Gesprächsführung …

„Zur Warschauer. Was wird das kosten?“

„Zur S-Bahn? Knapp über Kurzstrecke, acht Euro vielleicht.“

„Alles klar.“

„… und dann fahr ich zum Flughafen Schönefeld.“

„Mit der S-Bahn?“

„Ja nee, nicht um die Uhrzeit. Erst mit der U12, dann die U8 und dann irgendein Bus …“

„Klingt ja nach der schlimmstmöglichen Verbindung. Wie lange dauert das?“

„Naja, eine Stunde. Da fällt mir ein: Wie viel würde es denn kosten, wenn Sie mich zum Flughafen fahren?“

Und an der Stelle war die Sache schon komplikationslos eingetütet. Da lüge dann aber sogar ich:

„Hey, DAS war jetzt aber nicht meine Intention …“ 😉

War am Ende eine nette Fahrt, wir haben uns gut unterhalten, der Fahrgast war superfroh, noch eine halbe Stunde Zeit zu haben („Weißte, ich fahr ja fast nie Taxi …“) und am Ende werden die 30 € Mehrkosten zum ursprünglichen Plan seinen zweiwöchigen Ägypten-Aufenthalt sicher nicht über die Maßen teurer gemacht haben. Passt doch. 🙂

Am äußersten Rand der Normalverteilung

Und da stand ich dann mit den beiden Kollegen am Bahnhof. Wir waren alle ungefähr zur gleichen Zeit gestartet, etwa vor 5 Stunden. Plusminus eine halbe. Ich hatte magere 80 € auf der Uhr, Kollege zwei bereits 120. Und dann war da natürlich noch der besondere Kollege. Ohne Fernfahrt dieses Mal, aber immerhin mit stolzen 165 € bereits doppelt so weit wie ich. Er merkte auch gleich an, dass er für einen Donnerstag mehr als genug hätte und gleich heimfahren würde nach der nächsten Tour.

Ich, nach wie vor kein Kollegenschwein, hab ihm Glück gewünscht und unsere Wege haben sich bis zum nächsten Abend getrennt. Ich war am Ende froh, wenigstens den Hunni noch vollgekriegt zu haben und fragte am nächsten Tag mal keck nach, ob der Kollege denn vielleicht sogar die 200 geschafft hätte. Bei DEM Vorlauf!

Da hat er theatralisch seine Brille abgesetzt und in väterlichem Tonfall gesagt:

„Sascha, Du hättest mit deinen Kunden nicht so schnell das Weite suchen sollen. Du weißt doch: Das mit den Bahn-Coupons dauert immer ein wenig …“

Ich hab nur mit dem Kopf geschüttelt und gesagt:

„Das meinst Du jetzt nicht ernst, oder …?“

Aber ja, am Ende hat er mal wieder einen Gutschein für eine Umlandfahrt im Gegenwert von 120 € abgestaubt. Manchmal kratzt der Neid selbst an mir ein wenig.

Suche Berliner Blitzdings-Experten

Geblitzt werden ist ja nun ein klassisches Taxifahrerproblem. Und bevor alle aufschreien: Das ist sicher keine Verteidigung von zu schnellem Fahren, sondern einfach eine Frage der Statistik. Jeder macht mal Fehler, und natürlich ist man als routinierter Fahrer eher etwas zu schnell als etwas zu langsam unterwegs. Und wenn man dann noch betrachtet, dass wir mehr fahren als die meisten Privatfahrer … nun ja, so ist es eben. Ich bin gewiss kein begieriger Sammler von Verkehrsdelikten, aber man braucht eben nicht Rambo Junior zu sein, um sowas mal mitzunehmen.

Also ja, so wie’s aussieht, wurde ich heute nacht geblitzt. Kurioserweise bei einem festinstallierten Gerät – und bei der unglaublich geringen Blitzerdichte in Berlin (Ja, liebe Berliner, fahrt mal durch Stuttgart!) hatte ich sowas bescheuertes bisher eigentlich für nahezu ausgeschlossen gehalten. Aber ich war da ziemlich alleine auf der Kreuzung, versehentlich mitgemeint war ich vermutlich eher nicht.

