Auf’s Maul!

Wichtige Info vorweg: Diese Geschichte stammt von einem Kollegen! Ich gebe sie hier so wieder, wie ich sie gehört habe, und dabei muss man natürlich berücksichtigen, dass es – aber das trifft natürlich auch auf meine Geschichten zu – eine einseitige Sicht auf die Dinge ist. Ich kann in dem Fall die Wahrheit als Blogger halt nicht so garantieren, wie ich es bei eigenen Erlebnissen kann. Ich möchte allerdings dazusagen, dass es sich hier um einen Kollegen handelt, den ich seit Jahren kenne, der mir nie durch übertriebene Stories oder gar erwiesene Unwahrheiten aufgefallen ist und der (im Gegensatz zu vielen anderen) auch nicht ständig nur Zeug erzählt, bei dem er irgendwie positiv raussticht. Er hat mir die folgende Geschichte auch nicht für den Blog erzählt, sondern einfach so im kollegialen Erfahrungsaustausch, ich persönlich halte sie also für glaubwürdig. Aber das nur vorweg.

Der Kollege hatte also einen Auftrag. Eine angenehme Fahrt von Außenbezirk zu Außenbezirk, locker mal 30€ schwer. Als er ankam, erwiesen sich die beiden Fahrgäste als mittelschwer und ultraschwer alkoholisiert. Aber der Kollege ist wie ich Nachtfahrer, hat mir auch schon von seinen Fehltritten nach Parties berichtet, der wuchtet Betrunkene weg wie ich auch: Gehört halt dazu!

Zu seinem Vorteil hieß es nun sogar, dass der eine weniger betrunkene Kunde sogar noch einen abseits der direkten Route liegenden Reiseendpunkt erwählt hätte, was natürlich nochmal mehr Bares bedeutete. Der wurde auch abgeliefert, der zweite schlief sogar, am Ende war es also eine Tour für satte 40€, bei der einfach alles glatt lief. Traumjob Taxifahrer.

„Ey, wach auf. Wir sind da. Macht dann 40,40€.“

„N‘ Scheiß kriegst Du von mir, höchstens eine auf’s Maul!“

Der Kollege ist wie ich sicher kein perfekter Mensch, aber er  hat auf die herzerweichendste Art perfekt reagiert. Er hat die Lage kurz sondiert, festgestellt, dass der Kunde in seinem Zustand keine Gefahr ist, die Türen verriegelt und dem Typen gesagt, dass er ja wohl den Arsch offen hätte und jetzt die Uhr weiterlaufen würde, bis die Bullen anrücken:

„Siehste, dit haste jetz‘ von!“

Nach ein paar Minuten war dem „Kunden“ das dann zuviel und er hat bereitwillig einen Fuffi gezückt, aber weil „Ich zeig Dir an!“ auf eine Quittung und centgenaues Wechselgeld bestanden. Der Kollege hat mir erläutert, wie er reagiert habe, und das war genau das, was ich auch getan hätte:

Er hat die Cops „abbestellt“, das Rückgeld ausgehändigt und eine ordnungsgemäße Quittung überreicht. Arschloch hin oder her, alles andere wäre unnötiger Stress. Inzwischen waren sogar schon Nachbarn vor Ort gewesen und hatten bestätigt, wo der Typ wohnte, es war alles ok, bis mein Kollege wegfahren wollte und der Typ sich auf die Schnauze legte.

Er  hat  mir das detailliert geschildert, und noch dazu, wie er zu seinem zweiten Stopp kam:

„Auf’n Thermometer standen drei Grad, ick konnte dit Arschloch ja ooch nich‘ erfrier’n lassen!“

Also hat er Hilfe angeboten, wurde mit einem „Verpiss‘ da!“ verscheucht und hat deswegen abermals die Polizei alarmiert. Ja, er hätte gerade schon angerufen und das mit dem Geld wäre geklärt, aber der Typ liege da, sei aggressiv und würde sich nicht helfen lassen.

