Hund vs. Taxi

„Sagen sie, darf der kleine Egon bei ihnen auch mitfahren?“

Egon? Egon.

Glücklicherweise war es nicht ihr Enkel, dem irgendwer diesen Namen verpasst hat, sondern ihr Hund. Egon war tatsächlich nicht der Größte, ich vermutete, einen Hund in der Größe bekommt man nur nach Kreuzungen mit Zwergmäusen. Von der ständigen Gefahr beseelt, Egon könne als Fußhupe missinterpretiert werden, trug sie ihn in ihrer Handtasche, selbst ein eher kleines Modell, spazieren. Und nun sollte der Hund mit ins Auto. Also in mein Taxi.

„Selbstverständlich! Sie dürfen ihn auch ruhig aus der Tasche lassen. So lange er das Autofahren verträgt…“

„Nein nein, Egon fährt immer in der Tasche. Die mag er doch so!“

Die ältere Dame wirkte ziemlich erleichtert und äußerte das durch erleichtertes Ausatmen lautstark.

„Wissense, ihre Kollegen sind da manchmal gar nicht so nett…“

Das ist schade. Aber Hunde sind ein in der Tat ziemlich seltsames Thema beim Taxifahren. Zunächst einmal: In der Taxiordnung steht über die Beförderung von Tieren erst einmal nichts, bzw. es steht nur darin, dass ich selbst als Taxifahrer keine Tiere mitführen darf. In der BOKraft findet sich dann immerhin eine Aussage zum Gepäck, wonach Tiere nicht auf einem Sitzplatz untergebracht werden dürfen. Ob und wie weit es uns erlaubt ist, Fahrten mit Hunden im Taxi abzulehnen, ist ausnahmsweise mal nirgends geregelt.

Ich kann mich also nicht auf Gesetze berufen, nehme aber an, dass hier die allgemeine Grenze der Beförderungspflicht greift: Wenn wir als Fahrer eine Gefahr für uns oder unser Auto sehen, dann dürfen wir die Fahrt ablehnen. Im Falle kleiner Hunde wie Egon wird das wahrscheinlich nur mit einem Verweis auf eine vorliegende Allergie oder dergleichen möglich sein.

Andererseits sind auch Taxifahrer Menschen und haben vielleicht Angst vor Hunden. Und leider sind wirklich nicht alle Hunde wohlerzogen und im Auto ruhig oder stubenrein.

Ich selbst hab kein Problem mit Hunden, solange sie friedlich erscheinen und die Halter mir versichern, dass sie das Auto nicht als Notfalltoilette benutzen werden. So weiss ich auch, dass ein ausgewachsener Rottweiler prima im Beifahrerfußraum Platz zwischen Frauchens Beinen hat und Egon wirklich keine Gefahr darstellte. Zum Abschluss musste er mir dann noch ganz brav Pfötchen geben – hat man als Taxifahrer auch nicht alle Tage.

Dennoch: Ich empfehle, dass man zur Beförderung von Hunden ein Taxi bestellt und das ausdrücklich mit angibt. Dann gibt es auch keine bösen Überraschungen.

Seltsame Fahrt…

Ein Leser schickte mir am Wochenende eine Mail mit einer „interessanten“ Fahrt:

Hi.

Ich hatte Montag eine seltsame Fahrt…

Start war Am HBF, ca 17 Uhr, , Gepäck war ein (Roll)Koffer, Laptop und Rucksack.

An sich war der Kollege auch sehr nett und freundlich.

Hat mir mein Gepäck eingeladen, wie man es sich wünscht.

Ziel war die Iranische Straße.

Das Ziel kannte der Kollege nicht. Hab ihm dann auf die Sprünge geholfen: Jüdisches Krankenhaus, UBhf Osloer Straße.

Die Fahrt war auch sehr angenehm, etwas Smalltalk über meinen gebrochenen Arm, meine bisherigen Taxi-Erfahrungen usw. Insgesamt sehr nett.

Unterwegs erfuhr ich auch, dass das wohl die letzte Fahrt des Tages wäre, er schon seit 7 Uhr (!!! – ist das eigentlich OK?) unterwegs ist.