Ich bin von der Bornholmer über die Schönhauser rüber in die Wisbyer gefahren, Allerweltsding, zig mal gemacht. Den Blitzer kenne ich, insbesondere als Ampelblitzer. Die Ampel war auch strahlend grün (nein, nicht orange- oder kirschgrün) und ich war mit Pi mal Daumen (der erste Blick nach dem Blitz geht ja immer auf den Tacho) 40 bis 45 km/h unterwegs. Kann mir jemand noch ortskundigeres mal die Frage beantworten, ob da auf der Kreuzung Tempo 30 ist? Ich bin ehrlich: Ich weiß es nicht. Ich dachte, dort wären 50 km/h erlaubt. Danach nicht mehr, zumindest nachts, schon klar. Aber momentan frage ich mich schon, ob da nicht irgendein Fehler vorlag oder ob ich irgendwas gravierendes verpennt habe. 0.o

Da die Ampel wie gesagt grün war, erwarte ich jetzt auch nix mit Punkten oder sowas. Im schlimmsten Fall gibt das ein verkraftbares Bußgeld. Wie oben geschrieben: Sowas passiert halt mal, da bin ich auch nicht pissig. Aber momentan bin ich noch ziemlich sicher, eigentlich gar nix falsch gemacht zu haben. Und das irritiert dann doch.

Naja, ich werde Euch auf dem Laufenden halten. 🙂

Fahrgastlyrik: Wie Alkohol aggressiv macht

„Hasses ja sicher auch nich leicht mit all die Besoffene, wa?“

„Ach, geht eigentlich. Ausnahmen bestätigen die Regel, aber sonst …“

„Naja, mi’n Alkohol und aggressiv is ja so … also so sag ick immer: Is ja, wenn de hier paar Bierchen hast und dann janz jut dabei bist, ick sag jetz‘ mal auf’n Konzert. Konzert, ne! Haste also Alkohol, ist die Band gut, gehste so ab so, ja. Sag ick jetz‘ ma‘ Metal. Da gehste ab, machste Circle Pit, keine Ahnung. Wenn de aggro bis‘, also jetz‘ nich so total aber bisschen, dann is‘ ja och eher so weil Du bis‘ ja da. Nicht jut, schon klar. Aber is‘, wejen de Alkohol, dann ist klar, verstehste, oder?“

„Ähm … ehrlich gesagt weiß ich gerade nicht so recht …“

„Ja, ick bin ja och hinüber. Is klar, ne?“

Ja. Ein bisschen. Er war allerdings nicht aggressiv. Ging also schon in Ordnung. 😉

Hattrick in nur so mittel

Die erste Fahrt war eine Durchschnittstour; nein, eigentlich sogar darunter: 9,30 € Umsatz, 70 Cent Trinkgeld, vom Ostbahnhof in den Boxhagener Kiez zur Seumestraße – zack, fertig!

Die zweite Fahrt führte mich etwas weiter nördlich, aber immer noch ins selbe Eck. Zum Ibis in der Scharnweberstraße. Ergebnis: 9,30 € Umsatz plus 70 Cent Trinkgeld. Naja, was halt so passiert.

Danach bin ich (wie auch vorher schon nach etwas Kreisen im Kiez) wieder am Bahnhof gelandet. Und reichlich weit hinten in der ohnehin kurzen Schlange stieg mir dann eine Familie ein:

„Kennen Sie das Ibis in Friedrichshain in der Scharnweberstraße?“

Und wie zu erwarten: 9,30 €, 70 Cent Trinkgeld.

Natürlich hab ich meine Lieblingshalte und auch sonst so meine Lieblingsecke in der Stadt. Natürlich ist Taxifahren auch oft nur Dienst nach Vorschrift und wenig aufregend. Aber dreimal hintereinander eine Fahrt von der gleichen Halte in die gleiche Richtung zum gleichen Betrag mit dem gleichen Trinkgeld? Für einen Moment hab ich nach der versteckten Kamera Ausschau gehalten. So viel Routine kriegt man selbst als Assistent Chief of Pneumoblasting nicht!

