Der bin dann wohl ich …

„Komm her! Hier, Taxi!“

„Nee, den will ich nicht!“

„Aber …“

„Ich will den da!“

Sprach’s und zeigte im Rahmen einer leicht kreisenden Handbewegung auf mich, der ich hinter dem Kollegen auf Position 2 stand. Ich hab’s mal als Kompliment genommen. Und so lange es nur ums Taxifahren geht …

Aus der Reihe „Unterschiedliche Wahrnehmungen“

Ich hatte eine wirklich total fantastische Tour. Vom Berghain zu Tom’s Bar, der Klassiker schlechthin. Viel interessanter war aber der Typ, ein eigentlich recht typischer Vertreter der Kundschaft, die sich von diesem Club zu dieser Bar fahren lässt: Dunkel gekleidet, war sicher auch etwas Leder dabei. Dazu ein modischer Bart und dieses ultrarelaxte Auftreten, das im Taxi gefühlt nur die schwule Kundschaft an den Tag legt.

Netter Kerl jedenfalls, kam von der amerikanischen Westküste. Ich hab keine Ahnung, ob er nur zum Feiern hier war, jedenfalls war ihm die Schlange am Berghain zu lang und er wollte den Abend vor dem Heimflug dann lieber gemütlich ausklingen lassen und hat zu diesem Zwecke eine recht interessante Diskussion zur NSA-Affaire und der deutschen Innenpolitik angefangen. Und ja, auch jenseits des großen Teiches leben vernünftige Menschen!

Dann kamen wir an, er freute sich kurz über die schnelle Fahrt, mich, Gott und die Welt und drückte mir einen Zwanziger in die Hand:

„Keep the change!“

„Oh, well …“

Auf der Uhr standen 16,40 €.

„I know, it’s not much.“

Darauf ist mir dann auch nix mehr eingefallen. Ein paar Unterschiede gibt es dann wohl doch noch. 😀

Erstaunlich passend.

Das mit dem Taxitarif ist ja so ein Ding, über das man sich – so man will – leidenschaftlich streiten kann. Er ist halt erkennbar ein Kompromiss und es liegt damit wohl in der Natur der Sache, dass viele Fahrer ihn sich gerne höher wünschen und viele Kunden niedriger. Und wieder andere andersrum. Ist ja auch kein Thema, das voller einfacher Wahrheiten wäre. Lustig isses aber, wenn man ausgerechnet nach einer eigentlich fast schon bescheuerten Tour denkt, dass es erstaunlich gut passt.

Bei mir war das eine Gruppe von Partygängern, die mir am Ostbahnhof ziemlich weit hinten in der Reihe ans Auto gelatscht kamen und mich fragten, ob ich sechs Leute mitnehmen könnte. Kein Problem soweit – zumal ich hier mal sagen möchte, dass ich in den letzten Wochen ausgesprochen gute Erfahrungen mit großen Gruppen hatte. Einen der Zusatzsitze hatte ich schon ausgeklappt, der Rest ging dann schnell.

„Alles klar, wo soll’s denn hingehen?“

„Zum Kater Holzig.“

„Aber Ihr wisst, dass das nicht weit ist?“

„Ja, wir wollen nur nicht laufen.“

Dann isses ja ok. Wenn mein Taxameter nicht plötzlich das Zählen verlernt hat, dann sind das offenbar nur rund 800 Meter. Fahrpreis 4,60 €. Plus zweimal 1,50 € Zuschlag für Person 5 und 6. Das ist jetzt pro Kilometer natürlich horrend. Aber Kilometer beschweren sich nicht. Die Jungs haben für ihre Faulheit jeder 1,27 € gezahlt. Das schüttelt man ja wirklich mal aus dem Ärmel. Da sind 50 Cent Aufpreis für Käse auf dem Döner ähnlich bekloppt oder eben nicht. Und ich war für ein paar wirklich winzige Arbeitsmomente und durchaus auch noch für ein paar Minuten Warten eigentlich recht gut entlohnt. Selbst mein Chef kann sich nicht beklagen, denn dank kaum vorhandener Betriebskosten bei so einer Strecke bleibt von der Tour unterm Strich recht viel übrig.

