„Sind wir nicht neulich schon mit ihnen gefahren?“
„Kann sein. Ich bin aber wirklich schlecht im Merken von Gesichtern …“
„Jaaa … aber von der Sprache her … das könnten Sie gewesen sein.“
„Schon möglich. Aber wissen Sie, ich hab viele Kunden …“
„Egal. Naja, wir waren ja heute auf einem Jazz-Abend und da …“
BÄM! In der Tat hatte ich die Kundschaft derletzt schonmal. Denn in den letzten zehn Jahren (mindestens!) habe ich nur bei dieser einen Tour erlebt, dass jemand „Jazz“ komplett deutsch wie „Jatz“ ausspricht. Und obwohl ich selbst kein Fan von Jazz bin, musste ich mir ein Lächeln verkneifen, als der Senior trotz dieser absurden Aussprache anmerkte, er und seine Frau seien nun „ja schon seit etliche Jahrzehnte inne Szene, wissen ’se?“
Es sagen doch alle oberhalb eines bestimmten Alters „Jatz“. Ich kenn zumindest ne ganze Reihe aus dem Dunstkreis meiner Großeltern, beiderseits, obwohl die in unterschiedlichen Städten wohnen und so. Dort heißen Jeans auch noch „Nietenhosen“.
Unser Rektor (Jahrgang 1954) war auch ein Jatzer und er meinte dass in Deutschland die Musiker prinzipiell Jatz sagen würden…
… was wohl daran liegt, dass diese jahrgänge in der masse keine englische schulbildung hatten. mein vater sagt auch immer noch „michael do-uglas“ und nicht „maikel dagles“ – anfänglich weil er es nicht besser wusste, mittlerweile eher um mich spaßeshalber zu ärgern *g*
@hrhrurur:
Das hätte ich auch gesagt. Aber Leute, die total auf die Musik stehen, mehrmals monatlich zu Konzerten gehen etc. pp.?
@Tim:
Das hatte ich bisher noch nicht gehört.
@whiskey:
Sicher, mangelndes Englisch ist naheliegend. Und auch – um das mal anzumerken – nicht schlimm. Ich vermute nur, man kriegt sowas mit und gewöhnt es sich an, wenn man sich in den entsprechenden Kreisen bewegt.
Ja, auch Leute, die da total drauf stehen und für viel Geld seltene Platten kaufen. Wenn man damit „groß“ geworden ist, bleibt man dabei. Wie mit der neuen Rechtschreibung…
à propos Jazz:
Da fällt mir doch wieder der Kellner ein, der sich jeden Abend 2 Uhr nach Dienstschluss ein „Rauchendes Jazzradio“ per Funk bestellte.
Natürlich, wenn ich den Auftrag bekam, ne gute Tour vom Prenzlberg nach Schöneberg, mit laut Jazzradio UKW 103,3 und ner ordentlichen Rot Händle Wolke im Wagen…
Ich bin teilweise in der Jazz-Szene aktiv, und kann sagen, dass zumindest hierzulande beide Aussprachen sehr verbreitet sind. Da guckt keiner komisch, wenn jemand „Jazz“ sagt. Das hab ich sogar so auf der Uni in meinem Nebenfach Musikwissenschaft mitbekommen, dass ein Dozent das sagt.
Zumindest in einer gewissen Generation ist die Aussprache „Jatz“ m.W. sogar eine Art Schibboleth, um sich als ernsthaft Interessierter zu erkennen zu geben. Ähnlich wie bei den Donaldisten, die trotz aller Englischkenntnisse den Namen „Duck“ konsequent so aussprechen, als sei es der Imperativ von „ducken“.
… übrigens sagst sogar die Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Jazz) dass diese Aussprache möglich ist.
@all:
Mensch, da bewege ich mich offenbar zu wenig in der Szene. Wieder was gelernt! Ihr seid gut! 😀
Selbst der akzeptiert als (seltenere) Aussprache „jats“ 🙂
*der Duden
@s2b2: Wikipedia stellt aber keine Regeln auf, sondern beschreibt zu Ist-Zustände.
anyway: Leute, die Jatz sagen, hören auch diesen neuen Avantgarde-Jazzstil namens Dixieland.
Ich halte es mit Helge Schneider:
[…] BÄM! Der Jatzer! […]
Hi Sash,
Ich will Euch nicht belehren, aber mein Papa (geb. 1930) war einer der ersten großartigen Musikern, die über der deutschen Musiktellerrand hinaus geblickt haben. Ich denke Ihr seid alle noch relativ jung. Bitte versetzt Euch in diese Zeit🙏🙏🙏mein Daddy hat Jaz gehört, ABER es macht die Musik nicht das Wort