Andere Fahrer

Ich bin gerade von einem miserablen Wochenende heimgekommen und hätte durchaus noch zwei Taxigeschichten, aber der Heimweg machte mir einen Strich durch die Rechnung, denn dort habe ich mir ansehen können, wie die busfahrende Kollegenschaft mit Unannehmlichkeiten umgeht. Oder zumindest mein Ersatzverkehr-Busfahrer. Und ich bin nicht ganz überzeugt.

Passiert ist folgendes:

Der Busfahrer hatte seine letzte Tour diesen Abend auf der S7-Ersatzstrecke. Offenbar begleitete ihn sein vielleicht 13-jähriger Sohn an diesem Abend, zumindest war da ein Kind, dass dauernd mit dem Fahrer sprach und schon 20 Sekunden nach dem Start dem Fahrer mitteilte, dass einer der Fahrgäste offenbar etwas von seinem Bier verschüttet hat.

Als jemand, der Berlin nachts kennt, hatte ich nicht damit gerechnet, was dann passierte. Der Busfahrer hielt unmittelbar am rechten Straßenrand, ging nach hinten und forderte den Typen auf, auszusteigen. Der entschuldigte sich und stellte sein Bier nach draußen.

„Nee, aussteigen!“

Da mischte sich der Kumpel des Biertrinkers ein und meinte, er hätte doch das Bier rausgestellt.

„Aussteigen, ick diskutier nich!“

Die nächsten 5 Minuten vergingen damit, dass der Biertrinker bat, doch bitte weiterfahren zu können, da das Bier jetzt draußen sei, der Busfahrer ihn anging, dass er wegen dem Scheiß jetzt noch eine halbe Stunde putzen müsse und bekam zum Ausgleich das Angebot des Fahrgastes, er wische das gerne auf. Daraufhin drohte der Fahrer mit der Polizei, wenn er nicht aussteige, was dessen Kumpel leicht genervt, aber sehr ruhig mit einem „Nee, bleib drin, dit is nich ok!“ gewissermaßen eskalierte. Der Busfahrer bestand auf seinem Hausrecht, der Kumpel darauf, dass sie doch wirklich keinen Ärger machen wollten und schließlich wurde der Motor abgestellt und die Polizei gerufen. Nach dem Anruf sagte der Fahrer noch einmal, dass sie mit einem Aussteigen weiteren Ärger verhindern könnten, er würde dann die Polizei abbestellen – ein Angebot, das die beiden letztlich annahmen. Daraufhin wurde auch die Polizei abbestellt und die Fahrt ging nach den 5 Minuten weiter.

Dann hörte ich, wie sich der Fahrer mit seinem Sohn darüber unterhielt, wie schlimm er es gefunden hätte, dass kein Anderer eingegriffen habe und machte eine ironische Durchsage durchs Mikrofon, dass er heute wieder gelernt hätte, wie sich jeder selbst der nächste sei, obwohl doch wir es wären, die gerne nach Hause wollten.

Tja, puh.

Ich war im ersten Moment rein berufsbedingt schnell auf der Seite des Busfahrers. Ich meine, es ist nicht ok, das Fahrzeug zu verdrecken. Auch wenn mir die halbe Stunde Putzaufwand bei ebenem Boden und einer 100ml-Bierlache etwas übertrieben erschien. Aber ja, er hat die Kiste wahrscheinlich vor der letzten Fahrt durchgecheckt, um schnell Feierabend machen zu können. Wenn das schief geht, isses ärgerlich, kenne ich ja auch.

Aber die Dynamik der Situation war weit komplexer. Denn der Fahrgast war super kooperativ, hat sich entschuldigt und man sollte an der Stelle durchaus miterwähnen, dass es nunmal die letzte Fahrt in die Außenbezirke war. Vor allem aber schien mir das ein sehr ungesundes Beispiel dafür zu sein, wie Männer ihren Söhnen zeigen, wie man mal ordentlich durchgreift. Denn gerade das theatralische Gejammer am Ende, wie er der einzige Held war … also ich persönlich hatte zum Beispiel keine große Lust, mich einzumischen, weil ich das Angebot, sauberzumachen, ziemlich fair fand, aber wieso sollte ich so blöd sein, mir meine Heimfahrt zu versauen, indem ich mit jemandem diskutiere, der mehrfach laut und aggressiv „Ick diskutiere nich!“ durch den Bus ruft? Zumal die beiden anderen wirklich null gefährlich waren oder so. Und wie hätte ich, wenn ich eine andere Meinung gehabt hätte, dem Busfahrer helfen sollen. Er hat mit der Polizei gedroht, sie sogar angerufen, was hat er erwartet? Dass wir die Jungs gewaltsam rausschmeißen? Was er ja offenbar selbst nicht vorhatte …

