War das nun illegal?

Ich bin ja kein Stammgast bei den örtlichen Flughäfen. Manches Mal verschlägt es mich dorthin, um Kundschaft abzuliefern, das war es dann aber schon. Die mir undurchsichtig erscheinende Schlange sitzfleischtragender Kollegen hat mich nie genug gereizt, um mich anzustellen. In Tegel darf ich ja sowieso nicht mehr, seit zur Qualitätssicherung für 50 Cent extra pro Tour darauf geachtet wird, dass ich dort keine Kunden mitnehmen darf.

Ich bin zwar eigentlich ein recht netter Fahrer, mein Auto ist sauber und ich spreche relativ gut englisch, aber ohne Kreditkarte darf ich halt nicht mehr…

Naja, und nun habe ich einen ziemlich eiligen Kunden gleich als erste Fuhre nach Tegel bringen dürfen. Ich stehe ja überhaupt nicht auf Zeitdruck-Fahrten, aber dieser Kunde hat mir einige in meinen Augen total aberwitzige Umwege erlaubt, um ja schneller voranzukommen.

Dann musste er natürlich ausgerechnet in den abgelegenen Terminal C, an dem ich zwar selbst mal angekommen bin, deswegen aber nicht wirklich besser wusste, wo er ist. Aber zur Behebung des Problems existieren sowohl mein Gehirn als auch Hinweistafeln, sowie eine glücklicherweise geringe Anzahl an Kollegen, die mich nicht abbiegen lassen wollen, weil sie nicht darauf achten, dass meine Fackel aus ist, und ich in diesem akuten Fall mal keine Konkurrenz bin.

Wie dem auch sei, es ist tatsächlich noch kriminell geworden. Oder so…

Als ich mich nämlich vom Terminal C wieder entfernte, um mich in sowas ähnlichem wie einem Stau (bin mir nicht sicher, sowas gibt es Nachts eigentlich nicht) wiederzufinden und auf den Ausritt in die City freute, stieg mir ein Kunde ein. Irgendwo in einem Bereich, in dem ich eigentlich nur verwirrte Autofahrer und Hausmeister vermutet habe.

Im Unwissen darüber, in welche Richtung ich ihn nun überhaupt genau zum offiziellen Taxistand hätte schicken sollen, habe ich ihn mitgenommen. Dreist, ich weiss! War auch noch mal eine gute 20€-Tour. Hat mir den Abend versüßt und meine Scham hält sich in Grenzen. Was hätte ich sonst tun sollen?

Was halte ich davon?

niemand schickte mir diese Frage:

Was hälst du davon?

http://www.heise.de/newsticker/meldung/Schneller-durch-Peking-1131839.html

In dem Artikel steht, ganz knapp zusammengefasst, dass durch GPS-Verfolgung der Routen von Taxifahrern Daten gesammelt werden, die mit einfließen in die Streckenplanung von Routensoftware.

Das halte ich ehrlich gesagt für einen unwichtigen Treppenwitz der Geschichte und für anwendungslos.

Also dass das jetzt in Peking irgendwie ansatzweise gute Daten ausspuckt, das wage ich nicht zu bezweifeln. Aber bei einer Anzahl von 33.000 Taxen ist es klar, dass da eine Menge Daten zusammenkommen. Das lässt sich sicher nicht auf dünner besiedelte Landstriche ummünzen. Das Wissen der Fahrer um schnellste Strecken ist entweder Wissen, das man mittels Karte ermitteln kann, oder mittels Daten aus den Verkehrsleitstellen (wenn es um Ampeln z.B. geht). Alles was darüber hinausgeht, sind wahrscheinlich halblegale Dinge wie das Wissen, wo man am Besten schneller fahren kann – auch wenn es vielleicht gar nicht erlaubt ist. Aktuelle Staus und Behinderungen werden bei Navis ja längst mit beachtet, und eine Analyse sämtlicher Verkehrsströme verspricht hier auch mehr, als lediglich die der Taxifahrer.

Also ich vermute, dass der ganze Nutzen der Aktion sich amortisiert, sobald sie die anderen technischen Möglichkeiten ausnutzen.

