Kurzes Gespräch

Ich hab gleich vermutet, dass sie ein bisschen Erfahrung haben. Sie sind zielsicher auf mich als Letzten in der Schlange am Berghain zugekommen um mich zu fragen, was es zur Bossestraße kosten würde.

„Hm, ich schätze 7 €, aber vorsichtshalber schließe ich 8 € mal nicht aus.“

Das sind 2 bis 3 Kilometer und ich würde tatsächlich sagen, dass das ein eigentlich fairer Preis für eine Heimfahrt zu zweit mit eigenem Fahrer ist, wenn es draußen regnet und man müde vom vielen Tanzen ist.

„OK, alles klar. Machste 5?“

„Nö. Ganz sicher nicht.“

Dazu ein entwaffnendes Lächeln. Dass sie gleich abhauen, hatte ich nicht erwartet. Meist entspinnt sich ja am Ende doch noch eine Diskussion. Eine Diskussion im Übrigen, für die ich rhetorisch gut gerüstet bin und die ich folglich immer gewinne.

Ich weiß, dass einige das als unglaublich spießig und unflexibel ansehen. Sind ja „nur 2 €“ …

Aber mal im Ernst: Warum soll ich illegalerweise meinen Stundenlohn von irgendwas zwischen 5 und 9 € einfach mal spontan um einen senken, wenn doch die Kundschaft auch „nur 2 €“ mehr zahlen müsste?

Google und die Currywurst

Nachdem ich schon für den Artikel heute morgen ein bisschen mit Google Maps gespielt habe, dachte ich, ich könnte doch auch mal eine lange Strecke zeigen – eine möglichst unsinnige. Und, naja … wenn ich an unsinnige Routen denke, dann fällt mit immer die mit der teuren Currywurst ein. Und weil es wirklich eine besonders schöne Strecke  war, könnt ihr sie hier nochmal bewundern:

 

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Die ganz kurzen Fahrten

Als ich um kurz nach 23 Uhr am Schulze-Delitzsch-Platz vorbeikam, winkte mir ein Mann zu. Zwischen den geparkten Autos erkannte ich nicht, dass er neben zwei kleinen Kindern auch noch Gepäck dabei hatte. Trotz des Gepäcks hatte ich nun nicht mit einer Flughafen-Fahrt gerechnet – aber zum A&O-Hostel in der Köpenicker Straße war dann wirklich weit unter den Erwartungen.

Das soll jetzt aber nicht heißen, dass mir das deswegen unangenehm war – es war eine Winker-Tour, quasi auf dem Weg liegendes geschenktes Geld! Um das kleine bisschen Aufwand zu entschädigen, haben wir ja unsere 3,20 € Startpreis. Mehr als 4,20 € kamen am Ende allerdings auch nicht raus dabei 😉

Die Fahrtstrecke kann ich euch natürlich nicht vorenthalten:

 

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App-strakte Gedanken

Warum Sash keine Taxi-App nutzt

Ich nutze ja noch immer keine Taxi-App. Das hat verschiedenste Gründe. Ausprobieren wollte ich es durchaus mal, aber z.B. ist das mit meinem derzeitigen Handy nicht so optimal. Wenn ich da GPS aktiviere, ist das Ding in anderthalb Stunden leer, ich kriege es mit mäßiger Benutzung ohne den Spaß gerade mal so über die Schicht gerettet. All der Sermon mit Ladekabel und Befestigung im Auto ist auch nicht so leicht, da ich mir das Auto ja mit einem Kollegen teile und folglich alles wieder abmontieren muss. Ich hab mal eine Halterung probiert, aber die hält nicht vernünftig, das Kabel rutscht ständig aus dem Zigarettenanzünder. Eine ziemliche Fummelei, die ich erstmal vernünftig organisieren und dafür auch Anschaffungen tätigen müsste. MyTaxi möchte außerdem Fahrer und Auto mal kennenlernen. Und die schließen um 18 Uhr… ist also auch keine Sache, die ich mal eben schnell morgen Abend erledigen kann, da ich das Auto im Normalfall erst ab 19 Uhr habe.

Aber ich will ehrlich sein, es gibt auch noch andere Punkte: Zum Beispiel, dass ich als stummer Fahrer eigentlich recht glücklich bin. Wenn ich Taxi fahre, dann bin ich eigentlich genug beschäftigt. Bei Leerfahrten hab ich meine Musik auf Anschlag und das ist nicht einmal so eine Kleinigkeit. Denn zu Hause bin ich inzwischen ununterbrochen am Lesen und schreiben und komme kaum noch zum Musikhören! Wenn ich am Stand stehe, dann habe ich meist ein Buch dabei. Nebenher wollen Twitter und Facebook meine Aufmerksamkeit und obendrein treffe ich jede Menge Kollegen, mit denen ich gerne hier und da mal ein Wörtchen rede, mich austausche, etc.
Natürlich gibt es vereinzelte Tage, an denen ich froh um einen zusätzlichen Auftrag wäre. Aber ständiges Geplapper aus dem Funk und dauerndes Piepsen und Klingeln irgendwelcher Apps würden mir meinen Alltag mehr versauen, als es meine finanzielle Situation verbessern würde.