Am Ziel Zahlte ich dann die auf der Uhr stehenden 13,60 großzügig mit 16,00.

Leider rutschte dem Fahrer der einzelne Euro (10er + 5er +1er) aus der Hand und verschwand zwischen den Sitzen – woraufhin er ungehalten wurde! (*darauf will ich ja eigentlich raus….)

Der Fahrer wühlte wild zwischen den Sitzen und forderte sogar mich (ich saß ja noch drin) auf, mit nach dem Geld zu suchen…

Ich musste doch etwas diskutieren, bis ich dann gehen konnte…

Die Fahrt war sehr angenehm, auch wurde ich mit Gipsarm gut bedient.

Aber warum ICH jetzt das TRINKGELD im Taxi suchen sollte, weiß ich leider nicht.

Ein wunderbarer Fall, um mal zu diskutieren, was noch geht und was eindeutig nicht mehr… 😉

Mal was zu Schönefeld / BBI

Nachdem wir uns gestern alle so schön einig waren, dass Zusammenarbeit was praktisches ist, hab ich heute mal ein etwas schwereres Thema.

Inzwischen sollten die meisten hier wissen, dass ich kein Flughafenfahrer bin. Ich schätze, das ist eine Gemütsfrage. Ich will mir einfach nicht regelmäßig eine zweistündige Wartezeit antun. Oder auch mal noch länger…

Abgesehen davon, dass ich sicher bin, mit mehreren kurzen Fahrten in derselben Zeit mehr Trinkgeld zu machen, bin ich einfach nicht geduldig genug. 2 Stunden am Stück rumlungern? Ich lese zwar gerne und ich schreibe gerne – aber zwischendrin möchte ich auch mal ein paar Leute im Auto haben. Mir ist klar, dass man auch so sein Geld in dem Gewerbe verdienen kann, für mich ist es zumindest derzeit keine Option.

Außerdem haben die Fahrer in Schönefeld es ja so schwer…

Ich wollte mal ein paar Worte zum Streit im Taxigewerbe um den Flughafen loswerden. Erst einmal ein kurzes Fazit vorweg:

Ich finde es schade fürs Gewerbe! Diese armselige Streiterei kotzt mich an! Wegen genau sowas haben wir Taxifahrer unseren schlechten Ruf weg!

Worum geht es? Ganz kurz: Der Flughafen liegt nicht in Berlin, sondern im Landkreis Dahme-Spreewald. Aufgrund einer Sonderregelung dürfen Taxen aus beiden Kreisen dort Kundschaft aufnehmen. Abgesehen vom Hickhack um die unterschiedlichen Tarife ist es vor allem so, dass die Taxifahrer sich dort gegenseitig nicht akzeptieren wollen. Es gibt eine Regelung zur „Gleichberechtigung“, die vorsieht, dass am Flughafen eine Art Reißverschluss-System herrscht: Ein Taxi aus Berlin, danach eines aus LDS. Die Berliner Taxler fühlen sich benachteiligt, weil es (weit!) weniger LDS-Taxen gibt und diese somit wesentlich schneller wieder laden können. Die Brandenburger hingegen fallen auch nicht gerade durch Wortarmut auf und verweisen darauf, dass der Flughafen nunmal ihrer sei und die Berliner ja gerne ganz wegbleiben können.

Die Positionen sind beide genauso verständlich wie unverständlich zugleich. Die wenigen LDS-Taxen könnten nie alleine den Flughafenverkehr schmeißen und die Berliner stehen sich ja mehrheitlich selbst im Weg und es ist meist nur blanker Neid, der sie vermuten lässt, es würde viel besser sein, wenn die Brandenburger weg wären.

In diesen konkreten Streitpunkten enthalte ich mich. Ich kenne die genauen Zahlen nicht und es stimmt sowohl, dass der Flughafen in LDS liegt, als auch, dass er letztlich hauptsächlich zu Berlin gehört. Ein Flughafen bietet eine Menge Umsatz für eine Menge Taxifahrer – und die sollten sich gefälligst einigen oder wenigstens an die ausgemachten Regeln halten. Jedem Fahrer steht es frei, den Flughafen zu meiden! Hab ich mal irgendwo eine Schlägerei angefangen, weil gerade am Ostbahnhof weniger Züge ankommen?