Verschätzt

Gerade hatte ich den Motor wieder angeworfen. Ich wollte mich eigentlich aus dem Boxhagener Kiez verziehen, da es noch zu früh war, um die ganzen Kneipengänger einzusammeln. Aber ich hatte mich mal wieder verschätzt. Keine 100 Meter weit bin ich gekommen, als zwei Jungs mich entdeckten und winkten.

Ich bin ja im Allgemeinen vorsichtig mit Vorurteilen, aber natürlich versuche auch ich, meine Kundschaft erstmal irgendwo einzusortieren. Meist sind das harmlose Einordnungen, d.h. ich entscheide nach dem ersten Auftritt über die Begrüßungsfloskel, den Gesprächseinstieg. Besoffene australische Touris im Alter von 20 behandel ich natürlich anders als 60-jährige Anwälte auf Geschäftsreise. Beide natürlich freundlich und mit Respekt, aber ein gut gelandeter zielgruppengerechter Spruch schadet zu Beginn nie.

Ich meine so Sachen wie

„So, erst kotzen, dann einsteigen! War nur Spaß, ihr dürft auch nach dem Aussteigen noch.“

oder anderenfalls

„Machen sie sich keine Sorgen: Wenn die das Hotel nicht über Nacht umgesetzt haben, sollte ich es heute auch noch finden.“

Alles kein Problem, und bei über 2000 Fahrgästen dieses Jahr hab ich mir bei höchstens dreien ein Schweigen eingehandelt. Aber ich tue mich schwer mit Typen, die noch minderjährig sind und Goldkettchen zum Lebensziel erklärt haben.

Und genau dieser Typus waren meine beiden Neueinsteiger. Vielleicht gerade 18 Jahre alt, insofern sogar mehr oder weniger berechtigt, vom eigenen Vater bis zum Baum im Kindergarten gegenüber alles mit „Alter“ zu anzureden. Ihren Gesprächen nach ist die Welt mehr oder minder unterteilt in coole Typen, die es voll raus haben (sie) und „Spastis, die wo schwul rumreden“ (die meisten anderen). Wenn ich sie weiterhin richtig verstanden haben, ficken die Spastis auch irgendeine Ehre, wahrscheinlich die Freundin von einem der beiden.

Das war so etwa das Niveau, das mich erwartete, und auch wenn mir dieses Weltbild per se ein wenig fremd ist, glaube ich ziemlich genau zu wissen, auf welcher Seite dort ein Taxifahrer steht, der irgendwelche spießigen Regeln bezüglich Bezahlung oder dergleichen aufstellt.

Naja, ganz so schlimm waren sie nicht, aber die Sprache wurde durchaus schnell aggressiver, als sie im Auto waren. Aber es war eine kurze Strecke, die sie fahren wollten, umdrehen, einmal abbiegen, knapp zwei Kilometer.

Fuck, 2 Kilometer? Na wenn die beiden nicht nach der Hälfte der Strecke noch auf die Idee kommen, ich könne ja Kurzstrecke machen…

Aber sie waren zunächst viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, ich hab mich in die Rolle des Fahrroboters weggestohlen, nach Konversation war mir unter den Bedingungen auch nicht wirklich.

Das Ziel haben sie nicht eindeutig definiert, aber sie gaben mir rechtzeitig die Info, ich könne sie doch an der Ampel gleich rauslassen. Ich war in Gedanken schon bei Preisfeilschereien bezüglich Kurzstrecke oder beim Polizeinotruf, weil die beiden ohne Bezahlung verduften. Irgendwie hatten sie es so oder so eilig und waren nervös… man denkt sich seinen Teil. Immerhin war es eine Scheißgegend und eine blöde Uhrzeit für einen Überfall.

„Was krisch‘, Alter?“

„Wir sind bei 6,40 €.“

„Ey, mach mal 8, Alter!“

Trinkgeld. Wow. Nicht mal ein schlechtes! Ich bin beeindruckt. Wo ist jetzt das blöde letzte 2€-Stück? Und die Ampel wird auch schon wieder grün, selten blöde Ecke hier an zwei Hauptstraßen…

„Fuck, Alter! Die Ampel wird grün!“

Ich hatte noch nie – wirklich noch nie – Kundschaft, die sich dafür interessiert hat, das für ihren eiligen Haltewunsch gerade gefühlt der komplette Verkehr in der Hauptstadt stillsteht. Da mag man mich bitten, ausgerechnet im baustellenbedingt einspurigen Bereich einer vierspurigen Hauptstraße anzuhalten: Aus einem fremden Taxi heraus pöbelt es sich für alle offenbar wesentlich gelassener als sonst in Richtung der zu Recht verärgerten anderen Verkehrsteilnehmer.

