Meine Versuche, in die Firmengeschichte einzugehen …

Nun gut, ich muss ehrlich sagen, dass ich mir irgendwie einen Stein im Brett bei meinen Chefs gesichert hab. Und im Gegensatz zu den meisten anderen Kollegen gerade nicht mit guten Umsätzen, sondern mit dem was ich hier und anderswo tue: dem Schreiben. Dass ich statt für meine Chefs Kohle ranzukarren, ein bis drei Tage pro Woche weniger arbeite, als in meinem Vertrag stehen, hat sie trotz der theoretischen Option seit drei Jahren noch nicht dazu bewogen, mich abzumahnen, sondern im Gegenteil: Sie hängen stolz die Zeitungsinterviews von mir im Büro auf.

Daneben hab ich noch die Rolle als Kickerkönig der Firma inne; darüber hinaus aber auch die Auszeichnung, als erster jemals einen der Keys fürs Taxameter geschrottet zu haben. Hab ich damals auch verbloggt, bin ich aber natürlich nur so mittel stolz drauf …

Und jetzt gucke ich die Woche in die Waschmaschine und finde meinen Key dort. Hab ihn in der Hosentasche vergessen – muss ihn wohl mit einem Taschentuch verwechselt haben. Er sah noch gut aus, aber man weiß ja nie. Ich hätte die Sache natürlich gerne unter den Teppich gekehrt und erst einmal ausprobiert, ob das Ding noch tut. Dummerweise hole ich das Auto immer erst nach Büroschluss, so dass ich damit das Risiko eingegangen wäre, dass die Schicht ausfällt. Denn die Keys loggen ja nicht nur die Umsätze – ohne sie funktionieren die Taxameter einfach gar nicht. Wir brauchen den Key, um es anzuschalten.

Also hab ich am Telefon meinen Gang nach Canossa gemacht und Christian gefragt, ob sie vielleicht noch einen Key für mich hätten, ich wisse nicht, ob meiner nicht vielleicht kaputt sei. Aber obwohl er bei sowas durchaus ein gutes Gedächtnis hat, erwartete mich dann doch nicht ein „Was, schon wieder?“, sondern ein lapidares:

„Ein Key? Klar! Wir haben immer Keys, kein Problem, leg ich Dir hin!“

Puh, schön, wenn am Ende doch eher das mit den Büchern oder dem Kicker hängenbleibt. 😉

PS: Danke an den Hersteller Hale! Der Key hatte die Wäsche tatsächlich unbeschadet überstanden. Ja, er wirkte danach sogar etwas … sauberer.

Und dann war da noch …

der Kollege, der erstaunt zur Kenntnis nahm, dass ich auf scharfe Chilis stehe und mir zwei Tage später ein halbes Kilo frisch geerntetes capsaicinhaltiges Gemüse übergab, weil ihm die falschen Samen gegeben wurden und ihm die Teile zu scharf waren.

Ich würde jetzt gerne nochmal darauf verweisen, dass eine Hand die andere wäscht – aber in dem Artikel geht’s um den gleichen Kollegen. Ich sollte mir also auch mal was einfallen lassen … 🙂

Die regelbestätigenden Ausnahmen

Ich mein’s wirklich ernst, wenn ich sage, dass ich keine Schwarztouren mache und Kollegen keine Fahrten klaue. Hab ich kein Interesse dran, sollen sich andere wegen ein paar Euro in die Haare kriegen! Und das alles gilt natürlich erst recht, wenn’s eigentlich gut läuft und man eine Tour nach weit außerhalb bekommen hat.

Dieses Wochenende aber war es nachts kalt, scheißkalt für Oktober. Im Umland hat mein Thermometer bis -3°C angezeigt … und just da trotteten dann zwei völlig fertige Typen in dünnen Sweatshirts an der Straße entlang und fingen heftig an zu winken, obwohl ich – wie im Feindesland stets praktiziert – mit ausgeschalteter Fackel unterwegs war. Ich hab dreimal hin- und herüberlegt, am Ende dann aber doch ein paar Meter hinter ihnen angehalten. Obwohl es bis zum äußersten Winkel Berlins noch ein paar Kilometer waren.

„Jungs, ich darf Euch eigentlich nicht mitnehmen … aber kommt, steigt ein! Das läuft sonst unter unterlassene Hilfeleistung.“

Und was willste machen? Natürlich darf ich rein gesetzlich im Umland niemanden gewerblich befördern – und ebenso natürlich verbietet mir mein Arbeitsvertrag, Menschen kostenlos zu befördern. Andererseits kannste mitten im Wald nach 5 Kilometern ohne Gegenverkehr auch niemanden stehen lassen. Und sie hatten wohl ein Taxi bestellen wollen, aber es war keines frei gerade – also sind sie mal losgelaufen.