Ob die Regelung nun 1:1 oder (wie geplant) 5:1 fairer ist, weiss ich nicht. Fakt ist aber auch, dass das besser kein Taxler entscheiden sollte, der gerade sauer ist, weil im einer aus dem „anderen Lager“ eine gute Tour weggeschnappt hat.

Und nun dazu, weswegen ich das überhaupt schreibe, wo es mich doch gar nicht interessiert:

Vor einer Woche hat ein ungestümer „Kollege“ aus LDS, der scheibar auch noch ordnungsgemäß unter Klarnamen kommentiert hat, gemeint, im oben verlinkten Beitrag herumpöbeln zu müssen und Berliner Taxifahrern, wenn sie sich nicht „benehmen“, angedroht, dass sie „was auf die Fresse“ bekommen. Dabei sprach er auch noch schön von „uns“ und „wir“ und nannte eine (den Kollegen sicher bekannte) Gewerbevertretung.

Diese wenig internetaffine Vertretung antwortete mir im Gegensatz zu dem „Kollegen“ auch und schrieb folgendes:

„Wir werden versuchen heraus zu bekommen, wer der Schreiber M. K. (so es
der richtige Name ist) wirklich ist. Dann werden wir Ihn gemeinsam zur Rede
stellen. Desweiteren verwahren wir uns gegen solche Behauptungen und Wortspielereien
und vor allem Drohungen gegen andere Kollegen, egal aus welchen Grund.
Dieses kannst und sollst Du auch in deinem Forum wiedergeben.“

(der Name wurde von mir gekürzt, die Vertretung kennt ihn selbstredend)

Die Gewerbevertretungen sind nicht meine Lieblinge und ich möchte dieses Statement nicht einfach so für bare Münze nehmen. Die streiten sich ja auch wunderbar ums Thema – aber das ist in ihren Kreisen auch angemessen und nötig. Ich bin mir sicher, dass sich hier alle Beteiligten (also auch die Berliner) nichts schenken.

Aber eines möchte ich an dieser Stelle klarmachen: Der Kommentar des Kollegen ist zufällig (wie derletzt schon viele andere) im Spamordner gelandet. Zum Glück. Denn derartige Scheiße will ich hier nicht lesen! Ich biete mit dem Artikel eine Möglichkeit, auch hier über die Regelung in Schönefeld zu diskutieren und vielleicht auch um Infos auszutauschen. Es würde mich freuen, wenn das passiert. Dazu sind auch ganz explizit Kollegen aus LDS eingeladen!

Was jedoch nicht sein kann, ist, dass GNIT hier missbraucht wird, damit sich Taxifahrer gegenseitig Drohungen an den Kopf werfen können! Ich weiss, dass in unserem Gewerbe nicht Friede-Freude-Eierkuchen herrscht und wir alle unser Geld verdienen müssen und wollen. Das kann aber kein Grund sein, die eigenen Kollegen anzugehen! Und wer sich nur deswegen im Recht fühlt, weil er meint, er sei aus einer besseren Gegend, der kann sich verpissen von hier, und zwar für immer!

Julia und der Schrööm (3)

Inzwischen befanden wir uns also am Ostbahnhof. Die Truppe aus 8 Leuten, die sich nur so mehr oder weniger wirklich kannte, wussten nicht, was sie genau tun sollten.
Ich stand daneben und habe mich gefreut, diese letzte Tour des Abends noch ein bisschen verlängern zu können. Denn mal im Ernst: Wer außer Taxifahrern hängt unter der Woche nachts am Ostbahnhof rum?

