Warum es geil ist, nachts zu fahren

Nehmen wir nur mal dieses Bild:

Mein neues Kartenprojekt: Annähernd-eine-Gera.de, Quelle: osrm.at

Mein neues Kartenprojekt: Annähernd-eine-Gera.de, Quelle: osrm.at

(Ja, schon wieder eine Karte. Aller guten Dinge sind drei … 😉 )

Kollegen erkennen darin zunächst vermutlich dasselbe wie ich bei der Aufnahme der Kunden auch: Eine Standard-Tour. Nur ein paar Hauptstraßen lang, alles kein Problem.

Nun: Die Tour startete ein paar Meter vor dem grünen Marker und ging nach dem roten noch etwas weiter. Was hier auf der Karte dargestellt ist, ist der Teil der Fahrt, den ich ohne jeden Stopp bei grüner Welle und ohne Stau einfach durchfahren konnte. Durchfahren! Immer mindestens dritter Gang!

Ich kann’s nur immer wieder sagen: Ich habe keinen Grund, die Tagfahrer-Kollegen zu beneiden. Umso mehr aber einen, ihnen Respekt zu zollen.

PS: Ja, natürlich poste ich das jetzt, weil mir dieses Glück so extrem auch nur selten zuteil wird. Also nur kein überbordender Neid bitte! 😉

OK, dann geht das in Ordnung …

Frohes Neues erstmal! \o/

Bevor ich mich hier über die Silvesterschicht auslasse, muss ich nochmal einen Kollegen aus dem letzten Jahr loben. Dabei war mir anfänglich gar nicht danach. Er hat eine Ampel genutzt, um auf einer weniger befahrenen Spur an mir vorbeizuziehen. Mit angeschalteter Fackel natürlich – also genauso frei wie ich.

Wie ich schon öfter erwähnt habe: Das ist scheiße! Wenn man frei ist, überholt man freie Kollegen nicht. Da gibt es kein Gesetz für, es ist einfach eine stille Übereinkunft aller Taxifahrer mit einem Rest von Berufsethos. Natürlich hätten wir alle gerne die nächsten Winker, aber es gibt auch wenig Sinn, wenn immer die sie kriegen, die sich trauen, am schnellsten zu fahren …

Besagter Kollege blieb auch vor mir, denn da er ca. 65 km/h bei 50 erlaubten fuhr, schien mir ein Überholen nicht wirklich sinnvoll zu sein. Ein Arschloch eben.

Und es kam, wie es kommen musste: An der nächsten roten Ampel war er erster, und just dort standen zwei Winker, die dann auch prompt auf ihn zuliefen und einzusteigen gedachten. In meiner Fantasie ramme ich solche Kollegen ja gerne mal und gebe mich danach höchst bestürzt darüber, dass sie nun doch keine Fahrt hätten, sondern mit mir auf die Polizei warten müssten. In Wirklichkeit wünsche ich ihnen einfach eine Massenkarambolage mit 12 Gefahrenguttransportern und allem, was man sich als fantasiereicher Mensch an Folgen gerade noch so vorstellen kann. Oder kurz gesagt: Ich hab wirklich ein kleines Problem mit unfairem und unkollegialem Verhalten.

Und nun hatte die Drecksau meine Fahrgäste!

Aber nee: Der Kollege verschloss die Türen und gestikulierte winkenderweise – und am Ende kamen die Kunden, immerhin nur leicht irritiert, zu mir gewatschelt.

Offenbar wollte der Kollege doch einfach nur schnell heim, zu seiner Halte oder zu einer Bestellung und hat vergessen, die Fackel auszumachen. Oder es für unnötig erachtet oder tatsächlich nur meinetwegen aufgegeben und die Kunden weitergereicht. Ist mir von der Sache her dann sogar wieder vergleichsweise egal. Immerhin war er insofern ein fairer Mitspieler, als dass er wusste, dass er mich überholt hatte, obwohl er das eigentlich nicht hätte sollen. Dann will ich mal nix gesagt haben.

