Aussterbende Auftragstypen

Wie der Kleinwagen da so langsam von rechts auf meine Spur eierte, während meine Ampel mir schon freie Fahrt signalisiert hatte, dachte ich mir etwas genervt:

„Na, das war jetzt aber auch nicht mehr wirklich grün bei Dir, was?“

Aber gut, ich reihte mich auf der Auffahrt zur Elsenbrücke hinter dem ausländischen Kleinwagen ein. Kurz darauf hab ich dann allerdings zum Überholen angesetzt, da ich, trotz guter Laune, an einem Sonntagmorgen um 4 Uhr kein Interesse hatte, herauszufinden, ob man eine freie dreispurige 50-km/h-Strecke mit noch weniger als 35 km/h befahren kann. Aber natürlich hatte ich am Ende der Brücke schon lange die Grünphase in Richtung Rummelsburg verpasst. Gna!

Und dann stellte sich der Kleinwagen äußerst verkehrsungerecht neben mir auf die Linksabbiegerspur und hupte. Die Frau hinterm Steuer wollte mir was erklären – und während ich zu diesem Zwecke die Scheibe herunterließ, stieg sie einfach aus und kam rüber. Das tun zu können ist natürlich ein weiterer Vorteil der Uhrzeit. 🙂

Ihr Problem war simpel: Sie wusste nicht, wie sie genau an ihr Ziel kommen sollte und sie bat mich um eine Lotsenfahrt. Ob ich sie zur Rigaer Straße begleiten könne?

Na, nichts leichter als das!

Zugegeben: Ich bin sogar einen Umweg gefahren, weil mir die Hausnummer nicht gleich was gesagt hat. Aber den Hauptstraßen zu folgen und die Kundin nicht im Wirrwarr der Einbahnstraßen im Boxhagener Kiez zu verlieren war schon eine gute Idee. Am Ende war der Zehner für sie und mich ein prima Deal, zumindest kam sie aus dem Danken kaum noch heraus.

Ja, bald werden Navis und vor allem Smartphones diesen Fahrttypus völlig verdrängt haben. Völlig zu Recht, es ist schließlich bescheuert, mit zwei Autos irgendwohin zu fahren, wo eines gereicht hätte. Aber bis dahin nehme ich das gerne mit. Mit Fremden im Konvoi zu fahren ist dabei ja keineswegs wirklich stressfreier als mit Kunden an Bord, eher im Gegenteil. Aber es hat halt dann doch einen ganz eigenen Charme.

Sich um Kopf und Kragen telefonieren

Der potenzielle Fahrgast, dessen Wortschatz keinerlei Übereinstimmung mit meinem kannte, hielt mir sein Handy hin. Ein Modell von 1715 etwa. Ich ging in die Offensive:

„Hallo.“

„Hallo?“

„Ja, hallo.“

„Hallo?“

„Ich bin dran. Der Taxifahrer.“

„Hallo?“

„Ja, hallo!“

„Bse sne brez del baa da dell soe o?“

„Ich verstehe Sie nicht, sorry.“

Ich sollte an der Stelle anmerken, dass zum einen die Verbindung und die Wiedergabequalität des Gerätes unter aller Sau waren. Zum anderen aber weiß ich auch bis heute nicht, welche Sprache mein Gegenüber wirklich gesprochen hat. In einzelnen Fällen hab ich Dinge ganz gut verstehen können und sie klangen akzentfrei deutsch, beim Rest … wer weiß?

„Wo soll ich ihn den hinbringen?“

„Hallo?“

„Ja, hallo, ich bin noch dran!“

„Bse dann de Prenzlberg, denn do als ab nimm.“

„Prenzlauer Berg, ja?“

„Hallo?“

„Soll ich ihn nach Prenzlauer Berg bringen?“

„Hallo?“

„Prenzlauer Berg?“

„Se de bla del ab ods web ma!?“

„Wie bitte?“

„Se de bla del ab ods web ma.“

„Ich verstehe Sie nicht, tut mir leid.“

„A dabel des Alexanderplatz de ri solo.“

„Alexanderplatz?“

„Alexanderplatz su fun.“

„Wo genau am Alexanderplatz denn?“

„Se de lag glob in del Alexanderplatz.“

„Bitte nochmal!“

„De rade el sabili will in Alexanderplatz fun si.“

„Alexanderplatz habe ich verstanden. Alexanderplatz ok. Aber wo genau? Where exactly?“