Zu ihrem Ziel fehlten noch knappe 3 von insgesamt 5 Kilometern. Zwar entgegen meiner Richtung, aber who cares? Ich hab die Uhr gleich ausgelassen, das sind genau die Fälle, derentwegen ich sonst nicht vom Tarif abweiche.

Als wir dann aber so durch den Wald gepflügt sind (3 Kilometer bei erlaubten 70 km/h, das ist ja quasi nix!), kam der eine dann doch auf Geld zu sprechen. Mit dem hinten sitzenden Mitfahrer:

„Haste noch Knete?“

„Hab ich.“

„Dann rück mal’n Schein raus.“

„Hab schon einen …“

„Ist da ’ne Zwei drauf?“

„Jo.“

„Na, dann ist ja gut!“

Und zu mir:

„Dass es keine Zweihunderterscheine gibt, weißte hoffentlich …“

Ja, quasi. Für mich als Taxifahrer sind 200er quasi wirklich inexistent. 😉

PS:
Ich weiß zudem: Ich hätte sie auch mich anrufen lassen und es dadurch pseudolegalisieren können. Bestellte Touren im Umland sind ja legal. Ich hab das indes wirklich nicht als Taxitour gesehen, ich hab denen wirklich nur kurz geholfen. Nicht, dass ich das Geld verschmäht hätte, aber wenn man’s in einer Situation sowieso nicht richtig machen kann, dann nimmt man halt die für einen selbst beste Variante …

Nachspiel

Da sitzt man am Stand alleine im Auto und plötzlich klingelt ein Handy. Aber nicht das eigene. Da guckt man blöd.

Ich hab mich kurz darauf ans Umgraben des Autos gemacht, aber es hat gedauert, bis ich das Gerät gefunden hatte. War in einer selten dämlichen Lücke gelandet, die mir zweimal entgangen ist, bevor ich bei einem erneuten Anruf endlich Glück hatte. Mir waren in der Nacht ein paar Fahrgäste ins Auto gefallen – aber bei dem Sitzplatz? Naja, mal gucken – also bin ich rangegangen. Nach einer langen Pause prasselte dann eine nicht wirklich deutsche (wenn auch vielleicht deutsch gemeinte) Wortflut auf mich herein und mir war klar, dass es die Vietnamesen vom Vortag sein müssten. Nun, seit dem Vorspiel war fast ein ganzer Tag vergangen, aber die meiste Zeit stand das Auto halt ungenutzt auf dem Parkplatz vor meiner Tür …

Am Handy gestaltet sich ein Gespräch ja gleich dreimal schwerer: Schlechte Verbindungsqualität, keine Gesten zur Verfügung, diese Geschichten. Gut geklappt hat es vor allem deswegen, weil bei einem verlorenen Handy der Sinn des Anrufes relativ klar ist und ich zudem in dem speziellen Fall nur zu gut wusste, wo ich die Kundschaft eingeladen hatte. Ich hab „Bahnhof Marzahn“ also gleich mal proaktiv in die Runde geworfen, nachdem klar war, dass ich das Telefon nicht einfach als Trinkgeld behalten durfte.

Das Wo und das Wann hatten wir also schnell geklärt. Aber beim wichtigsten Punkt habe ich im Hintergrund mit mir gerungen:

Bring ich denen das Ding einfach vorbei und hoffe auf guten Willen? Ich hab mich dann entschieden: Nein. Eine Truppe mit mindestens einem nervigen Typen, die kaum Trinkgeld gegeben haben, mit denen ich leider nicht in der Lage war, irgendsowas wie eine witzige Gesprächsatmosphäre aufzubauen und bei denen ich ohnehin bisher kein Anzeichen von Dankbarkeit oder so erkennen konnte, würden ganz normal zahlen müssen. Ging ja immerhin auch um eine Tour bis Marzahn raus. Davon, dass ich da ums Eck wohne, kann ich mir auch nix kaufen, und meine Chefs gleich dreimal nicht. Leerkilometer sind bei uns in der Firma zwar immer noch eher stille Zeugen einer schlechten Schicht als ein Grund, Ärger zu kriegen – aber natürlich kostet meine Arbeit Geld, und ich brauche keinen Grund, um das zu rechtfertigen, sondern eher gute Gründe, auf das Geld zu verzichten. Und die hatte ich hier nicht.