Ehe ich mich versah, war ein weiterer Kollege vom Stand herangewunken worden und der mir unbekannte Teil der Gruppe verschwand in seinem Wagen. Der Schrööm, Julia und die zwei anderen Zeitgenossen enterten wie geplant mein Taxi und ich hörte vom Schrööm einen lange vergessen geglaubten Satz:

„Here it comes: Follow that taxi!“

Dieser Spruch ist ja bei weitem nicht so schrill, wie es die meisten Kunden vermuten, aber ich wollte ihnen das Lachen nicht verderben.
Wo es hingehen sollte, wusste allerdings dennoch keiner. Na super! Denn im Gegenzug wusste der Kollege wahrscheinlich auch nicht, dass ich ihm folgen sollte. Ganz eindeutig wusste er es nicht, denn er startete, als bei mir noch nicht einmal alle eingestiegen waren.

„Das kann ja eine heitere Verfolgungsjagd werden!“

habe ich mir gedacht. Ich hab das Gas durchgetreten, was aber bauartbedingt bei meinem Auto ungefähr die Auswirkungen hat, wie wenn man auf die Hupe drückt: Es ist etwas laut, aber es bewegt sich nicht viel.
Naja, ganz so schlimm ist es dann auch nicht 🙂

Ich hab den Kollegen durchaus noch im Blick gehabt, und die erste Ampel zwei Ecken weiter hab ich auch noch erwischt. Zunächst dachte ich dann aber, dass es das war. Die sicher rund 100 PS Leistungsvorsprung schien der Kollege auch nutzen zu wollen.

Da das Glück aber wahlweise mit den Tüchtigen oder den Dummen ist, war die wilde Verfolgungsfahrt bereits 100 Meter weiter an meiner Stammtanke bereits vorbei. Der Kollege setzte den Blinker und ich sorgte im Anschluss dafür, dass ich neben ihm stand, und so mit ihm durchs Fenster kommunizieren konnte.

„Kollege, wo soll es denn hingehen. Ich soll dir hinterherfahren…“

„Oh, ach so!? Hessische Ecke Invaliden!“

„Alles klar, danke!“

Super! Kein Stress mehr. Also mehr oder weniger. Meine Autobesatzung blieb vorerst brav sitzen, während aus dem anderen Taxi ein oder zwei Leute Kippen kauften. Die Fenster wurden runtergelassen und irgendwann brüllten sich die beiden Wagenbesatzungen an. Mal nettes, mal eher nicht so nettes und mal unverständliches. Hauptsache laut. Auf irgendein Signalwort hin sprangen plötzlich die meisten Leute aus den Autos. 2 wollten sich prügeln, einer dabei zugucken, Julia schämte sich in Grund und Boden und der Schrööm schlenderte mit einer unglaublichen Gelassenheit in die Tanke, um Whisky zu kaufen.

Die freundschaftliche Schlägerei wurde nach kurzer Zeit zu einer Art Showeinlage. Was sich wohl die Angestellten an der Tanke gedacht haben, als einer der Fahrgäste mal spontan mit etwas Hilfestellung einen Rückwärtssalto hingelegt hat?

Dann beschlossen sie, umzusteigen. Also nicht alle. Zwei nur. Statt des Schrööms hatte ich nun einen klobigen Amerikaner auf dem Beifahrersitz, der in Quassellaune war. Na gut. Nun war es so, dass langsam alle eintrudelten und mein Kollege nicht mehr wusste, wer jetzt eigentlich zu seiner Besatzung gehört. Sinnigerweise ließ der Schrööm eine Weile auf sich warten, bis er in Gedanken vertieft mit einer Johnnie-Walker-Flasche zu den Autos geschlendert kam und dort ziemlich beleidigt war, dass sein Platz belegt war.

Ich hatte mich damit abgefunden, dass diese Fahrt wohl ewig viele absurde Episoden haben wird, aber am Ende war die Fahrt zu ihrer Unterkunft einfach nur noch normal. Ein paar „Wow!“ bei den Nutten in der Oranienburger Straße, sonst aber nix! Die Tour hat am Ende fast eine Stunde gedauert, wobei der größte Halt unbezahlt am Maria war. Dadurch waren die Einnahmen mit rund 21 € und einem Trinkgeld unter einem Euro nicht abartig hoch. Irgendwie wert war es die Sache allemal.