„Se de Alexanderplatz dri do blai se bin fun.“

„Ich verstehe kein Wort.“

„Trode so so Alexanderplatz su fun.“

„Alexanderplatz, ok.“

„Su fun.“

„Äh, Su?“

„Esu!“

„Sie meinen, S- und U-Bahnhof? Da gibt es doch aber auch mehrere …“

„Su fun! Alexanderplatz ha del dre bila ong!“

„Tut mir leid, das hab ich immer noch nicht verstanden. Zum Bahnhof?“

„Alexanderplatz su fun lei del arg hot geht sela wo!“

Ich könnte das jetzt noch ein Weilchen fortführen. Das Gespräch hat locker 7 Minuten gedauert, die ich mit noch ausgeschalteter Uhr am Ostbahnhof stand. Aber über das Ergebnis oben sind wir nicht hinausgekommen.

Ich war ehrlich gesagt stinksauer. Nicht wegen meines netten Fahrgastes. Wir hatten eine Sprachbarriere, das passiert halt. Nee, mich hat einfach nur genervt, dass es mich ausgerechnet jetzt treffen musste. Ich hatte anderthalb Stunden angestanden, die Fahrt war kurz und ich konnte sie nicht einmal einfach runterrocken. Ich wusste nicht, ob ich richtig bin, ob der Kunde überhaupt selbst Geld hatte, sprich: ob am Ende überhaupt etwas dabei rauskommen sollte. Wenn er wirklich zum S- und U-Bahnhof Alexanderplatz wollte: Warum isser dann nicht mit der S-Bahn einfach noch zwei Stationen weitergefahren?

Aber natürlich: Auch das lag vielleicht an den Sprachbarrieren.

Ich hab mich zusammengerissen und ihn einfach an den Alex gebracht, an eine Ecke, an der sowohl S- als auch U-Bahn direkt nebeneinander zugänglich waren. Ich wusste wirklich nicht, was ich mehr hätte tun können. Die meisten Kollegen hätten ihn wohl ohnehin einfach stehen lassen. Er hat am Ende tatsächlich selber Geld gehabt, meinen Lohn hab ich also erhalten. Trotzdem war er dann aufs Weitertelefonieren angewiesen. Aber er schien optimistisch zu sein und hat mir tausendfach gedankt. Danke – das offenbar einzige deutsche Wort, das er kannte.

Ich hab also scheinbar eine erfolgreiche Tour abgeschlossen, obwohl die einzigen für mich verständlichen Infos Alexanderplatz su danke waren. Vielleicht bin ich doch kein so schlechter Taxifahrer. 🙂

PS:

Für all die, die noch nie am Alex waren: Der ist groß – insbesondere, wenn man, wie Ortsunkundige, noch die nächsten ein bis drei Straßen drumrum mit zum Platz zählt. Und da ich davon ausgegangen bin, dass es wirklich wichtig ist, dass wir den geheimnisvollen Telefonierer direkt treffen (weil er z.B. meine Kohle hätte haben können), war das wirklich keine blöde Detailfrage, in die ich mich künstlich reingesteigert habe. Vor meinen Augen ist das zu einer halbstündigen 30€-Tour geworden, weil ich wieder und wieder den Platz und angrenzende Straßen durchforsten muss, um herauszufinden, wo sich der andere genau aufhält.

Mitdenken

„So, hier ist die Tanke, da kriegen Sie sicher ihre Zigaretten …“

„Oh, wow! Schön, dass Sie da mitgedacht haben. Ich hatte das schon vergessen!“

Ein gutes Beispiel für dieses abstrakte Wort „Professionalität“. Die Kundin hatte zu Beginn gesagt, sie wolle noch irgendwo halten, wo sie Kippen holen könne. Ich hatte die Tanke kurz darauf auch als Vorschlag angebracht, aber für sie war es nur ein „irgendwo“ von vielen. Mir indes war das wichtig, weil meine Arbeit darin bestand, auf dem kürzesten Weg zu ihr zu kommen – und davor Zigaretten zu kriegen. Also war das erstmal mein Ziel. Natürlich haben wir uns während der Zeit gut und über ganz andere Dinge unterhalten, aber während für sie das Gespräch alles bestimmte, wusste ich, dass ich zu dieser Tankstelle fahren musste. Und dann weiter, schon klar.

