Umgangssprache kills Trueness

Hatte einen netten Winker. Vielleicht knapp 50 Jahre alt, Lederklamotten, Kinnbart.

„Mach hier mal ruhig wat von deine Mucke an!“

Er schielte aufs Radio-Display und meinte:

„Hier, Track 3 (er hat das knallhart ohne englischen Akzent wie „Trak“ ausgesprochen) muss ja wohl deine Mucke sein!“

Und er hatte ja recht:

„Ähm, naja, hab gerade eine Metallica-CD drin.“

„Na also, ist doch super!“

Und so fragte er mich, ob ich nicht auch „so’n bisschen ’n Rocker“ wäre. Was die Musik anging, mochte er ja Recht haben, aber sonst … eher nicht.

„Nich‘? Also keen Mopped?“

„Nein, sorry.“

„Naja, wir in uns’ren Harley-Club … wenn wir da alle mit unsere Moppeds …“

Wie gesagt: Ich bin kein Biker. Ehrlich nicht. Mich eint nur wenig mit den Leuten. Aber „Mopped“? Für eine Harley? Ehrlich jetzt?

„Bringt’s das?“

Das wurde ich heute Nacht gefragt.

„Leute hin- und herfahren, bringt’s das eigentlich?“

Tja, puh …

Das ist vermutlich die Gretchenfrage für jeden arbeitenden Menschen – die meisten kriegen sie halt nur selten gestellt, oft nur zum Berufseintritt. Bringt’s das? Die Tatsache, dass nicht alle das während der Arbeit gefragt werden, lässt schon mal erahnen, dass viele andere das offenbar nicht so sehen. Und ja: „Leute hin- und herfahren“, da steckt ja schon im Detail das Problem.
Denn irgendwie durch die Gegend tuckern kann jeder mit Führerschein, zuallererst die Fragenden selbst. Und ob man das nun mit „den Leuten“, „den Paketen“ oder sogar einfach nur mit „den Autos“ macht … irgendwie ist das schon fragwürdig. Denn wer ist nicht von seinen eigenen Fahrten zur Arbeit z.B. oft genervt? DAS den ganzen Tag? Himmel hilf!

Andererseits: Schon mal ein Päckchen bei den Nachbarn abgegeben? Oder einen Brief geschrieben, einen Umzug gemacht oder eine Steuererklärung? Und? Auch schon mal drüber nachgedacht, das Vollzeit zu machen? Und darüber nachgedacht, warum andere Leute das machen?

Man kann Taxifahren als Scheißjob sehen, sicher. Das ist es sicher auch für viele und es ist nicht einmal etwas daran auszusetzen. Ich als Taxifahrer bin ja geradezu auf Leute angewiesen, die ungern selbst Auto fahren. Wenn wir alle die gleichen Vorlieben hätten, wäre die Berufsauswahl wahrscheinlich auf ziemlich wenige Jobs beschränkt und die Zahl der schon erfundenen Roboter wesentlich größer.

Und noch wichtiger: Alle, die wir uns mit bestimmten Dingen nur teilweise befassen, haben keine Ahnung, wie sehr sich die entsprechende Arbeit verändert, wenn man sie beruflich macht. Denn meist kriegt man ja nicht nur Geld dafür, sondern man entwickelt auch eine andere Sicht auf die Dinge, setzt neue Schwerpunkte, erweitert sein Wissen und seine Fähigkeiten und gibt dem Ganzen eine neue Richtung.

Ich zum Beispiel habe eine schwer erklärbare Steuererklärungsphobie. Ach, Phobie! Es ist purer ungefilterter Hass! Ich weiß nicht einmal sicher, woher er kommt. Am unfreiwilligen Zahlen liegt es kaum, denn zum einen finde ich Steuern grundsätzlich eine gute Idee, zum anderen zahle ich sie kaum dank meines geringen Einkommens. Steuerberater kommen mir gefühlt vor wie die größten Vollpfosten der Menschheit, weil sie sich das zum Beruf gemacht haben. Aber wie würde ich das Ganze wohl sehen, wenn ich dafür Geld bekommen, die Materie wirklich kennen würde und zudem Kunden haben, denen ich mit meiner Arbeit helfe? Und vielleicht gibt es Steuerberater, die einen Zahlenfetisch haben oder dergleichen, und in jedem einzelnen Auftrag voll aufgehen. Will ich es anzweifeln, wo ich inzwischen eine ziemlich unnatürliche Freude an kürzesten Verbindungen zwischen A und B entwickelt habe?

Zudem sind Kunden für mich auch immer Geschichten, Erfahrungen, Erlebnisse. Als ob ich meine Arbeit über gefahrene Strecken definieren würde!

Für mich selbst ist Taxifahren wohl ein Job, „der’s bringt“. Und für die anderen?

Also meine Kundschaft ist meist froh gewesen, dass ich mit dem Auto da war. Ob ich als der etwa 15.000ste Taxifahrer in Berlin wichtig bin, darf zwar bezweifelt werden, aber in jedem einzelnen Fall hilft meine Arbeit anderen Menschen. Also existiert da sogar ein gewisser gesellschaftlicher Nutzen. Wie viel mehr braucht es noch?