Ach ja: Nett war, dass der Schrööm nachher extra nochmal zu meinem Auto kam und mir gedankt hat für die gute Fahrt 🙂

Julia und der Schrööm (2)

So, seit gestern wissen wir nun also, was ein Schrööm ist. Selbiger wollte mit seinen Freunden ins Maria gehen. Nun war da aber leider zu. Die ganze Gruppe trudelte also nach und nach wieder an meinem Taxi ein. Ich hab aufs Weiterfahren bewusst verzichtet, als dort dunkel war.

Nun gackerten alle wie wild durcheinander. Was machen wir jetzt? Wo sind wir? Wo sind die anderen? Wo ist dieser Ostbahnhof überhaupt und am allerwichtigsten: Wo ist mein Tabak? Zwei ziemlich entmutigte Nikotinabhängige haben mich mit großen Augen angesehen, als ich ihnen je eine Kippe in die Hand gedrückt habe. Nicht, dass ihre 40 Cent Trinkgeld das aufgewogen hätte, aber ich mochte die Truppe und mir war klar, dass die wieder bei mir im Auto landen.

Das Gackern wurde nicht weniger, aber es verlagerte sich mehr in die mitgebrachten Handys. Schließlich war die Gruppe zu Beginn ihrer Reise ja noch mit 4 weiteren Leuten unterwegs, und diese galt es nun zu finden. Am Maria waren sie jedenfalls nicht. Das war wiederum nicht sonderlich verwunderlich, da sie meinem Kollegen als Fahrtziel den Ostbahnhof angegeben hatten. Zum Zeitpunkt der allgemeinen Konfusion vor dem Maria standen ähnlich konfus 4 englischsprachige junge Touristen vor dem Ostbahnhof und wunderten sich, wo es hier einen Club gäbe. Unser Ziel war also klar.

Einer der beiden eher unscheinbaren Mitreisenden sorgte sich nun darum, dass sie kein Taxi kriegen würden. Während ich dem Rest schon erklärt hatte, dass ich die Tour einfach weiterlaufen lasse und sie nicht nochmal die 3,20 € zahlen müssten, erkannte dieser junge Mann mich nicht mehr.

„We need a cab!“

„Hey, here is our cab!“

„No, it’s another one!“

„It isn’t!“

„Sure! Look at that guy! Is that our cab driver?“

Ich hab mich dann mit einem trockenen „Yes man, I am!“ erneut vorgestellt. Dann galt es nur noch zu klären, dass im Taxi nicht geraucht wird.

„OK, I’ll walk!“

meinte der Schrööm und lief Richtung Bahnhof. Wenn man bedenkt, dass der Rest gerade auch am Rauchen war und ich solange zu warten gedachte, erscheint diese Idee ziemlich absurd. Nachdem abermals lustige Rufe nach Schrööm durch die Nacht gehallt waren, stand er wieder bei uns. Besser gesagt: Bei mir.
Er drehte der Gruppe den Rücken zu und deutete mit dem Kopf in Richtung Julia:

„Guy, honestly: What do you think about her?“

„What should I say? Nice.“

Das war keinesfalls gelogen. Julia war ein überaus attraktives Mädel und zudem hatte sie bisher auch einen echt netten Eindruck gemacht. Der Schrööm senkte seinen Ton abermals und flüsterte mir zu:

„You think, she’s underaged?“

„Well, huh! I’m not sure…“

„Risky business, my friend!“

meinte der Schrööm und klopfte mir auf die Schulter. Dann gab er den anderen Zeichen, einzusteigen. Ich sattelte die Pferde meines Zafiras und schmiss die Uhr wieder an. Als wir am Ostbahnhof ankommen und uns die vier verbliebenenen Gestalten fast vors Auto gerannt wären, stehen weitere 80 Cent auf der Uhr. Obwohl die Jungs mich bezahlen, halte ich mich weiter bereit. Die Uhr läuft gleich weiter und ich denke darüber nach, noch einen Blogeintrag über den Schrööm zu schreiben. Risky Business, wat ein Kerl!

