Es gibt so Typen, die einem um 3 Uhr morgens ins Auto steigen, und obwohl man weiß, dass außerhalb Berlins 90% der Leute schon im Bett sind, denkt man:
„Ui, stattliches Level für die frühe Uhrzeit!“
Nachdem das Ziel halbwegs klar war (die Hälfte der Zeit redeten sie davon, noch irgendwo anders in eine Kneipe zu gehen), hatte ich von meinem Beifahrer einen Endlos-Monolog im Ohr, der erkennbar kaum was beinhaltete außer „Ick bin so blau, merkste selber, wa?“.
Der zweite auf dem Rücksitz war weitaus fitter und rief seinem Kumpel auch gelegentlich zu, er solle die Fresse halten, was dieser dann mit einem „Schon gut, mach ick. Also blablabla …“ quittierte. Aber das war’s eigentlich auch schon. Sie laberten Bullshit, das passiert halt.
Keine 500 Meter vor dem Ziel fing der hintere dann an zu meckern:
„Na, willste uns verscheißern? Wo sin‘ wir denn hier? Glaub ja nich, Du kannst mit uns durche Pampa …“
woraufhin der zweite sich das erste Mal wirklich im Raum orientierte, kurz
„Ha! Hier is‘ die Kneipe, Du Eumel!“
rief, und ungeachtet der Tatsache, dass ich auf der linken Spur war, rechts die Tür aufriss und über die Straße rannte. -.-
Und der hinten hatte immer noch keine Ahnung:
„Alter, wo sind wir?“
„Da vorne, nächste Kreuzung, ist Eure Straße!“
„Ehrlich? Boah, ick muss mir ersma‘ umkiekn!“
Und das tat er dann aus dem Auto raus. Gemütliche drei Minuten lang, nachdem ich schnell mal mit offener Beifahrertüre an den rechten Straßenrand gefahren bin. Am Ende glaubte er, ungefähr zu wissen wo er sei, und gab atemberaubende 30 Cent Trinkgeld. Wenn ich jetzt noch irgendwo eine offene Kneipe gesehen hätte, wäre mir die Fahrt allerdings ein wenig sinnvoller vorgekommen als so …
Wenn dir solche Typen am Tage begegnen würden, hättest du mit der Aktion einen Unfall verursacht. Und da an jeder Straßenecke Polizeibeamte rumstehen, auch gleich den dafür passenden Strafzettel.
Wie gut, dass solche Idioten nur nachts besoffen sind und die Straßen leer sind.
Gott bin ich froh, wenn der Mist vorbei ist.
@Mickey
Wieso sollte „der Mist“ denn irgendwann vorbei sein?
Augen zu und vor allem Nase! Als Nachtfahrer muss man das abkönnen. Solange sie keinen Würfelhusten haben, ist alles halb so schlimm!
@Mickey:
Ja, ich denke auch, dass es eher unwahrscheinlich ist, dass jemand das tagsüber versucht. Und nur weil ausnahmsweise mal wirklich null Verkehr in der Situation vorlag: Das heißt ja auch nicht, dass ich das deswegen sonderlich mag.
@Ingmar:
Mickey hört bald auf mit Taxifahren. Das müssen wir alle wissen.
@Taxi4wat:
Hast im Grunde Recht. 🙂
Ihr müsst es nicht wissen. So ein Quatsch. Ich betone es nur, um mal die Kehrseite dieses Jobs zu verdeutlichen. Aufzuzeigen, was wir uns alles gefallen lassen müssen, darum ging es mir. Und ich betone es auch deshalb, um all den Mitlesern zu verdeutlichen, dass die Schattenseite durchaus dazu führen kann, dass Taxifahrer irgendwann mal die Schnauze voll haben.
Es gibt wenige Kunden, wo ich bedauere, sie nicht mehr zu fahren. Beruht auf Gegenseitigkeit, denn es waren auch die Kunden, die sich über schlechte Taxifahrer beschwert haben und froh waren, dass es auch jemanden gab, der es anders gemacht hat.
Aber diese wenigen Kunden machen den Kohl nicht fett.
Schade, dass es beim Kunden keine Art Sollbruchstelle gibt, das wäre manchmal echt von Vorteil.