Eigentlich wäre es toll, wenn jede Taxifahrt diese Bilanz hätte. Was natürlich leider nicht klappt. Wenn man alleine unterwegs ist, wird es schnell teuer für die Fahrgäste. Warte ich lange, ist mein Lohn zu niedrig und fahre ich ewig auf der Suche nach Kundschaft rum, zahlt mein Chef bei den Betriebskosten drauf. Irgendwas ist halt immer.

Aber jetzt freu ich mich einfach mal für den kleinen Moment der Ausgeglichenheit. 🙂

Tour des Tages

Vorwort:

Um ehrlich zu sein, wollte ich diesen Artikel heute nicht schreiben. Ich hatte zwar genug Stichworte und Erinnerungen hier rumliegen, aber mir war danach, es an meinem Geburtstag mal gut sein zu lassen. Nicht ohne Grund höre ich an meinem Geburtstag immer als erstes dieses Lied. Ich bin ja immer da und mache dieses oder jenes, aber auf meinen Geburtstag freue ich mich immer noch wie ein Kind und lasse es mir gut gehen. Momentan trinke ich ein Bier und höre Musik, heute Abend geht’s dann ins Kino (Gravity – den man schon wegen dieses absolut grandiosen „Verrisses“ von Eugen Reichl ansehen muss.). Und dann mal sehen. Was leckeres kochen vielleicht.
Naja, Schreiben kam da eigentlich nicht drin vor. Aber während im großen Hohlraum unter meiner Schädeldecke die Beats von Lars Ulrich miteinander Fangen spielten, ist mir doch ein wenig unwohl geworden bei dem Gedanken. Dass ich da so sitzen konnte, verdankte ich dem Leser oder der Leserin, der/die mir die neuen Kopfhörer geschenkt hat. Ihr seid meinem Aufruf fleißig gefolgt und auch wenn ich dieses Vorwort hier ziemlich breittrete, kann ich gar nicht alle Geschenke aufzählen. Haufenweise interessante Bücher, daneben praktische Helferlein für die Küche, neue Spiele, Chilis, Socken, und und und … das sich über Geburtstage freuende Kind in mir ist jedenfalls überglücklich. Und es ist noch nicht einmal alles angekommen.
Naja, irgendwie kam ich mir jedenfalls doof vor, ausgerechnet heute nicht zu bloggen, wo mein heutiger Tag doch auch durch Euch so großartig ist. Also hab ich eben die Herren Hetfield und co. um eine Pause gebeten und den Tab mit WordPress geöffnet. Fühlt sich fast noch besser an. 🙂

So, jetzt aber! Blogeintrag:

Ich kam am Berghain an. War ein günstiger Zeitpunkt. Es lief dort gut, die Schlange am Eingang war lang. Ergo: Viele Leute, die abgewiesen werden und woanders hin müssen. Sicher, das sind nicht die dicken Touren, aber wenn man schnell wieder weg ist von der Halte … und manchmal sind ja auch Glücksgriffe dabei. Meiner war etwas sonderbar.

Eine fünfköpfige Truppe Jungs, meiner bescheidenen Interpretation nach Kanadier. Die Interpretation stützt sich vor allem darauf, dass sie französisch sprachen, mit mir aber in gutem Englisch reden konnten. Etwas, das ich bei Franzosen noch nie erlebt habe, der Akzent ist immer unter aller Sau – allerdings auch so unglaublich witzig! 🙂

Naja, ist ja auch egal. Die Jungs fragten mich, ob ich sie alle mitnehmen könnte, was ja kein Problem ist. Wie zu erwarten war, wollten sie in einen Club.

„Do you know the Twister?“

„No, sorry guys. Do you have a street for me?“

An dieser Stelle kann mich vielleicht ein Berliner Kollege aufklären. Ich hab noch nie von einem solchen Club gehört und auch die oberflächliche Google-Suche spuckte nur ein Tattoostudio aus.

