Eine Taxischicht der Superlative!

Nein, ganz ehrlich: Rekorde im finanziellen Bereich kann ich nicht verkünden. Also wenn, dann müsste ich die Regeln ziemlich krude auslegen. Denn ich hatte zum Beispiel die lukrativste Tour, die ich jemals zweimal gefahren bin: Die beiden Mädels, die ihren Heimweg gerne vom Ostbahnhof über Hellersdorf nach Potsdam nehmen, haben mich an der Halte erkannt und mich gleich zum zweiten Mal dazu gezwungen, eine eigentlich schon aufgegebene Nacht doch erfolgreich zu beenden 🙂

Ansonsten sind Fahrten für Blogeinträge zusammengekommen, bei denen ich nicht mehr weiß, wann zur Hölle ich die alle schreiben soll, so zahlreich sind die erwähnenswerten Kunden in mein Auto gepurzelt.

Und wenn es nicht die Kunden waren, dann waren es die anderen Verkehrsteilnehmer! Binnen weniger Stunden haben gleich drei Autofahrer nacheinander den Rekord eingestellt, wie dämlich man sich Punkte in Flensburg einfängt. Ich bin aufgrund des Rekordhalters noch nicht aus dem Staunen heraus, ehrlich…

Die letzte Tour hat weit in meinen Feierabend hineingeragt, so dass ich am Ende doch über elfeinhalb Stunden irgendwie unterwegs war, allerdings zwischenrein auch mal kurz privat. Ich bin ziemlich fertig gerade, würde aber am liebsten alles gleich niederschreiben. Ich werde euch dennoch auf morgen vertrösten müssen.

Jedenfalls hoffe ich, dass ihr auch ein geiles Wochenende hattet, ich melde mich dann wieder, wenn mein eigenes beginnt.

Verkehrsfluss

Es gibt immer wieder Situationen im Taxi, da stellen einen Fahrgäste vor Aufgaben, bei denen wir uns zwischen Kundenservice und Verkehrsregeln entscheiden müssen. Der klassische Fall ist natürlich der verspätete Fahrgast, der uns zu Geschwindigkeitsübertretungen animieren will, um den Zug, den Flug oder die Happy Hour noch zu erwischen.

Die Entscheidung fällt nicht immer leicht, denn es gibt zum einen verschiedene Verkehrsverstöße und zum anderen verschiedene Kunden. Auf der Stadtautobahn zum Flughafen Schönefeld auch mal 90 oder 95 km/h zu fahren statt der erlaubten 80, das passiert einem ja auch ohne Kundschaft mal. Und natürlich will ich meine Kundschaft zufriedenstellen! Denn auch wenn meistens stimmt, dass die Kunden sich selbst in die missliche Lage gebracht haben, so freut man sich als Dienstleister ja doch, wenn man es schafft, sie mit einem bisschen Extra-Engagement da rausholen zu können.

Die dabei versprochenen Trinkgelder erweisen sich zwar regelmäßig als infame Übertreibungen und Lügen, dennoch sind auch im Taxigewerbe die glücklichen Kunden die guten Kunden.

Und so hatte ich neulich mit mir zu kämpfen, als ich in der Warschauer Straße an einer Ampel stand und einer meiner Fahrgäste meinte:

„Oh! Cool! ‚Ne Volksbank! Kannste hier mal rechts halten?“

…und ich stand wirklich ganz vorne links an der Ampel.

Sicher: Mit einem Rotverstoß hätte ich rechts ranfahren können, ansonsten hätte ich den wie üblich aufgestauten Verkehr über Gebühr behindern müssen, um dieses Spielchen mitzuspielen. Also hab ich die Frage verneint. Ich hab angeboten, etwas weiter die Straße runter anzuhalten, bzw. bei der nächsten Gelegenheit eine Runde um den Block zu fahren. Aber klar: Das kostet natürlich ebenso wie das Abheben bei einer anderen Bank.

Da wir ohnehin die Revaler Straße als Ziel hatten, hab ich die dortige Sparkasse vorgeschlagen – ein Vorschlag, der für mich als Fahrer mit der Frage, in welche Richtung es gleich geht, ziemlich langsam entschieden wurde. Immerhin hat die Kundschaft es eingesehen, da sind nicht alle so locker drauf.

