Leute gibt es …

Klar, das könnte man immer schreiben. Aber der heute nacht war wirklich ein Spezialfall. Ich hütete die erste Position am Stand, schon so auf Kundenfang fixiert, dass ich bereits eine Passantin unerwünschterweise angelabert hatte, die sich offenbar für die Werbung auf der 1925 interessierte.

(Das ist ja ein ganz eigenes Thema: Ab wann kann ich Kunden als solche ansprechen, wenn sie nicht direkten Blickkontakt suchen?)

Aber gut. Ich wartete so vor mich hin, bin dann wieder ausgestiegen, um eine Zigarette zu rauchen und kurz danach trat von hinten jemand an mich heran. Auf der Fahrerseite. Schon selten genug. Dass er kein Taxi haben wollte, hab ich gleich gesehen – woran auch immer. Daran, dass er ein wenig verratzt und betrunken daherkam, kann’s nicht gelegen haben. Solche Leute fahre ich ja dauernd. 😉
Er war schätzungsweise um die vierzig, blickte glasig durch die Gegend und kratze sich am Kinn, das bereits vom Bartwuchs einer ganzen Woche gezeichnet war. Er blickte an mir hoch, seine Augenbrauen hoben sich mit und er setzte einen fragenden Gesichtsausdruck auf. Kam mir ziemlich bekannt vor, denn gelegentlich werden wir Taxifahrer am Ostbahnhof von ein paar Obdachlosen nach Kippen oder Kleingeld angeschnorrt. Er hatte allerdings nur eine Frage:

„Samma, Meista: Dis is Berlin, oder?“

„Ähm, ja.“

„Reichshauptstadt?“

„Nee, das nun nicht mehr wirklich …“

„Aber Hauptstadt? Ohne Reich.“

„Darauf können wir uns einigen.“

„OK, dann’s jut.“

Und dann isser ungelenken Schrittes im Bahnhof verschwunden.

WTF?

Morgen wieder …

Ja, morgen geht’s endlich mal wieder auf Tour! Da ich hier bei GNIT ja immer wenigstens noch ein paar Knochen reingeworfen habe, kam Euch die Auszeit von mir wahrscheinlich gar nicht so lange vor wie mir. Tatsächlich aber sitze ich ja wirklich seit dem 24. August zu Hause. Ich gehöre wirklich nicht zu den Leuten, denen ohne ihre Lohnarbeit die Decke auf den Kopf fällt. Und eigentlich sollte ich mir mehr Pausen gönnen. Aber es ist einfach so, dass ich mich immer recht schnell wieder zurück ans Steuer wünsche. Ich mag den Job nunmal. Nicht nur, weil ich damit meine Miete bezahle. Ich freue mich auf morgen, hoffe auf ein paar nette Leute und darauf, wieder irgendwas neues von Berlin oder von meinen Fahrgästen zu erfahren.

Aber heute ist der letzte „freie“ Tag. Wenn man so will. Wenn man wie ich nebenher etwas freiberufliches wie Schreiben macht, dann kennt man das irgendwann nicht mehr. Die letzte Woche, in der ich nichts für die Öffentlichkeit bestimmtes geschrieben oder dafür Notizen gemacht, recherchiert, Fotos gemacht oder etwas konzipiert habe? Vielleicht 2008. Einzelne 24-Stunden-Abschnitte wohl um meine Hochzeit rum, als ich krank und auf Reisen gleichzeitig war.

