Manchmal ist es komisch, an was die Leute so denken oder nicht. Ich bin ja beispielsweise selbst kein Vorzeigebeispiel für durchdachte Lebensplanung, aber als ich mit meinem Kunden vor dem Haus in der Weserstraße stand, wunderte ich mich doch. Bis hier hin war alles prima gelaufen und das war für die Umstände bereits super.
Mein Fahrgast war ein junger Kerl, kaum über 20 Jahre alt und Student aus Frankreich. Das freilich war nichts besonderes, aber ich nahm es schon einmal positiv auf, dass er zielsicher zu sagen wusste, er müsse in die Weserstraße in Neukölln. Doppelte Straßennamen sind hier ja immer wieder ein Problem, insofern war anzunehmen, dass er – das erste Mal in seinem Leben in Berlin – gut gebrieft wurde, bevor er hier aufschlug.
Und nun standen wir in der Weserstraße vor Nummer neununddrölfzig und mein Fahrgast fand auf dem Klingelschild den passenden Namen nicht. Sicher keine epochale Verfehlung, aber es war inzwischen 23.30 Uhr durch und das ist selbst in Berlin-Neukölln nicht unbedingt die Uhrzeit, in der man gerne mal bei den Nachbarn klingelt und munter drauflosfragt, wo denn Herr oder Frau XY wohnen.
„Könnte ich vielleicht … haben Sie ein Handy?“
wurde ich gefragt. Hmpf. Natürlich. Aber mein Handy bedeutet auch meine privaten Daten, mein Geld beim Telefonieren, meine Sorge, dass der Fahrgast damit abhaut. Was in Anbetracht seines etwa zwei Zentner schweren Koffers vielleicht ein wenig übertriebene Angst war. Aber wer gibt schon gerne sein Handy an Wildfremde weiter?
Naja, gutmütig wie ich bin, hab ich’s dann trotzdem getan. Und es war natürlich kein Problem. Der Fahrgast rannte damit nicht weg, das Gespräch dauerte keine halbe Minute und es ist ja auch nicht seine Schuld, dass Mobilfunkkonzerne es einem immer noch so schwer machen, ein Handy im Ausland halbwegs sinnvoll nutzen zu können. Da war ich als Taxifahrer es halt mal wieder, der ein paar Cent investiert hat, um einen gastfreundlichen Eindruck zu erwecken.
Und wenn man es so betrachtet, dann war es – Verplanung des Fahrgastes hin oder her – eigentlich auch in Ordnung so. 🙂
PS: Bitte bitte, erwartet das nicht von uns Taxifahrern! Ich hab Verständnis für jeden Kollegen, der das nicht macht und ich hab es auch schon hier und da abgelehnt. Wir sind als Taxifahrer geschäftlich unterwegs und haben wie alle anderen auch unsere Sorgen, wenn die Arbeit plötzlich ins Private geht. Und heilige Scheiße, was ist mein Handy privat! Würdet Ihr den Supermarktkassierer nach seinem Handy fragen oder euren Rechtsanwalt? Dachte ich mir.
Für solche Sachen (inklusive Anrufe bei Fremden oder unbekannten Personen) hab ich immer ein olles prepaid-Ding bei, bei dem unbekannte (entweder ohne Nummer oder nicht im Telefonbuch) Anrufe abgewiesen werden.
Ich trenne berufliche/private Anrufe bei Bekannten und Anrufe bei Unbekannten da extrem.
Find ich gut! Hab ich geflattrt, damit die vertelefonierte Kohle wieder rein kommt 🙂
Ich habe auch ein altes Kartenhandy bei…würde mein Smarti nie aus der Hand geben …außer ( Unfall Notfall unw.) .lg aus Sachsen
Hmm, Nummer sagen lassen, selbst wählen, auf laut stellen und dem fremden Menschen vors Gesicht halten statt das Ding aus der Hand zu geben wäre keine Option? Ok, ist natürlich nicht der Burner in Punkto privacy aber für so einen „welche Türnr war das nochmal?“ oder „ich bin jetzt am XY Platz und kann Dich/den gesuchten Ort nicht finden“ sollts reichen, oder?
Also mein Durchschnittsfahrer hier in der Gegend hätte das niemals gemacht. Aber die wären auch nicht in der Lage, einen Blog zu führen *gg*.
Lob von mir 🙂 Schön zu sehen, dass es auch noch vernünftige Taxifahrer gibt.
Frage: Worin liegt genau das Problem, mit einem Mobiltelefon, dass mittlerweile die meisten Menschen bei sich tragen, im Ausland zu telefonieren?
Wenn man Angst vor den Kosten hat, die bei einem Telefonat im Ausland höher sind als bei einem Inlandsgespräch, sollte man vielleicht auf Auslandsreisen gänzlich verzichten. Oder sich vorher schlau machen, was ein Auslandstelefonat kostet und sich mental darauf vorbereiten.
@Jürgen: viele Mobiltelefone haben immernoch einen SIM Lock drin, damit du das Handy auch ja nicht mit ner fremden SIM benutzen kannst… und selbst wenn nicht, musst du die Karte hier in D erstmal registrieren/freischalten (was ohne Deutschkenntnissse oder ohne festen Wohnsitz je nach Berater ein Drama sein kann).
@Sash: Meinen Anwalt würde ich schon fragen…
War das bei meinem Arbeitgeber gut, wir hatten fest installierte Autotelefone. Nummer eingeben und über freisprechen telefonieren. Problem gelöst.
