MyTaxi hat einen Etappensieg errungen: Das Landgericht Hamburg bestätigte nun offenbar, dass das Werben mit 50% des Fahrpreises für Kunden, die die MT-App zum Bezahlen nutzen, rechtmäßig sind.
Nun gut, was will man machen? Ich halte das dennoch für keine gute Entscheidung.
Ich hab wirklich nix dagegen, dass Kunden weniger Geld fürs Taxi zahlen. Und meinetwegen darf auch MyTaxi-Großaktionär Daimler dafür aufkommen. Ich gönne absolut jedem Kunden eine günstige Taxifahrt, denn ich halte unsere Dienstleistung für wichtig in dieser Gesellschaft. Aber genau an diesem Punkt kommen wir auch an die Grenzen der Logik:
Nichts hat sich geändert, seit ich diesen Text über die 50%-Rabatte von MyTaxi geschrieben habe. Und man kann das noch ausweiten:
Die Rabatte gibt es nach wie vor nicht, weil Personenbeförderung billiger geworden ist. Obwohl effiziente Vermittlungsdienste darauf natürlich einen Einfluss haben: Sowas wie eine 50%-Rabattierung ist immer ein Verlustgeschäft. Bei der MT-Aktion trägt nicht das Gewerbe die Kosten, sondern am Ende die Anleger von MyTaxi, weil sie sich in Zukunft von den heutigen Ausgaben mehr Gewinne versprechen. Vermutlich also dann, wenn es autonome Autos gibt und keine Fahrer mehr bezahlt werden müssen.
Bis dahin bleibt aber ein fahler Nachgeschmack. Denn obwohl MyTaxi offenbar das Recht hat, sich mit Verlustgeschäften (sie zahlen die Differenz ja an die Fahrer/Unternehmen aus) weiter Marktanteile zu sichern, ist das psychologische Signal dann doch eher, dass „all das“ (aka Personenbeförderung) auch heute schon viel weniger kosten könnte. Und das ist eben nicht wahr. Und wir Taxifahrer haben schon genug zu kämpfen mit Leuten, die uns allenthalben überreden wollen, doch mal für weniger Geld zu fahren, obwohl wir das nicht können.
Dass selbstfahrende Autos dereinst günstiger sein werden als ein Auto mit Fahrer: Natürlich. Dass es sich heute bereits für Fahrer oder Unternehmer lohnt, eine Taxifahrt zum halben Preis zu fahren: Natürlich nicht! Im besten Monat, seit ich Taxifahrer bin, habe ich 10,74 € brutto pro Stunde verdient. Wer glaubt, bei einer Halbierung auch nur dieses Spitzenwertes noch den Mindestlohn von 8,50 € zu erreichen, hat in Mathe vielleicht sogar noch weniger Durchblick als ich mit meiner Note von 5,75.
Darüber hinaus möchte ich auch mal etwas anderes anmerken:
Taxis sind öffentlicher Nahverkehr. Wir dürfen unsere Tarife nicht frei bestimmen, um im Gegenzug ein paar Privilegien wie geringere Mehrwertsteuer und Taxihalteplätze vor der Oper gestellt zu bekommen. Der Sinn des Ganzen ist, dass – im Optimalfall – überall in unserem Land ein Taxi mit nachvollziehbaren Preisen zur Verfügung steht, obwohl Bus und Bahn nicht mehr fahren. Eine verlässliche Notfalllösung. Natürlich nicht immer und von allen bezahlbar – aber immerhin wenigstens so durchschnittlich. Und diese teils knappe Ressource wird nun der Bevölkerungsgruppe bevorzugt zur Verfügung gestellt, die ein Smartphone hat und sich bei MyTaxi angemeldet hat? Da sehe ich immense gesellschaftliche Probleme.
Taxifahrer sind eben nicht die, die – wie Uber – bei einem Sturm mal eben die Preise um 400% erhöhen dürfen, sondern auch für die da sind, für die nach wie vor 20 € schon ein ziemlich happiger Betrag ist, um von A nach B zu kommen. Aber sind das die Hipster, die sich nun in Mitte mal schnell für 50% ein Taxi kommen lassen?
Ich kann die Strategie von MyTaxi verstehen. Sie ist in sich logisch. Ich verstehe auch die Fahrer, die mit der App entsprechend gute Umsätze machen. Das ist nicht weniger logisch.
Für den aktuellen Zeitpunkt jedoch würde ich sagen, dass all das dem Gewerbe eher schadet als nützt. Leider.
