Die guten Kollegen

Es gibt sie trotz aller Unkenrufe.

So, nicht bloggen klappt bei mir irgendwie nicht. Jetzt ist eigentlich nicht meine Zeit, aber ich sitze an der Tastatur. Das hat wohl so zu sein. Naja. Heute hat das viel mit dem Verlauf der Nacht zu tun, denn im Gegensatz zu mir ging es meiner besseren Hälfte nicht sehr gut. Und da wollte ich eben wachbleiben, bis sie wieder aufwacht. Nicht, dass es schlimmer geworden ist.
Das hat sich inzwischen erledigt. Manchmal erwischt es einen ja einen Tag richtig übel und am nächsten ist man beinahe wieder fit. Das scheint der Fall zu sein, hat aber auch nur mit Hilfe eines Kollegens so gut geklappt. Kurzum: Wir waren heute Nacht in der prekären Lage, um 3 Uhr Medikamente zu brauchen. Nix wildes, aber eben auch nichts, was man beim Döner gegenüber bekommt. Was tragisch war, schließlich wissen wir alle um die grundsätzliche Heilungskraft von Pizza Bescheid. Manchmal hilft aber auch die nicht.

Nun ja, verwöhnte Städter die wir sind, war der Plan, eine Notfallapotheke aufzusuchen, naheliegend. Also kurz bei Onkel Google nach der heute zuständigen gefahndet und zwei S-Bahnstationen entfernt fündig geworden. Prinzipiell ein im wahrsten Sinne des Wortes gangbarer Weg – aber wer ungerne leidende Partner für eine Stunde alleine irgendwo rumliegen lässt, versteht vielleicht, dass ich umgehend an ein Taxi dachte. Ich hatte ja selbst schon mehrere solche Touren. Ihr könnt ja gerne mal hier, hier, hier und hier aus verschiedensten GNIT-Epochen die Fahrten nachlesen.

Zunächst bin ich einfach auf die Straße getapst, da hier – warum auch immer – gefühlt immer ein Taxi vorbeikommt, wenn ich aus dem Haus gehe. Nun natürlich nicht. Also schnell die vielversprechendere der beiden Zentralen angerufen und die Zusage „in 5 bis 10 Minuten“ bekommen. 10 Sekunden später dann die SMS, dass der Wagen XYZ in 4 Minuten da sei. Aber kaum da ich an der abgesprochenen Ecke war, kam das Taxi bereits. Pünktlich wäre eine Untertreibung. Dass die Fahrt nur rund zwei Kilometer lang sein sollte, hat den Kollegen überhaupt nicht gestört, gleichwohl aber war er erfreut zu hören, dass es mit kurzer Wartezeit auch wieder zurückgehen würde.

Er hat sofort den bestmöglichen Weg durch einige Nebenstraßen eingeschlagen und mich gefragt, welche Apotheke das genau sei, da wären ja drei relativ dicht aufeinander im selben Eck. Wow!
Dass wir zunächst die falsche angepeilt haben, kann ich ihm auch nicht anlasten, denn ich hätte trotz meines vorherigen Nachsehens bei Google die richtige auch 300 Meter versetzt eingeordnet und sie zu Fuß allerhöchstens nach ewigem Gesuche gefunden. Das sind die Nachteile der Plattenbausiedlungen hier. Manche Adressen sind echt nicht leicht zu finden …

Bis vor die Tür fahren konnte man nicht, also hab ich in völliger Selbstverständlichkeit den fürs Taxi eingesteckten Zwanni aufs Armaturenbrett gelegt und gemeint:

„Ich lasse den jetzt schon mal da, damit klar ist, dass ich nicht gleich die Biege mache …“

Ein bisschen hatte ich das Gefühl, dass er sich gefreut hat, mich nicht nach einem Pfand anschnorren zu müssen. Und als Kunde geht man damit auch überschaubare Risiken ein, so lange man die Konzessionsnummer des Taxis kennt.

Das mit der Apotheke hat trotz verschlafenem Jugend-Klon von Philipp Rösler ganz gut geklappt und binnen weniger als 5 Minuten saß ich wieder im warmen Auto. Im Übrigen auch ein B-Zafira. 🙂
Auf meine Adressansage „Marzahner Promenade 26“ kam auch nicht etwa eine Nachfrage, wo das da denn genau liegt, sondern eine ironische Bemerkung:

„Na dat is ja’n Ding! Da hat man eine Apotheke im selben Haus und muss dann mit der Taxe zum Notdienst!“

Und ja, da haben wir fast immer Pech. Wir haben sage und schreibe 3 Apotheken, die Luftlinie weniger als 100 Meter (!) von unserer Wohnung entfernt sind. Aber nachts krank werden wir nur, wenn die anderen Notdienst haben …

Der Kollege ist mit mir gut gelaunt übers eher nicht so dolle Geschäft plaudernd einen fast schon peinlich perfekten Weg zu mir gegurkt. So fahre nicht einmal ICH zu mir nach Hause!
Beim Trinkgeld war ich für meine Verhältnisse und für diese absolut vollumfänglich perfekte Fahrt viel zu geizig. Aus Fahrersicht völlig ok (ich hab aus 13,80 € mal eben 17,00 € gemacht.), aber eigentlich nichts dafür, wie gut und zudem wichtig mir die Fahrt war. Vielleicht ist es tatsächlich normal, dass man beim Trinkgeld irgendwie irrational ist. Er hingegen hat sich ziemlich gefreut, weswegen ich nachgeschoben hab, dass ich „den Spaß“ ja selbst machen würde, „aber glücklicherweise eher am Wochenende“.

