oder doch nur Kindergarten?
Dass beim neuen Flughafen in Schönefeld in letzter Zeit alles schief geht, was schief gehen könnte, ist ja kein Geheimnis. Spätestens seit der Eröffnungstermin kurz vorher mal eben um knapp ein Jahr verschoben wurde und ständig herumdiskutiert wird, wer nun woran schuld sei und was das alles wieder kostet, hab ich die Hoffnung ja eigentlich aufgegeben, aus der Ecke noch was sinnvolles zu hören. Und ich hatte Recht, denn die neueste Nachricht ist auch mal wieder herrlich:
Der Landkreis Dahme-Spreewald hat die Taxi-Vereinbarung mit Berlin gekündigt.
(Artikel in der Berliner Morgenpost / in der Berliner Zeitung)
Abseits vom großen Milliarden-Geschacher und den Verschiebungen bei der Eröffnung sorgen ja die Taxifahrer um den Flughafen auch ständig für Publicity. Nur halt nie für gute …
Die Tatsache, dass der Flughafen (auch der alte, bisherige) außerhalb der Stadtgrenze von Berlin liegt, war immer schon ein Streitthema im Gewerbe. Vor allem aber machte die Realität die jetzt aufgekündigte Taxi-Vereinbarung notwendig. Denn das lukrative Flughafengeschäft war für den kleinen Landkreis (LDS), in dem der Airport liegt, schon immer ein bisschen zu viel. Ursprünglich gab es dort nur 40 Taxen, was natürlich zu wenig war, um in Schönefeld einen reibungslosen Betrieb zu gewährleisten. Deswegen – und natürlich auch, weil weit die meisten Fluggäste nach Berlin wollen – durften laut Vereinbarung auch die Berliner Taxifahrer dort Fahrgäste aufnehmen.
Was prinzipiell eine gegenseitige Hilfe und eine Win-Win-Situation war, wurde im Laufe der Zeit im Trubel des Alltags zum Problem. Man ersann eine Regelung mit gesonderten Warteschlangen, die zunächst die LDS-Taxen bevorzugte, da es von ihnen weniger gab, sie also schneller vorrückten. Das nervte die Berliner Taxifahrer und mit Ausblick auf gute Geschäfte mit dem neuen Flughafen zogen plötzlich einige Taxiunternehmen von Berlin nach LDS. Inzwischen stehen LDS-Taxen am Flughafen länger als Berliner Taxen, eine vernünftige Regelung hat im Grunde nie existiert und das einzige, wozu der Hickhack am Flughafen scheinbar gut ist, ist Zwietracht zwischen den Fahrern der beiden Gebiete zu säen.
Daneben gibt es bis heute das Problem, dass es zwei unterschiedliche Tarife gibt, so dass die Fluggäste je nach Kennzeichen des Taxis unterschiedlich viel Geld zahlen müssen. Bekloppt war schon immer ein zu schwaches Wort dafür.
Im letzten Jahr rang man sich im Taxigewerbe einen genauso faulen Kompromiss ab: Vom Flughafen aus fahren wir alle zum (für diese Strecke teureren) LDS-Tarif, zum Flughafen hin natürlich weiter zu Berliner Konditionen. Diese Regelung, die eigentlich jetzt schon gelten sollte – wäre der Flughafen fertig – ist für Kunden zwar ähnlich bescheuert, aber selbst dieser hanebüchene Kompromiss war nur zu machen, wenn zeitgleich einigen Brandenburger Taxen erlaubt würde, auch in Berlin legal Kunden aufzunehmen. Das kleine Zuckerchen wäre gar nicht so schlimm, wie manche Berliner Kollegen denken, allerdings hätten die neuen Tarife und die unklare LDS-Regelung auch hier in Berlin dem ohnehin schon grassierenden Betrug im Taxi jede Menge neue Türen geöffnet, ohne dass irgendwer eine Idee zur Kontrolle gehabt hätte. Folglich wurde auch gegen diese einvernehmliche Regelung der Gewerbevertretungen von den Fahrern selbst demonstriert – und gleich nochmal mehr, als dann klar wurde, dass am neuen Flughafen ziemlich happige Gebühren für die Fahrgäste fällig würden.
