Dank mehrerer Kommentatoren (Ihr wisst, wer ihr seid!) bin ich gestern auf eine Petition aufmerksam gemacht worden, die die Einführung von Lenk- und Ruhezeiten auch fürs Taxi- und Mietwagengewerbe fordert. Man findet sie hier. Sie fordert, dass auch wir Taxifahrer die selben Auflagen wie LKW- und Busfahrer erfüllen müssen, was unsere Arbeitszeiten angeht – was außer mit der Sicherheit auch mit der Ungleichbehandlung von Angestellten und Selbständigen, sowie der Vereinfachung der Durchsetzung des Mindestlohns begründet wird.
Nun, ist das eine gute Idee oder eine schlechte?
Objektiv würde ich sagen, ist es eine gute Idee. Ich hab allerdings als Taxifahrer auch meine Probleme damit.
Zunächst einmal ist klar, dass auch Taxifahrer nicht wirklich zuverlässig eine 16-Stunden-Schicht durchziehen können. Schon gar nicht, wenn es um so Spezialfälle wie Silvester geht, wo man auch tatsächlich die meiste Zeit fährt. Irgendwann wird man müde und unachtsam – und natürlich ist das ein Sicherheitsrisiko.
Darüber hinaus ist es natürlich wirklich unfair, dass Selbständige diese Schichten legal fahren dürfen, Angestellte jedoch früher heim müssen. Schließlich ist in einem Job mit umsatzbasierter Bezahlung die Möglichkeit, noch eine Stunde länger rausfahren zu können, bares Geld. Und auch ich kenne die Momente, wo man sich zwar vor 13 Stunden am Taxameter angemeldet hat, aber einfach noch fit ist. Sei es, weil man ewig Pause, viel Kaffee getrunken oder einfach einen guten Tag hatte. Es fühlt sich unfair an, dann „aufgeben“ zu müssen, obwohl man das mit gutem Gewissen freiwillig tut. Nicht vernachlässigen darf man dabei aber, dass es Chefs gibt, die das ausnutzen. Ich hab schon viele Fahrer getroffen, die sich mit ihrem Tagfahrer nicht nur ein Auto, sondern auch einen Schlüssel teilen – so dass sichergestellt ist, dass sie auch ja beide 12 Stunden arbeiten und sich dann ablösen.
Der letzte Punkt geht auf die Standzeiten und den Mindestlohn ein und ist meines Erachtens nach ein wenig wirr formuliert:
„Im Gegensatz zum LKW-Betrieb kommt es allerdings im Personenbeförderungsbetrieb immer wieder zu Standzeiten wenn auf Kunden gewartet wird. Dadurch wird die Lenkzeit unterbrochen. Trotzdem sollte die gesetzlichen Regelungen, die für LKW-Fahrer gelten, auch im Personenbeförderungsgewerbe angewendet werden. Denn auch das Warten auf Kundschaft gilt bei Angestellten als Arbeitszeit. Und da die Arbeitszeit auf regulär 8 Stunden (Ausnahmen nicht berücksichtigt) begrenzt ist, sollte auch die Lenkzeit bei Selbstständigen ebenfalls wie bei Angestellten begrenzt sein.“
– Auszug aus dem Petitionstext.
Es entstehen also Wartezeiten, die die Lenkzeit unterbrechen, nichtsdestotrotz sollte eine Gesamtarbeitszeit eingehalten werden …
Also geht es eigentlich nicht wirklich um Lenk-, sondern um Arbeitszeiten und damit eher um eine Gleichstellung von Selbständigen und Angestellten. Zusätzlich wird (hier nicht zitiert) erklärt, dass Fahrtenschreiber die Arbeitszeiterfassung vereinfachen.
