Sehr passend

Die gestrige Schicht war langweilig. Extrem langweilig. Wenn ich meinen Kollegen Glauben schenken darf, dann hatte ich rein von der Auftragslage her noch Glück – aber bei genauem Hinsehen waren es nicht etwa viele Touren, sondern ein paar lange, die den Unterschied gemacht haben.

Lange Touren wären ja prima gewesen für lustige Geschichten, aber alles in allem war es wirklich eine trübe Sammlung an Kundschaft. Ein Italiener, mit dem ich mich wegen Sprachproblemen kaum unterhalten konnte oder ein paar Mädels, die so in ihr eigenes Gespräch vertieft waren, dass ich völlig außen vor blieb – so zog sich das durch die Schicht. Fast alle waren müde, maulfaul oder wenigstens uninteressant. Das kommt vor, ich hab dann halt auch eher Dienst nach Vorschrift gemacht.

Nachdem ich dann wirklich eine Stunde mal sinnlos rumstand, verging auch mir die Lust. 27,30 € fehlten mir noch auf mein selbstgestecktes Minimalziel, maximal anderthalb Stunden wollte ich noch auf der Straße sein. Dann wieder Flaute. Ein Kollege am Ostbahnhof murrte über seine Umsätze, bekam dann sogar vor mir seine Tour und war auch wieder da, bevor ich wegkam. Ganze 6,60 € hat er eingefahren – ich erwartete ähnliches.

Als ich zweites unter insgesamt vier Taxen war, näherte sich eine illustere Dreiergruppe und blieb vor meinem Auto stehen. Sie unterhielten sich, ich hab’s aber kaum hören können. Dann traten sie tatsächlich heran und einer der beiden Herren ließ die Dame wissen:

„Wir nehmen jetzt dieses Taxi!“

Mir sollte es recht sein. Wobei ich mich immer noch frage, weswegen sie genau mich ausgewählt haben. Ich hatte mit Abstand das älteste Auto am Stand und zu dem Zeitpunkt vermutlich noch nicht einmal besonders niedlich geguckt. Vor und hinter mir nagelneue E-Klassen, ganz zuletzt dann der Kollege mit einem Touran. Vielleicht waren es ja Blogleser, die sich nicht outen wollten.

Was überhaupt eine gute Erklärung wäre, denn die Fahrt passte wie Faust aufs Auge. Ich hatte vor, schnell meine 27 € einzufahren – und sie hatten eine 27€-Fahrt nach Eiche. Für die Nicht-Berliner: Eiche liegt außerhalb der Stadt direkt hinter Marzahn, wo ich wohne. Eine absolut perfekte Abschlusstour für mich.

(Aber manchmal wird man ja auch einfach so für absurd gute Touren ausgewählt …)

Schon zu Beginn ging es um die Fahrtstrecke. Ich hätte sie auf einer Route ans Ziel bringen dürfen, die zwei oder drei Euro mehr gebracht hätte. Mit den Makeln, dass das meinem inneren Perfektionisten nicht so recht passt (ein schweigsamer Geselle, aber immer wenn er mich ärgern kann, meldet er sich!) und dass sie nicht besser zu fahren war. Also hab ich nochmal nachgehakt und wir sind am Ende zumindest weitgehend meinen Weg gefahren.

„Ach, was macht das am Ende? Einen Fuffi?“

„Da würde ich gerne ja sagen, aber es sind wohl eher um die dreißig Euro …“

Ja, ich hätte den Preis frei vereinbaren können, bzw. sogar müssen. Aber bei Touren knapp jenseits der Stadtgrenze nehme ich gerne den Taxameterpreis, wenn es die Verhandlungen erspart. Hier hätte es sich offenbar gelohnt, doch zu verhandeln. Naja, kleiner „Fehler“ zugunsten der Kunden. Vielleicht bin ich zu gut für diese Welt. Wenn Ihr der Meinung seid, kauft zum Ausgleich eure Weihnachtsgeschenke über meinen Amazon-Link. 😉

Aber ich hatte mich sogar verschätzt. Wie das eben manchmal passiert. Die Fahrt brachte gar nicht mehr als 27 €, sondern nur so ganz knapp. Dann geschah etwas, das ich so von Nicht-Lesern (deswegen mein Verdacht) auch noch nie gehört habe: Ich sollte am Ende nicht einfach auf Höhe des Hauses halten, sondern ruhig noch bis zum Ende der Sackgasse fahren, wenden und dann erst anhalten:

„Das nehmen wir noch mit!“

Ganz harte Liebe, werte Fahrgäste! Aber: WTF?