Was ist eine Sollbruchstelle? Vom Namen würde ich jetzt mal denken eine Stelle die brechen soll. Aber im welchem Zusammenhang? Man bremst und er bricht sich das Genick?
Sollbruchstelle- Vielleicht im Auto eine Stelle wo der geneigte Fahrgast, wenn schon nötig, brechen soll?
So als Feature?
Iiiiiiiiihhhhhh!
Im Endeffekt sollte es so, oder so ähnlich ablaufen.
@Mickey: Klingt so, als wärest Du so ein Taxifahrer, der seinen Job nicht gerne macht, und grundsätzlich erst mal jedem Kunden mit einer negativen Grundhaltung entgegen tritt („was werde ich mir von dem jetzt als nächstes wieder gefallen lassen müssen“) – in so einem Fall ist es (nicht mal für die Fahrgäste, sondern vor allem für Dich selbst!!!) wirklich besser, wenn Du bald damit aufhörst.
(Ich glaube nicht, dass sich Sash alles „gefallen lässt“ – und die nervigsten Kunden sind ja oft die, die nicht mal merken, wie sie auf ihn wirken, sondern einfach so sind wie sie sind, ohne daran was ändern zu können, oder es überhaupt wahrzunehmen.)
Aber vielleicht verbittert man auch unweigerlich, wenn man den Job lange genug gemacht hat – wobei, wenn es dazu kommt, dann ist das ja längst nicht mehr „lange genug“, sondern im Grunde schon „viel ZU lange“…
@Mickey:
Ich glaube Dir ja ohne weiteres, dass Du gerne aufhörst. Allerdings muss ich auch Wahlberliner ein wenig recht geben. Ich hab – jetzt nicht deinetwegen, sondern allgemein in der Kollegenschaft – über die bisherigen Jahre verstärkt den Eindruck gewonnen, dass vieles davon abhängt, wie die eigene Einstellung zur Arbeit oder Kundschaft ist. Die Kollegen, die gestresster sind, sind immer die, die auch am Stand schon verächtlich drüber reden, sobald mal einer torkelt etc. Manche ziehen das durch bis „Der hat so blöd geguckt, als er nach Straße XY gefragt hat“.
Ich weiß, mir wird im Gegenzug immer vorgeworfen, ich sehe das alles zu positiv. Aber ich hab die beiden Töffel oben nicht schöngeredet, ich schreibe über unkollegiale Kollegen, dumme Kunden, schlechte Bezahlung etc. pp., das ganze Programm. Und ja, da kann man wie Du durch sein mit. Finde ich ok und verständlich. Deine Kommentare muten manchmal halt an, als ob Du zur Selbstbestätigung nochmal bei jeder Kleinigkeit betonen müsstest, wie schlimm das – und das große Ganze natürlich! – ist. Das wirkt halt auf mich und einige andere nicht so ganz überzeugend, sorry.
@Wurstkessel aus Halbe:
Ich muss nochmal fragen: Was willst Du eigentlich hier? Sowas ähnliches wie schwer verständlichen Insider-Humor scheint da ja manchmal durch, aber ich glaube, ich stehe mit der Frage nicht alleine da …
@Wahlberliner:
Ich lasse mir schon viel gefallen. Allerdings nicht aus demütiger Perspektive, sondern meist aus Neugier. Ich find’s ehrlich gesagt immer noch spannend, warum Leute seltsame Launen oder Anliegen haben. Und ich fühle mich (meist) erst persönlich angegriffen, wenn es auch persönlich wird.
Es gibt eine Menge gute Gründe, den Job nicht zu mögen und die Kunden sind nur ein Teil davon. Ja, manche verbittern mit der Zeit. Aber zum einen hab ich keine Ahnung, ob das bei Mickey der Fall ist, zum anderen beweisen einige betagte Kollegen, dass das auch kein zwingendes Los ist.
@Sash: Es bleibt wohl dabei, wie immer: Dieser Job ist nicht für jeden gemacht, einige lieben ihn, andere macht er kaputt. Nach dem, was wir von Dir lesen, gehörst Du eher zu der ersten Kategorie, was natürlich super ist (für Dich), denn Du wirst dadurch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu den Leuten gehören, die über die Zeit darin verbittern (ich wäre mir da bei mir nicht so sicher, weshalb ich nie ernsthaft in Betracht gezogen habe, Taxifahrer zu werden). Eine interessante Frage wäre, ob Berlin noch genügend Taxifahrer hätte, wenn alle, die darin verbittern oder aus solchen Gründen nicht für den Job gemacht sind, damit aufhören würden und sich einen anderen Job suchten, der ihner psychischen Gesundheit weniger zusetzt.