Im Endeffekt fand ich das dann nur noch ziemlich trauriges Mackergeprolle, weil dem Fahrer kurz vor Feierabend wohl die Lust gefehlt hat, ein kleines Problem vielleicht einfach zu lösen, ohne einmal über den Tellerrand zu schauen. Mir war es leidlich egal, aber wir können hier durchaus mal festhalten, dass er (die beiden Läufer mal ganz außen vor gelassen) dem Rest der Fahrgäste zusammengezählt schnell mal zwei bis drei Stunden Lebenszeit geklaut hat. Nur um hart rüberzukommen. Putzen musste er ja trotzdem noch, es hat sich ja nix geändert dadurch.

*slow clap*

Ich meine, ich hab’s auch hundert mal geschafft, in Bus und Bahn Bier zu trinken, ohne es zu verschütten, das war schon doof von dem Typen. Aber ich bin irgendwie auch der Meinung, dass Scheiße passieren kann und dass es ab da um eine Lösungsfindung gehen sollte. Das hat auch bei mir Grenzen und ich bin da natürlich auch nicht immer perfekt in der Einschätzung gewesen, aber ein bisschen unnötig fand ich das vorhin dann schon. Hey, ich hab in meinem Taxi auch schon Leute putzen lassen. Und das war meist völlig ok und befriedigt das Ego wirklich ausreichend.

Der Frosch

Der gleichzeitig glücklichste und erfolgloseste Zechpreller aller Zeiten

Bahnhof Marzahn, zwei Taxen, zwei volltrunkene Russen. Ich war erster, sie kamen zu mir. Der Hinüberste sollte mitkommen, sein etwas wenig praller Kumpel half ihm ins Auto. Nur wollte er da nicht hin. Vielleicht war ich ihm unsympathisch, man hat ja besoffen die seltsamsten Macken. Der Kollege hinter mir hat gleich das Auto verriegelt und dankbar den nächsten Funkauftrag angenommen. Deswegen hat sich der Fahrgast auf den Gehsteig gelegt und eine Runde schlafen wollen. Die Logik gibt’s mit der zweiten Flasche Wodka gratis dazu.

Aber sein Freund hat ihn überredet und ich bekam keinen Funkauftrag. Natürlich war meine Freude nur so mittel, aber ich hatte auch schon so gute Fahrten mit fast schon verflüssigten Russen, da war alles drin. Der Freund versicherte mir, dass der Fahrgast Geld hätte und bat mich, ihn in die Möllendorffstraße, Ecke Herzbergstraße zu bringen. 15 Euro, nur Hauptstraßen, das schaffe ich selbst mit dem noch.

Das war auch eine richtige Einschätzung, denn der Typ war selbst zum Kotzen schon zu blau. Der war kurz vor Koma, das sollte die gute Tat des Abends werden, passt schon.

Am Ziel angekommen hat er natürlich längst gepennt, also hab ich das Auto schon mal artig eingeparkt, denn dass das nun dauern könnte, war mir klar. Ich hab den bis dahin vorbildlichen Fahrgast also wachgerüttelt, ihm mitgeteilt, wo wir sind und ihm das Taxameter mit dem Betrag gezeigt. Er kündigte an, erst einmal auszuschlafen. Da das streng genommen nicht ganz mit meinem Beförderungsauftrag übereinstimmte, habe ich ihn abermals aufgeweckt, woraufhin er sich ans Aussteigen machte. Ich hab ihn sachte zurückgehalten und auf mein Geld bestanden, woraufhin er mich sehr langsam und gewissenhaft versuchte zu beschimpfen.

Da er in seinem Zustand ungefährlicher war als ein Rudel durchgeimpfter Stubenfliegen, hab ich ihm in aller Deutlichkeit, aber scheißfreundlich zu verstehen gegeben, dass es jetzt wirklich sehr sehr unnötiger Stress sei, den er sich da einhandeln würde. Aber – und da sprach der Übermut der dritten Flasche aus ihm – er lallte mir zu, ich solle doch die Polizei rufen, das sei jetzt mein Problem.