Ach ja, Schicksal, diesen „Blitz beim Scheißen“-Wunsch kannste auch ad acta legen …

Zurückschauendes Fahren

Das in der Fahrschule so gerne gepredigte „vorausschauende Fahren“ ist ja auch so eine Sache, der man als Profi ambivalent gegenübersteht. Es gibt viele Momente, in denen ich tiefenentspannt durch die Berliner Prärie pflüge, die Geschwindigkeitsbegrenzungen nur so grob im Blick, die Anlage auf Lautstärkestufe 11 von 10 und eher mäßig an meiner Umwelt interessiert. Andererseits sind natürlich auch die Momente, in denen ich mit den Knien lenke und mit der sonst unter dem Beifahrersitz verstauten Luftgitarre die Soli von Metallica mitspiele, nur selten unabhängig von der Verkehrslage gewählt.

Als ich vorher auf dem Weg in den Feierabend die leere Rhinstraße entsprechend musikalisch bewaffnet entlanggebrettert bin, verriet mir dann doch ein Glänzen auf der Fahrbahn, dass ich achtsam sein sollte. Also kurzer Test mit beiden Händen am Lenkrad … O ja! Die Brücke über die S-Bahn am Bahnhof Friedrichsfelde-Ost war vereist. Trotz Vollbremsung schoss die 2925 munter geradeaus weiter, aber immerhin schön geradlinig und am Ende locker stoppbar vor der roten Ampel. So viel zum spielerischen Übermut meiner Wenigkeit. Ich mag den Winter, ich mag vereiste Straßen und auch nach 13 Jahren Führerschein wird über den Asphalt schlittern nicht weniger lustig.

Aber wie ich da so Spaß hatte, wurde mir eines bewusst: Ich hab vor einer Minute einen eigentlich auch nicht langsamen Vierzigtonner überholt, der nun bald hinter mir auftauchen müsste. Der also mit 60 km/h auf die vereiste Brücke fahren würde, auf der ein Abbremsen ggf. nicht mehr machbar ist. Ich weiß nicht, wie das andere Autofahrer halten, die gerade ihre Lieblingsmusik auf Anschlag hören und gute Laune haben – aber mir ist sowas eigentlich immer bewusst. Also hab ich, noch bevor die Lichter des Trucks im Rückspiegel aufgetaucht sind, kurz getestet, ob der Untergrund inzwischen genug Reibung hergibt. Und was der Fahrer des roten Peugeots in der Nebenstraße für Anstalten macht, loszufahren. Denn ja: Würde das Ungetüm hinter mir nicht gut bremsen können, müsste ich einen schnellen Start – ggf. auch über die rote Ampel hinweg – hinlegen müssen, um einen Unfall zu verhindern. Als ob es mir helfen würde, dass der Andere alleine schuld wäre!

Der Peugeot fuhr aus dem Gefahrenbereich, der Truck näherte sich im Rückspiegel und meine Reifen hatten Grip. Der LKW-Fahrer bremste langsam und behutsam und zudem schaltete die Ampel auf Grün, es bestand am Ende nicht mal ansatzweise eine Gefahrensituation. Schön.

In dem Fall hat mir all das Rumüberlegen nicht wirklich was gebracht und ich war bei meinem Solo auch reichlich aus dem Takt geraten. Ich glaube trotzdem, dass es am Ende solche Situationen sind, die ggf. darüber entscheiden, ob ich als professioneller Fahrer den Unterschied mache, den einen Unfall verhindere, die eine Katastrophe abwende. Sprich: Genau das, was der engagierte Laie dann halt doch nicht hinkriegt.

