ich muss doch mal eine Sache loswerden:
Manchmal nervt ihr mich!
Und ja, ich meine ausnahmsweise mal nicht nur die Arschlöcher, die für Kundenschwund sorgen, sondern allerlei andere und durchaus auch sehr nette Kollegen, die ich gerne immer mal wieder sehe.
Wie kommt’s?
Inzwischen hat sich in meinem Blog, an meinen 2 bis 5 Halteplätzen und offensichtlich noch ein ganzes Stückchen weiter herumgesprochen, wie meine Wenigkeit arbeitet. Oder wie ich meistens arbeite. Kurzum: Es geht darum, dass ich oftmals am Ostbahnhof stehe und vor allem aber darum, dass ich den scheinbar gottgegebenen Funk nicht nutze.
Mal unter uns: Jeder von uns hat seine Macken, und es mag sein, dass meine an der ein oder anderen Ecke etwas ausgeprägter sind. Ich möchte an der Stelle nicht außer Streit stellen (ich hab es dem Anwalt meines Ex-Vermieters versprochen, dass ich mir diese Formulierung merke!), dass ich ein Gewohnheitstier bin und eine eigenwillige Arbeitsauffassung vertrete. Auch den Lesern möchte ich an dieser Stelle zurufen: Ich bin nicht das Taxigewerbe! Ich bin ein einzelner Fahrer mit persönlichen Ansichten und Vorstellungen!
Aber: Ich mache den Job jetzt immerhin seit rund zweieinhalb Jahren. In dieser Zeit hatte ich mindestens 99% zufriedene Kundschaft und auch ich bin zu einem sehr hohen Prozentsatz mit meiner Arbeit zufrieden. Mein Chef ist zumindest mal nicht sichtbar verärgert und abgesehen von ein oder zwei ungerechtfertigten Beschuldigungen hab ich wohl noch nie bei einem Kollegen für Verstimmung gesorgt. Also bitte: Was soll falsch daran sein, wie ich meine Arbeit mache?
Neulich hat mich mal wieder ein Kollege belehrt, dass ich ja „viel mehr Umsatz“ gemacht hätte, wenn ich jetzt die gerade ausgerufene Fahrt angenommen hätte. Kurz darauf traf ein weiterer ein, der von jenem Kollegen gehört hätte, dass „die 1925“ wohl keinen Bock auf Umsatz hätte…
Wir machen einen Job, der einem verdammt viele Freiheiten bietet. Unter anderem im Prinzip, dass wir während unserer Schicht machen können, was wir wollen. Wir müssen / sollen / wollen uns korrekt verhalten, wenn wir Kunden an Bord haben – und das tun sicher alle mehr oder weniger, mit denen ich rede. Da sind die Unterschiede marginal. Der eine ist eher genervter bei kurzen Touren, der andere unnachsichtiger bei nerviger Kundschaft, aber letzten Endes einigen sich doch alle darauf, dass wir die Kunden gerne ordnungsgemäß und heil ans Ziel bringen und gerne möglichst viel Geld auf legale Art und Weise dabei verdienen wollen.
All der andere Quatsch bezieht sich auf die Frage, wie man Kunden gewinnt, bzw. wo man sie aufgabelt. Und jeder von uns hat da andere Vorstellungen. Es gibt Kollegen, die ausschließlich am Flughafen Kundschaft aufnehmen – ja, manche von denen machen auf der Rückfahrt sogar die Fackel aus!
Manche stellen sich nach jeder Fahrt an die nächstliegende Halte und sorgen so für einen bombigen Kilometerschnitt. Andere haben ein paar Halten und fahren nur selten nach Funk. Manche haben Doppelfunk und nehmen auch die letzten Aufträge in 25 km Entfernung an, andere bedienen fast ausschließlich Stammkundschaft. Ein paar unerschrockene Neulinge verlassen sich auf die Handy-Apps und manche fahren wie ich stumm und sammeln ihre Kundschaft an ein paar Halten (gibt ja nicht nur welche mit Publikumsverkehr) und auf der Straße ein.
Jede Arbeitsweise ist für sich gesehen nicht dumm, und gleichzeitig scheint es so zu sein, dass keiner versteht, warum der andere es anders macht.
Mal im Ernst:
Flughafenfahrer? Kann ich mich ja gleich ins Wachkoma begeben!
Nur-Funker? Haha! Fehlfahrten! Selber Schuld!
Apps-Nutzer: Loser! Da gibt es ja eh kaum Kundschaft!
Wenn ich wollte, könnte ich mich also auch prächtig amüsieren über all die Problemchen, die ich mir erspare.
Aber letztlich machen wir alle zusammen das Taxigewerbe aus! Wären wir alle für die selbe (also die total beste und so!) Funkzentrale unterwegs, hätten wir auch alle weniger Fahrten über diese. Würden wir alle nur die neuen Apps benutzen, wäre es viel chaotischer und wir hätten darüber auch kaum Umsatz. Würden alle ohne Funk und Apps unterwegs sein, könnte kein Kunde mehr vorbestellen. Gäbe es die Flughafenfahrer nicht, wäre auch am Airport manchmal tote Hose und die Kunden würden sich beim Warten die Beine in den Bauch stehen.
Die Kunden in unserem Gewerbe verteilen sich auf unterschiedliche Kanäle, und wir tun gut daran, alle zu bedienen. Aber dabei muss nicht jeder alles mitnehmen. Ich fahre gern mal die Matrix-Touristen, die kein Funker haben will. Dafür wird mir halt kaum ein Kunde ins Auto purzeln, der seine Fahrten immer einen Monat im Voraus bucht.
Und wenn ich mich deswegen nicht mehr ärgern darf, dass ich ohne Funk mal wenig Umsatz habe, dann sollten auch all die vorlauten Funker mit ihren albernen Fehlfahrten mal die Klappe halten! Ebenso wie wir alle mal bereuen, uns an der falschen Halte angestellt zu haben oder in die falsche Straße eingebogen zu sein, sollten wir vielleicht auch mal akzeptieren, dass der Job mehrere Möglichkeiten bietet, um letztlich zufrieden zu sein. In die Quere kommen wir uns witzigerweise doch eher, wenn wir alle das selbe tun…
Es mag sein, dass ich nicht den allerbesten Umsatz habe – über dem durchschnittlichen Tagfahrer liege ich meist dennoch. Es ist doch nicht so, dass ich nicht mitbekomme, was in dem Gewerbe so verdient wird. Und da muss ich mich nicht verstecken! Vor allem aber: Mir reicht es im Großen und Ganzen, und es ist ganz alleine meine Entscheidung, wenn ich auf irgendwas freiwillig verzichte. Ich hab manchmal das Gefühl, dass ich mir das ein oder andere Gesabbel nur anhören muss, „weil man das halt so macht“.
Soll ich euch mal dumm von der Seite anlabern, weil ihr – für mich ziemlich unverständlich – eure Arbeit stressig findet? Ich würde mir dabei blöd vorkommen, weil ich eigentlich weiss, dass ihr vernünftige Leute seid, einen anspruchsvollen Job gut macht und ihn so gestaltet, wie er euch in euer Leben passt. Akzeptiert das bitte auch bei mir!
Im Übrigen ist ein Taxiblog ein prima Werkzeug zur Kundenakquise. Warum macht das eigentlich nicht jeder?
Wegtreten!
