in die weite Welt. Zwar wird im Urlaub sicher gerne mal Taxi gefahren, mit dem Taxi dorthin fahren sehr zu meinem Bedauern aber doch die wenigsten 🙂

Manch einer nutzt die gemütliche Atmosphäre in meinem Wagen aber dazu, über den Urlaub zu reden. Die meisten tun das im Nachhinein und erzählen, wo sie überall waren, was sie gesehen haben etc. Das ist das, was bei Erwachsenen davon übrig bleibt, wenn man in der Schule nach jeden Ferien einen Aufsatz über seine Erlebnisse schreiben muss.

Mein Fahrgast hingegen kann von der Regel ausgenommen werden. Zum einen stand ihm sein Urlaub erst noch bevor, zum anderen geht er sicher noch zur Schule. Er war etwa 8 Jahre alt. Ganz alleine tippelte er vor den Taxen an der letzten Rücke des Bahnhofs umher und traute sich nicht, einen Taxifahrer anzusprechen. Als der Kollege vor mir vorrückte und die Rücke damit verließ, war ihm seine Enttäuschung aber anzumerken, so dass ich ihn ansprach.

„Hey, brauchst du etwa ein Taxi?“

„Ja, weil ich muss nach Kreuzberg. Da muss ich…“

„Na, komm erst mal rein!“

Er log mir dann vor, dass er ja „laut gerufen“ hätte, aber der Kollege ihn leider nicht gehört hat. Schon klar 😉

Aber er nannte mir eine Straße, die nicht sonderlich weit weg lag, und dann ging es los. Er erzählte von einem Ferienlager, auf das er sich furchtbar freut, da sind dann hunderte Millionen von Kindern, quasi also alle. Ein riesiges Zeltlager und das direkt am Meer.

„Na, das ist ja dann sicher ziemlich weit weg, oder?“

„Ja, voll! Das ist auf jeden Fall glaub ich nicht mehr in Berlin!“

„Und wie kommt ihr da hin?“

„Mit dem Bus.“

„Wie lange fahrt ihr denn dann?“

„Mindestens eine Stunde! Ich glaub, sogar zwei!“

Ach Gottchen, wie niedlich!

„Und das ist direkt am Meer?“

„Ja, da ist so ein Bereich im Meer. Der ist abgesperrt. Da kann man dann schwimmen. Das ist abgesperrt, weil da auch Haie und so und alles ist!“

„Na, das klingt ja ganz schön spannend.“

„Ja, und der Kai und der Thorsten und der Umut, die kommen auch mit. Und dann… darf ich mal telefonieren?“

„Klar, warum nicht?“

Bevor wir am Ziel angekommen sind, hat er mich gebeten, an einer anderen Straße anzuhalten. Er hat gefragt, ob das teurer wird als 10 €, was ich guten Gewissens verneinen konnte. Dann hat er Umut angerufen und ihm gesagt, dass er mit dem Taxi vorbeikommt. Ein paar „Gucksdu! Hab ich gesagt, ich fahr Taxi!“ später konnten wir dann zu ihm nach Hause fahren. Dort hat er mir dann von seinem Kleingeld die 7,20 € gezahlt und mir noch ein Trinkgeld gegeben. Ich kann also nicht behaupten, dass ich als Taxifahrer irgendwie zu kurz gekommen wäre.

Aber ich muss zugeben, dass ich mir danach ein wenig gewünscht habe, auch nochmal so klein und naiv zu sein. Wahrscheinlich ist er inzwischen in irgendeinem Ferienlager an einem Baggersee in Brandenburg. Wenn es hochkommt an der Ostsee. Ich hab aber keine Zweifel, dass er seine Haie und all die anderen wilden Tiere, die er mir so genannt hat, zu sehen bekommt. Man muss ja nur wollen 😀