Winterfreuden

Wie ich es im Taxihaus-Blog heute Nacht schon angeschnitten habe: Der Winter ist da und er bringt nicht nur Freude. Ich persönlich mag die kalten und dunklen Monate mit viel Schnee und glatten Straßen ja. Hauptsächlich weil sie kalt und dunkel sind, viel Schnee liegt und die Straßen glatt sind 😉

Was einen aber jedes Jahr vor eine neue Herausforderung stellt, ist das Auffinden von Waschmöglichkeiten.

Sobald es regnet oder schneit, werden Taxen zu wahren Dreckschleudern. Nicht nur, dass allerlei nasse Füße den Innenraum vollsudeln: Außen zeigen sich die Nachteile der hellelfenbeinfarbigen Lackierung sehr schnell. Die meisten gelegentlichen Privatfahrer lassen das über sich ergehen und fahren zwei- dreimal im Winter in die Waschanlage. Wir sollten ja möglichst immer wenigstens halbwegs passabel aussehen. Es kann den übelsten Schneesturm in Verbindung mit Orkanböen und herabregnenden Fröschen herrschen – es findet sich immer ein Kunde, der ein anderes Auto wählt, weil das eine jetzt aber „ziemlich dreckig“ aussieht.

Man gewöhnt sich daran.

So lange man noch eine Weile unterwegs ist, bieten sich die Anlagen zum abkärchern an. Da ist das Auto schnell abgespült (sieht 2 Touren später exakt genauso gut aus wie nach der Waschanlage), aber man muss keinen kompletten Waschgang mit Trocknen und Tralala bezahlen. Auch wenn die Waschanlagen uns Taxifahrern Vergünstigungen anbieten: Mit dem Hochdruckreiniger komme ich mit 0,50 € einmal schnell ums Auto und bin nach einer Minute wieder auf der Straße. Das schafft keine automatische Anlage.

Das Dumme an diesen Dingern ist, dass sie im Freien liegen und wesentlich empfindlicher gegen Frost sind. Die Anlagen selbst funktionieren vielleicht sogar, viele Tankstellen (um nicht zu sagen: alle!) schließen die Dinger bei leichten Minusgraden. Spätestens wenn das versprühte Wasser am Boden festfriert, ist ja auch die Sicherheit nicht mehr gewährleistet.

Ganz abgesehen davon: Dadurch, dass hier nicht getrocknet wird, frieren den Autos schnell mal alle Löcher zu. Zum Schichtende hin geht das nicht, wenn man keinen fliegenden Wechsel mit dem Tag-/Nachtfahrer durchzieht.

Mein Tagfahrer rief ein wenig betrübt an, eine Stunde bevor ich meine Schicht beginnen sollte: Das Auto sei sehr dreckig außen, aber ihm fällt keine offene Waschanlage mehr ein…

Das hätte mir eine Warnung sein können. Ich bin wesentlich pingeliger, was das Äußere des Autos angeht. Wenn er also sagt, dass es sehr dreckig ist… ich sag es mal so: Als ich das Auto gesehen habe, konnte man mit etwas Fantasie die Nummernschilder erkennen. Ich hab kurz die Scheiben freigewischt und nach ein paar Minuten beschlossen, ich suche selbst eine Möglichkeit. In das Auto konnte ich wirklich niemanden einsteigen lassen!

Aus meiner Erinnerung kramte ich die Total an der Chausseestraße, und ja: Zumindest die Waschanlage war offen. Die Taxiwäsche dort kostet 3,95 €, was echt fair ist, also rein ins Vergnügen! Zunächst durfte ich ein Weilchen anstehen, hab währenddessen alles abgeschraubt, eingeklappt und verstaut, was nicht niet- und nagelfest ist an der Kiste.

Und jetzt hat sich die Anlage als bisher einzige doch tatsächlich erdreistet, beim Föhnen den Dachaufbau nicht zu bemerken…

Das kannte ich als hypothetischen Fall zwar durchaus und nicht ohne Grund stehen die Fahrer von Fahrzeugen mit den Dachwerbeträgern immer unweit des Not-Aus-Knopfes herum. Aber dass das wirklich noch passiert!?