Und ausgerechnet diese beiden Deppen sollen das ernst meinen? Und wie:

„Weissch, behalt Rest! Ampel is grün, Alter!“

3,60 € Trinkgeld. Es ist nicht immer schön, Leute falsch einzuschätzen. Hier war es aber so.

Alter!

Abgefahrene Regelauslegung

Also ich kenne das ja: Man schnappt sich als Taxifahrer Kunden so schnell und einfach es nur geht. Und man überlässt sie ungern den Kollegen. So sehr man sich vielleicht bei Freunden mit ihnen freut, letztlich hätte man die Touren immer gerne selber, schließlich bedeutet jeder einzelne Kunde mehr ein höheres Einkommen.

Auf der anderen Seite hält man sich an die Regeln. Man klaut keine Touren und man überholt Kollegen nicht. Die Einhaltung der StVO in rudimentärer Form sollte ebenso als gegeben gelten. Insofern hat der Kollege neulich in Weissensee eigentlich alles richtig gemacht. Ein bisschen zum Staunen gebracht hat er mich allerdings schon.

Ich kam gerade, es war am Wochenende in den frühen Morgenstunden, die Rennbahnstr. vom Pasedagplatz in Richtung Berliner Allee angefahren. Am Straßenrand gegenüber steht ein Kollege, bei dem gerade Kunden das Fahrzeug verlassen. Viel dabei gedacht habe ich mir nicht. Als die Kunden ausgestiegen sind, hat er plötzlich wie blöde rückwärts beschleunigt.

Während ich mit 45 bis 50 gemütlich die Straße langgefahren bin, rast mir auf der Gegenfahrbahn der Kollege mit etwa 60 Sachen im Rückwärtsgang davon. Das ist irgendwie dann selbst für Berliner Verkehrsverhältnisse ein eigenartiges Bild. Zunächst blieb mir seine Motivation unklar, nach etwa 200 Metern oder so hab ich dann allerdings auch gesehen, dass am Straßenrand auf seiner Seite Kunden stehen, die er sich dann gekrallt hat.

Jetzt muss ich dazu aber schon sagen, dass es eine ziemlich abgedrehte Reaktion war. Klar, wahrscheinlich hat er den Kunden vorher schon zurückgewunken und sich innerlich schon ausgemalt, wohin sie wollen und wie viel Geld am Ende für ihn übrig bleibt. Ob man jetzt deswegen beweisen muss, dass man im Zweifelsfall für ein paar Euronen wie ein Bekloppter fährt, wage ich zu bezweifeln.

Und ich als direkte Konkurrenz muss in diesem Fall auch mal klarstellen, dass man gelegentlich einfach mal potenzielle Kunden sieht, die man dann leider nicht im Auto sitzen hat. Das ist ein normaler Vorgang, und schon aufgrund des Blutdruckes sollte man sich in dem Job irgendwann mal damit abfinden.

Wirklich lustig macht die Geschichte dann allerdings der letzte kleine Fakt – der dem Kollegen natürlich nicht bekannt war: Meine Zeit an dem Morgen war um. Ich musste schleunigst in den äußersten Süden des Bezirks und hatte mal sowas von Null Interesse an einer weiteren Tour Richtung Heinersdorf oder gar noch weiter weg…

Einkaufen

Nun aber noch ein kleiner Taxi-Artikel:

Ich hab die Frau an einer Haltestelle im Vorbeifahren aufgegriffen, sie hat sich spontan entschieden, nun doch ein Taxi zu nehmen. Es war eine schöne Tour bis nach Hochschönhausen, Wohnen-schön-draußen oder dorthin, wo meine bessere Hälfte gewohnt hat, bevor sie einem partiell irren Schwaben gefolgt ist.

Knapp über 10 Euro standen auf der Uhr als ich an Hausaufgang x² gehalten habe. Sie hat ein wenig im Portemonnaie gegraben, schon mal 1,50 € hinausgereicht. Über ein Euro Trinkgeld. Sehr schön soweit.