@Wahlberliner:
Wenn Du mich fragst, wäre das in meinem Sinne und im Sinne der Kundschaft mal ein interessantes Projekt: Es fahren mal nur die, die es nicht nervig finden. Oder übersetzt (ohne jetzt das Faß hier aufmachen zu wollen; nur auf dieses Thema beschränkt): Bedingungsloses Grundeinkommen.
@Sash: Volle Zustimmung! 🙂
Der Job Taxifahrer hat mir wirklich mal Spaß gemacht. Heute tendiert es zum verbittert sein, weit bin ich davon nicht entfernt. Weil der Arbeitsvertrag aber bereits gekündigt ist, ich definitiv damit aufhöre, habe ich meine Seele selbst geschützt. Kunden sagen zu mir immer: „Bleiben Sie weiterhin so nett und freundlich.“ Mit diesem Schritt habe ich dazu beigetragen.
Wenn es „da draußen“ weitere Taxifahrer gibt, die aus den gleichen Gründen meinen Schritt folgen, dann ist meine Botschaft angekommen.
Meine Betonung ist sowas wie:
„Leute seht ihr nicht, wohin euch der Job führt?“
Wir hatten mal 7600 Konzessionen und haben gemeckert, dass es zuviele sind. Jetzt sind wir bei knapp 8000 und es ist immer noch kein Ende in Sicht.
Das ist das Eine. Hinzu kommt, dass es Firmen gibt, die 3000 Euro Umsatz fordern oder Euch rausschmeißen. Ihr pendelt jeden zweiten Monat um neue Firmen zu finden, müsst dabei schon mit euren realen Umsätzen lügen, weil sie euch sonst nicht einstellen.
Oder aber es gibt Firmen, die lassen euch 48 Stunden die Woche auf dem Bock sitzen und rechnen euch nur 25 Stunden an.
Nicht etwa Mindestlohn für Arbeitnehmer, nee nee, Mindestlohn für Arbeitgeber. So sieht’s aus. Die drehen völlig am Rad.
In jedem Sektor reihen sich mindestens 2 Taxen vor einem mehr ein. Auf ein Konzessionstopp brauchen wir nicht hoffen.
Gibt es überhaupt einen Bereich in Deutschland, wo mehr als 8000 Taxen fahren? Ich glaube ja, dass Berlin bundesweit den Rekord hält.
Na jedenfalls im Einreihen liegt das Problem. Man muss fähig sein abzuschätzen, ob man im Sektor A auf Position 1 früher einen Auftrag bekommt als im Sektor B auf Position 6. Das ist nicht eindeutig vorhersehbar. Es gibt Zeiten, da steht man an der Halte auf Position 1 zwei Stunden und auf der anderen Halte gehen die Aufträge im 15 Minutentakt weg. Das sieht man aber erst hinterher, weil es Spontanaufträge sind. Keiner weiß, wer wann anruft. Der Sektormanager verrät einem auch nur, wie es in der letzten Stunde war. Das kann sich in der kommenden Stunde völlig ändern.
Wer hat mitgezählt? Das waren jetzt 4 Faktoren, die den Job Taxifahrer unattraktiv machen.
Und jetzt kommen noch die Idioten, die der Meinung sind uns ausrauben zu müssen oder uns vollpöbeln oder oder oder…
Mickey klingt viel eher so als ob er gar nicht mal so sehr mit dem Job an sich hadert sondern mit den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen die den Wettbewerb sowohl unter den Fahrer als auch unter den Unternehmern schwer erträglich machen.
Und das ist eine Kritik die ich gut verstehen kann…
Nur leider ist es in den letzten 20 Jahren in fast allen Bereichen der Erwerbsarbeit unerträglich geworden und ein Ende der Abwärtsspirale ist IMO nicht in Sicht. Wo heute gar die SPD Dinger raushaut für die sich die FDP vor 10 oder 15 Jahren noch in Grund und Boden geschämt hätte…
Leider kann man das Ganze nicht aufs Taxifahren beschränken, IMO ist der gesamte Niedriglohnsektor von so einem Verdrängungskampf geprägt, und zunehmend auch immer mehr Facharbeiterpositionen…
Hoffe das Mickey eine Alternative am Start hat mit der er sich besser anfreunden kann :Daumenhoch:
@Mickey:
Vorweg: Ich finde die Interpretation von Andy einen Blick wert.