Aber gut: Umgehend nach der dritten Tour (also 200 Meter weiter) stand eine Winkerin und ab da hatte ich dann endlich einen guten und unvorhersehbaren Lauf an dem Abend. Was lange währt … 🙂

PS:
Nicht vergessen: Wer hier gerne liest und noch nicht beim Amazon-Autorenpreis für mich abgestimmt hat, sollte sich so langsam eine Ausrede einfallen lassen! 😉

Aussterbende Auftragstypen

Wie der Kleinwagen da so langsam von rechts auf meine Spur eierte, während meine Ampel mir schon freie Fahrt signalisiert hatte, dachte ich mir etwas genervt:

„Na, das war jetzt aber auch nicht mehr wirklich grün bei Dir, was?“

Aber gut, ich reihte mich auf der Auffahrt zur Elsenbrücke hinter dem ausländischen Kleinwagen ein. Kurz darauf hab ich dann allerdings zum Überholen angesetzt, da ich, trotz guter Laune, an einem Sonntagmorgen um 4 Uhr kein Interesse hatte, herauszufinden, ob man eine freie dreispurige 50-km/h-Strecke mit noch weniger als 35 km/h befahren kann. Aber natürlich hatte ich am Ende der Brücke schon lange die Grünphase in Richtung Rummelsburg verpasst. Gna!

Und dann stellte sich der Kleinwagen äußerst verkehrsungerecht neben mir auf die Linksabbiegerspur und hupte. Die Frau hinterm Steuer wollte mir was erklären – und während ich zu diesem Zwecke die Scheibe herunterließ, stieg sie einfach aus und kam rüber. Das tun zu können ist natürlich ein weiterer Vorteil der Uhrzeit. 🙂

Ihr Problem war simpel: Sie wusste nicht, wie sie genau an ihr Ziel kommen sollte und sie bat mich um eine Lotsenfahrt. Ob ich sie zur Rigaer Straße begleiten könne?

Na, nichts leichter als das!

Zugegeben: Ich bin sogar einen Umweg gefahren, weil mir die Hausnummer nicht gleich was gesagt hat. Aber den Hauptstraßen zu folgen und die Kundin nicht im Wirrwarr der Einbahnstraßen im Boxhagener Kiez zu verlieren war schon eine gute Idee. Am Ende war der Zehner für sie und mich ein prima Deal, zumindest kam sie aus dem Danken kaum noch heraus.

Ja, bald werden Navis und vor allem Smartphones diesen Fahrttypus völlig verdrängt haben. Völlig zu Recht, es ist schließlich bescheuert, mit zwei Autos irgendwohin zu fahren, wo eines gereicht hätte. Aber bis dahin nehme ich das gerne mit. Mit Fremden im Konvoi zu fahren ist dabei ja keineswegs wirklich stressfreier als mit Kunden an Bord, eher im Gegenteil. Aber es hat halt dann doch einen ganz eigenen Charme.

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Sich um Kopf und Kragen telefonieren

Der potenzielle Fahrgast, dessen Wortschatz keinerlei Übereinstimmung mit meinem kannte, hielt mir sein Handy hin. Ein Modell von 1715 etwa. Ich ging in die Offensive:

„Hallo.“

„Hallo?“

„Ja, hallo.“

„Hallo?“

„Ich bin dran. Der Taxifahrer.“

„Hallo?“

„Ja, hallo!“

„Bse sne brez del baa da dell soe o?“

„Ich verstehe Sie nicht, sorry.“

Ich sollte an der Stelle anmerken, dass zum einen die Verbindung und die Wiedergabequalität des Gerätes unter aller Sau waren. Zum anderen aber weiß ich auch bis heute nicht, welche Sprache mein Gegenüber wirklich gesprochen hat. In einzelnen Fällen hab ich Dinge ganz gut verstehen können und sie klangen akzentfrei deutsch, beim Rest … wer weiß?