Also passiert… passiert ist eigentlich gar nix. Der Föhn wollte einfach nicht weiter. Nachdem ich einen Mitarbeiter verständigt hatte, zeigte sich, dass sich das Trocknergestell einfach gegen den Aufbau geschoben hatte, bzw. das weiterhin versuchte. Kein Sensor hat geblickt, dass das Teil blockiert und der Motor war zu schwach, um den Aufbau vom Dach zu fegen. Klemmte quasi fest, das Ding.

Ich hab das Auto rausgefahren und nun natürlich auf ein OK von der Tanke gewartet. Dass am Auto alles ok war, hab ich schnell gesehen, selbst die Fackel, gegen die das Ding dauernd gedrückt hat, war heil und gab sogar Licht. Nun musste man das natürlich noch für die Waschanlage klären. An Kandidaten mangelte es nicht, schließlich hatte ich den Betrieb unfreiwillig aufgestaut. Also nächstes Auto rein, schnell die Anlage starten…

Denkste!

Direkt hinter mir standen natürlich ausgerechnet zwei Voll-Prolls mit Papis Mercedes, die drei Versuche und Einweisungen benötigten, um ihren geilen Schlitten mittig in der Anlage zu platzieren…

Aber: Ende gut, alles gut. Mich hat die Aktion Zeit und Nerven gekostet, die von der Tanke sicher auch. Am Ende war nix. Und die 1925 war immerhin bis zur Hälfte trockengeföhnt. Ich hab dann am Stand von den vorderen Fenstern die Kalkflecken vom Wasser entfernt. Ich hab ja gesagt, dass ich da etwas pingeliger bin 😉

Also ihr seht: Selbst mich frohes Gemüt nervt der Winter manchmal!

Am Hermannplatz links…

Am Estrel haben sie mich erwischt. Ich hatte dort gerade einen zufriedenen Fahrgast ausgeladen, als urplötzlich alle vor mir stehenden freien Kollegen wegfahren und für mich auch noch zwei Herren übrig bleiben. Klasse! Anschlusstour! So läuft das doch!

„Wir würden gerne in die Latzowstraße.“

„OK, erwischt. Die sagt mir erstmal nichts.“

„Da ist so ein Brauhaus. Rixdorfer Brauhaus.“

Hat mir zugegeben auch nichts gesagt. Gut, Rixdorf sagt mir schon mal, dass es nicht durch die ganze Stadt geht. Aber Latzowstraße? Puh.

„Nehmen sie es mir bitte nicht übel, ich schmeiß mal mein Navi an. Das sagt mir leider nichts, Berlin ist groß und ich möchte ihnen keine Stadtrundfahrt aufnötigen.“

Die beiden waren supernette Kundschaft, sie hatten nicht nur Einsicht, sondern echtes Verständnis. Dennoch meinten sie:

„Das soll aber ganz einfach sein. Die Sonnenallee stadteinwärts und dann einfach am Hermannplatz links. Dann kommt das irgendwann auf der linken Seite.“

„Ich schau mal nach.“

Eine Latzowstraße hab ich nicht gefunden und mit viel Hin- und Herüberlegen haben wir uns dann darauf geeinigt, dass es wohl doch die Glasower Straße sein soll. Die Lokalität heißt Brauhaus Rixdorf und die Wegbeschreibung…

Ich sage es mal so: Irgendwer hat es da wohl verdammt gut mit uns Taxifahrern gemeint, als er diese Route genannt hat:


Größere Kartenansicht

Ich hab die beiden relativ schnell auf der rund dreieinhalb Kilometer kürzeren Route, die mein Navi ausgespuckt hat, dorthin gebracht. Wer zur Hölle schlägt sowas vor? Einfach ist ja gut, aber sowas?

Schon passiert

Ich überlege ja seit meinem Zwischenfall mit dem Koffer in meinem Taxi immer öfter darüber nach, ob der Spruch mit dem mitgenommenen Gepäck nicht irgendwie doch albern ist. Zur Erinnerung: Ich sage gerne, wenn Gepäck an Bord ist:

„So, dann befreien wir mal ihr Gepäck. Ist immer ein schlechtes Ende für die Fahrt, wenn der Taxifahrer damit abhaut.“

Aber er kommt gut an. Immer und immer wieder. Manche Leute lachen schon über den Ausdruck „befreien“…

Vor einer Weile dann gab es ja den Fall, wo mir ein Kunde gesagt hat, ich könne sein Bürozeug behalten, wenn ich die Arbeit gleich erledige. Jetzt hab ich aber ein neues Highlight. Irgendwie. Meine Kundin kam mir reichlich verunsichert vor. Keine Ahnung, ob ich ihr von meinem Erscheinungsbild her unheimlich vorkam, ob sie generell schüchtern war oder ob sie gerade etwas schlimmes erlebt hatte. Über den üblichen Smalltalk übers Wetter sind wir nicht rausgekommen.