Das sind so Kollegen, mit denen ich gerne in einen Topf geworfen werde und bei denen ich aber auch neidlos anerkennen kann, dass sie mehr Erfahrung und eine bessere Ortskenntnis haben als ich. Und genau solcher Kollegen wegen sage ich immer und immer wieder, dass ein Großteil der Taxifahrer da draussen gute Arbeit macht und man sich nicht von ein paar (zweifellos vorhandenen) Idioten abschrecken lassen sollte, wenn man überlegt, ob es eine gute Idee ist, ein Taxi zu nehmen, um sich bereits nach 20 Minuten wieder um seinen Partner kümmern zu können – statt in einer Stunde erst.

11 Kommentare bis “Die guten Kollegen”

  1. Busfahrer sagt:

    diese angewohnheit habe ich von dir übernommen – wenn ich ein taxi, für eine kurze tour, brauche habe ichein schlechtes gewissen und gebe auch sehr großzügig trinkgeld. böser sash mit seiner gnit-schule 😉

  2. sb sagt:

    Ich gebe im Taxi jetzt i.d.R. auch mehr Trinkgeld – nicht nur bei kurzen Strecken-, aber es variiert je nach Fahrer auch mehr als früher.

  3. philipp sagt:

    Ich auch… wobei meine letzte Fahrt bei einem Fahrpreis von über 100 Euro komplett trinkgeldlos verlief. Hatte der Fahrer aber auch nicht anders verdient.

    Es gibt sie bestimmt diese guten Fahrer – aber ich bekomm irgendwie meistens die anderen.

  4. sb sagt:

    Ach ja, gute Besserung für deine bessere Hälfte.

  5. SaltyCat sagt:

    philipp… details bitte 😉

  6. nadar sagt:

    Da sage noch wer, „only bad news are good news“.
    Sash, du hast dem Fahrer hoffentlich auch ein mündliches Lob zukommen lassen. Sowas erfreut teilweise mehr als ein noch so üppiges Trinkgeld – bzw nennt den Grund für letzteres.

  7. Sash sagt:

    @Busfahrer:
    Ach, das schlechte Gewissen hab ich selbst nicht. Ich halte ja nicht viel von Kurzstreckenmuffeln. Das Trinkgeld ist eher so eine grundsätzliche Angewohnheit.

    @sb:
    Danke. Für beide Aussagen. 🙂

    @philipp:
    Manchmal hat man halt Pech. Aber dann ist kein Trinkgeld ja auch immerhin etwas. 🙂

    @nadar:
    Ich muss zugeben, dass ich mich nicht ausdrücklich bedankt habe. Aber ich bin ja auch so ein umgängliches Kerlchen, das gut zwischen den Zeilen Lob und Zufriedenheit ausdrücken kann.
    Du hast natürlich Recht, aber man macht nie alles richtig. Weder als Fahrer, noch als Kunde. 🙂

  8. ednong sagt:

    So fahre nicht einmal ICH zu mir nach Hause!

    Auch wenn er das hier nicht lesen wird (tipp ich mal) – das ist doch eigentlich schon ein richtig gutes Lob. Da würd er sich bestimmt auch riesig drüber freuen 😉

    Ich hoffe, Ozie gehts wieder gut.