„Well, no. I, I call my friend. He’s inside …“

Na gut. Soll mich ja mal nicht stören. Ich hab die Uhr noch nicht angemacht, bislang war ja wirklich noch nicht klar, ob das was werden würde. Bis auf einen der Jungs saßen schon alle im Auto, ich hab die Fackel mal ausgemacht, damit die anrückenden Kollegen vorbeifahren. Vor uns war inzwischen Platz frei geworden und ich stand blöd im Weg. Die folgenden Ereignisse auf ihrer Seite kann ich nicht so gut nachvollziehen, denn mein Französisch ist wirklich festgerostet inzwischen. Der Typ hinten rechts, der etwa so aussah wie Justin Bieber an einem Bad Hair Day, telefonierte zwar kurz mit seinem Kumpel, aber irgendwas klappte nicht. Dann wartete er darauf, zurückgerufen zu werden.

Vor uns wurde die Taxischlange kürzer und die Jungs begannen, sich zu entschuldigen. War alles noch im grünen Bereich, aber mit der Zeit wurde ich etwas genervter. Klar wäre es ok gewesen, das Taxameter schon anzumachen, aber das Geschrei wäre sicher groß gewesen, wenn das mit dem Club ausgefallen wäre und sie nur zum Ostbahnhof hätten laufen wollen. Nachdem das Schauspiel aus Telefonieren, Googeln und Warten fünf Minuten anhielt, hab ich einfach mal recht scharf dazwischengefragt, ob das noch was wird und dass ich zwar gerne die ganze Nacht warte, aber dann doch die Uhr anmachen würde.

Mir wurde wirklich aufrichtig geknickt mitgeteilt, dass das bestimmt gleich klappen würde und der schlacksige braunhaarige Typ auf dem Beifahrersitz legte mir eine Zwei-Euro-Münze aufs Armaturenbrett mit der Bitte, die Warterei zu entschuldigen. Eigentlich wirklich herzallerliebste Kerle. Vor allem, wenn man bedenkt, dass sie allerhöchstens 20 waren und schon getankt hatten.

Das mit dem ominösen Twister, das sie „on the internet, damnit!“ gefunden haben wollen, löste sich in Wohlgefallen auf. Aber sie hatten eine neue Idee:

„You know a place called Fits? Fits Club?“

„Do you mean Fritz?“

„Yeah! Filitz-Club!“

Ich wollte, ich hätte mich verhört. Der Fritz-Club liegt – die meisten von Euch wissen das wahrscheinlich inzwischen – direkt am Ostbahnhof, keine 700 Meter entfernt. Wäre ich skrupellos gewesen, hätte sich da sicher was machen lassen, denn die Jungs hatten keine Ahnung:

„Would that be far?“

„You’re serious? This is 400 meters from here.“

Ich war nicht so angepisst, wie das niedergeschrieben vielleicht aussehen mag, aber offenbar war ihnen das selbst etwas unheimlich.

„Uh! That is bad! Shit, man! We let you wait and then …“

„Guys, keep cool. I’ll bring you there, no problem. But it will cost around 6 € for only a few meters …“

… und ich wäre schnell wieder hier, wo sich die Schlange so langsam auf wenige Wagen verkürzt hat. Als wir uns dann letztlich vom Acker gemacht haben, hatte ich sicher ein paar Minuten länger gewartet, als wenn ich einfach in der Schlange vorgerückt wäre. Aber: So ganz mein Schaden sollte es nicht sein. Denn in ihrer Sorge, das mit dem Fritz-Club wäre zumindest mal für mich scheiße, haben sie schnell noch das Ritter Butzke ins Spiel gebracht. Mit grob einem Zehner ist das zwar keine Hammer-Tour, aber immer noch besser als die üblichen Verdächtigen der abgelehnten Berghain-Kundschaft (Watergate, Tresor, Kater Holzig, RAW, Suicide Circus …)

Außerdem hatte ich ja noch die zwei Euro auf dem Armaturenbrett. 🙂

Deutsche über alles?