Das soll mitnichten heißen, dass mir die Gespräche im Taxi egal sind – und auch ich hab hier und da im Eifer des (Verbal-)Gefechts schonmal vergessen, abzubiegen – aber Kunden unterschätzen beizeiten auch mal, wie professionell und fokussiert wir Taxifahrer unsere Arbeit machen. In Fällen wie diesem ist das schön, hat extra Trinkgeld gebracht, alles super, keine Frage.

Manchmal aber muss man auch das Gespräch unterbrechen, um sich nochmal zu versichern, ob man über diese oder jene Straße jetzt nicht doch noch abkürzen könnte. Da ist das Verständnis leider nicht immer so hoch.

Ich bin ja ein großer Freund „lockerer Kundschaft“, aber man sollte trotz aller Empathie nie vergessen, dass wir nebenbei auch einfach unseren Job machen müssen und gerade nicht auch feiern oder dergleichen.

Das nur mal nebenbei.

Der letzte in der Kette

Taxis sind ja selten erste Wahl. Es ist eben teuer, sich einen Fahrer mit eigenem Auto zu gönnen. Bus und Bahn sind billiger. Die können das auf mehr Leute umlegen und werden ggf. subventioniert, beim Fahrrad muss man selber treten, laufen ist noch anstrengender und für einen Leihwagen muss man nüchtern sein. Wenn überhaupt alles genannte vor Ort verfügbar ist.

Was in Berlin natürlich prinzipiell für die meisten Leute irgendwie hinkommt.

Trotzdem haben wir Touren. Oft geht’s um Bequemlichkeit und Geschwindigkeit. Manchmal um das Plus an Sicherheit und manche merken erst am Ziel, dass sie im Taxi sitzen. Sei es wie es ist, ich fühle mich als Nischendienstleister wohl. Und manchmal staune ich auch nicht schlecht, WIE VIEL schiefgehen muss, bis Menschen ins Taxi steigen.

So hatte ich nun eine Kundin, die mich am Treptower Park rangewunken hat. Und ich schwöre: Da hat mich noch niemand rangewunken. In sechseinhalb Jahren. Und ja, sie fahre sonst eigentlich nicht Taxi … also wie kam es dazu?

„Ich war ja eigentlich in Köpenick …“

Weite Strecke, verstehe …

„Normalerweise fahre ich selbst Auto, aber heute wollte ich was trinken …“

Die Nüchtern-sein-Geschichte, ok.

„Dann hab ich den falschen Nachtbus genommen und bin einmal im Kreis gefahren, bis ich wieder dort war, wo ich eingestiegen bin …“

Das … ähm, also immer noch die Nüchtern-sein-Geschichte. 😉

„Dann hab ich endlich den richtigen Bus gefunden, musste dann aber unglaublich dringend pinkeln, weswegen ich hier ausgestiegen bin.“

OK, mal was neues.

„Und jetzt hab ich trotz Google Maps den S-Bahnhof nicht gefunden, der hier irgendwo sein soll …“

Die Ortskenntnis-Sache, schon klar.

Und – schwupps! – sitzt man im Taxi. 😀

Ursprünglich sollte ich sie gar nicht bis ganz nach Hause, sondern nur zum Schlesischen Tor bringen, wo sie dann in die U-Bahn steigen wollte. Aber nachdem unweit von dort auch noch ein Unfall, vielleicht kurz darauf sogar eine Massenschlägerei (Keine Ahnung, aber die Zahl der Einsatzfahrzeuge war beeindruckend!) stattfand, bat sie mich, sie aus diesem Irrenhaus einfach nur weg und bis vor die eigene Wohnung zu bringen.

Die Misanthropennummer. Selten, aber auch nicht ungewöhnlich. 😉

Und ja, ich bleibe dabei: Irgendwann braucht jeder mal ein Taxi.

 

Müggelseedamm

Ich hätte heute Nacht eine Menge Geld verdienen können, wäre ich öfter zur Wuhlheide gekommen. Das Konzert von Linkin Park hat im Südosten die Taxikapazität gesprengt. Ich war natürlich immer wegen irgendwelcher Kurztouren woanders. Aber weil die Zentrale so gebettelt hat, bin ich dann doch mal hingefahren. Statt reihenweise Fahrgäste kamen mir aber bereits jede Menge leere Taxis entgegen. Damn!