Ich weiß ehrlich gesagt nicht mehr genau, wie es dazu kam, dass er dann wieder aufstand, der Kollege jedenfalls funkte nochmal eine Entwarnung durch. Aber damit nicht genug! Seines Zustandes entsprechend hat der Vollpfosten sich wohl noch ein weiteres Mal hingelegt, und zwar so richtig:

„Der is‘ nur jestolpert, aber der war so hacke, der  hat die Hände nich‘ mehr hochjekriegt und is‘ so richtig derbe mit’n Jesicht auf’n Asphalt jeklatscht. Der hat jesaftet wie Sau, da war soooo ’ne Blutlache! Und ick dann, war mir auch peinlich, aber ick dann nochmal de Cops anjerufen: Sorry, ick schon wieder, aber jetz‘ liecht der Typ auffe Schnauze und is‘ richtich valetzt … und die Bull’n so: Nee, is‘ gut, dass ’se anrufen, wir schicken wen!“

Und da kam dann wohl die Frau des Kunden ins Spiel, die inzwischen vor Ort war und ihren Typen bis in die Wohnung begleitet hat.

Weswegen der Kollege nun das dritte Mal in wenigen Minuten seinen Notruf zurückgenommen hat. Kann man sich nicht ausdenken, sowas! Dass der Kollege rückblickend trotz der Kohle froh gewesen wäre, die Tour nicht gemacht zu haben, erklärt sich wohl von selbst.

Am Tag darauf bekam er übrigens noch einen Anruf von der Funkzentrale, ob er denn mal kurz erklären könne, was gestern bei der Fahrt von A nach B vorgefallen sei. Er so:

„OOOOH JA, DIT KANN ICK ABER JANZ JENAU ERKLÄR’N!“

Bisheriges Fazit ist wohl, dass selbst die bei der Zentrale lachen mussten und sich zufrieden zeigten. Und sollte das alles der Wahrheit entsprechen, hoffe ich mal stark, dass es dabei bleibt. Und wenn nicht, das sei hiermit versprochen, werde ich vom Gericht aus live berichten!

Der Coole

Drei Fahrgäste, alle ganz nett. Winker im Außenbezirk.

„Also zuerst müssten wir zum Bahnhof. Da steigt der eine schon aus …“

„DER COOLE STEIGT DANN AUS!“

Ich hab in den Rückspiegel geblickt und gesagt:

„Nee, das geht nicht.“

„WAS? WIESO?“

„Ich muss das Auto fahren.“

Zwei neue Kunden, ein neuer Feind. Die Statistik passt soweit. 😉

Unentschlossen

Kunden, die nicht wissen, wo sie hinwollen. Das ist so eine Art 1A-Klischee, das gerne mal die Runde macht unter Taxifahrern und denen, die es werden wollen. Der Alltag gibt dem recht, allerdings ahnt man manchmal nicht, wie belanglos und gleichzeitig bescheuert das sein kann.

Stellt Euch einfach mal vor, Ihr seid ich. Ein Taxifahrer, der zumindest bei netter Kundschaft wirklich bereit ist, alles zu tun. Rückwärts die vereiste Einbahnstraße im Schneckentempo (Aber spätestens bis 1:05 Uhr!) durch eine angetrunkene Horde Helene-Fischer-Fans entlangdriften? Na klar, macht nach Tarif 11 €, passt schon!

Und dann das „große Problem“: Die Zieladresse liegt in einer Einbahnstraße. Inzwischen sogar wieder befahrbar, das war nicht immer so. Und „voll schwer“ zu erreichen. Will heißen. Von der Hauptstraße rechts ab in die Nebenstraße, dann links in besagte Einbahnstraße. Eine Geschichte von 200 Metern. Für unbedarfte Fahrer wie mich.