Ich hab ihn an dieser Stelle erst einmal aussteigen lassen und es geschah mit nahezu perfekter Übereinstimmung, das was ich erwartet hatte: Er verlor nach einem kurzen Ausfallschritt das Gleichgewicht, fiel neben dem Auto um, landete am Ende zwischen Fahrzeug und Bordstein mit dem Gesicht unter der Beifahrertüre und blieb liegen. Er schaffte es noch, diese zu schließen und dann hatte ich wieder Ruhe im Auto und konnte die Kavallerie anrufen.

„Nur damit ich Sie richtig verstehe: Rufen Sie uns jetzt an, weil er sie nicht bezahlt hat, oder weil er da liegt?“

„Eigentlich wegen beidem.“

Nachdem das erledigt war, hab ich die Uhr wieder angestellt, denn wie der Fahrgast richtig bemerkt hat, bin ich ein Arschloch und als solches bestehe ich aber sowas von zu 100% auf den korrekten Wartezeittarif.

Kurz darauf wollte der Typ nochmal aufstehen, was ich verhindert hab, indem ich ihm die Hand auf die Schulter gelegt hab und meinte, er solle doch einfach noch kurz warten. Er hat kurz überlegt, die Idee für gut befunden und es sich auf dem Gehsteig so richtig bequem gemacht. Ich hatte fortan ein paar nette Passantengespräche und dabei festgestellt, dass ein komatöser Russe auf dem Gehweg so eine Art bester Wingman zu sein scheint: Wenn Du mit sowas umgehen kannst, finden das alle super cool!

Als die Polizei kam, hab ich das Taxameter gestoppt, nun war es ein Zwanni. Das passte schon.

Die Staatsmacht kam in Form einer Good-Cop-Bad-Cop-Combo und der gute hat meinen süß träumenden Fahrgast auch nur rund viermal wecken müssen, bis der das mit der Polizeisache verstanden hat. Weiter nicht verstanden hat er, dass er das Taxi bezahlen müsste und hat die Cops mehrfach gefragt, weswegen sie Geld von ihm haben wollen.

Dabei war das selbstverständlich bereits Teil des Deals zwischen mir und der Polizei: Wir hatten alle keinen Bock aufs ganz große Tara und die beiden sollten ihn überreden, mir das Geld zu geben und fertig. Keine Nacht auf der Wache, keine Anzeige. Und ohne wirklich Widerstand zu leisten hat mein Kunde wirklich alles getan, um die Geduld der beiden Staatsdiener zu strapazieren. Was „Bad Cop“ dann irgendwann auch mit dem Ausspruch

„Es reicht jetzt langsam, du Frosch!“

quittierte. Der andere hielt sich ans Protokoll und wollte dem Typen den inzwischen gefundenen Fuffi nicht einmal gewaltsam abnehmen, sondern ihn überreden. Aber mein Kunde kam mit so viel Mathe noch nicht klar und hat nicht so wirklich eingesehen, warum er seinen Fuffi gegen lächerliche dreißig Euro tauschen sollte. Am Ende hat’s dann doch der Bad Cop erledigt.

„Hörma! Hier sind drei Leute, die dir eigentlich nur Stress ersparen wollen und Du machst hier rum! Knallt glei!“

Zu guter Letzt waren bis auf den Frosch alle zufrieden. Der hat sich eine teure Nacht erspart, die 120 Euro fürs Revier waren ihm längst mehrfach angedroht worden. Ein bisschen panne für seinen Abendverlauf war vielleicht, dass sich rausgestellt hat, dass er eigentlich in Adlershof wohnt. Ich hab kurz überlegt, ob ich ihm die Fahrt dorthin für 30 Euro anbieten sollte, bin dann aber doch lieber schnell weg.

„Dit vagisste gleich wieda, ok?“

Manchmal muss man mich wieder erinnern, warum ich gerne in der Stadt fahre. Das hätten wir heute dann wieder einmal erledigt.

Ich mache selten Umlandabholungen, denn meistens ist das nicht so wirklich kilometerschnittförderlich. Dachte ich schon vor der Tour. Aber ich war am Bahnhof Ahrensfelde, also quasi direkt an der Stadtgrenze, gelandet. Und dann sagt der Funk, er hätte eine Fahrt von Blumberg nach Ahrensfelde anzubieten. Ich hab mal eingewilligt, auch wenn ich das zwischenzeitlich noch sehr bereuen sollte.

