„Besonders nett“

Auch wenn ich gestern noch einmal einen Rant loswerden musste: Ich bin ja im allgemeinen sehr dankbar über Kundschaft und entsprechend auch nett zu ihr. Manchmal hab ich die Vermutung, ich wäre sogar nett, auch wenn sie mir kein Geld bringen würde, aber schließt daraus bitte nicht auf psychologische Anomalien!

Nun also ein Kunde am Tierpark. Gott sei Dank! Ich war einen ziemlich weiten Weg in Richtung Heimat gefahren, in der steten Hoffnung, auf die verkorkste Schicht wenigstens noch ein kleines Winkerkrönchen setzen zu können. Der Kunde war zwar leicht angeschlagen, aber das wirklich nur in dem Sinne, dass man merkte, das er getrunken hatte. Gefahr durch Brockenlachen, Totalausfall oder völlige Enthemmung war nicht gegeben. Aber wir mussten umdrehen. Weil er seinen Schlüssel vergessen hatte.

„Kein Problem, kriegen wir hin!“

„Ehrlich jetzt? Na Du bist ja mal’n besonders netter Taxifahrer!“

„Wieso? Für sowas sind wir doch da.“

„Naja, aber manche Kollegen gucken immer gleich so und …“

„Kann sein. Das sind dann die, die meiner Meinung nach Pakete ausfahren sollten. Pakete quatschen nicht und haben keine Sonderwünsche.“

„Hihi. Naja, ick bin ja auch betrunken … aber nicht so, dass ich jetzt von mir aus irgendwie Stress mache oder so.“

„Dann wird das ok sein. Ich von meiner Seite aus hatte auch nicht vor, jetzt Streit anzufangen.“

Waren am Ende satte 30 €, Streit gab’s ebenso keinen. Und ich war nüchtern genug, ich hätte das bemerkt. 😉

Nummer zwei

Ich muss nochmal auf einen alten Eintrag zurückkommen. Leider nicht den schönsten, ich meine den mit der „Nebelkrähe„: Das Pärchen, das obwohl so begeistert von meinem für ihre Einschränkungen so praktischen Auto war, aber wegen einer draußen gerauchten Zigarette ausgerechnet zum kettenrauchenden Kollegen gelaufen ist.

Ich hab heute das erste Mal seitdem den Kollegen gesehen.

Und: Er hat das Ganze auch noch in ziemlich lebhafter Erinnerung. Dass er geraucht hat, hat natürlich niemand bemerkt, wohl aber hat er sich 5 Minuten während des Einstiegs, 2 Minuten während der Fahrt und dann nochmal 5 Minuten, bevor sie über einen Ausstieg auch nur nachdenken wollten, erzählt bekommen, was „die Taxifahrer“ (also ich) aber auch ihre Nachbarn für „miese Fotzen“ sind, weil sie sie so belästigen. Sie haben den Kollegen sogar gebeten, extra langsam am Ostbahnhof vorbeizufahren, damit wir anderen neidisch werden auf ihn.

Bei immer noch 6,30 € + 70 Cent Trinkgeld wohlbemerkt. *Slow clap*

Ich hatte meine Entscheidung neulich schon gefällt. Aber ratet mal, wer da nächstes Mal „die Sicherheit und Ordnung des Betriebs“ sehr weit auslegen wird, wenn’s um die Beförderung zumindest der werten Dame geht?

Mein gesammeltes Mitleid passt in den Punkt hinter diesem Satz

(Na, da ist der Punkt heute aber klein ausgefallen, was? 😉 )

Klischeefahrten, linke

Der letzte Samstagabend war spannend in Friedrichshain. Dank der Demo zur Unterstützung der Rigaer 94 war der Stadtteil völlig unberechenbar für Verkehrsteilnehmer. Was allerdings weniger an den Demonstranten lag, sondern mehr an der kreativen Umsetzung der Straßensperrungen seitens der Polizei. Ich bin im Wesentlichen gut durchgekommen an dem Abend, ich hab nur einmal ein paar Inder 500 Meter vor ihrem Hotel versichern müssen, dass ich ohne 10€-Umweg nicht weiterkomme und einmal einen alteingesessenen Kreuzberger mit etwa 400 Meter Umweg anstatt der kürzesten Route abspeisen.

Im Gegenzug hab ich dank meines grotesken Jobs (wo antikapitalistische Demos die Einnahmen steigern) eine kurze Zeit Ersatz für die „Szene-Bahn“ M10 übernehmen können.

