Gestern kam dann – was lange abzusehen war – das Frankfurter Landgericht zu dem Entschluss, dass Uber bundesweit verboten sein soll, Fahrten an Privatfahrer zu vergeben. Die Urteilsbegründung steht noch aus, aber ich vermute, es wird grob vereinfacht darauf rauslaufen, dass man illegale Fahrten auch nicht vermitteln darf, wenn man nicht selbst fährt. (Hier meine UberPop-FAQ)
Über die Legalität von UberPop habe ich so viel geschrieben, es hätte ein eigenes Buch werden können – weswegen ich das Thema in „Gestern Nacht im Taxi“ gar nicht erst angeschnitten habe. Aus der rein legalistischen Sicht war die Sache lange klar, zumindest für die Fahrten an sich. Uber hat ja auch nur noch versucht, sich rauszureden, sprich: sich gar nicht an der tatsächlichen Dienstleistung aufzuhalten, sondern sich auf die Vermittlerfunktion zurückzuziehen.
Nun ist der legalistische Ansatz natürlich nicht der einzige. Die Gesellschaft verändert sich und Uber selbst hat ja auch oft einfach gesagt, „die Gesetze seien veraltet“. Und so sehr einen das vielleicht ärgern mag, wo man den Status quo liebgewonnen hat: Das ist ja ein legitimer Ansatz. Letztlich müssen viele neue Regelungen erst erkämpft werden, manche ändern sich erst durch den gesellschaftlichen Umschwung – und gerade das Internet zeigt uns das in den vergangenen 20 Jahren recht deutlich.
Und so liest sich auch Thomas Knüwers Artikel bei Indiskretion Ehrensache eher in diese Richtung. Ein bisschen „Das war rechtlich vermutlich ok, Uber ist auch nicht toll, aber es ist schon doof, dass es so läuft“. Ich mag Knüwers Technikoptimismus, ich lese das Blog nicht ohne Grund seit Ewigkeiten. Er sagt einige wahre Dinge über den digitalen Wandel da draußen, ich schätze seine Kompromislosigkeit, ich will ihn also sicher nicht persönlich angreifen, obwohl das bei solchen Themen immer eine lustige Alternative wäre.
Der Artikel allerdings … naja, Herr Knüwer …
Die positiven Erfahrungen mit Uber-Fahrern glaube ich unbesehen. Und das nicht grundlos. Die Personenbeförderung, noch dazu wenn man sie eher ein bisschen locker nebenher betreiben kann, kann eine wunderbare Arbeit sein. Kein Wunder also, dass man da auch auf Menschen trifft, die da voll bei der Sache sind und es lieben. Die ein oder anderen haben vielleicht gemerkt, dass es mir bisweilen auch so geht.
Wenn Knüwer nun also die Fahrer verständlicherweise lobt, dann ist im Kern nichts dagegen einzuwenden, sehr wohl ist aber die Frage zu stellen, warum denn die Uber-Fahrer gefühlt besser sind. Und das ist leider ein ziemlich komplizierter Punkt. Da spielt zum einen rein, dass sie meist jung und unverbraucht sind, neues erleben wollen, teilweise auch die Tatsache, dass manche das „nur nebenbei“ machen. Nichts davon gibt es im Taxi nicht auch. Aber – und das soll keine Rechtfertigung für Arschlochkollegen sein – im Taxi gibt es halt auch Leute, die das schon eine ganze Weile machen. Und so sehr ich den Job liebe: Es ist wirklich nachvollziehbar, dass man nach 30 Berufsjahren mit einer Aussicht auf einen dreistelligen Rentenbetrag in Gegenwart schnöseliger Fahrgäste auch mal weniger enthusiastisch ist. Das ist nicht toll, aber der Effekt ist nur auf das geringe Alter der Firma Uber zurückzuführen und kurzfristiger Natur.
