Fump, weg ist das Licht!

Die Sonnenfinsternis hatte es nicht geschafft, die Nacht dann doch.

Stromausfälle sind jetzt an sich nichts überragend berichtenswertes, würde ich eigentlich sagen. In erster Linie sind sie furchtbar nervig für alle Betroffenen. Als Autofahrer jedoch mal einen von außen zu betrachten, hat dann aber wiederum einen erstaunlich eigenen Flair. Es hat so ein bisschen was von Naturschauspiel. Und ich stand wirklich an geeigneter Beobachterposition heute Nacht.

Ich hatte einen Kunden an Bord, der in die Voigtstraße nach Friedrichshain musste, und wir näherten uns seiner Heimat vom Alex aus. Am Frankfurter Tor stand ich an der Ampel Richtung Osten, als plötzlich auf der linken (nördlichen) Seite der Frankfurter Allee alle Lichter ausgingen. Fump. Da ich mich im Verkehr nicht unbedingt auf die Straßen- und Hausbeleuchtung konzentriere, hab ich erst einmal auch nur so ein What-the-Fuck-irgendwas-hat-sich-gerade-verändert-Gefühl gehabt – aber nach ein paar Metern war klar: Da liegen mehrere Hausblöcke im Finsteren, unter anderem der meines Fahrgastes.

Und mal ganz ehrlich: Die Dunkelheit einer Neumondnacht bei völlig ausgeschalteter Beleuchtung innerhalb der betroffenen Viertel ist schon beeindruckend dunkel für Stadtgemüse wie mich. Aber Berlin wäre nicht Berlin, wenn es als Reaktion nicht gleich ein spontanes Feuerwerk, angeblich auch noch eine Spontandemonstration und – das war das einzige was ich letztlich mitgekriegt habe – eine Menge behelfsmäßiges Blaulicht gegeben hätte. Diese Stadt könnte man sich nicht ausdenken, wenn es sie nicht bereits gäbe. 😉

Mein fotografisches Zeugnis ist zwar ausgesprochen mangelhaft, aber immerhin etwas:

Die Frankfurter Allee gen Osten, 21.3.15, 3:50 Uhr. Quelle: Sash

Die Frankfurter Allee gen Osten, 21.3.15, 2:50 Uhr. Quelle: Sash

Verkehrssituationen zum Selbstinterpretieren

Da fährt man, immer das Fahrtziel des Kunden im Blick, gemütlich durch Kreuzberg und plötzlich leuchtet schräg hinter einem Blaulicht auf. Wie jeder Autofahrer denke auch ich in solchen Situationen immer:

„Fuck, da war nur 30 erlaubt!“

Ich wollte abwarten, was die Cops machen, dann aber hab ich gesehen, dass sich 50 Meter vor mir ein Oberklasse-Audi mit Warnblinker halb quer über die Fahrbahn gestellt hat. OK, dann hat der wohl die Cops angelockt. Stand aber auch zu doof da. Ich musste selbst sehr vorsichtig vorbeifahren. Und als ich das tat, sah ich vor ihm auf der Straße … einen Marder sitzen.

Ich hoffe, die Beteiligten heute Nacht hatten alle noch Spaß! 🙂

PS: Ich hab wirklich keine Ahnung. Auf den ersten Blick sah der Marder nicht angefahren aus, warum das Auto so quer hielt, weiß ich nicht und was die Cops wollen, ist ja oft bis zum Gerichtstermin fraglich. Ich freu mich einfach, dass ich weiterfahren konnte.

Uber ist verboten und Thomas Knüwer ist traurig

Gestern kam dann – was lange abzusehen war – das Frankfurter Landgericht zu dem Entschluss, dass Uber bundesweit verboten sein soll, Fahrten an Privatfahrer zu vergeben. Die Urteilsbegründung steht noch aus, aber ich vermute, es wird grob vereinfacht darauf rauslaufen, dass man illegale Fahrten auch nicht vermitteln darf, wenn man nicht selbst fährt. (Hier meine UberPop-FAQ)

Über die Legalität von UberPop habe ich so viel geschrieben, es hätte ein eigenes Buch werden können – weswegen ich das Thema in „Gestern Nacht im Taxi“ gar nicht erst angeschnitten habe. Aus der rein legalistischen Sicht war die Sache lange klar, zumindest für die Fahrten an sich. Uber hat ja auch nur noch versucht, sich rauszureden, sprich: sich gar nicht an der tatsächlichen Dienstleistung aufzuhalten, sondern sich auf die Vermittlerfunktion zurückzuziehen.

