Phantombezahlungen

Phantomschmerzen – davon haben die meisten schon gehört. Die suchen Amputierte häufig heim. Das heißt, es werden Schmerzen empfunden an einem Körperteil, das gar nicht mehr existiert. Oder zumindest anwesend ist. Der Gedanke hat mich schon in Kindertagen ein wenig fasziniert, muss ich gestehen.

Gestern hatte ich dann eine waschechte Phantombezahlung, also einen Kunden, der eine Strecke bezahlt hat, die er gar nicht gefahren ist. Eine überaus seltene, aber nette Geste.

Eigentlich wollte er vom Ostbahnhof aus nach Rummelsburg. Wir sind auf seinen Wunsch hin durch den Boxhagener Kiez gefahren und ausgerechnet, als ich endlich den langsamen Bus vor uns überholen konnte, bat er mich, anzuhalten.

„Ich hab da einen Bekannten gesehen, ich steige hier schon aus.“

Kein Problem, warum auch nicht? Das ist ja der Vorteil von Taxis: Man kann sich während der Fahrt noch umentscheiden.

„Dann wären wir bei 7,20 €.“

„Hier, machen Sie mal bitte 11 €.“

Sowas nimmt man gerne an, aber schon das Aufrunden auf einen Zehner wäre ein sehr gutes Trinkgeld gewesen. Dementsprechend hab ich wohl etwas sparsam geguckt. Daraufhin meinte mein Fahrgast:

„Naja, so  viel hätte es doch ungefähr bis nach Rummelsburg gekostet, oder?“

Ich kann nicht ausschließen, dass er das nur gemacht hat, weil er schon an meckernde Kollegen geraten ist. Das wäre natürlich schade. Aber einfach so, in diesem Moment, war es eine verdammt geile Sache für mich. 🙂

6 Kommentare bis “Phantombezahlungen”

  1. Ana sagt:

    „Fahren Sie mal ohne mich nach Rummelsburg weiter, ich zahl auch.“

  2. Sash sagt:

    @Ana:
    Eine Fahrgast-Gedächtnistour … 🙂

  3. egal sagt:

    Ich stieg mal in ein Taxi ein, Zielwunsch genannt, Taxameter eingeschaltet, einen Meter weit gefahren, mein Handy klingelt. Ich bitte eben abzuwarten, der Anruf war wichtig – so wichtig, dass ich nach weniger als 2 Minuten wieder am Taxistand ausgestiegen bin und musste den Startpreis (oder wie das heißt) von 5,50 € zahlen – was ich dann auch gemacht habe. Begründung des Taxifahrers lautete, er könne ja nicht vorne, also vor den Kollegen, stehen bleiben und fuhr dann ohne mich weg. Er hat sich auch nicht wieder hinten angestellt (da standen max. vier Taxis).

    Muss das so?

  4. Sash sagt:

    @egal:
    Naja, der Startpreis ist durchaus dafür gedacht, ganz besonders kurze Fahrten abzudecken. Und ja, im Normalfall ist es auch so, dass man sich nicht unbedingt (wieder) einreihen kann. Hängt natürlich sehr von den Kollegen vor Ort ab, hab da auch schon mal das Gegenteil erlebt.
    Aber der Betrag steht in dem Moment auf der Uhr und er entschädigt uns im Grunde vor allem für das Warten vor der „Fahrt“, ist also so gesehen durchaus zu Recht vom Fahrer bei Dir erhoben worden. Dass es natürlich für dich eine völlig bescheuerte Situation war, kann ich auch nachvollziehen – zumal bei einem so hohen Einstiegspreis (Düsseldorf, oder? Da sind halt gleich 2 km inklusive – hier in Berlin nur rund 100 m.).
    Dass der Fahrer gleich weggefahren ist, lässt mich übrigens vermuten (natürlich weiß ich es nicht), dass er tatsächlich lange gewartet hatte oder sich an der Halte zumindest keine weitere Hoffnung mehr gemacht hat, es ihn also eventuell wirklich einen Haufen Zeit gekostet hat.

  5. egal sagt:

    @Sash:
    Danke für deine Antwort. Das war in Duisburg, also nah dran an Düsseldorf. 😉 Und ja, hier sind auch die ersten x Kilometer bzw. x Minuten Wartezeit inklusive.
    Die Summe habe ich dann zwar mürrisch und ohne Trinkgeld, aber auch ohne Diskussion gezahlt.

    Der Taxistand ist in der Nähe, ich steige eigentlich immer dort ein – die Frequenz ist früh morgens sicherlich nicht so hoch, aber es ist einer der wenigen Taxistände, die es in dem Viertel gibt. Steht dort niemand kommen Kollegen vom Bahnhof rübergefahren. Kurz gesagt: tagsüber gibt es da sicher genügend Fahrten (Renter zum Arzt, etc). Ein Taxifahrer war mal in Plauderlaune und meinte, er bliebe lieber in den angrenzenden Stadtteilen und mache seine 20 Fahrten am Tag zu diversen Ärzten als beim Bahnstreik quer durch NRW zu fahren. Ob 20 eine hohe oder niedrige Zahl ist kannst du besser einschätzen. 🙂

  6. Mic ha sagt:

    Es gibt diese Menschen, die spüren die Manieren noch über das Geld auf. Schönes Ding.

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