Dann drückte sie mir ein zerknittertes Papier in die Hand, das ich anhand eines blauen Randes unschwer als Nicht-10-Euro identifizieren konnte. Ich entfaltete das Papier, und schon rief es von hinten:

„Ach nein! Oh mein Gott! Da hab ich ihnen meinen Einkaufszettel gegeben!“

Kann ja mal passieren 🙂

Nett war übrigens, dass sie mit keinem Wort darauf eingegangen ist, dass sie mich beinahe um mein Geld gebracht hätte… nein:

„Das wäre aber gar nicht gut gewesen. Das hätte ich bis morgen doch alles wieder vergessen!“

Da hab ich schon schmunzeln müssen 🙂

Eigentlich…

wollte ich heute Nacht schon rumheulen, dass ich gerade keine vernünftige Kamera habe. Ich hatte vor, ein Fahrrad zu fotografieren, das an einem Taxihaltenschild am Ostbahnhof angeschlossen ist. Darüber gibt es bisweilen ja mal Dispute.

Witzig wäre die Geschichte dadurch geworden, dass der betreffende Fahrradfahrer kein Unbekannter war, sondern Hans-Christian Ströbele. Allerdings hatte ich ja eben keine Kamera, und auch Ströbele hat von seinem Vorhaben abgelassen und sein Rad letztlich mithilfe eines Kollegen im Kofferraum eines B-Zafira-Taxis verladen.

Nun war dieser B-Zafira allerdings nicht meiner, und die beiden haben sich auch nur unwesentlich ungeschickter beim Verladen angestellt als ich beim ersten Versuch, ein Zweirad bei mir im Auto zu verstauen. So gab es also gar keinen Grund mehr, überhaupt was darüber zu schreiben. Irgendwie dumm gelaufen.

Und was zur Hölle steht jetzt hier?

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Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

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Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Mehr so allgemein…

Also vorweg: Mein Lieblings-Spambot schreibt immer noch mehr als ich. Kontinuierlich postet er etwa jede Stunde in einen Artikel hier ein ellenlanges Link-Sammelsurium. Fast schon niedlich…

Ich dagegen arbeite gerade eher ein bisschen, bzw. ein bisschen mehr. Wobei ich zugeben muss, dass ich die letzten beiden Tage eher weniger Lust hatte. Das Wetter ist nicht so dolle, die Umsätze auch nicht so wirklich, und wie alle anderen auf diesem Planeten würden auch mir viele Gründe einfallen, einen Sessel dem Fahrersitz vorzuziehen.

Die gestrige Nacht hab ich mich vor dem Arbeiten gedrückt, wo es nur ging, was letztlich in einer zweistündigen Kaffeepause zur besten Arbeitszeit mit einem netten Kollegen mündete. Es stimmt schon: Auch in dem Job kann es mal gut tun, sich zwei Stunden voll auszuklinken, und nicht einfach nur eine Halte mit möglichst langer Standzeit anzufahren, wenn man mal eine Pause machen will.

Ich hab direkt im Anschluss an die Pause sogar eine ziemlich weite Tour zugunsten eben jenes Kollegen abgelehnt, weil ich eigentlich gar keinen Bock hatte, mich tief in den Südwesten der Stadt zu begeben. Aber immerhin bin ich die letzten zwei Stunden noch ganz gut durch mein Lieblingsrevier gekommen, sodass mein Umsatz gemessen an der wirklichen Arbeitszeit sogar noch halbwegs erträglich war.

Besonders nett war dann meine Abschlusstour am Ostbahnhof. Ich hab mich eher uninspiriert nochmal angestellt, fest davon ausgehend, dass ich eine lange Tour an einen Kollegen weiterreichen müsste, und ich wahrscheinlich eh frühzeitig abhauen würde. Aber das Glück war mir in Form eines Kurzstreckenmuffels auf Position 1 hold, und so hatte ich nach vielleicht einer halben Zigarette Wartezeit eine Seniorin, völlig außer Atem, mit Handtasche und zwei langen Bambusstecken als Gepäck, als Abschlussfahrt. Ob ich sie zur O2-World bringen könne…

„Na klar, kein Problem. Aber was wollen sie da um die Uhrzeit?“

„Da fahren unsere Busse ab.“

„Oh, schön! Machen sie einen Kurzurlaub?“

„Nee, nee, Anti-Atomkraft-Demo!“

Spätestens da war der Tag dann endgültig gerettet 🙂