Die Kundin bittet mich nach dem Abbiegen in die Nebenstraße allerdings anzuhalten. OK, warum nicht? Wenn sie den Rest laufen will …

„Jetzt muss ich überlegen …“

„Ich fahr Sie gerne hoch, ist kein Ding.“

„Jaja, für Sie und mich nicht, aber andere Menschen …“

„Ich kann auch hier halten.“

„Nein, warten Sie, ich muss überlegen!“

„OK.“

„Ich weiß jetzt auch nicht …“

„Wollen Sie alleine da rübergehen?“

„Ja. Nein. Also vielleicht …“

„Bitte! Ich stehe mitten auf der Straße!“

„Ja, also bringen Sie mich …“

Ich setze den Blinker.

„NEIN! Halten Sie einfach hier!“

„Gerne, kein Prob …“

„Aber eigentlich wäre es nur …“

„Wie gesagt, ich bringe Sie gerne …“

„Ach, hier ist schon ok!“

Ich hoffe, all der Stress hat wenigstens in ihrem Universum Sinn ergeben. In meinem war’s ehrlich gesagt einfach nur unnötig stressig.

Die eher kuriose Kurztour

An diesem Abend, an dem ich noch keine Tour für mehr als 10€ gesehen hatte, war ich geradezu erfreut, als Zweiter am Ostbahnhof nach nur sehr kurzer Wartezeit die Anfrage zu hören, ob ich auch fünf Leute mitnehmen könne. Also die Tour, die der Kollege nur nicht machen konnte, weil er halt leider nur eine E-Klasse fährt und keinen Zafira. Meine Sternstunde, yes!

OK, vergesst das!

Denn auf die Frage, wo es hingehen sollte, antworteten die Fahrgäste ernsthaft mit „Kater Blau“.

Ich hab nach wie vor nichts gegen kurze Strecken, aber das war hochgradig absurd. Und zwar eben nicht einfach, weil sie fahren wollten: Ach herrje, ich fahre jemanden auch gerne für die 3,90€ Startpreis 0,25 Meter weit. Wenn’s ihm oder ihr das wert ist …

Nein, die Tour kostet einfach mal 5,10€ auf Uhr für bis zu vier Personen, was bedeutet, dass das Warten auf ein Großraumtaxi einem nur genau 10 Cent spart, weil das nunmal 5,00 € Aufpreis kostet. Völlig irre, noch dazu bei einem Auto wie meinem, bei dem in der letzten Sitzreihe auch nur leidlich wenig Platz ist, es also auch unbequemer ist als zwei Taxis zu nehmen.

Aber bevor Ihr mich wirklich für undankbar haltet: Die Tour war großartig! Ehrlich! Ein Haufen Schweizer, denen alles (insbesondere das Geld) völlig egal war. Ich sollte nicht gegenüber des Clubs  halten, sondern durfte (auch dank einer Baustelle) einen ziemlich dummen Umweg fahren und am Ende hab ich für die fast schon dreiste Aktion, ihnen über 11€ für nur 500 Meter Weg abzunehmen auch noch einen lockeren Fünfer Trinkgeld bekommen.

Wenn ich ehrlich sein soll: Nur noch solche Touren wär eigentlich ein ziemlich geiles Szenario. 😀

Passiv, aber heftig.

Die Schicht war scheiße gelaufen, aber jetzt winkte es ausgerechnet im südlichen Neukölln, als ich das Auto gerade in Richtung Firma bringen wollte. Nun denn, so ist das Spiel eben! Der Winker stand auf dem Mittelstreifen und gab mir gut erkennbar den Hinweis, dass ich vor ihm (an einer Kreuzung) drehen solle und es wieder stadteinwärts gehen würde. Kein Ding.

Und dann stiegen drei Leute ein, die mich so dermaßen ins Jahr 1998 zurückgeflasht haben, dass ich mir selbst erst mal klarmachen musste, dass es am Geruch lag.