  9. Micha sagt:

    „Es gibt sie trotz aller Unkenrufe.“

    Ich hatte in meinen 30 Jahren Stadterfahrung bisher EINEN miesen Taxifahrer. Und der hat vom Wismarplatz felsenfest behauptet, das sei der Boxhagener. Bin ich den Rest eben geschlappt. Vielleicht nicht gerade representativ, meine Erfahrung, aber wir leben in Deutschland positionstechnisch in keiner Service-, sondern vielmehr in einer Kundenbenimm-Wüste. Vielmehr sind mMn die Erwartungen des Allgemeinbürgers an einer erwartbaren, aber ja nicht vorgeschriebenen Verhaltensweise so hoch, das eine davon abweichende Reaktion mit keiner Toleranz mehr bedacht werden kann. Begrüßt mich der Taxifahrer nicht beim Einstieg, sondern ist nach den 10-12 Fahrten in der Nacht menschenmäßig bedient, gibt sich die Frage nach dem Warum schon garnicht mehr, vielmehr ist der Zugestiegene ab sofort affektiert. Dabei zu denken, dass der Taxifahrer vielleicht in schwieriger Position ist, das ist wohl nicht drin im Toleranzspektrum. Doch wieviel gibt man her, wenn man als Kunde den ersten Schritt in Richtung gut-ablaufender Kommunikation macht? Und wieviel „Vorbelastung“ bringt ein Taxifahrer in solch eine Situation? Was spielt Geld für eine Rolle, wenn ich dem Taxifahrer auf die Scheibe klopfe, ihn vom Lesen oder Rauchen oder was auch immer wecke und er aus Reflex ehrlich reagiert?
    Was ich eigentlich schreiben wollte: Ich empfind die Überschrift als zu polemisch. Ich denke, dass du, unbekannter Sash (den ich gerade zum ersten Mal entdecke und vermutlich falsch deute), ruhig selbstbewusster die Rolle des Taxifahrers in die Überschrift packen könntest. Praktisch so wie „was wollt ihr?“ oder „wer sich beschwert, kennt diesen Mann nicht.“ oder so. Meine ich auch, weil wenn man viel mit Kunden zutun hat wie wir, dann baut sich v.a. Frust auf, weil sich aus Prinzip freundliches Auftreten lohnt bis zum nächsten aus prinzip unfreundlichen Kunden. Klar, davon lässt sich man nicht aus der Reihe werfen, aber bei gehäuften auftreten (und das ergibt sich), macht man sich selbst eben keine Freude indem man sich devot in deren Erwartungshaltung pressen lässt. Gerade hier in dieser „Geld entscheidet darüber“-Gesellschaft.
    Kann das auch alles falsch sehen. Wie siehst du das?

  10. Sash sagt:

    @ednong:
    Als solches Kompliment war das auch gedacht. 🙂
    Und Ozie geht es im Vergleich zu gestern fast komplett wieder gut.

    @Micha:
    Ich würde sagen, dass das alles eine Gratwanderung ist. Natürlich kann sich nicht jeder nach einer beschissenen Tour dazu aufraffen, die nachfolgenden Fahrgäste mit einem Grinsen und einem dahingeträllerten „Ein wunderschöner Abend Ihnen allen!“ zu begrüßen. Natürlich haben wir Taxifahrer das Recht, nicht wie Roboter zu reagieren und vor allem natürlich auf das Verhalten des Kunden zu reagieren. Und das durchaus konsequent von der Anbringung von Zweifeln bis ggf. in die rechtliche Grauzone hinein, indem wir eine Beförderung ablehnen.
    Allerdings würde ich nicht sagen, dass das in jedem Fall eine gute Entscheidung ist – wie man natürlich auch mit jedem anderen Verhalten irgendwann mal falsch liegen wird. Dass heute drei Kunden hintereinander Stress gemacht haben, hat eben nichts über den Vierten zu sagen und ich sehe da schon die Stärke eines Dienstleisters, wenn er in so einer Situation nicht in irgendeiner Form seinen (in diesem Moment nicht das Geschäft mit jenem Kunden betreffenden) Frust Raum verschafft, sondern ihm mit möglichst positiver Grundhaltung erst einmal entgegenzutreten, um dessen Verhalten dann für die aktuelle Arbeitssituation zu bewerten.
    So viel zu der speziellen Situation, im Übrigen oft getestet. 🙂
    Die Unkenrufe … naja. Ich schreibe hier großzügig gegen den schlechten Ruf an, indem ich versuche, als halbwegs netter und vernünftiger Fahrer rüberzukommen. Aber Polizei- und Pressemeldungen konzentrieren sich schon anlassbezogen oft auf negative Fälle. Will heißen: Diese Unkenrufe gibt es. Weil es die negativen Seiten auch gibt. Und ich halte es für unsachlich, diese zu verschweigen. Da fühlt sich jeder verarscht, der schon einmal negative Erlebnisse hatte. Und das sind, in der Summe, tatsächlich eine Menge Menschen. Viele nur einmal oder zweimal. Aber das vergessen sie ja trotzdem nicht. Und deswegen schreibe ich das gelegentlich – wie hier – eben dazu.

  11. PMK74 sagt:

    Das mit der Ortskenntnis ist ja insbesondere in Berlin oft stark lokal bezogen. Daher vermute ich, dass Dein Fahrer oft im Marzahn unterwegs ist oder auch dort wohnt. Wenn dieser Fahrer nun eine Adresse oder ein Objekt in Steglitz oder Spandau anfahren soll, könnte es sein, dass die Einschätzung seiner Ortskenntnis dann eine andere wäre…

    Dennoch ist es natürlich prima, wenn der Fahrer in seinem „Heimatbezirk“ dem Kunden ein gutes Gefühl hinsichtlich Service und Ortskenntnis vermittelt.

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