Und auch wenn es dafür sicher noch keine Daten gibt, ich bin da sehr sicher. Zum einen sind in den USA die Fahrer vielfach angepisst und lassen das durchaus teilweise die Kunden spüren – zum anderen hat auch Knüwer mit MyTaxi ein gutes Beispiel für eine neue Technik in der Branche gebracht:
„[…] ich habe aber das Gefühl, irgendwas funktioniert da nicht mehr: Über MyTaxi gebuchte Fahrten sind im Schnitt genauso (un)erfreulich wie die über Taxizentralen.“
Genau das Gleiche habe ich von der anderen Seite, von Kollegen, gehört. Zigfach. Am Anfang war die Begeisterung groß. Die MyTaxi-Kunden waren überdurchschnittlich nett, hatten lange Touren, gaben gutes Trinkgeld … aber mit der Zeit haben sich auch die letzten Dorfprolls MyTaxi installiert und die Touren glichen sich dem Durchschnitt an.
Und da sind wir beim Hauptproblem, das ich auch gerne zugunsten netter Geschichten unter den Tisch fallen lasse: Personenbeförderung ist kein Ponyhof! Auf Dienstleiser- wie auf Kundenseite gibt es Arschlöcher noch und nöcher; am Ende ist es eine Geschäfts- und keine Liebesbeziehung. Unschöne Dinge passieren allerorten, tausendfach; und dieses Problem lässt sich nicht durch die Art der Vermittlung bekämpfen. Die Vermittlung ist ein unbedeutender und vielfach grundlos hochgehypter Teil der Dienstleistung. Am Ende sitzen zwei Parteien in einem Auto und müssen miteinander klarkommen. Im schlimmsten Fall zwei Arschlöcher – und dann ist es vollkommen egal, wer die zusammengebracht hat.
Knüwer führt den Vorteil, den Uber hat, jedoch auf das Menschliche zurück. Was zumindest in Teilen wohl so verstanden werden kann, dass bei UberPop eben keine Profis, sondern Menschen „wie Du und ich“ arbeiten.
Tja, nun.
Dieses Loblied auf die Sharing Economy muss zwangsläufig da ein Ende finden, wo Personenbeförderung nicht mehr lustiges Hipster-cruist-Hipster-durch-die-Gegend ist. Ich finde die Idee, gleichgesinnte nette Leute durch die Gegend zu fahren und mir damit ein paar Euro nebenbei zu verdienen auch ganz nett. Aber selbst wenn die gehbehinderte Oma auf dem Land ein zu populistisches Beispiel ist: Wie lassen sich Samstagabends in der Stadt 1.000 betrunkene Andrea-Berg-Fans wegwuchten, wenn nicht mit Leuten, die das beruflich machen? Finden die alle Freiwillige, die „ja sowieso nebenbei am Wochenende noch ein bisschen rumfahren“?
Und wenn Leute das beruflich machen: Wie sollen die die Zeit zwischen den Konzerten verbringen, wenn andere Leute den das ausgleichenden, einträglichen Teil des Geschäfts einfach spaßeshalber als Scheinselbständige für die Hälfte des Mindestlohns erledigen?
Immer wenn es um Uber geht, kramen alle die schlimme Überregulierung des Taxigewerbes heraus. Und die ist natürlich nicht immer grenzenlos toll. Mir geht es sicher nicht darum, Menschen zu verbieten, auch mal für einen Zehner heimzukommen, wo ich fünfzehn Euro nehmen muss. Wenn ich mich gegen Uber positioniere, dann habe ich aber im Kopf, dass Fahrgäste – wenn sich Taxifahren erst einmal gar nicht mehr lohnt – auf diese Fahrt eventuell eine Dreiviertelstunde warten müssen, einen beschissenen Fahrer kriegen und am Ende 80 Euro zahlen.
Ich freue mich für Thomas Knüwer, dass er bei Uber gute Fahrer bekommen hat, ich bin da nicht pissig oder nachtragend. Die Frage, die ich diesbezüglich aber gerne stellen möchte: Wo geht das über Anekdoten hinaus, die bisher unzureichende Daten liefern? Wo ist dieses „gewisse Etwas“, das Uber haben soll? Wo bitte geht diese Firma auch nur ein einziges von den Problemen an, das bisher bei der Personenbeförderung nicht gelöst werden konnte?
Als Taxifahrer gelte ich – zu Recht – immer gleich als befangen bei dem Thema. Das ist schade, aber ok. „Cui bono?“ und so. Aber all die von Uber begeisterten haben wie Thomas Knüwer bislang allenfalls „War gut!“ oder „Ist neu und geil!“ geschrieben. Und so leid es mir tut: Das ist zu wenig.