Da Demos nun ja irgendwie an der Tagesordnung in Berlin sind, fand ich das noch relativ normal, obwohl ich meine Sympathien für die Rigaer 94 nicht verschweigen will und gestern zudem festgestellt wurde, dass die Anlass gebende Räumung vor kurzem rechtswidrig war.

Aber gut, ich war an dem Abend also viel dort in der Gegend unterwegs. Eine Fahrt mit Demoteilnehmern, Cops oder beteiligten Journalisten hab ich nicht gehabt. Leider. Eine hätte ich haben können: Einen Funkauftrag für eine Großraumfahrt. Ich war zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich in der Nähe, aber Großraumfahrten werden bisweilen in ziemlich großem Umkreis ausgeschrieben. Egal. Als Start- und Zielpunkt standen da jedoch tatsächlich „Rigaer Straße“ und „Wedekindstraße“. Ich kann da natürlich nicht sicher sein, aber wieviel wollen wir wetten, dass es von ungefähr der Rigaer 94 (das besetzte Haus) zur Wedekind 10 (Polizeirevier) gegangen ist? 😉

PS: Fahrten in die andere Richtung hab ich vor meinem Job als Taxifahrer auch gelegentlich gemacht. In Erinnerung geblieben ist mir vor allem der entsetzte Kerl, der unweit einer Anti-Nazi-Demo festgesetzt wurde, weil er von seinem eben beendeten Urlaub ein ausgeblasenes Straußenei dabei hatte und ihm das als potenzielle Waffe ausgelegt wurde. Lacht nicht, sowas passiert wirklich!

PPS: Nein, mit „Szene-Bahn“ meine ich nicht die linke Szene!

Gewöhnungssache

„Ja, die Party geht jetzt weiter, wir sind eigentlich schon in einem anderen Club gewesen und jetzt mit der Bahn hergefahren, mal sehen, ob da noch was los ist …“

Da sprang ihre Freundin ein:

„Ach ja, die redet immer mit allen Taxifahrern, da müssen Sie sich jetzt dran gewöhnen!“

Na, da hab ich ja aus meiner Komfortzone raus müssen: Mich an sprechende Kunden gewöhnen, und in diesem einen speziellen Fall ganze anderthalb Minuten lang (Ostbahnhof bis Warschauer Straße). Wenn mir das öfter passieren sollte, fange ich am Ende noch damit an, über meinen Job zu schreiben! 😉

 

Den Kürzeren ziehen

Neid ist eigentlich nicht so mein Ding. Gerade im Job!

Wir kriegen alle mal kürzere und mal längere Fahrten, so ist das halt. Deswegen lehne ich kurze auch nicht ab, das gehört dazu. Oder wie ein Kollege gerne sagt:

„Mal verlierst Du, mal gewinnen die anderen.“

😉

Aber es ist schon bitter, wenn ein Kollege am Stand sagt, er hätte da einen Coupon-Auftrag und wisse nun nicht, wo er sich genau hinstellen solle. Dann kommen ein paar andere Leute mit Coupon und steigen ins Taxi vor mir ein und fragen, ob eine Fahrt nach Frankfurt (Oder) auch ok wäre. Ganz zu schweigen vom dritten Kollegen, der drei Stunden später auf die Frage, ob er auch eine lange Fahrt gekriegt hätte, mit:

„Ach? Du nicht?“

antwortet, weil er auch in Frankfurt war.

Und ausgerechnet bei mir sind zwei Frauen eingestiegen, die sich davor schon satte  30 Minuten telefonierend am Taxistand rumgetrieben haben, sich aber erst als der Coupon-Reigen losging, dazu durchringen konnten, einzusteigen.

Orrr!

Das Traurige ist: Die Fahrt ging nach Köpenick und hat wirklich sehr gute 28 € gebracht. Ich sollte mich eigentlich nicht beschweren dürfen. Aber wenn zum selben Zeitpunkt mindestens drei andere für irgendwas zwischen 170 und 200 rausgegangen sind, fühlt man sich dezent in den Arsch getreten. 🙁

Ui, Bezahlung fürs Saubermachen!

Mein Auto ist abgesehen von mir gerade in Springer-Hand. Will heißen: Es fahren hier und da mal unterschiedliche Kollegen während meiner freien Tage damit. Das ist  Sache meiner Chefs und an sich auch ok. Ich hab ja ohnehin gerade das große Glück, das Auto derzeit für eine halbe Woche vor der Tür zu haben – da werde ich den Teufel tun, mich über den Rest zu beschweren.