@Jürgen:
Gerade erst in Australien erlebt: Eingehende Anrufe kein Problem, inneraustralische Anrufe kein Problem, aber nach Deutschland telefonieren? Vergisses…
Ich musste mir schon zweimal von mir völlig unbekannten Menschen im Zug das Handy leihen. Einmal, weil unser Zug unerwartet 45 Minuten Verspätung hatte und ich der Person, die mich vom Bahnhof abholen wollte, Bescheid sagen musste und einmal weil der Akku meines Handys kaputt gegangen ist und ich gar keine Möglichkeit mehr hatte, irgendwen zu erreichen um meine Ankunftszeit kund zu tun. Auf dem Land ist das relativ wichtig.
Nun: Die beiden, die ich gefragt habe, haben mir ihr Handy einfach gegeben, die Wählfunktion aufgerufen und gut war. Man kann zwar im Zug auch schlecht weglaufen, aber ganz ehrlich? Ich würde mir am wenigsten Gedanken darum machen, dass jemand, während ich daneben stehe, in meinen privaten Daten auf dem Handy herumschnüffelt. In den aller, allermeisten Fällen haben die Leute nämlich gerade wichtigeres im Kopf.
Natürlich spielt auch der Eindruck eine wesentliche Rolle. Wenn der mir Gegenübersitzende der letzte „Schlonz“ ist, dann werde ich ihm mein Handy wohl weniger gerne geben als einem gepflegten Menschen, womöglich noch mit schwerem Koffer.
@Jürgen:
Man muss nicht einmal bis Australien — als ich neulich von Island nach Deutschland zurückgekehrt bin, habe ich feststellen müssen, dass sich die isländische SIM-Karte hier in Deutschland in kein Netz einwählen wollte, und als ich neulich jemanden aus Lateinamerika, der sich in Deutschland, wo er die allermeiste Zeit war, eine Karte gekauft hatte, in den Niederlanden getroffen habe, hatte er versehentlich kein Guthaben mehr und konnte in den Niederlanden nicht telephonieren (und hätte mich ggf. nicht über eine Verspätung zum Treffen informieren können), was ihm aber zuerst nicht bewusst war, weil er eine Flatrate hatte, mit der er innerhalb Deutschlands deutsche Telephone (inkl. Handys) anrufen konnte.
um mal an @tina’s Gedanken anzuknüpfen: Kommt das öfter vor? Dann würde ein günstiges Bluetooth-Freisprech-Kit und schlimmstenfalls eine günstige All- oder Festnetzflat Kosten UND Risiko minimieren. Wenn’s dir den Aufwand wert ist. 🙂
@Schuetteltier und Buscher Christel:
Gute Lösung. Aber so selten wie das ist, werde ich mir wahrscheinlich keines anschaffen. Alte Handys sind bei mir eher Mangelware, da ich die Dinger lange nicht genutzt hab. Und da man Prepaid heute auch meist nach einem halben Jahr wieder aufladen muss, wäre das wohl eher ein Minus für mich. 🙂
@Andi:
Hui. Danke! 😀
@tina:
Da macht man sich aber auch sehr zum Klops bei. 😉
@Jürgen:
Siehe die anderen Kommentare.
@Die Barschlampe:
Ausnahmen bestätigen die Regel! 😀
@Nania:
Ich mache mir auch keinen Kopf, dass irgendwer was sensibles erschnüffelt. Aber welches Handy ich habe, welches Betriebssystem, Hintergrundbild, welche Apps laufen gerade … das ist alles nicht wild, aber ich muss es auch niemandem auf die Nase binden, den ich nicht kenne.
hrururur: Hast du dran gedacht, dass Telefonate von Australien nach Deutschland nicht mit der üblichen 0049, sondern mit 001149 beginnen müssen?
@Barschlampe, @hrururur, @obscurum: Bitte nicht missverstehen. Ich wundere mich einfach immer wieder, wie die moderne Kommunikationstechnik und die dafür angebotenen Tarife einen ganz schnell hilflos dastehen lassen.
Ein Mobiltelefon mit Prepaid-Karte ist da doch einfacher zu handhaben. Bei Auslandsreisen, speziell ins nichteuropäische Ausland, Guthaben vorab aufladen, und ansonsten versuchen, so oft wie möglich übers Festnetz telefonieren (z.B. vom Hotel aus), was oftmals günstiger ist und in vielen Fällen eine bessere Verbindungsqualität gewährleistet.
Hätte ich der fremden Frau, deren damaliger Freund mich anschließend verhörend noch ein paar Male anrief, nicht mein Handy geliehen, wäre mir eine sich später verfestigende Liebschaft durch die Hände geronnen.
Aber ist natürlich die Frage, ob dir solche Chancen die Entscheidung bei einem französischen Studenten leichter machen würden.
Die Telefonkosten für den Fahrgast wären eigentlich ziemlich niedrig.
Gibt doch seit einigen Jahren die EU-Verordnungen zum Roaming.
Pro Minute hätte er 29 Cent bezahlt, das ist lustigerweise auch der Betrag den ich für eine Minute nach Verbrauch meiner Freiminuten zahlen würde.
SMS liegen sogar nur bei 10 Cent, das ist quasi identisch zu günstigen Prepaidverträgen (und ein Drittel des Betrages den die Telekom in ihren Verträgen nach Aufbrauch des Freikontingentes möchte!).
Er sollte halt nur nicht Skype nutzen^^
Geht mir auch so. Ich habe erst keinen Bock das Handy rauszugeben und mache es dann doch – aus Gutmütigkeit (oder Blödheit). Das mit dem alten Prepaid-Handy ist eine gute Idee.