Also hab ich ganz brav die Uhr angestellt und in Marzahn das Handy erst nach Begleichung der Rechnung rausgerückt. Und, Überraschung: Dieses Mal komplett ohne Trinkgeld. Und es war nicht der total unsympathische Typ (leider aber auch nicht der Grinser vom Beifahrersitz). Hat mir der verschobene Feierabend nun also 50 statt 30 € Umsatz beschert. Das ist doch mal amtlich! 🙂

Ja gut, sonderlich beliebt gemacht hab ich mich bei diesen Kunden wohl nicht. Aber was willste machen? Umgekehrt lässt sich das leider auch nur schwer behaupten und es ist immer noch ein Job, den ich hier mache – und kein Sympathiecontest.

Vorspiel

Ich war mir nur so mittelsicher, ob es ok wäre, jetzt Feierabend zu machen. Ich hatte meinen Wunschumsatz zwar zusammen, hatte mir aber eine extra lange Schicht verordnet, um auch mal drüber rauszukommen. Zumal die Tage davor nur so mittel waren. Aber jetzt war ich schon fast daheim und eigentlich sind neuneinhalb Stunden dann ja doch auch wirklich genug, selbst mit kurzer Pause …

Und dann, 300 Meter vor der Haustüre und 50 Meter vor dem Abschalten der Fackel (die Differenz ist dem Sicherheitsabstand zu meinem Stammdöner und dessen Kundschaft geschuldet), winkte es doch nochmal. Ein paar aufgeregte junge Kerle, vermutlich Vietnamesen, wuselten um mein Auto und freuten sich sichtbar, so kurz vor Sonnenaufgang ein Taxi draußen in Marzahn gefunden zu haben. Also dann … machen wir mal eben schnell noch einen Zehner!

Und dann guckte mich der Typ auf dem Beifahrersitz über beide Ohren grinsend an und sagt:

„Wi gehe Ficki-Ficki mache!“

Obwohl es wahrscheinlich mit Abstand die schlimmsten Worte für diese zweifelsohne begeisternde Freizeitbeschäftigung waren, war der Kerl schon wieder niedlich. Und mit der deutschen Sprache sah es ohnehin nur eher so mittel aus. Denn als ich sie gefragt habe, wo es hingehen soll, bekam ich aus allen Mündern Antworten, die scheinbar dasselbe sagen sollten, mir aber vom Berliner Dom bis zur Stromstraße die volle Freiheit gelassen hätten, zu welcher falschen Adresse ich sie bringen hätte können.

Mit etwas Händen und Füßen und „Ubannostomsetrass“ war dann aber nur wenige Minuten nach Einstieg geklärt, dass es zum U-Bahnhof Turmstraße gehen sollte. Ich kenne da in der Umgebung kein Bordell, aber wo das da genau liegen sollte, dazu haben sie ohnehin schwer verständliche oder offensichtlich gegensätzliche Angaben gemacht. Also zum U-Bahnhof, im Zweifelsfall wollte ich es mir ab da zeigen lassen.

Schon von Zeit und Richtung her hat mir die Tour nicht so sonderlich gut gepasst, aber ich hab mich mit dem Gedanken an die ca. 30 € Umsatz wachgehalten und gute Miene zum bösen Spiel gemacht. Denn traurigerweise war eine nette Unterhaltung ja ebenfalls nur schwer möglich – wobei sich wenigstens der Komiker neben mir zunächst noch darin versucht hat, mir zu erklären, was „Ficki-Ficki“ nun genau bedeutet. Der direkt hinter mir war allerdings wirklich nervig. Er konnte als einziger eigentlich recht gut Englisch, hat das aber nur benutzt, um zu meckern, dass er eigentlich zum Westhafen wolle, wie lange das denn bitte dauern würde und wie schlimm es sei, dass ich das Bordell nicht kennen würde. Ich hab’s ignoriert und mich lieber auf die Strecke konzentriert.