Am Ende hat es trotzdem nicht gereicht. Die Uhr blieb bei 27,20 € stehen, ich blieb 10 Cent im Minus. Damn! 🙂

Im Ernst: Natürlich mache ich mir nix aus 10 Cent (also 4,5 Cent brutto). Aber wenn man schon Statistiken führt, dann gibt es halt die harte Grenze zwischen „erreicht“ und „nicht erreicht“. Andererseits wäre von dort aus wieder bis weit in die Innenstadt hineinzufahren wirklich nur sinnvoll gewesen, wenn ich noch ein oder zwei Stunden mindestens hätte ranhängen wollen. Also hab ich es gelassen. Und bin trotz der Verwunderung, warum ich die Fahrt bekam und wie man ein Schichtziel so zielsicher treffen kann, einfach nur zufrieden. Und heute gibt es dann hoffentlich ein paar interessante Touren mehr!

Sehr entgegengesetzt

Aus einem Fahrgastgespräch:

„Und der jetzt ist völlig – also 180% – entgegengesetzt.“

Schätze, Pizza ist deswegen zu 360% das beste Essen. 😉

Aus der unergründlichen Welt der Rechtfertigungen

„[…] Weißte, wenn ich schon mal in der Hauptstadt bin … ich dachte ja: Kannste nix falsch machen – hier fahren ja genügend Züge. Aber nein! Der letzte um 22.30 Uhr und der erste erst wieder um 4.30 Uhr! Und die Bullen lassen einen hier ja auch nich‘ einfach mal ein paar Stunden am Bahnhof pennen, also was soll ich sonst machen?“

„Also zu einem Puff?“

„Ja, logo.“

Menschen …

Lost

„Do you maybe know a club called Tresor? We are a little bit lost …“

Gut, zum Tresor war’s nicht weit, aufgegriffen hab ich sie am Franz-Mehring-Platz. Ich hab das junge Paar gerne eingeladen und die paar Meter mitgenommen. Eigentlich keine erwähnenswerte Tour. Dann aber haben sie gesagt, dass sie vom Astra kommen würden und nunmehr seit anderthalb Stunden umherirren würden.

(Hier eine Karte. Grün: Astra, Gelb: Wo ich sie aufgesammelt hab, Rot: Tresor)

Die anderthalb Stunden waren sicher übertrieben, aber ich hab den Faden mal aufgenommen und gesagt:

„Well, if it lasted one and half an hour for you to get here, then I save you from another two hours of searching.“

In Anbetracht der Kürze der Fahrt haben sie dann letzten Endes doch auch lachen müssen. 🙂

Gelassen läuft’s …

Ich hatte das Glück, dank meinem Siebensitzer eine fünfköpfige Truppe Spanier schon hinten an der Halte einladen zu können. Eine nette Truppe von Schwermetallern – es war ja derletzt wieder irgendein Festival oder so in die Richtung in der Stadt. Gut, das Radio gab gerade nichts wirklich passendes her, aber wir fuhren trotzdem quietschvergnügt in Richtung Kreuzberg.

An einer Kreuzung schnitt mich ein Limousinenfahrer, irgendwo anders musste ich aufgrund einer ziemlich miesen Ampelschaltung zweimal direkt hintereinander stehenbleiben. Alltag. Der Typ auf dem Beifahrersitz, noch keine 30 Jahre alt, gestikulierte beide Male schon wild herum und traute sich dann irgendwann zu fragen:

„Can I ask you something?“

„Of course.“

„How the fuck can you be that silent while driving?“

„I don’t know. Maybe it’s just my style. But, be honest: Will any vehicle or traffic light disappear because I use my horn or because I yell at someone?“

„Äh, I, no, I think …“

„So why do it then?“

Und dann hat er mich angesehen, als wäre ich ein alter weiser Philosoph, der ihm gerade den Sinn des Lebens offenbart hat. Was man als Taxifahrer selbstverständlich nebenher auch macht.

Mauerfall-Rekordsuche

Der Verkehr am 8. und 9. November war in bestimmten Teilen Berlins ja geringfügig eingeschränkt. Hat jemand noch länger für lächerliche Strecken gebraucht als ich? Würde mich mal interessieren. Also hier meine Rekorde:

8. November: Exakt 30 Minuten von Warschauer Straße/Revaler Straße bis Warschauer Straße/Mühlenstraße.

9. November: 21 Minuten zum Überqueren der Schillingbrücke.

Toppt das jemand oder hat sich die alte Grenze nur an Spätzugezogenen gerächt? 😉

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

Abonniert doch den RSS-Feed von GNIT. Mehr von Sash gibt es außerdem bei Facebook und bei Twitter.

Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Das Übliche

Fundstück vom Rücksitz. Ich werte das mal als Liebeserklärung. Wie immer halt. 😉

"Sie haben mich geköpft!!!" – so viel zu "Lasst Blumen sprechen!" Quelle: Sash

„Sie haben mich geköpft!!!“ – so viel zu „Lasst Blumen sprechen!“ Quelle: Sash