Hätte ich im Vorfeld schon gewusst, dass wir an einer Bank, einer Volksbank gar, anhalten müssten, dann hätten wir das natürlich auch hinbekommen. Aber so sehr man es sich im Einzelfall vielleicht als Kunde (oder auch Fahrer 😉 ) mal wünscht: Taxen haben keine Sonderrechte im Verkehr, abgesehen von der Benutzung der ein oder anderen Busspur und dem Anhalten an der rechten Straßenseite! Wir müssen uns auch an die Regeln halten und sind abgesehen von ein bisschen Routine im Umgang mit dem Verkehr sind auch wir nicht total unanfällig für Stress. Ich hoffe, das ist soweit verständlich.

Gelassen läuft’s…

Ich schreibe hier tagtäglich von einem der Hauptkampfplätze Deutschlands: Dem Straßenverkehr. Ich weiß, das klingt jetzt ein wenig radikal und ich hab auch besseres zu tun, als hier zu klingen wie ein Fahrschullehrer. Aber gelegentlich muss ich doch mal nachfragen:

Wenn ihr da draußen unterwegs seit auf der Straße mit dem Auto: Ist euch eigentlich bewusst, dass ihr mit einem Gefährt unterwegs seid, das prinzipiell wesentlich tödlicher ist als eine langweilige Gewehrkugel?

Ich meine, mit etwas Trainig und einer gutgläubigen Schulklasse vor dem Kühlergrill schafft man locker mehrere Personen auf einmal…

Aber ich will gar nicht auf die Gefahren von Raserei, Drogen und den üblichen Mist raus. Was ist mit Stress? Aro hat kürzlich mal wieder von einer (wenn auch etwas uneindeutigen) Schlägerei berichtet – was sicher kein Einzelfall ist. Und schon gar kein taxispezifisches Problem!

Warum es so ist, weiß ich nicht – aber es ist weit verbreitet, im Straßenverkehr erst einmal alle Fehler der anderen als feindliche Aktion zu werten und alle eigenen als versehentliches Mißgeschick, das den anderen Hornochsen ja wohl auch begreiflich sein müsste! Wenn die nicht eh schuld sind! Bloß weil die Vorfahrt haben…

Ich bin ein geduldiger Mensch, stehe nicht mal unterbewusst auf Stress und die Situationen, in denen ich mich wirklich mal aufrege, geht auch das selten über ein zwei böse Worte hinaus. Vielleicht ein Glücksfall, genetisch sollte ich eine gewisse Veranlagung zur Cholerik haben.

Aber gestern habe ich mich mal wirklich gefreut darüber, alle Wut in den Wind zu schlagen und defensiv geblieben zu sein. Und das wollte ich kurz schildern. EInfach so 🙂

Ich bin den Weißenseer Weg in Richtung Süden entlanggebretzelt, die letzten Meter vor der Möllendorffstraße. Halbwegs am Tempolimit orientiert auf der mittleren Spur. Irgendwann tauchte vor mir ein Kombi auf, von dem ich allerdings nichts sah, da er einen großen Anhänger am Heck hatte. Er war etwas langsamer unterwegs als ich, was mich veranlasst hat, die Spur zu wechseln um ihn zu überholen. Alles ordentlich, mit Blinker, Abstand etc….

Irgendwann hatte ich zu ihm aufgeschlossen, war gerade dabei am hintersten Teil seines Anhängers vorbeizuziehen, als er plötzlich nach links auf meine Spur zieht. Kein Blinken, keine Rücksicht, ziemlich scheiße das alles. Ich hab das in dem Moment sinnvollste getan und eine behutsame und dennoch energische Vollbremsung hingelegt. Da er durchaus nicht langsam war, war ich binnen Sekundenbruchteilen aus der Gefahrensituation raus, da ich mit dem Fuß aber nicht auf der Kupplung war, hab ich das Auto kurzerhand abgewürgt. Kommt davon, wenn man immer im fünften Gang in der Stadt unterwegs ist…

Ihm war das auch nicht entgangen, und es war irgendwie lustig anzusehen, wie er vor mir in den nächsten 30 Sekunden jeden Spurwechsel artig mit Blinken ankündigte und behutsam wechselte (er wollte links abbiegen), nachdem auch er die Fahrt spürbar verlangsamt hatte. Ich hab schon am Fahrstil erkannt, dass der Typ genauso wie ich mindestens einen Schrecken hatte und über seinen Fehler nachgedacht hat.

