Die Kurzstrecken-Geschichte

Insbesondere von Fahrgästen habe ich schon x-mal Entschuldigungen dafür gehört, dass sie ja nur so eine kurze Strecke fahren. Das kommt natürlich daher, dass sie das ein oder andere Mal von Kollegen angeschnauzt worden sind, die schon eine Stunde am Taxistand gewartet haben und dann nicht wahrhaben wollten, dass das jetzt echt nur ein paar Euro Umsatz sind.
Ich finde das (nicht das Entschuldigen!) ärgerlich. Ich habe neulich schon einmal ein wenig dazu geschrieben, ich möchte es aber gerne hier noch einmal tun.
Zunächst: Natürlich ist eine Kurzstrecke nicht übermäßig super für einen Taxifahrer. Wenn ich eine Fahrt für sechs Euro mache, dann bedeutet das, dass es mir brutto nicht einmal drei, netto gerade mal noch etwas über zwei Euro bringt. Und natürlich ist das nach einer Stunde Warten ein trauriger Gedanke – wenn man das auf einen Stundenlohn umrechnet. Das aber – auch das habe ich schon geschrieben – sollte man als Taxifahrer besser vermeiden! Oder zumdindest so fair sein, und die zwei 25-Euro-Touren in der letzten Stunde auch mal würdigen. Taxifahren hat zwar zu einem gewissen Anteil mit dem richtigen Riecher und mit dem Wissen über Veranstaltungen zu tun. Zum anderen ist es ein weit größeres Glücksspiel als Roulette. Ich weiss wirklich NIE vorher, wohin ein Fahrgast will. Der Mann, der mit Koffern aus dem Bahnhof kommt, kann mit viel Glück zu seiner Verwandtschaft aufs Land raus fahren oder wegen eines verpassten Zuges auf Bahnkosten sogar in eine entfernte Stadt. Er kann aber auch ins Hotel nur 700 Meter weiter wollen, weil er nicht weiss, wo es ist und die Koffer so schwer sind.
Und nicht nur, dass wir als Taxler eine Beförderungspflicht haben: Alle diese Möglichkeiten sind aus Sicht eines Kunden völlig legitime Beförderungswünsche!
Das Glück greift aber auch hier wieder ein: Jede einzelne Fahrt am Tag ist de facto auf den Punkt des Losfahrens zurückzuführen. Mitunter entscheidet eine einzelne Ampel im Nirgendwo zu Beginn der Schicht darüber, wie der Rest des Tages läuft. Ergo: Ohne die Kurzstrecke am Anfang hätte man wahrscheinlich nie die lukrative Umlandfahrt am Ende gehabt, weil man eventuell zu dieser Zeit am anderen Ende der Stadt gewesen wäre. Das sollte man sich als Fahrer auch vor Augen halten. Klar bin ich auch froh, wenn ich zu Beginn gleich 20 Euro in der Tasche habe – denn die nimmt mir keiner mehr. Aber allzu kurzfristiges Denken ist hier nicht immer die logischste Herangehensweise.
In gewisser Weise möchte ich meinen unwilligen Kollegen aber auch einen Dank aussprechen. Denn nur das wiederholte Abweisen bringt Fahrgäste wohl dazu, den Taxifahrer, der sie dann fährt, mit einem entsprechenden Trinkgeld zu belohnen. Und entgegen dem Restumsatz gibt es das ja brutto=netto auf die Hand, das nimmt mir also erst recht keiner mehr!
Aber gut, ich bin jung und doof, und der harte Job wird mir schon noch irgendwann den Kopf waschen, nicht wahr 😉
Ist es nicht komisch, dass ich als Fahrer Verständnis für die Kunden habe? Wo kommen wir denn da hin?

3 Kommentare bis “Die Kurzstrecken-Geschichte”

  1. Marcus sagt:

    Kurzstrecke= Kleinvieh macht auch mist .
    Warum darf eigentlich eine ganzbestimmte Sorte Tax’ler Fahrgäste wenn auch Illegal ablehnen bzw. aussuchen. Aber wenn ich als Kunde mir ein Taxi aussuche, bzw. mir nicht das erste Taxi in der wartenden Reihe nehme, ständig zumeist unfreundlich abgelehnt werde??
    Noch eine kleine Geschichte nebenbei: Ich wollte einmal von Düsseldorf Hbf nach Gelsenkirchen ins Stadion ( ca. 60km ), und ich musste trotz vollem Taxistand 10Minuten suchen bis sich irgendein Fahrer bereit erklärt hat zufahren.( NEIN, ich hab keine Preislichen Anforderungen gestellt……war wohl dankbarerweise die Friss oder Stirb Methode für die ich dann im Endeffekt einen Pauschalen Preis bezahlten „durfte“ ). Immerhin bin ich noch Rechtzeitig zum Anpfiff gekommen, aber auch nur weil der Fahrer meinte auf dem Standstreifen 2km vor der Ausfahrt weiterzufahren

  2. Sash sagt:

    Also irgendwas muss in Düsseldorf anders sein als hier. Ich kenne niemanden, der so eine Tour ablehnen würde – warum auch, da hat man fast die kompletten Schichteinnahmen mit einem Rutsch in der Kasse.
    Das mit dem Verhalten der Fahrer am Stand ist echt ne seltsame Geschichte. Ich denke, viele haben so ihren „Masterplan“, was für eine Tour jetzt gut wäre. Anders kann ich mir das nicht erklären. Dass die von hinten einen nach vorne schicken, dass kann man manchmal (wenns ne gute Tour ist) ja mit kollegialer Freundlichkeit erklären: Sehen sie mal, der wartet schon länger…
    Ich meine, ich würde mich als Fahrgast nicht aufdrängen wollen, wenn einer mich nicht fahren will. Wer nicht will, der hat schon. Pech gehabt. Aber hier in Berlin – zumindest am Ostbahnhof – wo ich mich am besten auskenne – ist das sowas von gang und gäbe, dass die Leute irgendwo einsteigen und nicht immer beim ersten. Ich hatte noch nie das Gefühl, dass das irgendeinen Kollegen stört.

  3. Jasmin sagt:

    Apropos „jung und doof“, schön zu lesen, dass du nach beinah 10 Jahren immer noch so denkst und der harte Job dich nur darin bestätigt hat, anstatt dir den Kopf zu waschen 😉

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