In Köpenick dann aber Winker. Auch Konzertgänger, etwas älter schon.

„Zum Hotel am Müggelsee.“

„Welches?“

„Na, Müggelsee. Müggelseedamm!“

Na dann is‘ ja klar. Neben dem großen Hotel gibt es noch diese und jene Pension, die den Müggelsee im Namen führt und alles kennt man soweit draußen ja auch nicht. Die Nummer, 145, bekam ich auch noch nachgereicht. Also dann …

Aber da standen wir dann. Kein Hotel, ratlose Gesichter, ganz dumm gelaufen halt. Am Ende hab ich Onkel Google befragen müssen und es kam raus, dass es doch das große Hotel war. Am Müggelheimer Damm. -.-

Ich hatte die Uhr schon gestoppt, weil ich versehentlich an der 145 vorbeigefahren war – und jetzt lag das Hotel etliche Kilometer entfernt am anderen Ufer des Sees. Na klasse! Ich hab dann wegen des erneuten Startpreises noch eine kurze kostenlose Fahrt eingefügt, nach mehr war mir aber nicht zumute. Dass die Tour am Ende bei fast 30 € lag, wo ca. 15 locker gereicht hätten, hat mir persönlich natürlich eher gefallen – aber auf dem Weg ist das alles andere als lustig gewesen. Denn natürlich ist an all dem der Taxifahrer schuld:

„Jungs, das ist der Müggelheimer Damm, nicht der Müggelseedamm!“

„Hab ich doch gesagt. Du kennst Dich doch aus hier!“

Jaja. Schon klar.“

Die Pillauer

„Alter, ich will in die Pillauer Straße. OK? Warte, ich zeig’s Dir: Ist irgendwo zwischen Ostbahnhof und Warschauer!“

Vielleicht die Gegend, die ich am besten zu kennen glaube. Aber die Pillauer … nun ja, ich hatte in dieses kurze Sträßchen trotz allen Standhütens am Ostbahnhof in sechseinhalb Jahren keine Tour. Absurd, aber so kann’s halt gehen. Und die Straße ist nun wirklich sehr klein und unwichtig.

Und was hab ich gemacht: Ich bin die Sache ehrlich angegangen. Ich hab gesagt, dass ich dazu das Navi nutzen müsse, die Straße würde ich leider nicht kennen. Am Ende hat mir der Kunde mit seinem Smartphone die Ecke gezeigt, und dank der Straßen drumrum war mir sofort klar, welche das war. Sowas passiert mal in einer 900km²-Stadt, so ist es halt. Ich hab schon meines Unwissens wegen aus Kulanz eine Kurzstrecke (wir starteten an der Wühlischstraße) reingehauen und es hat gereicht.

Kunde zufrieden, Job done.

Traurig war, dass er mir unterwegs erzählt hat, dass einer meiner Kollegen all seine Hinweise abgeschmettert hat und ihn „zielsicher“ zur Libauer Straße gebracht hat. Ja, ist nicht weit weg. Aber WTF?

Und nein: Der Kunde war nüchtern und hat sehr deutlich gesprochen.

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Die Schwierigsten zum Abschluss

Ich war auf dem Heimweg. Schon wieder. Die Schicht war blendend gelaufen und ich war schon zweimal auf dem Heimweg rangewunken worden und nun „absolut sicher“, dass ich nicht noch mal halten würde. Ich hatte sogar die Fackel schon ausgeschaltet, was ungefähr ein jährlich einmaliges Ereignis ist. Aber die illustre Runde aus drei Männern winkte dann doch und ich hab doch auch noch gehalten. Einer der drei schien schwer angeschlagen zu sein, eigentlich hätte ich mir nichts weniger gewünscht.

Aber genau der Typ musste natürlich auch gefahren werden. Mir wurde eine Straße genannt, die ich erst einmal ins Navi eingeben musste. Und klar: Natürlich entgegengesetzt meiner Richtung … aber immerhin nicht sehr weit und bequem über Hauptstraßen zu erreichen.