(Tatsächlich ein Unding, denn der neue Flughafen bietet – so er mal fertig ist – bessere Zuganbindungen an die Stadt und der Tarif sollte ja ohnehin schon höher werden als bisher. Das ist schon die Profiliga im Kundenvergraulen!)
Nun aber kündigt LDS die Vereinbarung zum Jahresende. In Anbetracht dessen, wie die Regelungen aussehen, sollte man fast glücklich darüber sein. Allerdings wirft das natürlich ganz andere Probleme auf. Sollte – und das ist bei den Streithähnen in den Gewerbevertretungen kein unrealistisches Szenario – bis Ende des Jahres keine Lösung gefunden werden, dann sähe es wie folgt aus:
Kein Berliner Taxifahrer darf mehr am Flughafen Schönefeld (und vor allem später am BER) Fahrgäste aufnehmen und kein Brandenburger Kollege irgendwo in Berlin, insbesondere nicht in Tegel, der ja zumindest noch ein paar Monate ein gut frequentierter Flughafen sein wird und für den es für LDS-Taxen bisher auch eine Ausnahmeregelung gab. Im Grunde eine geregelte Situation, noch dazu eine, die so im Grunde überall in Deutschland gilt: An den Stadt- oder Landkreisgrenzen ist Schluss für uns Taxifahrer mit Fahrgastaufnahme.
Vorschnell gutheißen sollte man das allerdings auch nicht unbedingt, denn wie bereits erwähnt sind viele Fluggäste letztlich Berlin-Besucher. Aus der moralischen Ecke will ich gar nicht diskutieren, ob „wir“ Berliner Taxifahrer nicht ein Teil vom Kuchen abhaben müssten, denn es waren ja wiederum Berliner (wenn auch nicht Taxifahrer), die entschieden haben, zwei Flughäfen im Stadtgebiet zu schließen, um einen dritten auf dem Land nie fertigzustellen.
Aber wäre es nicht auch ein wenig absurd, den ganzen Hauptstadtflughafentaxiverkehr von Fahrern erledigen zu lassen, die nie die Ortskunde in Berlin nachweisen mussten? Und wie sinnig ist es für LDS, entweder zu wenige Taxen für den Flughafen zu haben, oder aber hunderte neu zuzulassen, die dann von einer einzigen Location (an der es auch mal schlecht laufen kann) abhängig sind, wenn es ein paar Kilometer weiter jede Menge freie Taxen gibt? Und wie soll man sich die Zukunft als Taxifahrer in Berlin vorstellen, wenn all die Flughafenfahrer ihr Geld künftig auch in der City verdienen müssen?
Es sind also erhebliche Zweifel angebracht, ob das irgendwem einen Vorteil bringen würde: Den Berlinern, den Brandenburgern, den Kunden …
Sicher, eigentlich geht es um Machtpolitik. Der Landkreis will mit diesem Horrorszenario für den Fall einer Nicht-Übereinkunft im Gepäck die Verhandlungen aus einer Position der Stärke heraus beginnen, um selbst aus der zukünftigen Regelung möglichst viele Vorteile herauszuziehen. Das ist – ohne den Streit zwischen den Lagern befeuern zu wollen – wirklich dummes und egoistisches Rumgeprolle und man kommt nicht umhin, Klaus ein wenig Beifall zu klatschen ob der Idee, Schönefeld einzugemeinden. 🙂
Das wäre natürlich etwas zu viel des Guten, aber wir könnten das doch gewerbeintern machen: Pflichtfahrgebiete zusammenschmeißen, ein gemeinsamer Tarif, eine gemeinsame Ortskundeprüfung für beide Gebiete. Um die Ausgestaltung dieser Regelung könnte man ruhig nach Herzenslust streiten – denn dafür würde es sich wenigstens lohnen. Etwas, das ich über den Kindergarten-Hickhack um diesen blöden Flughafen schon lange nicht mehr sagen würde!