Insbesondere in solchen Fällen ist Humor natürlich etwas tolles, um die Fahrt abzurunden, noch ein bisschen aufzulockern. Bei ihr hat das leider nicht so ganz geklappt. Sie ist noch während meines Satzes ausgestiegen, das Geld hatte ich schnellstmöglich mit einem „Stimmt so!“ in die Hand gedrückt bekommen. Als ich ausgestiegen war und mit einem Grinsen den Satz beendete, meinte sie etwas geistesabwesend:

„…is auch schon passiert.“

Na hoffentlich ist das nicht die Ursache für ihr Verhalten mir gegenüber gewesen 🙁

Ungewollte Stammkundschaft

Es gibt Vorteile und Nachteile daran, oft die gleiche Halte aufzusuchen. Ich beispielsweise fahre gerne an den Ostbahnhof, weil ich dort immer wieder ein paar Kollegen aus meiner Firma treffe, es Nachts einfach recht locker zugeht bezüglich Aufrücken, Hinten-Einsteigen-Lassen und natürlich, weil es die Umgebung ist, in der ich mich am besten auskenne.

Als Nachteil weiß ich zu benennen, dass man natürlich weniger in der Stadt rumkommt und oftmals das gleiche Publikum hat. Sicher, gewisse Stammkundschaft will man gar nicht missen. Bei anderen… naja. Ich lasse mir beizeiten mal einen netten Satz dazu einfallen.

Als der Kunde an mein Taxi herantrat, war ich mir nicht mehr sicher, ob ich ihn kenne. Ich hab es ja nicht so groß mit Gesichtern. Völlig gesichtsblind bin ich zwar nicht, aber Tendenzen dazu habe ich sicher. Manchmal erkenne ich Fahrgäste kaum wieder, nachdem sie nur mal eben kurz in einen Spätkauf unterwegs gehuscht sind. Aber gut, genug von meinen Behinderungen, auf zu denen des Fahrgastes.

Er ist ein Mitarbeiter der Deutschen Bahn und arbeitet dort im Speisewagen. Ich hatte ihn bisher dato zwei-, jetzt dreimal im Auto. Im Grunde ist er ein ganz passabler Fahrgast. Die Fahrt geht nach Mitte, dieses Mal habe ich ihn prompt am Straßennamen erkannt. Er hat keine besonderen Routenwünsche, weiß meine Arbeit zu schätzen und gibt wenigstens ein Bisschen Trinkgeld. Soweit, so gut.

Das Problem ist: Er ist nicht nur um einiges redseliger als ich, er muss sich auch noch die ganze Fahrt über auskotzen. Jedes Mal. Am liebsten sind ihm die Eskapaden seiner weiblichen Kollegen, die er aber immer so geschickt formuliert, dass ich ihm einfach nicht mit Bestimmtheit Sexismus unterstellen kann. Er echauffiert sich dann die ganze Strecke darüber, wie blöd seine Kollegen und Kolleginnen sind, dass sie zu langsam arbeiten, es nicht blicken, wenn sie ihn in Ruhe lassen sollen (sic!) und überhaupt macht ja jeder alles falsch, außer ihm.

Es ist nicht so, dass ich solche Gedanken nicht auch manchmal hätte, aber seine Ausführungen über Aushilfen, die die Gläser nicht schnell genug herausholen sind jedes Mal aufs Neue sehr ermüdend. Bisher hatte ich wirklich noch keine Chance, irgendwann mal ein paar sinnvolle und beschwichtigende Worte einzustreuen. Er redet vom Einstieg bis zum Ausstieg ununterbrochen und lässt höchstens mal einen Platz für ein zustimmendes Ja. Ich glaube, das nächste Mal schlage ich ihm vor, er soll sich einen neuen Job suchen. Das Elend kann man sich ja nicht mit ansehen anhören.