An der Ampel kamen wir beide nebeneinander zum Stehen. Innerlich war bei mir schon noch das Verlangen da, ihn zu maßregeln oder mir wenigstens anzuschauen, was für ein Depp da über meine Straße fährt…

Aber ich hab demonstrativ ein Gute-Laune-Gesicht aufgesetzt, gewartet bis grün war, und nicht einmal rübergesehen. So, als wäre nichts passiert. Als hätte ich nicht durch meine Reaktion einen Totalschaden unser beider Fahrzeuge verhindert. Als wäre er nicht regelwidrig nach links gezogen ohne zu blinken, als hätte er nicht den Blick in den Rückspiegel vergessen…

Und jetzt? Als ob ich mich einen Tag später darüber noch ärgern würde! Als ob sich für mich irgendwas ändern würde… obwohl, sicher fahre ich in den nächsten Tagen wieder einmal etwas vorsichtiger.

Und er: Er ist jetzt immerhin nicht davon überzeugt, dass Berliner Taxifahrer cholerische Idioten sind. Über die Aktion nachgedacht hat er schon, da bin ich mir sicher. Und in Anbetracht dessen, dass ich jetzt nicht zwingend der Feind auf vier Rädern bin, fällt der Rückblick vielleicht sogar realistischer aus 🙂

Haltet mich für einen Idioten, aber ich bin fest überzeugt davon, dass der Weg der bessere ist!

On the Fast Lane

Gibt es eigentlich noch dieses alte Klischee vom eigenbrödtlerischen Taxler, der mit Kippe im Mund als König der Straße durch die Nacht cruist? Auf die Kippe muss man heute ja verzichten, ansonsten mag ich dieses über alle Maßen hinaus romantisierende Bild durchaus ein Bisschen.

Die Realität sieht meistens anders aus. Natürlich ist das Taxifahren eine von Sachzwängen geprägte und mies bezahlte Lohnarbeit ohne viel soziale Sicherheit. Nicht jede lustige Betrunkenengeschichte in meinem Blog hab ich freiwillig erlebt und zweifelsohne sind Grinse-Smilies hinter Berichten über miesen Umsatz meist nur Selbstschutz.

Auf der anderen Seite: Wer kennt das nicht aus anderen Jobs? Ich bin ja nicht viel rumgekommen in der Arbeitswelt, aber ich höre mich ja genug um. Lohnarbeit ist immer Lohnarbeit und noch jeder Angestellte (und sicher auch die meisten Chefs) hatten ihre Momente, in denen ein psychologisch geschulter Mensch sie dazu gekriegt hätte, alleine für den Slogan „Arbeit ist scheiße!“ in die APPD einzutreten.

Deswegen gönne ich mir den Blick auf die Sonnenseiten meines Jobs – auch wenn die bei mir irgendwo in der Nacht liegen. Die Idee zu diesem Eintrag hatte ich auf dem Rückweg von meiner ärztlichen Untersuchung, als ich um 17 Uhr vom Alex aus nach Hause gefahren bin. Dürfte das erste Mal Rush Hour in vier Jahren Berlin gewesen sein. Dank einer Baustelle dauerte die Fahrt alleine zum Platz der Vereinten Nationen ziemlich genau 20 Minuten…

Ein Kollege ist rechts auf dem Fahrradweg an mir vorbeigeschossen, die Mehrzahl der Verkehrsteilnehmer wirkte übel gestresst und insbesondere der Inhaber eines kackbraunen VW Touran mit MOL-LY-Kennzeichen lieferte sich einen erbitterten Kampf darum, beim Reissverschlusssystem ja nicht diesem blöden Taxi mit der 1925 auf der Heckscheibe den Vortritt zu lassen. Da bekommt das Wort Straßenkampf eine ganz andere Bedeutung.

Und ich habe mich so gut gefühlt wie schon lange nicht mehr.

Meine Fenster waren bei gemütlichen 25°C heruntergelassen, die CD im Player wechselte irgendwann von der besten Version von Hotel California auf eine der besten Coverversionen von Wish you were here (die von Wyclef Jean, gibt’s bei Youtube nicht) und ich kroch so vor mich hin. Sicher: Während der Arbeit wäre ich durchgedreht!

Aber während ich nach nur 3 Stunden Schlaf versucht war, hier und da im Stillstand die Augen zu schließen, erinnerte ich mich an die letzten Schichten und wie schön es sein kann, nachts durch die City zu cruisen. Natürlich ebenfalls mit Musik im Auto und so oft wie möglich mit offenen Fenstern. Aus der spätjugendlichen Sturm- und Drangzeit im Straßenverkehr bin ich zweifelsohne und glücklicherweise raus, aber ein Stück weit liebe ich es, dass die Stadt nachts so oft befreit ist von der ganzen stickigen Atmosphäre und den unsagbar vielen Menschen. Und zugegeben: Auch ein paar engen Regelauslegungen 😉

Und ehrlich: Wenn man sich daran gewöhnt hat, dass man sich Sonntags um 5 Uhr nicht an die Spurmarkierungen zu halten hat und der neben einem das auch nicht macht, dann kann es sogar ganz lustig sein 🙂

Und auf Dauer wesentlich entspannter als Feierabend-Stau.

