Level 12. Von 10.

Druffis aller Art gehören zum Nachtbetrieb einer Stadt. Ich bin auch schon in Zuständen durch Berlin geschwankt, in denen mich die Kollegen aus der eigenen Firma nicht mehr mitgenommen hätten. Der eine Typ heute Nacht, der offenbar aus dem Yaam entlaufen war, hat allerdings alles  in den letzten Monaten getoppt.

Er hat, während ich besetzt die Holzmarktstraße entlangfahren wollte, schwankenderweise beide Spuren blockiert, mir nach dem Abbremsen zweimal auf die Motorhaube geklopft, sich den Gürtel aus der Hose gezogen, ihn um sich gewirbelt, dabei „One Love!“ gerufen und mich dann vorbeigewunken.

Ich mache mir hier mal die Worte meines Fahrgastes zu eigen:

„Man gewöhnt sich an sowas.“

Update: Vielleicht hatte der Typ – wie Andreas schrieb – ja auch was mit dieser Polizeimeldung zu tun … o.0
Allerdings war meine Begegnung mit ihm etliche Stunden früher.

Unentschlossen

Kunden, die nicht wissen, wo sie hinwollen. Das ist so eine Art 1A-Klischee, das gerne mal die Runde macht unter Taxifahrern und denen, die es werden wollen. Der Alltag gibt dem recht, allerdings ahnt man manchmal nicht, wie belanglos und gleichzeitig bescheuert das sein kann.

Stellt Euch einfach mal vor, Ihr seid ich. Ein Taxifahrer, der zumindest bei netter Kundschaft wirklich bereit ist, alles zu tun. Rückwärts die vereiste Einbahnstraße im Schneckentempo (Aber spätestens bis 1:05 Uhr!) durch eine angetrunkene Horde Helene-Fischer-Fans entlangdriften? Na klar, macht nach Tarif 11 €, passt schon!

Und dann das „große Problem“: Die Zieladresse liegt in einer Einbahnstraße. Inzwischen sogar wieder befahrbar, das war nicht immer so. Und „voll schwer“ zu erreichen. Will heißen. Von der Hauptstraße rechts ab in die Nebenstraße, dann links in besagte Einbahnstraße. Eine Geschichte von 200 Metern. Für unbedarfte Fahrer wie mich.

Die Kundin bittet mich nach dem Abbiegen in die Nebenstraße allerdings anzuhalten. OK, warum nicht? Wenn sie den Rest laufen will …

„Jetzt muss ich überlegen …“

„Ich fahr Sie gerne hoch, ist kein Ding.“

„Jaja, für Sie und mich nicht, aber andere Menschen …“

„Ich kann auch hier halten.“

„Nein, warten Sie, ich muss überlegen!“

„OK.“

„Ich weiß jetzt auch nicht …“

„Wollen Sie alleine da rübergehen?“

„Ja. Nein. Also vielleicht …“

„Bitte! Ich stehe mitten auf der Straße!“

„Ja, also bringen Sie mich …“

Ich setze den Blinker.

„NEIN! Halten Sie einfach hier!“

„Gerne, kein Prob …“

„Aber eigentlich wäre es nur …“

„Wie gesagt, ich bringe Sie gerne …“

„Ach, hier ist schon ok!“

Ich hoffe, all der Stress hat wenigstens in ihrem Universum Sinn ergeben. In meinem war’s ehrlich gesagt einfach nur unnötig stressig.

Die eher kuriose Kurztour

An diesem Abend, an dem ich noch keine Tour für mehr als 10€ gesehen hatte, war ich geradezu erfreut, als Zweiter am Ostbahnhof nach nur sehr kurzer Wartezeit die Anfrage zu hören, ob ich auch fünf Leute mitnehmen könne. Also die Tour, die der Kollege nur nicht machen konnte, weil er halt leider nur eine E-Klasse fährt und keinen Zafira. Meine Sternstunde, yes!

OK, vergesst das!

Denn auf die Frage, wo es hingehen sollte, antworteten die Fahrgäste ernsthaft mit „Kater Blau“.

Ich hab nach wie vor nichts gegen kurze Strecken, aber das war hochgradig absurd. Und zwar eben nicht einfach, weil sie fahren wollten: Ach herrje, ich fahre jemanden auch gerne für die 3,90€ Startpreis 0,25 Meter weit. Wenn’s ihm oder ihr das wert ist …

Nein, die Tour kostet einfach mal 5,10€ auf Uhr für bis zu vier Personen, was bedeutet, dass das Warten auf ein Großraumtaxi einem nur genau 10 Cent spart, weil das nunmal 5,00 € Aufpreis kostet. Völlig irre, noch dazu bei einem Auto wie meinem, bei dem in der letzten Sitzreihe auch nur leidlich wenig Platz ist, es also auch unbequemer ist als zwei Taxis zu nehmen.

Aber bevor Ihr mich wirklich für undankbar haltet: Die Tour war großartig! Ehrlich! Ein Haufen Schweizer, denen alles (insbesondere das Geld) völlig egal war. Ich sollte nicht gegenüber des Clubs  halten, sondern durfte (auch dank einer Baustelle) einen ziemlich dummen Umweg fahren und am Ende hab ich für die fast schon dreiste Aktion, ihnen über 11€ für nur 500 Meter Weg abzunehmen auch noch einen lockeren Fünfer Trinkgeld bekommen.

Wenn ich ehrlich sein soll: Nur noch solche Touren wär eigentlich ein ziemlich geiles Szenario. 😀

Schon mal das Vergnügen

„Ha! Hatten wir beide nicht derletzt schon mal das Vergnügen?“

„Äh … kann sein!? Ich merke mir nicht jedes Gesicht.“

Was man halt so sagt, wenn man sich wirklich nur sehr sehr sehr schwer Gesichter merken kann.