Und da kommen wir an den Punkt, wo es etwas seltsam wird. Worum geht es jetzt? Dass jeder Taxifahrer nur noch 8 Stunden „auf der Straße“ sein darf – also arbeiten? Oder dass man nur noch 8 Stunden am Steuer sitzen darf? Es gibt sicher für beides Pro- und Contra-Argumente, aber gerade wegen der erwähnten – für LKW unüblichen – Standzeiten, sehe ich da eine wichtige Unterscheidung, die die Petition letztendlich aber nicht trifft. Denn unter Einbeziehung der Standzeiten ist das alles enorm an die Frage der Auslastung gekoppelt. Ich sage ja auch gerne mal:
„Wenn sich unsere Autos alle nach exakt 6 Stunden ausschalten würden, würden wir in den sechs Stunden etwa das gleiche verdienen, wie bisher in zwölf. Einfach weil sich die Zahl der Taxis verringert, die gleichzeitig auf der Straße sind.“
(Davon ausgehend, dass das nicht durch mehr Taxis ausgeglichen wird – wie es in den meisten Städten hierzulande aufgrund von Konzessionsbegrenzungen wäre. In Berlin allerdings nicht.)
Weswegen ich eine Gesamtarbeitszeit auf gleichem Level wie bei LKW-Fahrern schon ablehnen würde, ist, weil schon gezwungenermaßen zu Beginn und am Ende jeder Schicht so ein Leerlauf entstehen würde. So lange es zumindest mal regelmäßig vorkommt, dass man 45 Minuten auf eine Tour wartet, fehlt mir die mitunter am Anfang – spätestens aber am Ende, denn wenn eine Zeitüberschreitung Sanktionen nach sich ziehen würde, dann sollte man sich besser eine Stunde vor Schluss nirgends mehr anstellen oder einloggen, weil man damit eventuell übers Ziel hinausschießen könnte. Ich will hier gewiss nicht Werbung für längere Arbeitszeiten machen, aber wir können eine Stunde vor Schluss noch nicht sagen, wo wir sind, wir haben nicht schon den nächsten Kunden auf dem Navi und die Entfernung zum nächsten Abstellplatz. Und ich rede da wirklich nicht von Ausnahmen, sondern vom Regelfall. Ausnahmen mag es bei LKW-Fahrern auch zur Genüge geben, aber wenn ich mich klassischerweise eine Stunde vor dem geplanten Feierabend an den Ostbahnhof stelle, dann könnte ich 15 Minuten später in Marzahn vor meiner Haustüre, bereit zum Abstellen, stehen – oder aber erst nach 45 Minuten eine Fahrt nach Spandau kriegen, während der dann die Zeit verstreicht und ich noch 20 Kilometer Heimfahrt habe. Und ich glaube sogar, dass diese Freiheit, den Feierabend selbst zu bestimmen, interessante und positive Effekte hat. Auf Zeit-, aber auch Energieverbrauch z.B.
Wenn also eine weiterführende Regulierung, dann würde ich eher über ein Zweistufenmodell nachdenken. Dass 8 Stunden am Steuer das Maximum sind, aber z.B. 10 – 12 Stunden Gesamtarbeitszeit erst die Grenze darstellen. Die Wartezeit ist zwar zu Recht als Arbeitszeit einzustufen, weil wir am Auto sein müssen, sofort reagieren müssen. Trotzdem nutzen wir sie natürlich zur Entspannung und ich sehe keinen Grund, wieso eine Plauderei auf der Straße für einen Taxifahrer den gleichen Stellenwert haben sollte wie eine Stunde höchste Konzentration am Steuer bei einem LKW-Fahrer.
Deswegen werde ich diese Petition so nicht unterzeichnen.

Sie spricht ein wichtiges Thema an und sie ist so gesehen eine gute Idee, sich mal über eventuelle Regelungen Gedanken zu machen. Und die vorgeschlagenen Maßnahmen hätten zweifelsohne auch positive Effekte und würde an manchen Orten und in manchen Betrieben Verbesserungen bewirken. Ich kann leider nicht einschätzen, wie oft das der Fall wäre. Was ich hingegen sicher weiß, ist, dass sie gerade mich stören würden, weil ich den Job eben so mache, wie er mir passt und ich nicht den Hauch eines Drucks von meinen Chefs bekomme und mir meiner eigenen Verantwortung wohl bewusst bin.