Dieser Blogeintrag ist fertig. Aber man kann sich vorstellen, dass die Truppe gleich wieder vor meinem Auto stand… davon handelt dann die morgige Geschichte 🙂

Julia und der Schrööm (1)

Erst mal ein Sorry an die Feed-Abonnenten. Vorher ist versehentlich eine erste Version des Textes rausgehauen worden, die nicht so ganz aktuell war. Zum Text:

Was für eine herrliche Abschlusstour!

OK, fangen wir an mit Julia. Als ich sie zum ersten Mal gesehen habe, stand sie umringt von einer ganzen Gruppe männlicher Zeitgenossen am Straßenrand neben dem Taxi eines Kollegen und winkte nach mir. Die Anzahl an Leuten vor dem Suicide Circus war unüberschaubar, aber es schienen mehr als vier zu sein. Ich warf einen Blick auf die E-Klasse meines Mitbewerbers und dachte mir:

„Na der wird angepisst sein, dass ausgerechnet jetzt ein Großraumtaxi ums Eck kommt!“

Fehlanzeige! Es waren insgesamt auch mehr als 6 Leute, somit blieben genug Kunden für uns beide.  4 quetschten sich in die E-Klasse, und als Julia zu mir herübertrat, stürmten noch ein paar Kerle über die Wiese auf mich zu. Unter anderem der Schrööm.

An dieser Stelle muss ich etwas ausholen: Was ist ein Schrööm?
Schrööm ist das Wort, das mich in den vergangenen Tagen am häufigsten und am lautesten zum Lachen gebracht hat. Seinen Ursprung findet der Name in einer Zitatesammlung zum Kevinismus auf Uncyclopedia, wo als Beispiel ein Jérôme auftaucht, der folgendes tun soll:

„Schrööm, hör auf, die Omma weh zu tun und mach se ma ei!“

Ich könnte mich ohne schlechtes Gewissen einnässen bei dem Namen und habe nur nach einer Geschichte gesucht, bei der ich einem der Protagonisten den Namen Jérôme verpassen kann. Unnötig: Der Schrööm hieß wirklich so.
Und der Schrööm ist ein wirklich netter Typ. Er sieht eigentlich fast genauso aus wie Jason Segel, den meisten bekannt aus „How I met your mother“, wo er Marshall Eriksen verkörpert. Und die Lockerheit eines Marshall Eriksen besitzt der Schrööm gleich doppelt.

Zurück zu Julia. Julia ist (wahrscheinlich) nicht der Name der jungen Dame. Ich nenne sie so, weil der Ausschnitt, den ich lange Zeit in meinem Rückspiegel gesehen habe, mich sehr an Julia Roberts erinnert hat. Nur 20 Jahre jünger.
Besagter Ausschnitt besteht übrigens aus der Augenpartie und den Haaren, nicht was ihr jetzt denkt… 😉

Sie war diejenige in der Gruppe, die am besten Deutsch sprach, und so machte sie die erste Ansage:

„Zum Ostbahnhof!“

Ich hab einen etwas anderen Weg als der Kollege gewählt, was sich letztlich nichts schenkt. Am Ostbahnhof kenne ich mich ja aus 😉

Im wildesten Kauderwelsch aus Englisch, Deutsch und Holländisch hörte ich dann heraus, dass wir eigentlich zum Maria fahren und zuvor noch einen Geldautomaten aufsuchen sollten. Meinetwegen. Ein Glück, dass ich der Versuchung wiederstanden habe, eine Kurzstrecke zu machen…

Da die Sparkasse im Bahnhof derzeit umgebaut wird, fiel der Stopp an der Commerzbank ums Eck an. Der Schrööm verschwand mit einem Begleiter in der Bank. Währenddessen habe ich mich mit Julia unterhalten und ihr gesagt, dass ich hoffe, die beiden kommen mit den Automaten klar.

3 Minuten später hat sie mal nachgesehen.

Der Schrööm kam als erstes aus der Bank und verkündete lautstark:

„You have to wait, ‚cause I have to pee!“

Und so saßen wir weitere 2 Minuten im Auto und malten uns in Gedanken aus, was der Schrööm da hinter einem Schild alles anstellte. Er ging dabei allerdings nicht verloren und kurz nach einem lauten Ruf saß er auch wieder im Taxi.
Die Fahrt zum Maria ist bekanntlich nicht sehr weit, und mit 9,60 € auf der Uhr hab ich am Maria gewendet. Und dort sah es verdammt dunkel aus.