Als wir am Ende dann wirklich am U-Bahnhof stoppten und sie mir nicht näher sagen wollten, wo dort denn jetzt genau der Laden liegen solle, bezahlte einer von ihnen mit 30 Cent Trinkgeld und der Typ, der hinter mir saß, hat sich zu guter Letzt wirklich noch genötigt gefühlt, sich vor mir aufzubauen (es ist eigentlich immer eher drollig, wenn das 1,70m-Typen tun …) und mich mit scharfer Zunge zu fragen, wie es denn bitte sein könne, dass ich eigentlich keine Ahnung hätte, welchen Laden sie meinen würden. Ich hab’s sportlich genommen und ihm geantwortet:

„Well, you recognized it the most, how long the tour took – so Berlin seems to be a big city, where it’s difficult to know everything. And in the end: Maybe I would have known a handful of better places. Think about that …“

So wutschnaubend hinterlasse ich Kundschaft ja wirklich nur, wenn sie’s verdient hat. Und war ja auch nur einer, die anderen hatten mir den Halt dort ja auferlegt und waren zufrieden. Konnte mir in dem Moment aber auch egal sein, denn ich hatte schon einen neuen Interessenten, den ich dann auch schnellstens in den Wedding gefahren hab. Und das war dann auch die wirklich letzte Tour an dem Abend …

PS:
Hab an dem Abend eine neue Kundenschublade aufgemacht: „Menschen, die fürs Vögeln schon im Taxi mehr als 30 € liegen lassen müssen, mir aber Unwissen unterstellen“. Ist keine Schublade für nette Menschen, aber von denen hab ich ja schon genug. 😉

Mitarbeitende Kunden sind die besten Kunden

Der Streckenvorschlag der Kundschaft war spitze, ich war so schnell noch nicht auf eine gute Route gekommen. Dann aber fiel mir ein:

„Da ist doch gesperrt, da komm‘ ich nicht durch.“

„Doch, das geht.“

„Gestern war da schon zu und da die für morgen absperren …“

„Nee nee, das geht schon. Wir sind da doch vorher durchgefahren!“

Na gut, ich wehre mich ja nicht gegen einen Kundenwunsch. Als wir der entsprechenden Stelle nähergekommen sind, hab ich meine Zweifel aber nochmal erneuert – insbesondere weil es wegen einer weiteren eventuellen Sperrung schnell mal einen Umweg von 2 Kilometern oder so hätte bedeuten können. Als ich dann sagte, dass das echt blöd wäre, wenn es so sein sollte, meinte mein Kunde nur:

„Wieso denn bitte? Das ist doch perfekt für Dich: Du hast es gewusst, der Fahrgast wollte es anders – und dann kannste schön den langen Weg nehmen!“

Da ist was dran. Das Dumme nur ist: Erst einmal mit den Mehrkosten konfrontiert, verfallen viele Fahrgäste lieber in den „Das hätten Sie als Taxifahrer ja besser wissen müssen, machen Sie mal bitte die Uhr aus, ich zahl nie mehr als 15 €“-Modus.

Dieser aber nicht. Und wie soll ich sagen: Die aktuellen Absperrungen haben mir auch die Möglichkeit gegeben, das gleich auszuprobieren. Und ja: Er hat gelassen die 2 km Umweg abgesegnet und am Ende noch über 3 € Trinkgeld gegeben.

Ich bin doch nicht bescheuert und denke mir eigene Umwege aus. Das outsource ich an die Kundschaft! 😉

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

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Wenn ich eigentlich keine Kunden kriegen will

Wir sind hier bei GNIT ja unter uns. Da kann ich schwierige Themen ja auch mal ansprechen.

Grundsätzlich bin ich immer froh über Kundschaft. Je überraschender, desto besser. Andererseits stelle ich mich natürlich auch darauf ein, in manchen Gegenden nicht auf Fahrgäste zu hoffen. Und so kam es, dass ich unweit des Treptower Parks mit gutem Gewissen einen dringend notwendig gewordenen Furz ins Leder der 2925 gedrückt habe.

Ich will hier gewiss keine Träume zerstören, aber natürlich steige ich dazu in der Regel nicht aus.

Nun aber winkte es ungelogen in genau jenem Moment, in dem so langsam alle am eher unschönen Prozess beteiligten Muskeln sich gerade wieder in die Ruheposition begeben hatten. Ich will es nicht schönreden, ich hab darüber nachgedacht, die Kunden stehen zu lassen, weil es in meinem Auto unschön gerochen hat.

Andererseits war ich vielleicht das erste Taxi in den letzten zehn Minuten und vielleicht könnte ich die Kunden ja noch ein wenig vor dem Auto mit offenen Fenstern hinhalten …

Was natürlich eine Illusion war. So schnell wie die beiden sind mir quasi noch nie Fahrgäste eingestiegen.

Die Fahrt dauerte mit rund 2 Minuten kaum länger als auch nur nötig war, um wieder halbwegs brauchbare Zustände im Auto herzustellen. Dennoch war die Stimmung gut und zudem fiel das Trinkgeld mit 2,90 € recht üppig aus. Ich bin nun erstmal damit beschäftigt, mir das als Strategie für gute Tips auszureden …