Ironie des Schicksals, dass ich jedes Mal, wenn ich mich entspannen will, ans Schreiben denke. 🙂

Ich war die letzten anderthalb Wochen nicht untätig. Mal abgesehen von den Blogs arbeite ich an einer Leseprobe für mein Buch übers Taxifahren. Das hab ich – außerplanmäßig – vorgezogen und es könnte damit jetzt recht flott gehen. Denn die Leseprobe ist für nicht weniger bestimmt als dazu, dass meine Literaturagentur (also quasi, noch fehlt meine Unterschrift.) sie Verlagen vorstellen kann. Wie man sieht: Hinter den Kulissen ist auch viel los …

Ändert aber nix dran, dass ich mich darauf freue, mich morgen endlich wieder hinters Steuer der 1925 zu klemmen. Zwei Tage Kurzurlaub an der Nordseeküste sind diesen Monat auch schon geplant, bis dahin sollten wir mal die 400.000 Kiilometer zusammenkriegen. 🙂

Entern in leise

Ich hab drüben bei Sashs Blog heute ein wenig das TV-Duell gestern abend auseinandergenommen. Verdient, wie ich finde. Die eingefleischten Stammleser wird es zumindest mal nicht wundern, dass mich sowohl Merkel als auch Steinbrück ziemlich kalt gelassen haben. Im Taxi hab ich es glücklicherweise nicht oft mit Parteipolitik zu tun. Es reicht ja, dass sich die FDP gegen Taxen wehrt, weil wir Taxifahrer angeblich zu oft zu politischen Meinungsäußerungen neigen würden. Wobei sich die FDP natürlich auch keine Sorgen machen muss, Taxifahrer als Wähler zu verlieren, das ist klar. Vielleicht kann die FDP ohnehin nicht mehr arg viele Wähler verlieren …

Überraschend zurückhaltend haben sich zwei Winker verhalten, die mir schon vor einer ganzen Weile mal zu vorgerückter Stunde ins Auto gefallen sind. Dass sie beide Shirts der Piratenpartei trugen, ist mir nicht entgangen – ebensowenig wie die Tatsache, dass sie hastig die Reißverschlüsse ihrer Kapuzenpullis über den Hemden hochzogen, als sie eingestiegen sind.

Es war eine kurze Tour zu einem Hotel, viel Zeit zum Reden blieb nicht. Aber natürlich interessierte mich, wo sie herkamen.

„Naja, ähm, wir haben da so eine Art Vortrag gehalten …“

„Und ich stand am Mischpult und hab intelligent auszusehen versucht!“

Ah ja … 😉

Ich mag Zurückhaltungen, wenn es um Parteipolitik geht. Und zudem verstehe ich sie, seit es Nazis gibt, die mit Che-Guevara-Kapu rumrennen. Man weiß ja nie, an wen man zu später Stunde gerät. Vor mir hätten sie sich freilich nicht verstecken müssen, ich gebe gerne zu, dass die Piraten von mir mindestens eine meiner Stimmen bekommen werden – was im Übrigen nur recht wenig mit ihrer netzpolitischen Ausrichtung zu tun hat, denn ich gehöre nicht zu denen, die das weit über 100-seitige Wahlprogramm ignorieren, nur weil gerne geschrieben wird, es gäbe keines.

Was ihr am 22. September wählen wollt, geht mich nix an. Und ich will Euch eigentlich auch nicht überzeugen, denn die Diskussionen dazu sind zumeist ekelig. Ich erwähne das mit den Piraten aber gerne, so lange sie sich nicht mal trauen, bei mir im Taxi zu sagen, was sie machen. Leise entern geht halt schlecht.
(Eine schöne Wahlempfehlung/Begründung hat übrigens Anatol Stefanowitsch geschrieben.)

Und jetzt lasst mich in den Kommentaren wissen, wer mich gekauft hat, warum ich böse bin und wessen Kinder ich mit meiner Wahl töte. 😉

Yeah?

Ähm, nun ja. Ich gebe zu, dass ich ein bisschen enttäuscht bin von der Resonanz auf mein Gewinnspiel zum dritten Geburtstag von GNIT. Schon klar, dass nicht jeder eine Handyhalterung brauchen kann – aber nur eine einzige Rückmeldung ist dann doch weit unter den Erwartungen geblieben. Vor allem, weil ich ja eigentlich vier Gewinne hätte rüberreichen können.