Während die vier durchs Tor gelatscht sind, hab ich mich darauf gefreut, einen Artikel darüber zu schreiben, dass ich endlich einen Schrööm gefunden habe. Aber es sollte nicht der letzte sein, denn ein paar Sekunden später stand exakt jener wieder vor meinem Auto. Das Maria hatte geschlossen.

Morgen erfahrt ihr dann, wie es weitergeht…

 

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

Abonniert doch den RSS-Feed von GNIT. Mehr von Sash gibt es außerdem bei Facebook und bei Twitter.

Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Liebe Kollegen,

ich muss doch mal eine Sache loswerden:

Manchmal nervt ihr mich!

Und ja, ich meine ausnahmsweise mal nicht nur die Arschlöcher, die für Kundenschwund sorgen, sondern allerlei andere und durchaus auch sehr nette Kollegen, die ich gerne immer mal wieder sehe.

Wie kommt’s?

Inzwischen hat sich in meinem Blog, an meinen 2 bis 5 Halteplätzen und offensichtlich noch ein ganzes Stückchen weiter herumgesprochen, wie meine Wenigkeit arbeitet. Oder wie ich meistens arbeite. Kurzum: Es geht darum, dass ich oftmals am Ostbahnhof stehe und vor allem aber darum, dass ich den scheinbar gottgegebenen Funk nicht nutze.

Mal unter uns: Jeder von uns hat seine Macken, und es mag sein, dass meine an der ein oder anderen Ecke etwas ausgeprägter sind. Ich möchte an der Stelle nicht außer Streit stellen (ich hab es dem Anwalt meines Ex-Vermieters versprochen, dass ich mir diese Formulierung merke!), dass ich ein Gewohnheitstier bin und eine eigenwillige Arbeitsauffassung vertrete. Auch den Lesern möchte ich an dieser Stelle zurufen: Ich bin nicht das Taxigewerbe! Ich bin ein einzelner Fahrer mit persönlichen Ansichten und Vorstellungen!

Aber: Ich mache den Job jetzt immerhin seit rund zweieinhalb Jahren. In dieser Zeit hatte ich mindestens 99% zufriedene Kundschaft und auch ich bin zu einem sehr hohen Prozentsatz mit meiner Arbeit zufrieden. Mein Chef ist zumindest mal nicht sichtbar verärgert und abgesehen von ein oder zwei ungerechtfertigten Beschuldigungen hab ich wohl noch nie bei einem Kollegen für Verstimmung gesorgt. Also bitte: Was soll falsch daran sein, wie ich meine Arbeit mache?

Neulich hat mich mal wieder ein Kollege belehrt, dass ich ja „viel mehr Umsatz“ gemacht hätte, wenn ich jetzt die gerade ausgerufene Fahrt angenommen hätte. Kurz darauf traf ein weiterer ein, der von jenem Kollegen gehört hätte, dass „die 1925“ wohl keinen Bock auf Umsatz hätte…

Wir machen einen Job, der einem verdammt viele Freiheiten bietet. Unter anderem im Prinzip, dass wir während unserer Schicht machen können, was wir wollen. Wir müssen / sollen / wollen uns korrekt verhalten, wenn wir Kunden an Bord haben – und das tun sicher alle mehr oder weniger, mit denen ich rede. Da sind die Unterschiede marginal. Der eine ist eher genervter bei kurzen Touren, der andere unnachsichtiger bei nerviger Kundschaft, aber letzten Endes einigen sich doch alle darauf, dass wir die Kunden gerne ordnungsgemäß und heil ans Ziel bringen und gerne möglichst viel Geld auf legale Art und Weise dabei verdienen wollen.

