Das wurde ich heute Nacht gefragt.
„Leute hin- und herfahren, bringt’s das eigentlich?“
Tja, puh …
Das ist vermutlich die Gretchenfrage für jeden arbeitenden Menschen – die meisten kriegen sie halt nur selten gestellt, oft nur zum Berufseintritt. Bringt’s das? Die Tatsache, dass nicht alle das während der Arbeit gefragt werden, lässt schon mal erahnen, dass viele andere das offenbar nicht so sehen. Und ja: „Leute hin- und herfahren“, da steckt ja schon im Detail das Problem.
Denn irgendwie durch die Gegend tuckern kann jeder mit Führerschein, zuallererst die Fragenden selbst. Und ob man das nun mit „den Leuten“, „den Paketen“ oder sogar einfach nur mit „den Autos“ macht … irgendwie ist das schon fragwürdig. Denn wer ist nicht von seinen eigenen Fahrten zur Arbeit z.B. oft genervt? DAS den ganzen Tag? Himmel hilf!
Andererseits: Schon mal ein Päckchen bei den Nachbarn abgegeben? Oder einen Brief geschrieben, einen Umzug gemacht oder eine Steuererklärung? Und? Auch schon mal drüber nachgedacht, das Vollzeit zu machen? Und darüber nachgedacht, warum andere Leute das machen?
Man kann Taxifahren als Scheißjob sehen, sicher. Das ist es sicher auch für viele und es ist nicht einmal etwas daran auszusetzen. Ich als Taxifahrer bin ja geradezu auf Leute angewiesen, die ungern selbst Auto fahren. Wenn wir alle die gleichen Vorlieben hätten, wäre die Berufsauswahl wahrscheinlich auf ziemlich wenige Jobs beschränkt und die Zahl der schon erfundenen Roboter wesentlich größer.
Und noch wichtiger: Alle, die wir uns mit bestimmten Dingen nur teilweise befassen, haben keine Ahnung, wie sehr sich die entsprechende Arbeit verändert, wenn man sie beruflich macht. Denn meist kriegt man ja nicht nur Geld dafür, sondern man entwickelt auch eine andere Sicht auf die Dinge, setzt neue Schwerpunkte, erweitert sein Wissen und seine Fähigkeiten und gibt dem Ganzen eine neue Richtung.
Ich zum Beispiel habe eine schwer erklärbare Steuererklärungsphobie. Ach, Phobie! Es ist purer ungefilterter Hass! Ich weiß nicht einmal sicher, woher er kommt. Am unfreiwilligen Zahlen liegt es kaum, denn zum einen finde ich Steuern grundsätzlich eine gute Idee, zum anderen zahle ich sie kaum dank meines geringen Einkommens. Steuerberater kommen mir gefühlt vor wie die größten Vollpfosten der Menschheit, weil sie sich das zum Beruf gemacht haben. Aber wie würde ich das Ganze wohl sehen, wenn ich dafür Geld bekommen, die Materie wirklich kennen würde und zudem Kunden haben, denen ich mit meiner Arbeit helfe? Und vielleicht gibt es Steuerberater, die einen Zahlenfetisch haben oder dergleichen, und in jedem einzelnen Auftrag voll aufgehen. Will ich es anzweifeln, wo ich inzwischen eine ziemlich unnatürliche Freude an kürzesten Verbindungen zwischen A und B entwickelt habe?
Zudem sind Kunden für mich auch immer Geschichten, Erfahrungen, Erlebnisse. Als ob ich meine Arbeit über gefahrene Strecken definieren würde!
Für mich selbst ist Taxifahren wohl ein Job, „der’s bringt“. Und für die anderen?
Also meine Kundschaft ist meist froh gewesen, dass ich mit dem Auto da war. Ob ich als der etwa 15.000ste Taxifahrer in Berlin wichtig bin, darf zwar bezweifelt werden, aber in jedem einzelnen Fall hilft meine Arbeit anderen Menschen. Also existiert da sogar ein gewisser gesellschaftlicher Nutzen. Wie viel mehr braucht es noch?
Ja, Leute hin- und herfahren bringt’s. Für mich und die meisten Kollegen – und für die Kunden auch. Und das ist ok, auch wenn wir nicht reich sind und für uns keine Nobelpreise anfallen. Geld scheffeln und Forschung betreiben sind aber ohnehin auch so Sachen, bei denen alle immer fragen, ob’s das bringt. Oder? 🙂