„Alter, nice, dass Du so angehalten hast! Reicht Wildenbruch noch Kurzstrecke?“

„Wir können’s zumindest versuchen.“

„Yeah. Also nicht, dass das war, was ich, also wir, ich äh … hihi.“

„Wir fahren Kurzstrecke auch immer von woanders, ist manchmal schwer einzuschätzen.“

„Is‘ super, Digger! Wir wollen ja nur noch kurz noch einen rauchen … das machste sicher auch nicht, wa?“

Hätte ich nicht vor ungefähr 15 Jahren mein gelegentliches Kiffen zugunsten eines Fahrerjobs ad acta gelegt, hätte ich anhand der Luft im Auto noch die Sorte an Gras bestimmen können, die die drei Gesellen offenbar die letzten Monate anstelle von Atemluft benutzt haben. Also hab ich mal frech geantwortet:

„Nee, Jungs, das passt nicht mit dem Job. Aber ganz ehrlich: Was ich gerade passiv mitnehme, versaut mir ohnehin schon die nächsten Drogentests.“

Zugegeben, es war nur sehr bedingt überraschend, aber: Sie mussten lachen. 😀

Schon mal das Vergnügen

„Ha! Hatten wir beide nicht derletzt schon mal das Vergnügen?“

„Äh … kann sein!? Ich merke mir nicht jedes Gesicht.“

Was man halt so sagt, wenn man sich wirklich nur sehr sehr sehr schwer Gesichter merken kann.

„Wohin soll’s denn gehen?“

„Die XYZ-Straße.“

Und genau deswegen sage ich immer, dass ich mir Gesichter schlecht merken kann und nicht, dass ich einfach ein schlechtes Gedächtnis habe. Denn als er das gesagt hatte, wusste ich:

„Ah, Bundesstraße Drölf, links in die ABC, von der ABC-Straße rechts ab, dann die dritte links in den Weg mit dem ziemlich langen und schwer merkbaren Namen und dann hinten am Eck halten. Knappe 13 Euro, ein Zweier Trinkgeld obenauf. Und nach dem Absetzen einfach links-links, dann bin ich wieder auf der XYZ-Straße.“

Gesagt hab ich nur:

„Ich glaube, ich erinnere mich.“

Diesmal war es komplizierter. Notarzteinsatz vor uns, deswegen ein kleiner Umweg, anderes Ranfahren, aber das Ende passte:

„Und hinten am Eck halten, ja?“

„ACH, HAHA! SIE ERINNERN SICH!“

Nur so grob. Aber danke für die zwei Euro Trinkgeld. 😉

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

Abonniert doch den RSS-Feed von GNIT. Mehr von Sash gibt es außerdem bei Facebook und bei Twitter.

Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

„Meine Dienste“

Mittzwanziger, leicht abgeranzte Klamotten, schon leicht einen im Tee. Soweit der erste Eindruck.

Ich war der einzige Taxifahrer am Stand, also kam er zu mir. Mal sehen …

„Einen Wunderschönen! Ick müsste mal Ihre Dienste für eine janz kurze Zeit beanspruchen, geht das klar?“

Berliner Dialekt und Höflichkeit. Da gehe ich ja innerlich ohnehin auf die Kniee.

Ja, die Tour blieb mit knapp neun Euro nur mittelmäßig ergiebig. Andererseits muss ich jetzt auch mal die lediglich drei Minuten Wartezeit und die fürstlichen drei Euronen Trinkgeld erwähnen. Und, welch edler Herr in schäbigem Gewand musste sich meine Dienste so höflich erbitten?

Einfach nur ein echt netter Barkeeper, der nach drölfzig Stunden mehr als ich völlig platt war, aber vorm Schlafengehen noch unbedingt Kippen an der Tanke holen musste.

Meinetwegen muss das Protokoll ja nun nicht derart pingelig eingehalten werden, aber in dem Fall hab ich’s einfach mal als echte Höflichkeit gewertet. I like! 😀