PS: Ja, ich weiß: Jeder hier ist der beste Autofahrer der Welt! Ich will mir hier keinen runterholen auf ein bisschen notwendige Vorsicht. Ich bin ebenso nicht frei von Fehlern und alles vorhersehen kann gleich dreimal niemand. Aber ich glaube, dass es sinnvoll ist, sowas mal anzusprechen, mal Gedanken und Diskussionen anzuregen. Am Ende geht es im Verkehr immer nur darum, dass alle zusammen eine Situation gemeistert kriegen. Am Ende ist jeder „unnötige“ Gedanke übers eigene Verhalten besser als ein Schleudertrauma oder noch schlimmeres – ich denke, da sind wir alle uns einig.

Glück – ein Beispiel

Glück beim Taxifahren gibt es ja in unterschiedlichen Ausführungen. Vom kleinen Glück, gleich von der Straße weg rangewunken zu werden bis hin zum großen Glück einer Fernfahrt. Meines diese Nacht lag irgendwo dazwischen und hatte mit beidem ein bisschen zu tun. Ich stand zwar an der Halte, war aber letzter. Noch gut 10 Autos vor mir, ich hatte nicht den Hauch einer Ahnung, wie lange ich wohl warten müsste. Doch genau von dieser Position aus bekam ich eine sehr gemütliche Fahrt für die durchaus als ansprechend zu bezeichnende Entlohnung von glatt 100 €.

Da dachte ich schon: OK, der Glücksvorrat vom November ist jetzt aufgebraucht. Das viel größere Glück aber ist am Ende gewesen, dass ich in einem Stück wieder zu Hause angekommen bin – denn das wäre in der Tat fast schiefgelaufen.

Als ich nämlich gen Heimat gebrezelt bin, kam es am Dreieck Potsdam zu einer leicht unschönen Situation. Wenn man dort der A9 auf den Berliner Ring in Richtung Osten folgt, muss man eine für Autobahnen vergleichsweise engen Rechtskurve fahren. Aber gut, deswegen ist da nur Tempo 100 erlaubt. Während auf der rechten Spur bei Tempo 80 ein paar LKW wie an einer Schnur aufgereiht gen Osten gezogen sind, hab ich auf der mittleren Spur zugesehen, dass ich Land gewinne. Urplötzlich zog dann genau der LKW neben mir links raus – bzw. vergaß mal eben, dem Straßenverlauf zu folgen. Das ist wirklich nur begrenzt witzig, wenn sich der ohnehin nur sehr geringe seitliche Abstand mal eben zusehends der Nulllinie annähert. Ich hatte ungelogen nicht einmal mehr Zeit, mich zu vergewissern, ob die linke Spur frei ist, so schnell musste ich ausweichen. Ein wenig geflattert haben die Nerven zudem, weil der aprupte Schlenker auf nasser Fahrbahn für das Tempo durchaus ein bisschen zu viel hätte sein können.

Am Ende war nach ungefähr 4 Sekunden alles vorbei. Ich war auf der linken Spur und dank meiner höheren Geschwindigkeit bereits vor dem LKW. Außerdem schien auch dessen Fahrer den Fauxpas inzwischen bemerkt zu haben und ist wieder in die Reihe eingeschert. Hinter mir war ebenfalls noch alles frei, ich hatte also auch niemanden zum Bremsen gezwungen.

Aufs Nachspiel hab ich verzichtet. Wenn ich das recht in Erinnerung habe, hätte ich mich jetzt zurückfallen lassen müssen und den Fahrer beschimpfen und bedrängeln. So wird’s ja zumindest gemeinhin gehandhabt. Mir war allerdings nur noch mehr nach Heimfahrt zumute als ohnehin schon – und ich hoffe, der andere war auch so wieder wach genug und hat seinen Weg ohne einen zweiten Zwischenfall fortsetzen können.

Aber gut: JETZT ist der November-Glücksvorrat vermutlich wirklich alle.