Nun ist der legalistische Ansatz natürlich nicht der einzige. Die Gesellschaft verändert sich und Uber selbst hat ja auch oft einfach gesagt, „die Gesetze seien veraltet“. Und so sehr einen das vielleicht ärgern mag, wo man den Status quo liebgewonnen hat: Das ist ja ein legitimer Ansatz. Letztlich müssen viele neue Regelungen erst erkämpft werden, manche ändern sich erst durch den gesellschaftlichen Umschwung – und gerade das Internet zeigt uns das in den vergangenen 20 Jahren recht deutlich.

Und so liest sich auch Thomas Knüwers Artikel bei Indiskretion Ehrensache eher in diese Richtung. Ein bisschen „Das war rechtlich vermutlich ok, Uber ist auch nicht toll, aber es ist schon doof, dass es so läuft“. Ich mag Knüwers Technikoptimismus, ich lese das Blog nicht ohne Grund seit Ewigkeiten. Er sagt einige wahre Dinge über den digitalen Wandel da draußen, ich schätze seine Kompromislosigkeit, ich will ihn also sicher nicht persönlich angreifen, obwohl das bei solchen Themen immer eine lustige Alternative wäre.

Der Artikel allerdings … naja, Herr Knüwer …

Die positiven Erfahrungen mit Uber-Fahrern glaube ich unbesehen. Und das nicht grundlos. Die Personenbeförderung, noch dazu wenn man sie eher ein bisschen locker nebenher betreiben kann, kann eine wunderbare Arbeit sein. Kein Wunder also, dass man da auch auf Menschen trifft, die da voll bei der Sache sind und es lieben. Die ein oder anderen haben vielleicht gemerkt, dass es mir bisweilen auch so geht.

Wenn Knüwer nun also die Fahrer verständlicherweise lobt, dann ist im Kern nichts dagegen einzuwenden, sehr wohl ist aber die Frage zu stellen, warum denn die Uber-Fahrer gefühlt besser sind. Und das ist leider ein ziemlich komplizierter Punkt. Da spielt zum einen rein, dass sie meist jung und unverbraucht sind, neues erleben wollen, teilweise auch die Tatsache, dass manche das „nur nebenbei“ machen. Nichts davon gibt es im Taxi nicht auch. Aber – und das soll keine Rechtfertigung für Arschlochkollegen sein – im Taxi gibt es halt auch Leute, die das schon eine ganze Weile machen. Und so sehr ich den Job liebe: Es ist wirklich nachvollziehbar, dass man nach 30 Berufsjahren mit einer Aussicht auf einen dreistelligen Rentenbetrag in Gegenwart schnöseliger Fahrgäste auch mal weniger enthusiastisch ist. Das ist nicht toll, aber der Effekt ist nur auf das geringe Alter der Firma Uber zurückzuführen und kurzfristiger Natur.
Und auch wenn es dafür sicher noch keine Daten gibt, ich bin da sehr sicher. Zum einen sind in den USA die Fahrer vielfach angepisst und lassen das durchaus teilweise die Kunden spüren – zum anderen hat auch Knüwer mit MyTaxi ein gutes Beispiel für eine neue Technik in der Branche gebracht:

„[…] ich habe aber das Gefühl, irgendwas funktioniert da nicht mehr: Über MyTaxi gebuchte Fahrten sind im Schnitt genauso (un)erfreulich wie die über Taxizentralen.“

Genau das Gleiche habe ich von der anderen Seite, von Kollegen, gehört. Zigfach. Am Anfang war die Begeisterung groß. Die MyTaxi-Kunden waren überdurchschnittlich nett, hatten lange Touren, gaben gutes Trinkgeld … aber mit der Zeit haben sich auch die letzten Dorfprolls MyTaxi installiert und die Touren glichen sich dem Durchschnitt an.

Und da sind wir beim Hauptproblem, das ich auch gerne zugunsten netter Geschichten unter den Tisch fallen lasse: Personenbeförderung ist kein Ponyhof! Auf Dienstleiser- wie auf Kundenseite gibt es Arschlöcher noch und nöcher; am Ende ist es eine Geschäfts- und keine Liebesbeziehung. Unschöne Dinge passieren allerorten, tausendfach; und dieses Problem lässt sich nicht durch die Art der Vermittlung bekämpfen. Die Vermittlung ist ein unbedeutender und vielfach grundlos hochgehypter Teil der Dienstleistung. Am Ende sitzen zwei Parteien in einem Auto und müssen miteinander klarkommen. Im schlimmsten Fall zwei Arschlöcher – und dann ist es vollkommen egal, wer die zusammengebracht hat.