Die Entfernung betrug glatte sechs Kilometer, da ist man mit nur einer bezahlten Strecke beim Schnitt gut bedient.

Dann sagte mir das Navi, dass ich das vergessen könne, da wäre eine Sperrung. Womit es 20 Kilometer Anfahrt wären. Nun weiß ich, dass man Navis da trauen sollte, aber bei so einem grotesken Umweg schien es mir den Versuch wert zu sein, mal hinzufahren und zu gucken, ob die da die Bundesstraße nachts um ein Uhr WIRKLICH komplett gesperrt haben, oder ob man da nicht mal eben unbemerkt vorbeifahren kann. Hybris? Vielleicht. Aber erfahrungsuntermauert. Außerdem gab es kurz vor der Sperrung eine weitere Umfahrungsmöglichkeit, die „nur“ nochmal zwei Kilometer länger gewesen wäre. Also 22 insgesamt, das war den Versuch ehrlich wert.

Leider hatte ich meinen Versuch gestartet, ohne auch nur eine Ahnung zu haben, was die da draußen nachts anstellen, wenn sie der Großstadt entflohen sind. Ich landete nämlich noch zwei Kilometer vor der bekannten Sperrung an einem Stauende, das nicht nur viel zu weit von der Sperrung entfernt lag, sondern auch noch vor einem Hügel, so dass man nicht sehen konnte, was dahinter den Stau verursachte. Ich zuckelte mich etliche Minuten langsam vor, aber dann stiegen die ersten anderen Fahrer aus, Leute versuchten, auf der engen Straße mit Sprintern zu wenden und hin und wieder kamen ganz kluge Autofahrer an, die meinten, dass ein Warnblinker es ihnen erlaube, die Gegenfahrbahn zu benutzen. Ich überlegte also hart, was ich tun sollte und währenddessen verstrich dann die Zeit, die die Zentrale für meine Ankunft festgelegt hatte. Bis ich zwischen den anderen Tollwütigen wenden konnte, verging also eine Weile und am Ende wollte ich die Fahrt abbrechen. Allerdings: Wenn das schon so ein Horror da auf den Straßen ist: Als ob jemand anders je diese Tour machen würde!

Also hab ich gewendet und mich auf den 20km-Umweg gemacht.

Unterwegs – immerhin erst nach 15 Kilometern – rief dann die Zentrale an und fragte vorwurfsvoll, was ich da bitte machen würde, die Kunden hätten schon nachgefragt. Ich hab mich kurz erklärt und das wurde den Kunden offenbar auch mitgeteilt, denn die empfingen mich an einer Stelle, von wo aus man den Arsch der Welt beeindruckend groß vor sich sehen konnte, ausgesprochen gut gelaunt. Natürlich kannten sie die eigentliche planmäßige Sperrung und versprachen mir, wir würden da schon durchkommen.

„Zeig’n wa dia! Fahr hier mal links!“

Es bräuchte nicht viel Übertreibung um zu sagen, dass links ein Gebüsch war. Wir waren ohnehin auf einem Feldweg, aber links ging es ab auf einen Feldweg, den das Navi nicht einmal als Fußweg kannte. Zu Recht. Nach zwei Regentagen ist der Weg vermutlich eine Schifffahrtsroute.

„Dit vagisste gleich wieda, ok?“

„…“

„Den Weg.“

„Sehr gerne. Ich wollte ohnehin gerade fragen, ob man hier legal mit dem Auto …“

„Nee. Wir fahr’n jetzt durch’n Park.“

Ach so.

Die Schlaglöcher/Bodenwellen waren selten tiefer als 20 Zentimeter, wir kamen also gut voran.

„Jaja, kannste versuchen, zu umkurven, bringt abba nix. Der Weg is nich top.“

Als wir dann wieder auf der Hauptstraße waren, folgte natürlich, was folgen musste: Die andere „Sperrung“ von vorhin gab es weiterhin. Es war nicht, wie ich vermutet hatte, ein Unfall, sondern eher Straßenbauarbeiten oder so.

„Kannste wenden?“

„Sicher.“

„Na mach mal, besser als stehen. Ick kenn’n Weg, aber der is übel. Is nich top!“

Nach den Erfahrungen von vor drei Minuten hab ich angefügt, dass mein Auto technisch aber wenigstens in der Lage sein sollte, ihn zu bewältigen. Das wurde mir versichert.