So, und jetzt wünsche ich euch allen einen guten Start ins Wochenende!

Quickies

So, am Wochenende bin ich ja immer viel beschäftigt. Einige Dinge graben sich stets ins Hirn, es will aber kein kompletter Blogeintrag daraus werden. Deswegen hier eine kurze Auswahl an nicht existenten Blogeinträgen.

Der erste hätte sich mit der Frage beschäftigt, wieso ausgerechnet der Taxistand, bzw. der Bahnhofsvorplatz als Umkleide, bzw. Entkleide gebraucht wird. Zurückzuführen ist diese recht seltsam anmutende Frage auf das Verhalten zweier junger Mädels, die sich noch schnell vor dem Clubbesuch ihrer Höschen entledigen wollten. Es ist sicher eine Frage des persönlichen Empfindens, ob man sich das auch öffentlich zutraut – die beiden wirkten aber ziemlich um Privatsphäre bemüht. Als Tipp würde ich mal den Parkplatz gegenüber nennen. Sind keine 30 Meter Fußweg, dennoch sinkt die Zuschauerzahl von 100 auf 0. Inklusive irritierter Taxifahrer…

Der zweite nicht geschriebene Blogeintrag wäre eine Rezension des Films „Unknown Identity“ geworden. Ich fand ihn eigentlich ganz nett und unterhaltsam, aber natürlich hab ich mich über die Taxiszenen gewundert. Mal abgesehen davon, dass die inexistente im Film auftretende Firma natürlich quasi das organisierte Verbrechen selbst war: Es tut weh, als Taxifahrer zu sehen, wie eine Kollegin vom Adlon zum Flughafen Tegel als „schnelleren Weg“ irgendwie bei der Oberbaumbrücke vorbeikommt (um dann auch noch in die Spree zu fallen). Aber so ist das wohl, wenn man eine Stadt halbwegs kennt: Die Fiktion tut weh 🙂

Am frühen Morgen des Samstags hat mich dann auf der Leipziger Straße die betrunkene Beifahrerin in einem dunkelgrünen BMW ziemlich schamlos angebaggert, was ich allerdings eher als Scherz aufgefasst habe. Noch niveauloser waren nur zwei Jungs, die an einer Ampel bei mir einen Whopper bestellen wollten. Berlin, wie es leibt und lebt.

Zu guter Letzt gab es aber auch noch eine süße Begebenheit in letzter Zeit. Ich hab einen wirklich sehr sehr netten und schüchternen jungen Mann in einen Vorort gefahren. Es war an der Fahrt alles ok, aber auch alles belanglos. Die Strecke war nicht schwierig, der Kunde nett aber recht stumm und der Preis war kein Thema. Das Trinkgeld war durchschnittlich und ich bin nicht einmal durch irgendwelche Glasscherben gefahren. Es ist einfach nix passiert. Am Schluss hab ich bei ihm im Wohngebiet gewendet und dann mitbekommen, dass er tatsächlich an der Türe gewartet hat bis ich wieder vorbeigekommen bin, um mir zum Abschied nochmal zu winken…
Manchmal sind die Kunden ja schon niedlich 😀

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Spandau? Für fünfzehn?

„Hallo, kennen sie den Bahnhof Spandau?“

„Wieso?“

„Ja wie, wieso? Kennen sie ihn?“

„Klar, bin schon mal dort ausgestiegen.“

„Das klingt aber nicht sehr professionell.“

„Passen sie auf, was sie sagen!!!“

„Meinetwegen. Würden sie mich zum Bahnhof Spandau bringen?“

„Wollen sie mich verarschen?“

„Hallo, sie haben doch eine Beförderungspflicht…“

„Ich zeig ihnen gleich Beförderungspflicht!“

„Was kostet das? 15 €? Oder 20?“

„Moment mal…“

„Hm, isses also doch teurer? Hab ich mir fast gedacht…“

„Ich glaube, sie wissen nicht, wen sie hier vor sich haben!“

„Und ich glaube, sie wissen nicht, wo sie gerade stehen…“

Polizei, Taxistand

Einmal nach Spandau bitte! Quelle: Sash