Ja, Leute hin- und herfahren bringt’s. Für mich und die meisten Kollegen – und für die Kunden auch. Und das ist ok, auch wenn wir nicht reich sind und für uns keine Nobelpreise anfallen. Geld scheffeln und Forschung betreiben sind aber ohnehin auch so Sachen, bei denen alle immer fragen, ob’s das bringt. Oder? 🙂

Verspätungsrekorde bei Kollegen

Ich hatte schon einige verpeilte Kundschaft, natürlich. Aber selbst ich hab die Augen aufgerissen, als ich diese Geschichte bei Taxiblog Bremen gelesen hab.

Bei den Druffis hat Bremen Berlin bis zum Gegenbeweis wohl erst einmal auf Platz 2 verdrängt … 🙂

Dreimal Trinkgeld

Nr.1

„Das wären dann 9,80 €.“

„Mach zehne. Obwohl, nee. Mach zwölfe! Is’n schlechtes Omen, zu Beginn des Tages geizig zu sein.“

Nr.2

„Dann wären wir genau bei 20,00 €.“

„Haha, nee Du! So kommste mir nicht davon – so nicht!“

*drückt mir einen Zweier zusätzlich in die Hand*

Nr.3

„Ich weiß, ist jetzt nix besonderes, aber immerhin!“

*gibt mir einen Werbekuli von dem Hotel, für das er arbeitet*

Zusammengewürfelt

„Würden Sie mich bis in den Grunewald fahren und ihn vorher am Potsdamer Platz rauslassen. Also erst Potsdamer Platz, dann Grunewald?“

„Sicher, kein Problem.“

Isses ja tatsächlich nicht mal im Mindesten. Liegt sogar ziemlich auf dem Weg, wenn man wie wir in dem Fall vom Alex aus startet. Die beiden haben sich gleich dem Gespräch untereinander gewidmet und ich hab vorerst gar nicht hingehört. Etwas irritiert war ich, als irgendwann folgender Satz fiel:

„Du bist lustig, wie heißt Du denn?“

Also dass sich Leute jetzt nicht sooo gut kennen … ok. Aber dann haben sie sich gegenseitig ihre Namen vorbuchstabiert, was witzig war, weil sie beide ziemlich ungewöhnlich waren. Also zumindest für zwei angeschickerte deutschsprachige Mittzwanziger, die man zufällig in Berlin aufgabelt. Und dann haben sie sich erzählt, was sie den Abend über gemacht haben.

Nachdem der junge Mann dann ausgestiegen war und die Frau das Fahrtziel um 180° von Grunewald auf Prenzl’berg geändert hatte, hab ich dann mal nachgefragt:

„Und den Typen, den kannten sie vorher gar nicht?“

„Nee.“

„Wo haben Sie sich denn getroffen?“

„Na, als wir Sie rangewunken haben. Das fanden wir beide so witzig, wie wir da gleichzeitig … da sind wir einfach beide eingestiegen.“

Ähm, na gut. Random-Taxi-Sharing, hat natürlich auch was. Und ist ja auch schön, dass sie sich verstanden haben. Und ich denke ein wenig amüsiert darüber nach, dass, hätte sie gewartet und 5 Minuten später erst ein Taxi – dann gleich Richtung Prenzl’berg – bekommen hätte, ich deutlich weniger Umsatz gehabt hätte und sie trotzdem beide das etwa gleiche hätten zahlen müssen. 🙂


PS: Im Vornherein bin ich bei zusammengewürfelten Fahrten immer etwas skeptisch. Am Ende packt man sich wie mit Osama und Lisa (ff) noch ein kleines Halbdrama mitten in die glückliche Tour …

(Gute) Wünsche

Trotz zweitägiger Sendepause sei hier erst einmal allen versichert: Ich bin wohlbehalten von der Weihnachtsfeier heimgekehrt. Und das wie immer zufrieden und zumindest dieses Mal mit wenig Lust, betrunken noch irgendwas lustiges zu bloggen, für das ich mich am Morgen danach rituell ohrfeigen muss. Immerhin …

Nein, im Ernst: Es war wie immer gut – obwohl ich dieses Mal tatsächlich öfter am Kicker verloren habe. Aber nur im Doppel, das möchte ich mal anmerken … 😉

Wie immer eine lustige Mischung aus neuen und alten Kollegen – und natürlich auch aus netten und „Man sagt halt hallo“-Mitarbeitern. Wie das halt so ist. Das Ende des Ganzen war gewohnt spät, aber immerhin hab ich’s noch mit der Bahn nach Hause geschafft. Ich hatte also einen netten Abend und alles ist ok. Auch wenn Christian bei einem Gespräch am folgenden Nachmittag ganz vorsichtig ein „Naaaa?“ ins Telefon geflüstert hat, ging es mir erstaunlich schnell wieder recht gut. 🙂

Und da sind wir beim Thema: Gut.

Überwiegend verlaufen die Taxifahrten hierzulande gut. Vielleicht nicht perfekt, aber gut. Und wie sieht das dann aus? Wie verabschiedet Ihr euch vom Taxifahrer oder der Taxifahrerin, was wünscht Ihr ihm oder ihr?

Ich frage das vor allem, weil mich mal interessiert, ob Leser eines Taxiblogs da anders sind als meine Kundschaft. (Deswegen auch die Antwortmöglichkeiten, die erfahrungsgemäß und erkennbar eher von Taxifahrern benutzt werden)

Was wünscht Ihr dem Taxifahrer, der Euch nachts gut heimgebracht hat?

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Ich muss jetzt noch ein wenig andere Dinge erledigen, aber ab Donnerstag geht es wieder auf die Straße. Und ich freu mich drauf! 😀

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.