„Wo soll ich ihn den hinbringen?“

„Hallo?“

„Ja, hallo, ich bin noch dran!“

„Bse dann de Prenzlberg, denn do als ab nimm.“

„Prenzlauer Berg, ja?“

„Hallo?“

„Soll ich ihn nach Prenzlauer Berg bringen?“

„Hallo?“

„Prenzlauer Berg?“

„Se de bla del ab ods web ma!?“

„Wie bitte?“

„Se de bla del ab ods web ma.“

„Ich verstehe Sie nicht, tut mir leid.“

„A dabel des Alexanderplatz de ri solo.“

„Alexanderplatz?“

„Alexanderplatz su fun.“

„Wo genau am Alexanderplatz denn?“

„Se de lag glob in del Alexanderplatz.“

„Bitte nochmal!“

„De rade el sabili will in Alexanderplatz fun si.“

„Alexanderplatz habe ich verstanden. Alexanderplatz ok. Aber wo genau? Where exactly?“

„Se de Alexanderplatz dri do blai se bin fun.“

„Ich verstehe kein Wort.“

„Trode so so Alexanderplatz su fun.“

„Alexanderplatz, ok.“

„Su fun.“

„Äh, Su?“

„Esu!“

„Sie meinen, S- und U-Bahnhof? Da gibt es doch aber auch mehrere …“

„Su fun! Alexanderplatz ha del dre bila ong!“

„Tut mir leid, das hab ich immer noch nicht verstanden. Zum Bahnhof?“

„Alexanderplatz su fun lei del arg hot geht sela wo!“

Ich könnte das jetzt noch ein Weilchen fortführen. Das Gespräch hat locker 7 Minuten gedauert, die ich mit noch ausgeschalteter Uhr am Ostbahnhof stand. Aber über das Ergebnis oben sind wir nicht hinausgekommen.

Ich war ehrlich gesagt stinksauer. Nicht wegen meines netten Fahrgastes. Wir hatten eine Sprachbarriere, das passiert halt. Nee, mich hat einfach nur genervt, dass es mich ausgerechnet jetzt treffen musste. Ich hatte anderthalb Stunden angestanden, die Fahrt war kurz und ich konnte sie nicht einmal einfach runterrocken. Ich wusste nicht, ob ich richtig bin, ob der Kunde überhaupt selbst Geld hatte, sprich: ob am Ende überhaupt etwas dabei rauskommen sollte. Wenn er wirklich zum S- und U-Bahnhof Alexanderplatz wollte: Warum isser dann nicht mit der S-Bahn einfach noch zwei Stationen weitergefahren?

Aber natürlich: Auch das lag vielleicht an den Sprachbarrieren.

Ich hab mich zusammengerissen und ihn einfach an den Alex gebracht, an eine Ecke, an der sowohl S- als auch U-Bahn direkt nebeneinander zugänglich waren. Ich wusste wirklich nicht, was ich mehr hätte tun können. Die meisten Kollegen hätten ihn wohl ohnehin einfach stehen lassen. Er hat am Ende tatsächlich selber Geld gehabt, meinen Lohn hab ich also erhalten. Trotzdem war er dann aufs Weitertelefonieren angewiesen. Aber er schien optimistisch zu sein und hat mir tausendfach gedankt. Danke – das offenbar einzige deutsche Wort, das er kannte.

Ich hab also scheinbar eine erfolgreiche Tour abgeschlossen, obwohl die einzigen für mich verständlichen Infos Alexanderplatz su danke waren. Vielleicht bin ich doch kein so schlechter Taxifahrer. 🙂

PS:

Für all die, die noch nie am Alex waren: Der ist groß – insbesondere, wenn man, wie Ortsunkundige, noch die nächsten ein bis drei Straßen drumrum mit zum Platz zählt. Und da ich davon ausgegangen bin, dass es wirklich wichtig ist, dass wir den geheimnisvollen Telefonierer direkt treffen (weil er z.B. meine Kohle hätte haben können), war das wirklich keine blöde Detailfrage, in die ich mich künstlich reingesteigert habe. Vor meinen Augen ist das zu einer halbstündigen 30€-Tour geworden, weil ich wieder und wieder den Platz und angrenzende Straßen durchforsten muss, um herauszufinden, wo sich der andere genau aufhält.