Der Typ um die 40 entschuldigte sich auch gleich für seinen Zustand, das wäre eine Ausnahme, es hätte was familiäres zu Feiern gegeben und außerdem müsse er – scheiße, so spät schon!? – morgen auch wieder früh raus, weil er Besuch bekäme. Autsch. Eine kurze Nacht war für ihn sicher die Höllenfolter schlechthin, so blau wie er war. Er ist im Taxi auch umgehend eingeschlafen.

Die Hausnummer hatte ich nicht gleich erfragt, die wollte ich vor Ort von ihm einholen – was schwierig war, weil ich ihn dazu erst einmal aufwecken musste. Und während ich so mitten in der kleinen Nebenstraße stehe, die aber natürlich unglaublich verwinkelt war – Plattenbausiedlungen und so – und ihn wachrüttele, schleicht ein Streifenwagen vorbei. Mit zwei Cops drinnen, die mich misstrauisch beäugen. Ich hab ihnen kurz den Daumen nach oben gegeben und sie sind weitergefahren, vermutlich auch froh, sich so spät nicht noch mit irgend so einer Taxigeschichte abgeben zu müssen.

Ich fragte den Typen, wie ich weiterfahren solle, er sagte kurz „25!“ und trat umgehend wieder weg. „Ja, danke, Du Scherzkeks!“, dachte ich mir. Ich stand an einer Kreuzung, in der alle abgehenden Straßen gleich hießen und hatte keine Ahnung, in welcher Richtung die 25 liegt. Die richtige Abzweigung hab ich genommen – trotzdem war es am Ende die letzte Nummer, an der ich vorbeigefahren bin, ohne nochmal was doppelt abzugrasen. Wie gesagt: Verschachtelte Straßenverläufe, immer eine Freude. Dabei war die Straße aber kurz genug, um eben nicht 20 Meter vor dem Ziel das Navi nochmal umzuprogrammieren. Hatte ich zumindest gedacht.

Aber gut, ich hab im Vorbeifahren auf einem Schild schon gelesen, dass es irgendeine Hilfseinrichtung war. Ich hoffte von Herzen, dass ich da nicht gerade einen Alkoholiker mit Rückfall im Gepäck hatte. Aber ich weiß es nicht, ehrlich.

Ich hab den Kerl auch ein zweites Mal wachgekriegt, er hat sich überschwänglich bedankt und mir die Fahrt samt kleinem Trinkgeld anstandslos bezahlt. OK, das Suchen der Scheine hat etwas gedauert, aber ich hatte gefühlt ja eh schon Feierabend …

Am Ende stieg er aus, schwankte, hangelte sich an der Autotür entlang und fiel dann wie ein Käfer auf den Rücken, noch dazu quer über die Bordsteinkante. Sein Rucksack hat da offenbar einiges abgemildert, aber angenehm war das nicht, das ist mal klar. Ich bin also schnell rausgesprungen und hab ihm mit beiden Armen unter die Achseln gegriffen, um ihn wieder in die Senkrechte zu bringen. Er freute sich, schämte sich aber auch sichtlich, jetzt von einem Taxifahrer aufgehoben werden zu müssen. Nein, der war definitiv nicht auf alltäglicher Sauftour und im üblichen Umstand prall heimgekehrt, der hatte das offenbar wirklich alles so nicht gewollt.

Ich hab ihn dann noch bis zur Haustür ein wenig gestützt, ab da aber lehnte er dann jede weitere Hilfe ab. Da wäre ja gleich der Aufzug, hier kenne er sich ja aus. Sollte mir recht sein – obwohl ich ja nun schon durch meine Vergangenheit im Behindertenfahrdienst auch vergleichsweise wenig Scheu hab, Leute noch in die Wohnung zu begleiten und noch dies und das herzurichten. Wobei ich natürlich auch froh bin, wenn sowas vorher abgesprochen ist.

Am Ende war ich froh, dass ich die Tour noch gemacht habe. Was wäre gewesen, wenn die ein Kollege mit Rückenproblemen erwischt hätte? Oder einer mit null Bock?

An der Stelle war dann aber wirklich gut. Ich hätte noch den schwankenden Winker auf dem Rückweg mitnehmen können und vielleicht hätte das auch noch eine tolle Geschichte ergeben. Aber irgendwann ist Feierabend eben auch im Taxi wirklich Feierabend. Und man soll ja bekanntlich aufhören, wenn’s am schönsten ist. 😉