Falsch verdrahtet …

Ich bin heute nacht ein Stückchen hinter einem alten Renault hinterhergefahren. Als er das erste Mal, weit vor mir, links geblinkt hatte, kam mir irgendwas komisch vor. Das nächste Mal ging es rechtsrum, da war nix zu bemerken. Dann aber standen wir wieder hintereinander an der Ampel und wollten beide links ab. Und ich hatte recht: Sein Blinker blinkte nicht. Dafür abwechselnd sein rechtes Rücklicht und beide Rückfahrscheinwerfer.

Wer immer das verbockt hat: Respekt! SO falsch muss man’s erst mal hinkriegen! 😀

Zeitmanagement auf der Warschauer

Ich weiß nicht, ob die Warschauer tagsüber gerade noch eine Straße ist, denn die Baustellen sorgen teilweise bis nach Mitternacht für Rückstaus. Das müsste zu hellen Stunden einer Komplettsperrung gleichkommen. Die zwei Jungs wollten aber undbedingt zum Bahnhof, änderten ihr Ziel dann aber zur Ecke Revaler. Und da war er nun, der Stau. Und der verbleibende Weg betrug etwa 400 Meter. Ich hab sie vorsichtig drauf hingewiesen:

„Mir soll’s zwar egal sein, aber ich glaube, ihr seid zu Fuß schneller.“

„Ach was, wir sind heute stinkfaul. Das passt schon!“

5 Minuten und 200 Meter weiter:

„Du, wir steigen doch besser aus …“

20 Sekunden später löste sich der Stau komplett auf und ich überholte die Jungs auf halber Strecke. Das ist nicht mal nur Stau, das ist auch noch vollkommen fies, was der Verkehr da macht! 🙂

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Noch ein Wochenendeindruck

Ich stand gemütlich an der Ampel, immerhin zeigte sie mir ihr schönstes Rot. Im CD-Player rotierte „Großes Kino“ von Blumentopf, meine linke Hand am Lenkrad deutete die zu „Block und Bleistift“ passenden Scratches an, ich war auf dem weg zum Sisyphos, ich war mit mir im Reinen.

Offenbar auch mit sich im Reinen, wenn auch mit mehr chemischer Nachhilfe, war dann der Typ, der vor mir über den Zebrastreifen torkelte. Bedächtig setzte er einen Schritt neben den anderen, vorwärts kam er nur sehr langsam. Das Hemd hing ihm einseitig aus der Hose, er grinste grenzdebil und nahm hin und wieder zur Sicherheit noch einen weiteren Schluck. Die inzwischen wohl beendete Party hing im sichtbar nach, er hatte zweifelsohne ein paar Drinks zu viel gehabt, aber er schien sich über seinen Zustand sehr zu freuen.

Weniger erfreut war die Staatsmacht, denn die wollte – von links kommend und in Zweierbesetzung in einen Opel Corsa gepfercht – nur schnell rechts abbiegen und musste deswegen diesen Zebrastreifen passieren. Was sich da hinter seinem Rücken abspielte, bekam der Betrunkene nicht mehr wirklich mit. Er hatte fast die Hälfte des Zebrastreifens geschafft und die Ampel war noch grün für ihn. So gut lief’s vermutlich die letzten drei Blocks nicht für ihn. Dass das Warten für die Polizisten unangenehm war, konnte ich mir vorstellen. Und ja, auch als Fußgänger sollte man halbwegs einen Blick auf seine Verkehrstauglichkeit haben.

Dass der Streifenwagen dann allerdings wirklich neben ihm nochmal gebremst hat, und der steuerführende Beamte den Partyhirbel angepöbelt oder mit irgendwas gedroht hat, das hat mich dann doch etwas überrascht. Und mich natürlich noch am wenigsten, denn während der blau-silberne Kleinwagen mit aufheulendem Motor verschwand, stand der Zebrastreifenflaneur ziemlich ratlos in der Gegend herum und versuchte, sich dieses Ereignis zu erklären.

Da stand er dann, zuckte die Schultern und nahm lieber noch einen Schluck. Ich hab ihn dann schnell umkurvt, inzwischen hatte ich ja selbst schon lange grün …