Knüwer führt den Vorteil, den Uber hat, jedoch auf das Menschliche zurück. Was zumindest in Teilen wohl so verstanden werden kann, dass bei UberPop eben keine Profis, sondern Menschen „wie Du und ich“ arbeiten.

Tja, nun.

Dieses Loblied auf die Sharing Economy muss zwangsläufig da ein Ende finden, wo Personenbeförderung nicht mehr lustiges Hipster-cruist-Hipster-durch-die-Gegend ist. Ich finde die Idee, gleichgesinnte nette Leute durch die Gegend zu fahren und mir damit ein paar Euro nebenbei zu verdienen auch ganz nett. Aber selbst wenn die gehbehinderte Oma auf dem Land ein zu populistisches Beispiel ist: Wie lassen sich Samstagabends in der Stadt 1.000 betrunkene Andrea-Berg-Fans wegwuchten, wenn nicht mit Leuten, die das beruflich machen? Finden die alle Freiwillige, die „ja sowieso nebenbei am Wochenende noch ein bisschen rumfahren“?
Und wenn Leute das beruflich machen: Wie sollen die die Zeit zwischen den Konzerten verbringen, wenn andere Leute den das ausgleichenden, einträglichen Teil des Geschäfts einfach spaßeshalber als Scheinselbständige für die Hälfte des Mindestlohns erledigen?

Immer wenn es um Uber geht, kramen alle die schlimme Überregulierung des Taxigewerbes heraus. Und die ist natürlich nicht immer grenzenlos toll. Mir geht es sicher nicht darum, Menschen zu verbieten, auch mal für einen Zehner heimzukommen, wo ich fünfzehn Euro nehmen muss. Wenn ich mich gegen Uber positioniere, dann habe ich aber im Kopf, dass Fahrgäste – wenn sich Taxifahren erst einmal gar nicht mehr lohnt – auf diese Fahrt eventuell eine Dreiviertelstunde warten müssen, einen beschissenen Fahrer kriegen und am Ende 80 Euro zahlen.

Ich freue mich für Thomas Knüwer, dass er bei Uber gute Fahrer bekommen hat, ich bin da nicht pissig oder nachtragend. Die Frage, die ich diesbezüglich aber gerne stellen möchte: Wo geht das über Anekdoten hinaus, die bisher unzureichende Daten liefern? Wo ist dieses „gewisse Etwas“, das Uber haben soll? Wo bitte geht diese Firma auch nur ein einziges von den Problemen an, das bisher bei der Personenbeförderung nicht gelöst werden konnte?
Als Taxifahrer gelte ich – zu Recht – immer gleich als befangen bei dem Thema. Das ist schade, aber ok. „Cui bono?“ und so. Aber all die von Uber begeisterten haben wie Thomas Knüwer bislang allenfalls „War gut!“ oder „Ist neu und geil!“ geschrieben. Und so leid es mir tut: Das ist zu wenig.

Wie man seinen Kumpel im Taxi nicht vorstellen sollte

„Und er hier hinten: Problemkandidat! Weisste Bescheid!“

Na schönen Dank auch. Ging aber fast noch besser weiter:

„Deswegen sind die anderen Taxis ja alle weitergefahren. Wärste mal besser auch …“

Am Ende war’s ne vollkommen stressfreie 8€-Winkertour mit einem Zweier Trinkgeld obenauf. Derartige „Problemkandidaten“ kommen mir gerade recht …

Der Nachteil von getrennt ausgewiesenen Zuschlägen

Fällt bei einer Taxifahrt ein Zuschlag (für bargeldlose Zahlung, mehr als 4 Kunden oder die Flughafengebühr z.B.) an, werden diese am Taxameter extra angezeigt. Mit einem Knopfdruck kann man das Ganze zwar addieren, aber der Gesamtpreis wird nur kurz angezeigt. Danach springt „die Uhr“ wieder in den üblichen Modus, bei der die beiden Zahlen (Fahrpreis und Zuschläge) untereinander angezeigt werden.

Und Kunden lesen nur eine der Zahlen. Immer!

Nun hatte ich eine Fünfertruppe, entsprechend fielen 1,50 € an Zuschlägen an. Alltag. Die Kunden sammelten den Fahrpreis zusammen, keiner hatte einen Überblick. Auch Alltag. Und so kam es dann, dass die letzte im Bunde ihren Obolus entrichtete und folgendes anfügte:

„Ich hab auch noch etwas Trinkgeld dazugepackt.“

„Wieviel Trinkgeld denn?“,

fragte ein Mitreisender. Die Frau antwortete ehrlich:

„Keine Ahnung. Aber jetzt nicht nur 10 Cent.“

„Wieviel Trinkgeld haben Sie denn jetzt bekommen?“,

fragte er alsbald mich. Und ich war auch ehrlich:

„Ich trau’s mich kaum zu sagen, aber … 10 Cent.“

Immerhin gab’s dann noch Nachschub. 😀

Glück im Unglück, Kotzer-Edition

„… und fahren Sie bitte nicht zu ruckelig!“

Spätestens bei der Ansage verdrehen alle mitlesenden Taxifahrer die Augen. Kundschaft mit Magenproblemen, die Königsklasse unter den Beförderungskandidaten. Zumindest wenn man halbwegs gängige Phänomene betrachtet. Mit etwas schmutziger Fantasie fallen einem noch viel schlimmere Dinge ein, aber ich will ja jetzt auch niemandem beim Lesen das Frühstück versauen.

Der Dame also war übel, mit dem mitreisenden Herrn habe ich mich blendend unterhalten. Da kann man doch mal beherzt zum Es-war-ja-nicht-alles-schlecht greifen, das sonst nur von äußerst unangenehmen Zeitgenossen strapaziert wird. Aber der Zustand der jungen Frau war ernst, wirklich ernst. Gut, im Gegensatz zu anderen Auswurfaspiranten war sie zurechnungsfähig, aber bereits im Stadium „Bläschen vor dem Mund“.

Wie immer habe ich alle schlauen Sprüche runtergebetet. Den mit dem Warten für zwei und dem Kotzen für 200 Euro, dass ich super schnell anhalten kann – und wie immer auch, dass es niemals und unter keinen Umständen eine Lösung ist, einfach aus dem Fenster zu reihern. Und das sage ich ja nicht, weil ich’s mir nicht irgendwie ästhetisch vorstellen könnte, einen Springbrunnen spazieren zu fahren, sondern weil’s keine Sau mehr auf die Reihe kriegt, wenn es wirklich spitz auf knapp steht. Und dieses Es-läuft-zwischen-Scheibe-und-Tür ist nunmal ein Horrorszenario sondersgleichen. Da geht’s ganz ganz schnell um mehrere ausgefallene Schichten und mit großer Wahrscheinlichkeit um Werkzeugeinsatz und enorme Kosten.

Hat natürlich nix gebracht. Ich weiß, wie sehr Alkohol die Mir-egal-Haltung fördert, aber ich verstehe es wirklich nicht, wie man nach so einer Ansage „Stopp!“ rufen kann und nach dem Halt des Autos aus dem Fenster kotzen. Die Türhebel im Zafira sind wirklich nicht schwer zu bedienen.

Aber – Ehre wem Ehre gebührt! – sie hat es geschafft! Als Erste bisher! Nix im Innenraum, nix an der Scheibe! Vielleicht liegt meine Latte nach sechs Jahren Nachtschicht etwas tief, aber ich war in der Laune für eine Medaillenvergabe. Natürlich nicht wortwörtlich, denn daran, dass die Kiste außen vollgekotzt war, änderte sich ja nix. Aber im Gegensatz zum Innenraum sind das ja Lappalien. Ich hab am Ende nur gesagt, sie sollen mir einen Fünfer extra geben für die Waschanlage.

Noch lange kein guter Deal für mich, denn auch zur Waschanlage musste ich erst einmal fahren und die verlorene Lebenszeit durch die Anspannung während der natürlich überdurchschnittlich langen Fahrt ersetzt mir keiner. Aber zum einen freut’s wirklich ungemein, wenn der Kelch an einem vorübergeht, zum anderen sind gerade solche Fälle auch eine Frage der Sympathie. Mein Job ist es, Leute sicher heimzubringen – und wenn sie trotz miserabelster Begleitumstände nett bleiben, mitarbeiten und Verständnis für meine Position haben, dann kann ich auch mal fünfe gerade sein lassen.

So gesehen: Job erledigt und zwei Leuten ein echt stressiges Tagesende erspart. Kann ich mir jetzt zwar nix von kaufen, aber dieses gute Gefühl ist es manchmal dann auch wert.


Update: Was ich beim Schreiben des Textes noch gar nicht gesehen hatte: O.g. Begleiter hat sich via Facebook für die gute Heimfahrt bedankt und gesagt, er werde sich nun nach meinem Buch umsehen. 🙂

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

Abonniert doch den RSS-Feed von GNIT. Mehr von Sash gibt es außerdem bei Facebook und bei Twitter.

Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Difficult Language

„Sekelesiske Seteraße.“

„Schlesische Straße?“

„Yeah, right!“

„Difficult word …“

Komisch an der Fahrt war, dass damit die Unterhaltung schon zu Ende war. Hat aber vielleicht auch einfach ein bisschen zu schwierig angefangen … 😉