„Naja, jetzt hab ich schon akzeptiert, dass das eine Abenteuer-Tour wird. Inzwischen bin ich dabei, mich zu ärgern, dass wir hier kein Glatteis haben …“

„Immahin lernste jetzt noch wat.“

„Da haben Sie recht, aber ich vermute, dass davon allenfalls hängenbleibt, dass ich in den nächsten paar Stunden keinen Auftrag mehr in Blumberg annehmen werde.“

Ach, was hat er gelacht. Die folgende Route war so absurd wie die davor. Selbst der Superauskenner musste sich dreimal vergewissern, dass wir auf den richtigen Feldweg fahren und mir wurde abermals vermittelt, dass ich das bitte bitte alles vergessen solle, während die Bundespolizisten von ihren Hubschrauberlandeplätzen aus argwöhnisch mit Blicken das Taxi verfolgten, das da mit Fernlicht an ihrem Zaun langkurvte.

Am Ende hatten wir acht Euro mehr auf der Uhr, als der direkte Weg gekostet hätte. Also 11 statt 6 Kilometer. Das hat immer noch nicht gereicht, um einen guten Schnitt zu machen und das Trinkgeld blieb (wie leider während der ganzen Schicht) weit hinter den Erwartungen zurück. Aber ohne mich stünden die morgen noch dort und lustig war’s dann ja doch. 😀

Die Zentrale nutzt die Technik voll aus

Freitag abend. Ich hatte eben meinen ersten Kunden heimgebracht. So gegen 19:30 Uhr. Schichtbeginn, Wochenbeginn. Ich bin ja noch zur Hälfte in Elternzeit. Dann ein Anruf mit unterdrückter Nummer. Ich hab mir überlegt, ihn wegzudrücken, aber wer weiß, vielleicht wäre es ja einer von Euch gewesen.

„Taxe 2140?“

„Ja?“

„Gut, dass ich Sie erreiche. Ihr Kunde hat vorher sein Handy verloren.“

„Aha.“

„Ja, hat es auf dem Beifahrersitz liegen lassen.“

„Wann war das denn?“

„Na, so gegen 13 Uhr.“

„Da muss ich leider passen, denn das war dann wohl mein Tagfahrer.“

Es ist ehrlich gesagt unglaublich. Ich bin ja trotz meiner Bloggertätigkeit ein Freund des Datenschutzes. Ihr Leser könnt mein Taxi zu meinen Arbeitszeiten tracken, aber mir war es immer ein wenig suspekt, dass das auch andere können. Aber gut, es ist die Zentrale, das kann man akzeptieren, die brauchen das, um unsere Geschäfte abzuwickeln. Aber wieso bitte melde ich mich mit meiner persönlichen PIN am Funk an und werde dann trotzdem anstelle des Kollegen angerufen? Ich verstehe es nicht, denn selbst in meinem Display im Auto wird mein Name angezeigt. Die müssen meine Arbeitszeiten oder die des Kollegen nicht kennen, die kriegen die automatisch mitgeteilt.

Aber hey, sie fanden es gut, das ich geantwortet habe (unterdrückte Nummer, da verstehe ich die Ausfallquote) und haben sich entschuldigt.

Mal ganz ehrlich: So wird das mit der Digitalisierung hier immer ein Märchen bleiben …

 

Was man nie zu schätzen lernt

„Wow, your English is impressive.“

„Ah, that’s just training with all my customers, I always got bad grades in English.“

„But you learned it in school?“

„Yes. Most of us germans do so.“

„…“

„Many of us also learn a second foreign language.“

„Then I guess we in Australia are just lazy as fuck. We don’t learn anything else than English.“

Ich glaube, wir wissen gar nicht genug zu schätzen, was uns Fremdsprachen bringen. Und mal ganz ehrlich: Sich im Taxi mit australischen Kunden unterhalten zu können steht wirklich ganz weit unten auf der Liste der Möglichkeiten, die einem das eröffnet.