Aber gut. An dieser Stelle wird sich Schattenleben freuen. Ein witziges Foto ist ihm/ihr zwar auch nicht gelungen, aber dafür eine ehrliche Begründung, weswegen er/sie das „Spider Podium“ braucht. Und besser ein glücklicher Gewinner als keiner! 🙂

Ich schicke den Gutscheincode raus, sobald mir getdigital.de ihn zukommen lässt. Dem Team und Schattenleben danke ich auf jeden Fall schon mal. Und ich wünsche viel Spaß beim benutzen der Spinne. 😉

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Party!

Wenn ich bei einem Fahrtziel mal richtig ahnungslos bin und mich z.B. wirklich nur aufs Navi verlasse, dann sage ich gerne beruhigend zu den Fahrästen, dass sie sich mal keine Sorgen machen sollen, da sie die ersten wären, die ich nicht ans Ziel bringen könnte. Das entspricht nicht ganz der Wahrheit, ein oder zwei solche Fälle gab es tatsächlich schon. Aber wenn ich das zu Kunden sage, dann weiß ich sicher, dass es dieses Mal nicht passieren wird.

Im Falle der beiden Mädels in der Marktstraße in Rummelsburg hab ich das nicht gesagt. Sie stiegen ein und wollten zum Blockdammweg. Das ist natürlich kein Ding, den kenne ich schon alleine, weil sich an der Ecke dort eine nachts geöffnete Erdgas-Tankstelle befindet, an der ich immer mal wieder tanke, wenn es sich anbietet.

Zur Tanke wollten die Mädels nicht, sondern zu einer Party.

Am Blockdammweg. Puh.

Also gegenüber des Blockdammwegs an der Köpenicker Chaussee muss hinter einer Mauer an der Spree ein Gelände sein, auf dem öfter Parties und Konzerte stattfinden. Ansonsten kam mir die Ecke bislang zu jeder Tageszeit reichlich tot vor. Insbesondere der Blockdammweg selber. Aber gut, natürlich sind in der Ecke viele Industrie- und sonstige Brachflächen. Platz für Party ist ja bekanntlich überall.

Da mir die jungen Damen auch keine Hausnummer nennen konnten, hab ich ihnen gesagt, dass ich keine Ahnung hätte, wo dort genau eine Party sein sollte. Während eine der beiden optimistisch war und mir sagte, wir sollten einfach mal schauen, guckte die zweite verfinstert drein und fand es ganz offensichtlich eine absolute Frechheit, dass ich als Taxifahrer offenbar absolut untauglich war. Weil ich eine – ich zitiere hier kurz das andere Mädel – „eher so kleine und spontane, nicht wirklich angemeldete Party“ nicht kannte. Is‘ klar! Aber was soll’s? Ich hab mich mit der anderen prima verstanden und konnte das ignorieren.

Tatsächlich standen wir dann am Blockdammweg in tiefster Finsternis zwischen zwei Straßenlaternen. Während ich kurz davor war, mal kurz ein Telefonat über mein Handy zu erlauben (was man als Dienstleister nicht manchmal alles macht …), meinte Madame Finsternis jedoch, Musik zu hören – womit die Fahrt glücklich und erfolgreich beendet war, ohne dass ich rausgefunden hatte, wo die Party stattfand.

Manchmal ist das Glück ein nicht zu unterschätzender Begleiter.

Ich will solche Touren eigentlich nicht machen. Wenn das mal schiefgeht, dann ist völlig klar, dass ich der Depp bin. Entweder weil mir (je nach Situation zu Recht oder zu Unrecht) vorgeworfen wird, mich nicht gut genug auszukennen – oder weil ich im Zweifelsfall natürlich niemanden irgendwo mitten auf der Wiese aussetzen will, von wo aus es keinen Heimweg mehr gibt. Deswegen verlange ich eigentlich grundsätzlich irgendeine gültige Adresse, wenigstens aber sowas wie einen Club-Namen, der sich notfalls googeln lässt. Aber je nach Personal und finanzieller Lage lässt man sich halt auch mal breitschlagen. Man will ja helfen.

Schön, wenn’s gut ausgeht, weil die Musik so laut ist. 🙂