„Ach, das ist ja mal nett!“

„Was denn?“

„Na, mal einen deutschen Fahrer zu haben!“

„Ach? Mein Kollege Muhammed, mir dem ich mich gerade unterhalten habe als sie angekommen sind, fände das sicher nicht sehr nett.“

„Oh! Der fährt auch Taxi?“

„Länger als ich. Der hätte sicher kein Navi gebraucht.“

„Machen die Türken das nicht immer?“

Ich hab’s nicht fertig gebracht, sie rauszuschmeißen, weil sie zu alt war. Mit viel Glück erlebt sie die nächste Wahl noch. Das war es dann aber auch. Hoffentlich!

Hallo neue Woche!

Mich gibt’s noch und ich werde wohl wie geplant morgen 32 Jahre alt. Das allerdings hab ich neben vielem anderen nun auch einmal mehr meiner Reaktionsfähigkeit zu verdanken, denn dieses Wochenende war’s mal wieder verdammt knapp. Mir sind keine Kunden an die Gurgel gegangen und auch die kuriose Vermutung meines Arztes, meine Arbeit wäre unglaublich anstrengend, hat sich nicht bewahrheitet. Stattdessen wäre ich beinahe Opfer nicht erfolgter Ruhestörung geworden.

Im einen Moment freute ich mich noch, dass die Ampel lange genug grün blieb und beschleunigte auf die ab dort gültigen 50 km/h hoch, als ich von der Grünberger über die Warschauer zu flitzen gedachte, im nächsten Moment verhinderte dann nur noch eine Vollbremsung den Zusammenstoß mit einem von links auf die Kreuzung pfeffernden Rettungswagen. Der hatte nämlich – mit sicher bester Absicht – sein Einsatzhorn nur für eine halbe Sekunde angemacht. Und zwar in dem Moment, in dem er auf die Kreuzung fuhr …

Auch das Blaulicht war vorher zumindest nicht auffällig genug, als dass ich’s wahrgenommen hätte, von der Einsicht her ist die Kreuzung auf der Seite einfach blöd. Aber gut, wie eingangs erwähnt: Lief alles glatt. Ich bin in die Eisen, der Fahrer des Rettungswagens hat geistesgegenwärtig beschleunigt und am Ende war es nicht einmal mehr überragend knapp. Eine Schrecksekunde mehr wäre aber definitiv wenig hilfreich gewesen.

Deswegen: Augen auf. Dann überleben wir auch einen Montag mit links! 😉

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

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Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Rettungen …

Da will ich mich gerade nach Hause schleichen; im Wissen, ganze 50 € hinter meinen Erwartungen zurückgeblieben zu sein. Und dann hab ich nochmal Winker. Am Ende waren es nur noch 20 €, die gefehlt haben. Die letzte und ungeplante Tour hat mal wieder alles rausgerissen und die Schicht von „Bockmist“ zu „Ach, passt schon irgendwie“ gedreht. „Supergeil“ war da einfach nicht mehr drin. Aber die Fahrt suchte wirklich ihresgleichen.

Die Truppe selbst war ehrlich gesagt eher nervig. Angetrunken, laut, doofe Prolls noch dazu. Aber, um ehrlich zu sein: mir gegenüber eigentlich ganz nett. Erst zu einem Club, der leider schon zu hatte, dann zur Heimat der großen Truppe. Zu guter Letzt musste der inzwischen weggezogene Genosse auch noch heim. Das sieht auf der Karte dann schnell mal so aus:


Größere Kartenansicht

Ich belasse es jetzt einfach mal dabei, mich über den Glücksfall zu freuen.

PS: Wegen der 20 fehlenden Euro fahre ich heute nicht mehr raus. Die erledige ich nächste Woche einfach so nebenbei mal mit. Und ich bin guter Dinge, denn bis Silvester geht es jetzt erst einmal wieder aufwärts mit den Umsätzen. 🙂