Ausnahmen bestätigen die Regel

Jetzt am Wochenende hat es allerdings zufällig geklappt, dass einer meiner Twitter-Follower zur richtigen Zeit vom richtigen Ort aus angefragt hat, ob ich nicht mit ihm ein paar Kilometer in den Südosten fahren würde. Das war auf meiner Seite hektisch genug, denn endgültig klargemacht hatten wir die Fahrt, als ich in erster Position am Bahnhof stand und mir beinahe schon ein anderer Kunde ins Auto gekraxelt wäre. Aber es hat geklappt und es hat mich gefreut. Ey, erste Taxifahrt über Twitter bekommen! Könnte das in Deutschland bisher einmalig sein? Oder hat einer von den anderen Taxibloggern das auch schon gehabt?

Warum es trotzdem nur Ausnahmen sind

Nun ist es aber gar nicht so leicht, mich zu erreichen. Nicht nur wegen der eingeschränkten Arbeitszeiten, sondern auch wegen des Jobs an sich. Ich kann gerade am anderen Ende der Stadt sein oder sogar Kunden an Bord haben. Vielleicht kann ich nicht antworten, weil ich gerade fahre und/oder Tweetdeck mal wieder meint, neue Nachrichten nur nach dem Zufallsprinzip anzuzeigen. Man ist als Taxifahrer eben ständig auf Achse und nicht immer verfügbar. Deswegen gibt es ja auch die Apps und die Zentralen, die die Anfragen auf eine große Menge Taxen verteilen, wobei dann klar ist, dass irgendein Fahrer schon Zeit und Lust hat und auch sonst alles passt.

Einen einzelnen Fahrer immer überall und sofort zu bekommen, ist halt was anderes. Das ist aber auch genau das, was mir an dem Job so viel Spaß macht: Der Zufall, die Unsicherheit und zu guter Letzt die positiven Überraschungen.

Wir werden uns schon mal über den Weg laufen, wenn es passt. Versprochen!

Und hey: Folgt mir doch bei Facebook, Twitter oder auch Google+!
Ich schreib da zwar nicht so viel wie hier, aber ich mache es trotzdem fürs Publikum 🙂

100% korrekt = 2% obenauf

Womit Fahrgäste immer wieder zu beeindrucken sind, sind ganz offensichtlich Preis-Ansagen mit Hand und Fuß. Im Laufe der Zeit – insbesondere wenn es zwischenrein keine Tariferhöhungen gibt – wird man als Taxifahrer da natürlich immer besser. Es kommt zwar immer mal wieder vor, dass man sich verschätzt, aber wenn man eben nach der Ansage „11 bis 12 €.“ wirklich 11,20 € auf der Uhr stehen hat, dankt es einem die Kundschaft doch meist mit Erleichterung. Der Glaube, Taxameter zählen irgendwelche Fantasiebeträge, ist wohl noch nicht ganz ausgerottet…

Manche Strecken fahre ich nun aber so oft, dass es mich vor keinerlei Herausforderung mehr stellt, eine Ansage zu machen – auch wenn ich eigentlich noch dabei bin, mich tierisch über die Fahrt zu freuen, weil sie unerwartet lang ist. Am Ostbahnhof abends eine Tour zum Flughafen Schönefeld gekriegt zu haben, war neulich beispielsweise so ein Grund zur Freude. Noch dazu quittierte mein Fahrgast – ein junger Spanier – die Preisansage über 30 € nicht mit gespieltem Schock sondern nickend mit stiller Zustimmung. Wir haben uns – wie eigentlich immer bei der Tour – auf die schnelle und mittellange Route geeinigt und so stimmte meine Ansage auf den Cent genau.

Obwohl die Fahrt wegen einiger Sprachprobleme meist schweigend verlief, griff mein Kunde am Ende sogar noch in sein Kleingeldfach, um den wirklich extrem Trinkgeld-unfreundlichen Betrag ein wenig aufzustocken. Um 60 Cent. Das sind zwar nur 2%, damit allerdings rund 2% mehr, als ich von jungen spanischen Touristen so erwarte 😉

Wie Silvester…

Die Nacht von Samstag auf Sonntag war eine famose Nacht zum Arbeiten. Irrwitzigerweise. Denn obwohl das Wetter extrem mies war, sind einfach viel mehr Menschen auf der Straße rumgerannt – um dort natürlich umgehend festzustellen, dass es zu kalt und zu nass ist und sie deswegen ein Taxi benötigen 😉

Als ich eine Kundin kurz am Ringcenter in die Bank habe springen lassen, bin ich kurz aus dem Auto gestiegen. Hätte ich besser nicht tun sollen, denn während ich das tat, versuchten auf der anderen Seite gleich Kunden einzusteigen. Die waren nicht sehr begeistert darüber, dass ich behauptete, ich sei besetzt. Ich vermute allerdings, dass sie noch weniger begeistert gewesen wären, die bereits aufgelaufenen 10 € auf der Uhr zu bezahlen…

Glücklicherweise kam gleich ein Kollege und hat sie eingesackt.