Aber mal zum Thema:
Ich gebe Dir definitiv recht darin, dass das Taxifahren eine Menge unschöner Aspekte hat. Kein Taxifahrer ist begeistert von der Ignoranz seiten der Politik, der damit einhergehenden schlechten Bezahlung usw.
Und wie ich bereits geschrieben habe: Ich finde das einen legitimen Grund, den Job aufzugeben und was anderes zu machen. Aber ist das wirklich das, was hängenbleibt – oder vielmehr: hängenbleiben muss? Sicher, wir sollten ein paar hundert Euro mehr verdienen im Monat. Andererseits haben wir auch Freiheiten, die kaum ein anderen Angestellten-Job bietet. Und ich betone das Angestelltenverhältnis deshalb, weil ich z.B. mit meinem Nebenverdienst (Schreiben) einen ganzen Haufen Stress mehr hätte, wenn ich in ein vielleicht besser bezahltes, aber wesentlich unflexibleres Arbeitsverhältnis eingebunden wäre. Und die Fahrgäste sind auch Menschen und bei entsprechender Einstellung interessant. Ja, nicht jeder – und ja, man kategorisiert sie gerne mal schnell ein. Aber das ist weniger ein Problem der Fahrgäste selbst als mehr der Grad an Interesse, den man als Fahrer an ihnen hat.
In der Geschichte gibt es meines Erachtens nach auch kein Richtig und Falsch. Wir Fahrer sind ebenso unterschiedlich und der eine mag es mehr, der andere weniger. Du bemängelst das Glückspiel bei den Sektoren, ich hingegen fände es enervierend, bei Job XY auch in den übermäßig stressigen Schichten einfach nur Betrag X zu bekommen wie immer.
Und auch dass es in Berlin schlimmer ist als anderswo: Ich stimme Dir grundsätzlich zu und ich wäre froh, wenn sich was ändert. Andererseits bietet eben genau dieses Umfeld auch die Möglichkeiten und Freiheiten, die anderswo undenkbar sind. Ich mag es, dass mein Chef mir nicht ständig vorschreibt, wann ich wo welchen Auftrag annehmen muss und wie lang meine Schicht ist.
Wie gesagt: Es wird da nicht DIE EINE Wahrheit geben. Taxifahren ist kein Job, mit dem man reich werden kann oder stabil planen kann, volle Zustimmung! Aber für manche – wie mich, derzeit – ist es auch eine verdammt tolle Alternative zu anderen Berufen, und das ist genauso richtig wie das, was Du sagst.
Vor 2 Jahren: 1000 Euro Netto Auszahlung
Seit letzten Jahr: 750 Euro Netto Auszahlung
Was sich alles geändert hat, schrieb ich bereits. Wenn die Konzessionen weiter ansteigen und alle Taxifahrer bleiben auf ihrem Standpunkt: „Ich bleibe hier, weil ich viele Freiheiten habe.“ Dann werden diese Freiheiten „euer“ Ende sein.
Um das Ausmaß betrachten zu können, muss man mehrere Dinge kombinieren.
Ich kann Taxifahrer aufzählen, die inoffiziell Vollzeit arbeiten, offiziell aber zum Amt rennen und ihr Gehalt aufstocken. Das sind genau die Leute, die dafür sorgen, dass immer mehr Konzessionen beantragt werden. Die kleben wie eine Klette an diesen Job.
Ich bin stolz auf mich, dass ich all die Jahre vom Amt unabhängig war, muss mir aber jetzt eingestehen, dass der Wechsel dringend erforderlich ist um weiterhin vom Amt unabhängig zu bleiben.
Ich würde mich in Grund und Boden schämen, wenn ich bei einer 6 Tage Woche noch zum Amt rennen müsste. Aber andere machen es. Die stocken auf und die werdet ihr auch nicht mehr los, weil sie so alt und geschädigt sind, dass die meinen neuen Job nicht machen könnten.