Die guten Touren

Es gibt sie noch, die guten Touren. Von Außenbezirk zu Außenbezirk, nur Hauptstraßen, so dass eine 30€-Tour keine 30 Minuten dauert. Als unverbindlicher Spontanauftrag kurz vorm An-die-Halte-Rollen. Und dann:

„Wo kommst Du her?“

„Also hier wohne ich direkt ums Eck, aber eigentlich komme ich aus Stuttgart.“

„Einer aus’m Ländle!?“

„Und Du?“

„Fellbach.“

„Wo da genau?“

„…“

Seine  Freundin war längst abgeschrieben. Wir sprachen über die wenigen coolen und die vielen uncoolen Ecken der „Stadt“, wann wir wo unterwegs waren. Da er zehn Jahre jünger war als ich, hatten wir ganz unterschiedliche Koordinaten, aber das hat’s um so witziger gemacht. Vorerst zieht’s mich nicht in den Süden zurück, aber mit Leuten mit dem selben Background zu quatschen, hat immer noch was. 🙂

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Warum, Leute?

Ein Auftrag an definitiv nicht meiner Lieblingskneipe in Marzahn. Aber ich hatte schon zu lange gewartet und ein zwei schöne Touren hatte ich da auch schon. Die vier Kunden waren im Durchschnitt noch unter 2 Promille, immerhin. Eine allerdings war furchtbar laut und blökte Ihre Adresse in die Runde, das komplette Gegenstück zu ihr saß auf dem Beifahrersitz, eine ruhige und gelassene Frau vielleicht zwei Jahrzehnte über mir.

„Die 457?“

fragte ich.

„Die liegt doch bei der Raoul-Wallenberg im Karree, oder?“

Meine Beifahrerin nickte. Ich fuhr auf dem ziemlich kürzesten Weg hin, bekam aber von hinten schon eine Minute vor der Ankunft regelrecht ins Ohr geschrieen, dass wir hier falsch wären, wie ich sie hier abzocken würde, etc. pp.
Und zwar so heftig, dass ich das vielleicht sechste Mal in bald 10 Jahren laut geworden bin und sie gebeten habe, doch endlich mal die Fresse zu halten, weil wir gleich da seien.

Tja, nun. Das Dumme war, dass sie an sich recht hatte. Sie wollte 100 Hausnummern weiter und da war das, was ich zusammengefahren habe, grottenfalsch. Ob sie die Nummer falsch angesagt hat oder nicht, kann ich nicht mehr sagen. Zu meinen Gunsten sagen die zwei Promille weniger und meine Nachfrage an die Beifahrerin aus, aber die hatte offenbar eh von nix einen Plan und wollte mir offenbar nur lieb zustimmen.

Wie ich halt so bin, hab ich das auf meine Kappe genommen, mich fürs Missverstehen entschuldigt und entsprechend die Uhr auch sehr früh ausgemacht. Aber die weiteren zwei Minuten haben alle drei aus dem Fond auf mich eingelabert, dass ich sie abzocken wollte, sogar der Verkehrsminister sollte angerufen werden.

Versteht mich nicht falsch, sowas ist ärgerlich. Aber wie viel mehr als den Umweg nicht berechnen und mich entschuldigen soll ich denn bitte machen? Dass die krakeelende Vollsufftante am Ende wutschnaubend ausgestiegen ist, war mir im Grunde nur recht. Wer mit einer Entschuldigung und einer Entschädigung noch immer nicht in der Lage ist, seinen Hass zu kanalisieren, darf meinetwegen auch schlecht schlafen deswegen. Der Verkehrsminister freut sich sicher über den Anruf.

Vermutlich haben sie aber meine Entschuldigung einfach nicht mitbekommen, denn der junge Mann hinten in der Mitte bat mich noch ganz am Ende der Tour (es waren drei Ziele, auf ungefähr 250 Meter verteilt), dass ich doch wenigstens meinen Fehler einsehen sollte. Das war mir völlig egal. Ich hab nur noch automatisch irgendwelche Floskeln abgegeben, um sie loszuwerden.

Und was soll ich sagen? Alle Kunden stinksauer, alle Berliner Taxifahrer Arschlöcher und ich hab 2,50 € Trinkgeld bekommen.

Jaja, ihr lest richtig. 2,50 €. Bei einer sehr kurzen Tour. Bei 7,50 hatte ich die Uhr ausgemacht, ohne Umweg wäre die Fahrt vielleicht noch günstiger geworden, aber ich hab einen Zehner bekommen. 33,33%!

Also nehme ich an, dass denen eigentlich alles scheißegal war, anders kriegt man das ja nicht mehr stimmig erklärt. Was von mir aus ja sogar ok ist, aber ich hätte das Ganze dann gerne wenigstens ohne Rumgebrülle …