Die Leute haben Probleme…

„Hey Taxi!“

kreischte ein Mädel und hatte die Hand schon an meiner Türe. Im Matrix war schon so gut wie Schluss, und nach Sonnenaufgang erweckte der ohnehin meist trostlose Anblick des Warschauer Platzes geradezu Mitleid. Ein paar einzelne Gestalten standen herum und redeten, nicht einmal mehr Musik hat die Situation verschönert. Ein Anblick wie wenn man morgens nach einer WG-Party mit Kopfweh in die Küche geht und feststellt, dass man festes Schuhwerk benötigt, um zur Kaffeemaschine zu kommen.

Es gab sowieso nur eine geringe Chance, überhaupt noch jemanden zu finden, der ein Taxi braucht, da kommt einem solch offensives Vorgehen wie das der o.g. Dame doch entgegen.

Die anderen Mitglieder des kleinen und nicht sehr feinen Kreises jedoch machten keine Anstalten, ihr zu folgen, weswegen sie zurück ging.

„Na dann halt nicht!“

dachte ich. Im Folgenden vernahm ich unschöne Ausdrücke seitens meiner potenziellen Kundin, die sich jedoch an die männlichen Anwesenden außerhalb des Autos richtete. Spätestens als sie dem einen lautstark erklärte, dass sie definitiv viel hübscher als die andere sei, nur ein bisschen dicker (was wahrscheinlich zur Hälfte dem Makeup geschuldet war), habe ich mir gewünscht, der Kelch ginge an mir vorrüber.

2 Minuten später stieg sie mit einer Freundin ein. Nicht ohne sich davor lautstark zu unterhalten, wer jetzt als erster einsteigt. Einblick in Sashs Gedankenwelt:

„Puh, ruhig bleiben und durchatmen. Du machst das schon und im Zweifelsfall ist sie hübscher. In 10 Minuten ist alles vorbei…“

Ich wartete einen Tick zu lange mit meiner Begrüßung, da schrie man mir ins Ohr:

„So ein Scheißtag! Isch hab mein Freund totgeliebt (mit überschlagender Stimme nochmal lustiger!) und der haut jetzt mit so ner Schlampe ab! Ey scheiße Alter! Verstehst du?“

„Äh ja… klingt nicht wirklich gut. Wo darf es denn hingehen?“

„Isch, wir, äh… keine Ahnung. Wo wollen wir hin?“

Naja, man muss ja nicht alles wissen. Ich hab sicherheitshalber die Uhr gar nicht angemacht. Das wird böse enden.

„Ey, naja, wir fahren Warschauer Straße!“

„Also mal ganz im Ernst. Da hinten ist der Eingang zur U-Bahn. Ich fahr gerne einmal drumrum, aber das is‘ vielleicht ’n bisschen teuer für den Spaß.“

„Was?“

„Ey, der hat gesagt, die U-Bahn ist da hinten!“

„Ey, aber isch kann nisch aussteigen.“

„Der sieht des nicht mehr, der is‘ schon ums Eck gegangen!“

„Ey escht? Scheiße, isch sterbe, wenn der sieht, dass wir gar nicht Taxi sind.“

„Ey ok, wir gehn U-Bahn. T’schuldigung!“

Ich freue mich immer über Kundschaft, aber das ein oder andere Mal tut es nicht sonderlich weh, wenn Fahrgäste es sich anders überlegen…

Und was ich stattdessen bekommen habe, könnt ihr morgen früh lesen.

6 Kommentare bis “Die Leute haben Probleme…”

  1. ednong sagt:

    Halten die Cliffhanger Einzug hier?

  2. Sash sagt:

    @ednong:
    Na hör mal, das sind zwei eigenständige Geschichten. Ich kann doch hier mein Leben nicht am Stück bloggen. Da würde ich ja gar kein Feedback mehr bekommen 😉

  3. Cloggerin sagt:

    Da hast du Recht. Ich stehe ja im Moment auch vor der Wahl, bei allen alten Einträgen, die mir gefallen, meinen Senf dazuzugeben, oder es komplett bleiben zu lassen. Im Moment habe ich mich dazu entschlossen, möglichst wenig zu schreiben (weil die Beiträge ja schon ein wenig alt sind), dir aber trotzdem ab und zu einen „Wasserstand“ (ja, ich bin mit den Gezeiten aufgewachsen! 😉 ) zu geben, wie weit ich in deinem Taxileben vorgedrungen bin.

    Hierzu nochmal: Die einzelnen, mal längeren, mal kürzeren, Episoden deines Lebens bereiten mir sehr viel Freude. Diese Art, das ganze unabhängig von einander zu lassen, ist genau richtig. Weiter so!

  4. Sash sagt:

    @Cloggerin:
    Ich danke Dir. Und es ist immer schön, sowas zu lesen. Ich bekomme die Kommentare ohnehin per Mail zugeschickt, sodass mir eigentlich auch nie einer entgeht, selbst wenn er einen weit zurückliegenden Text betrifft. Also lass Dich nicht abhalten. Ich könnte die Kommentare auch nach 14 Tagen deaktivieren, aber das mache ich genau deswegen nicht. Und die meisten Geschichten sind ja doch recht zeitunabhängig.

    Und ja, ich denke auch, dass ein Blog wie gemacht ist für diese Art von Geschichten. Und der Wechsel zwischen langen und kurzen ist auch eher angenehm, finde ich. Im Gegensatz zu anderen Möglichkeiten, online sein Zeug abzulegen, ist das für mich definitiv die beste 🙂

    Aber nochmal vielen lieben Dank für das nette Lob 🙂

  5. Cloggerin sagt:

    Ich lobe gern, wenn das Lob verdient ist. Und da ich selbst gern schreibe (wenn auch tendenziell eher in Form eines klassischen Briefwechsels, von denen ein Brief auch schon mal seine sechs bis zehn Seiten lang sein kann), weiß ich, wieviel Arbeit in gutem Schreiben steckt. Das eine oder andere Stilelement werde ich in Zukunft vielleicht sogar mal übernehmen, wer weiß. Oder selbst bloggen. Irgendwann einmal. Im Kleinformat als Mail an einen bestimmten, von mir ausgewählten Verteiler mache ich das sogar manchmal. Aber so ganz traue ich mich noch nicht daran, meine Erlebnisse mit dem Rest der Welt zu teilen.

  6. Sash sagt:

    @Cloggerin:
    Briefe sind eine tolle Sache, und zwischen 5 und 400 Seiten hab ich auch jedes Format schon bedient. Kürzer eher selten. Aber Bloggen ist was ganz eigenes. Wobei ich nicht verstehe, weswegen Du das aufschiebst, wenn es Dir gefallen sollte. Man kann ja auch anonym bloggen (hab ich zu Beginn ja auch gemacht) und da ohnehin kein Blog wie der andere ist, muss man sich ja auch nicht an irgendwelche ominösen Maßstäbe halten.
    Inzwischen ist GNIT einer der „großen“ Jobblogs. Und? Dieser Text hier entstand, als es langsam bergauf ging. Ca. 70% der Leser heute haben ihn nicht gelesen. Wenn man einen Hang zum Schreiben hat ist ein Blog so ein geniales und anpassbares Werkzeug, ich kann echt nur dazu anzuraten, damit anzufangen. Und wenn es nicht die großen Kreise zieht, dann ist es ja auch noch fast privat (zumal man ja auch einzelne Einträge passwortgesichert oder privat nur für sich schreiben kann z.B.)

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