Dann pfeift es plötzlich von der anderen Straßenseite. Zwei eher mäßig clever aussehende und vor allem in ihrem Habitus nervig prollige junge Typen kamen über die Bahnschienen angesprintet und nutzten die Distanz von nunmehr unter 10 Metern gleich zu einer gebrüllten Zielansage:

„Alter, wir fahren nur kurz Simplonstraße!“

„Nein!“

Hat mich bei den Typen ehrlich gesagt gefreut… 🙂

Danach war meine Kundin glücklicherweise wieder da. Aber 2 Fahrtanfragen in 2 Minuten – das ist schon ein amtlicher Schnitt.

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Von nicht so ausgereiften Plänen

Mal kein Geld für die Taxifahrt zu haben ist nicht weiter tragisch. Irgendwelche Lösungen lassen sich meistens finden. Ob man nun an einer Bank hält, ein Taxi mit Kartenzahlung ordert, zu Hause das Geld vom Nachttisch holt – irgendwas klappt immer!

Eine eigentlich ebenso unspektakuläre Variante hat ein Typ am Berghain gewählt: Er würde zu sich fahren und dort würde mir ein Kumpel das Geld geben. Na gut. Ich sollte mich aber möglichst beeilen, denn der andere würde auch mit dem Taxi kommen. Kann man ja mal machen. Die Fahrt führte mich nach Mitte und ich hab nach Möglichkeiten seiner Bitte entsprochen und bin recht zügig gefahren. Abgesehen von meinen Finanzen war das eine eher doofe Idee. Bei ihm vor der Türe angekommen, stellte sich nämlich heraus, dass das zweite Taxi noch ein Weilchen brauchen würde.

Die nächsten 5 Minuten haben wir mit der Lösungsfindung zugebracht. Für mich war die Sache eigentlich klar: Die Uhr läuft, also warte ich halt. Er war inzwischen leider nicht mehr ganz so überzeugt davon, dass sein Kumpel auch wirklich so flott ist wie angedacht (eigentlich sollte er ja schon da sein) und ganz so viel auf der Uhr wollte er dann auch nicht haben. Er hat mir dann sehr kuriose Vorschläge gemacht, wie beispielsweise, dass ich in einer halben Stunde einfach nochmal vorbeikommen und klingeln sollte…

Das hab ich ihm glücklicherweise ausreden können. Er war zweifelsohne eine ehrliche Haut, wollte mir auch zu diesem Anlass seine Wohnung zeigen, Pfand dalassen etc. – aber was fange ich mit einer halben Stunde an? Kundschaft hätte ich da aller Voraussicht nach nicht bekommen – und wenn, dann wahrscheinlich nach Spandau oder ins Umland. Man kennt sein Glück ja.

Also haben wir vereinbart, dass ich warte. Als klar war, dass der Freund nur noch ein paar Minuten entfernt ist, bin ich ihm auch entgegengekommen und hab die Uhr ausgemacht. Dazu gab es nicht wirklich einen Grund, außer dass er halt eigentlich doch ein Netter war. Für mich war es an diesem Morgen ohnehin die letzte Tour.

Ihn hat es allerdings nicht mehr auf der Straße gehalten, er wollte unbedingt in seine Wohnung. Also stand ich letztlich mit inzwischen ausgeschalteter Uhr an meinem Taxi, wartete auf einen gewissen Mario und hatte als Pfand das Handy von Thomas. Mario war glücklicherweise bereits darüber informiert, dass er mich zu bezahlen hatte:

„And look Mario, there is a taxi in front of my door, which you have to pay. The driver is a really tall guy with a beard, I would say he looks like, like a viking!“

Während ich mir noch überlegt habe, ob ich zur besseren Identifikation ein Segel hissen sollte oder sonst irgendwas wikingertypisches tun, kam auch schon ein Taxi an, aus dem Mario umgehend auf mich zugesprintet kam. Während er den Wikinger in mir offenbar gleich erkannte, wurde ich ein wenig enttäuscht. Keine rote Mütze, kein Schnauzbart… alles nicht mehr so wie in meiner Kindheit 😉

Aber bezahlt hat er mich immerhin. Sogar mit etwas Trinkgeld.