„Wohin soll’s denn gehen?“

„Die XYZ-Straße.“

Und genau deswegen sage ich immer, dass ich mir Gesichter schlecht merken kann und nicht, dass ich einfach ein schlechtes Gedächtnis habe. Denn als er das gesagt hatte, wusste ich:

„Ah, Bundesstraße Drölf, links in die ABC, von der ABC-Straße rechts ab, dann die dritte links in den Weg mit dem ziemlich langen und schwer merkbaren Namen und dann hinten am Eck halten. Knappe 13 Euro, ein Zweier Trinkgeld obenauf. Und nach dem Absetzen einfach links-links, dann bin ich wieder auf der XYZ-Straße.“

Gesagt hab ich nur:

„Ich glaube, ich erinnere mich.“

Diesmal war es komplizierter. Notarzteinsatz vor uns, deswegen ein kleiner Umweg, anderes Ranfahren, aber das Ende passte:

„Und hinten am Eck halten, ja?“

„ACH, HAHA! SIE ERINNERN SICH!“

Nur so grob. Aber danke für die zwei Euro Trinkgeld. 😉

Januar und so

Auch wenn natürlich nicht mit dem 0-Uhr-Glockenschlag am ersten Februar schlagartig das Geschäft besser wird: Ich bin froh, mit dem gestrigen Abend meinen persönlichen Januar dieses Jahr beendet zu haben. Aber selbst der bot ja die ein oder andere nette Szene. So vorgestern, als gerade ein Kollege mit mir an zweiter Position am Stand ein Gespräch angefangen hat:

Kollege: „Hey Sascha, wie geht’s? Alles gut?“

Ich: „An sich ja. Aber wenn das Geschäft besser laufen würde, wär’s deutlich angenehmer.“

Potenzieller Fahrgast: „Sorry, ich hätte da mal eine Frage: Was nehmt Ihr bis Erkner?“

Ich: „Sagen wir mal 45 €.“

Fahrgast: „Na denn: Erkner, Bahnhof.“

Und ja: Wie erwartet war’s am Ende ein glatter Fuffi:

„Fünf Euro Zielprämie, weil Du schneller da warst als der Zug!“

PS: Das Absurde daran war, dass ich zwar früher da war als der Zug, die Fahrt aber deutlich länger gedauert hat. Sie hätten halt nur 20 Minuten in der Kälte warten müssen und sind deswegen stattdessen mit mir gefahren. Ist so eine Art „Gefühltes Schneller“. 😉

Vom Draußen und Drinnen

Die letzte Zeit gab’s bei GNIT nix zu lesen und das hatte einen einfachen Grund: Ich habe kaum gearbeitet. Zum einen, weil es einer der erbärmlichsten Januare seit Beginn meiner Aufzeichnungen zu sein scheint, zum anderen weil ich die letzte Woche deutlich mehr damit beschäftigt war, mir das Rauchen abzugewöhnen. Da sind Taxistände in den ersten drei Tagen nun wirklich nicht gerade die versuchungsärmste Umgebung, das würde ich also niemandem empfehlen. 😉

Andererseits muss man ja auch nicht mehr so viel aussteigen, wenn man nicht raucht. Und genau zum Aussteigen hatte dann ein mir bis dato unbekannter Kollege die Story des Wochenendes geliefert, als ich mal für ein paar Stunden sowas wie Arbeit imitiert habe. Er kam am Stand gleich auf mich zu und meinte:

„Ist Dir das auch schon passiert, dass sich dein Auto abgeschlossen hat, obwohl der Motor läuft?“

Äh, nein?

Und ich habe definitiv viel Übung darin, das Auto mit laufendem Motor stehen zu lassen und auszusteigen. Im Falle des Kollegen war’s ein Zafira Tourer, also das Nachfolgemodell von meinem. Hab also noch geschätzt 250.000 km Zeit, mir darüber Gedanken zu machen. Dann aber sollte ich das, denn eines hab ich jetzt schon gemerkt: Mir ist auch als Nichtraucher nach gelegentlichem Aussteigen. Frische Luft, Beine vertreten, diese Geschichten. Soll ja auch gesund sein.

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Winter vs. Januar

„Alles hat Vor- und Nachteile!“, sagt man so schön und es trifft auf kaum was besser zu als auf die Schicht gestern. Es war immer noch eine sehr überschaubar erfolgreiche Schicht aus finanzieller Sicht; andererseits hatten wir schönstes Schneetreiben und ohne allzu viel Kundschaft hat man ja Zeit zum gepflegten Cruisen, während die Anlage der Hauptstadt den Beat vorgibt.

Sicher, ich muss das Auto nach der heutigen Schicht ziemlich ordentlich putzen, das ist echt unwitzig mit all dem Schneematsch. Andererseits passiert sowas halt, wenn man acht Stunden lang mit dem Taxi Luftkissenboot spielt. Im Gegensatz zu vorgestern war’s mit -4°C fast schon angenehm warm, aber ich hab trotzdem mehrfach das Auto quer zur Fahrtrichtung bewegt – was im Übrigen keineswegs ausschließlich zum Lustgewinn geschieht. Es ist einfach saupraktisch, dank Handbremse in engen Straßen quasi auf der Stelle wenden zu können. 😉

Es gibt tagein, tagaus so viel zu meckern. Könnte ich wie gesagt auch. Umsatz, Trinkgeld … aber hey, ich hatte heute Nacht einfach mal wieder richtig Spaß. Das ist nicht alles, aber es tut auch mal gut. 😀