Aber ja, es hat auch Nachteile. Das mit dem Saubermachen ist eines davon. Manch Kollege schert sich nach einer Schicht nicht unbedingt ums Reinigen des Fahrzeugs und dem zweiten ist es dann zu blöd, den Dreck wegzumachen, den der erste hinterlassen hat. Und ich möchte fairerweise anmerken, dass ich letzteres auch schon so gehandhabt habe.

Meist hält sich das (über drei Tage) ja auch sehr in Grenzen und ich hab kein Problem damit, das Auto einmal pro Woche auf Vordermann zu bringen. Oft ist auch gar nicht so viel zu machen. Und ob man nach 2, 5 oder 8 Tagen mal aussaugt: Es macht ja den gleichen Aufwand. Mich nerven meist eher die Scheiben, denn auf die kann man, wie schon vor Jahren erwähnt, kaum genug Aufmerksamkeit legen. Teilweise sehen die bei meinem donnerstäglichen Schichtantritt aber auch schon deswegen schlimm aus, weil das Auto ein paar Stunden unter den Bäumen im Firmenhof gestanden hat.

Aber gut. Ich bin also gestern dank Fußball eh reichlich spät am Auto gewesen, hat alles nicht so geklappt, wie ich das geplant hatte: Ich wollte das Auto vor dem Spiel schon holen, hab aber verschlafen, weil zum einen die Nachbarn mich mittags mit Bohren wachgehalten hatten und zeitgleich mein Handy mitsamt Wecker abgestürzt war … Dinge, die einem wohl wirklich nur bei der Nachtschicht passieren können. 😉

Und so bin ich ins Auto gestiegen, hab mich über die Scheiben geärgert, hab die Sitze zurechtgezutzelt, etwas argwöhnisch ein Bisschen Dreck auf den Fußmatten bemängelt und mich dann gefreut. Denn ja, hätte der werte Kollege, wer immer er war, einfach mal noch die 10 Sekunden Zeit gefunden, die Beifahrerfußmatte  auszuschütteln, dann wäre ihm vielleicht der Fünfer unter dem Beifahrersitz aufgefallen, der dort sehr offensichtlich festklemmte. Ich will’s nun keinesfalls zu einem Drama hochstilisieren, aber eines ist mal klar: Der gehört jetzt mir und ich hab kein schlechtes Gewissen bei der Entscheidung! 😀

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Dreißig, gebongt!

Ich hätte das einfach sagen sollen:

„30? Gebongt!“

Ich bin mir sicher, einige Kollegen – und vermutlich nicht einmal nur die sowieso dunkelgrauen Schafe – machen so gelegentlich ein paar Euro extra.

Worum ging’s? Natürlich mal wieder um absolute Planlosigkeit bezüglich Ortskunde und Taxitarif. Ich hab die beiden Winker zwischen Marzahn und Friedrichsfelde aufgegabelt und sie widersprachen sich ständig beim Ziel Also im Kleinen. Im großen Ganzen war klar, dass sie irgendwo in die Nähe des Lichtenberger Bahnhofs bzw. des Krankenhauses dort hinmussten. Und mein kurzzeitiger Beifahrer meinte dann eben:

„Aber mehr als 30 is nich, Meister. Kriegen wir das hin?“

Es wäre so leicht. Einfach sagen, dass das gerade noch so in Ordnung wäre und dann die Uhr auslassen. Wie das in den Fingern juckt, kann man sich sicher vorstellen, wenn man bedenkt, dass das eine glatte Verdopplung des Umsatzes gewesen wäre und beim Auslassen der Uhr komplett schwarz den Verdienst sogar vervierfacht hätte.

Und ich? Ich hab erstmal zu lachen angefangen. Für die Strecke 30 € kam mir einfach viel zu grotesk vor, um das ernst zu nehmen. Aber dem Fahrgast war’s halt wichtig:

„Wirklich! Mehr hab ich nicht, ich will da auch einfach ehrlich bleiben, verstehste?“

„Verstehe ich. Und ich will auch ehrlich bleiben: 30 € reichen vermutlich bis Schöneberg, stell dich mal lieber auf maximal 15 ein, ok?“

So lustig wie ich fand er’s nicht. Aber das Trinkgeld am Ende war ok. Immerhin.