Ein Leser hat mir eine Frage gestellt, bei der die Antwort vielleicht nicht so eindeutig ist. Deswegen wollte ich sie hier einfach auch nochmal ansprechen:
Hi Sash,
ich lese schon lange bei dir im Blog mit und hätte nun auch mal eine „Taxi-Frage“, die du mir vielleicht beantworten kannst? 🙂
Und zwar war ich gestern in Düsseldorf beim Tourfinale der Toten Hosen. So 65.000-70.000 Leute müssen dort gewesen sein, und wie du dir vorstellen kannst, brach das Chaos aus, als auf einen Schlag alle Leute nach Hause wollten. Die U-Bahn fuhr zwar ununterbrochen, konnte aber die Massen an Menschen natürlich trotzdem nicht schnell genug abtransportieren. Kurz: Viele entschlossen sich, ein Taxi zu nehmen. Man muss dazu sagen, das Konzert fand im Stadion von Fortuna Düsseldorf statt, unmittelbar daneben die Messe Düsseldorf. Da gibt es eine eigene (lange) Zufahrt für Taxen, an deren Ende sich ein Stellplatz für Taxen befindet. Hier fuhren nun also gestern im Sekundentakt die besetzten Taxen weg, fast schon Silvester-Verhältnisse. Die meisten Leute haben sich dann entschieden, dass es an dieser Stelle zu lange dauert, ein Taxi zu bekommen, und sind daher die Zufahrt entlang „gewandert“, in der Hoffnung, unterwegs ein Taxi anhalten zu können oder eben einfach etwas abseits der Masse größere Chancen zu haben. Wobei wir auch hier noch von Hunderten Menschen sprechen, die die Taxi-Zufahrt entlang gepilgert sind.
Auf dieser Zufahrt fuhren also nun zum einen die Massen an besetzten Taxen, vom Stadion her kommend, ab. Gleichzeitig fuhren in der Gegenrichtung ständig „neue“, sprich leere Taxen zurück Richtung Stadion/Taxiplatz. Wir, und auch die meisten anderen Leute versuchten nun, auf der Zufahrt, also ein gutes Stück vom Taxiplatz entfernt, in eines dieser leeren Taxis einzusteigen, um dann Richtung Stadt zu fahren. Es weigerten sich aber fast ausnahmslos alle Fahrer, Leute aufzunehmen, also sprich, sie fuhren einfach mit Vollgas die Straße entlang, ohne auf Winker zu reagieren. Statt dessen fuhren sie den ganzen Weg bis zurück zum Stadion, um dort zu „laden“. Nur einige wenige Taxler erbarmten sich und nahmen bereits auf der Zufahrt Leute auf, um dann zu wenden und sich den anderen beladenen Taxen anzuschließen. Auch wir hatten nach dem x-ten Versuch Glück, einen netten Fahrer zu finden.
Meine Frage an dich jetzt: Kannst du mir dieses Verhalten erklären? Gibt es dafür vielleicht sogar eine gesetzliche Grundlage, dass in solchen Situationen nur am Taxiplatz Fahrgäste einsteigen dürfen? Oder hat das was mit dem Kodex unter Kollegen zu tun, dass die Taxen „der Reihe nach“ Fahrgäste aufnehmen sollen? Wobei bei diesem Ansturm wohl wirklich niemand zu kurz gekommen ist…
[…]
Meine erste Reaktion – und auch meine Mail-Antwort – war, kurz zusammengefasst:
„Vielleicht auch nichts von alledem: Für mich ist es auch die Frage: Will Ich die Leute bevorzugen, die sich in gewisser Weise vordrängeln?“
Das ist auch gar nicht so fies oder anklagend gemeint, wie es vielleicht klingen mag. Bei Großveranstaltungen ist das rasche Entfernen vom Ausgangspunkt ja nicht nur ein absichtliches Vordängeln, sondern auch ein notwendiger Schritt, um irgendwann mal überhaupt eine Art Ordnung zuzulassen. Außerdem ist es je nach Location auch eine Frage, inwiefern die entgegenlaufenden Fahrgäste sich jetzt z.B. noch „im Haltebereich“, bzw. „auf der Zufahrt“ befinden. Bei der O2-World z.B. nehme ich öfter mal Leute vorne an der Mühlenstraße mit, während ich bei der Einfahrt auf den Parkplatz niemals den Weg blockieren würde, bloß um jemanden 50 Meter vor dem Taxistand einzuladen.
Meine Antwort hat sich so gesehen eigentlich nur auf den direkten Zufahrtsweg beschränkt. Da halte ich das unplanmäßige Stoppen mitten auf der Straße – und da ergibt sich schnell ein Chaos, wenn erst ein, dann zwei, dann noch mehr Taxen „irgendwo“ angehalten werden – für zum einen unnötig kompliziert, zum anderen aber auch für wie oben erwähnt unfair. Da sind dann die die Dummen, die am Taxistand auf Taxen warten, während die schnellsten (und gerne dreistesten) belohnt werden.
Was mich im Nachhinein auch auf die andere Interpretation meines eigenen Verhaltens brachte, dass mir das vielleicht die subjektiv, und vielleicht durchschnittlich sogar objektiv, die eher unangenehmeren Fahrgäste sind.
Einen Kodex, dass bei so einem Ansturm der erste Kollege auch die erste Fahrt bekommen soll, erschließt sich mir nicht. Bei solchen Ereignissen, wo klar ist, dass jeder zumindest diese eine Tour kriegt, gerät das eh ein wenig aus den Fugen. Da ist Geschwindigkeit und halbwegs koordniertes Verhalten viel eher ein Kriterium.
Möglicherweise aber hat da doch die Stadt oder der Stadionbetreiber mitzureden, denn auch in der Taxiordnung Düsseldorf gibt es folgende Sätze unter §3:
(3) Im Interesse einer ordnungsgemäßen und bedarfsgerechten Verkehrsbedienung kann die Genehmigungsbehörde in Einzelfällen anordnen, daß Taxen an den für den öffentlichen Verkehr wichtigen Punkten zu bestimmten Zeiten bereitzustellen oder Fahrgäste nur im Bereich bestimmter Ladezonen aufzunehmen sind.
Und es würde mich nicht wundern, wenn dieses hier so ein Einzelfall war, in dem die Ladezone vorgeschrieben war. Am Ende bleibt: Sicher weiß ich es nicht, vielleicht kann ja ein Düsseldorfer Kollege zumindest bezüglich der Rechtslage helfen.
Ansonsten wären natürlich überhaupt die Gedanken von Kollegen interessant, warum sie in solchen Situationen welche Fahrgäste aufnehmen – oder eben nicht. Ich bin ja schließlich auch nur einer von vielen und kann nicht für alle sprechen …