All der andere Quatsch bezieht sich auf die Frage, wie man Kunden gewinnt, bzw. wo man sie aufgabelt. Und jeder von uns hat da andere Vorstellungen. Es gibt Kollegen, die ausschließlich am Flughafen Kundschaft aufnehmen – ja, manche von denen machen auf der Rückfahrt sogar die Fackel aus!
Manche stellen sich nach jeder Fahrt an die nächstliegende Halte und sorgen so für einen bombigen Kilometerschnitt. Andere haben ein paar Halten und fahren nur selten nach Funk. Manche haben Doppelfunk und nehmen auch die letzten Aufträge in 25 km Entfernung an, andere bedienen fast ausschließlich Stammkundschaft. Ein paar unerschrockene Neulinge verlassen sich auf die Handy-Apps und manche fahren wie ich stumm und sammeln ihre Kundschaft an ein paar Halten (gibt ja nicht nur welche mit Publikumsverkehr) und auf der Straße ein.

Jede Arbeitsweise ist für sich gesehen nicht dumm, und gleichzeitig scheint es so zu sein, dass keiner versteht, warum der andere es anders macht.

Mal im Ernst:
Flughafenfahrer? Kann ich mich ja gleich ins Wachkoma begeben!
Nur-Funker? Haha! Fehlfahrten! Selber Schuld!
Apps-Nutzer: Loser! Da gibt es ja eh kaum Kundschaft!

Wenn ich wollte, könnte ich mich also auch prächtig amüsieren über all die Problemchen, die ich mir erspare.
Aber letztlich machen wir alle zusammen das Taxigewerbe aus! Wären wir alle für die selbe (also die total beste und so!) Funkzentrale unterwegs, hätten wir auch alle weniger Fahrten über diese. Würden wir alle nur die neuen Apps benutzen, wäre es viel chaotischer und wir hätten darüber auch kaum Umsatz. Würden alle ohne Funk und Apps unterwegs sein, könnte kein Kunde mehr vorbestellen. Gäbe es die Flughafenfahrer nicht, wäre auch am Airport manchmal tote Hose und die Kunden würden sich beim Warten die Beine in den Bauch stehen.

Die Kunden in unserem Gewerbe verteilen sich auf unterschiedliche Kanäle, und wir tun gut daran, alle zu bedienen. Aber dabei muss nicht jeder alles mitnehmen. Ich fahre gern mal die Matrix-Touristen, die kein Funker haben will. Dafür wird mir halt kaum ein Kunde ins Auto purzeln, der seine Fahrten immer einen Monat im Voraus bucht.

Und wenn ich mich deswegen nicht mehr ärgern darf, dass ich ohne Funk mal wenig Umsatz habe, dann sollten auch all die vorlauten Funker mit ihren albernen Fehlfahrten mal die Klappe halten! Ebenso wie wir alle mal bereuen, uns an der falschen Halte angestellt zu haben oder in die falsche Straße eingebogen zu sein, sollten wir vielleicht auch mal akzeptieren, dass der Job mehrere Möglichkeiten bietet, um letztlich zufrieden zu sein. In die Quere kommen wir uns witzigerweise doch eher, wenn wir alle das selbe tun…

Es mag sein, dass ich nicht den allerbesten Umsatz habe – über dem durchschnittlichen Tagfahrer liege ich meist dennoch. Es ist doch nicht so, dass ich nicht mitbekomme, was in dem Gewerbe so verdient wird. Und da muss ich mich nicht verstecken! Vor allem aber: Mir reicht es im Großen und Ganzen, und es ist ganz alleine meine Entscheidung, wenn ich auf irgendwas freiwillig verzichte. Ich hab manchmal das Gefühl, dass ich mir das ein oder andere Gesabbel nur anhören muss, „weil man das halt so macht“.

Soll ich euch mal dumm von der Seite anlabern, weil ihr – für mich ziemlich unverständlich – eure Arbeit stressig findet? Ich würde mir dabei blöd vorkommen, weil ich eigentlich weiss, dass ihr vernünftige Leute seid, einen anspruchsvollen Job gut macht und ihn so gestaltet, wie er euch in euer Leben passt. Akzeptiert das bitte auch bei mir!

Im Übrigen ist ein Taxiblog ein prima Werkzeug zur Kundenakquise. Warum macht das eigentlich nicht jeder?

Wegtreten!