Schriftliche Ansagen

Als er mir ins Auto sprang, war uns beiden schnell klar, dass das keine Fahrt mit viel Dialog werden würde. Er sprach so gut Deutsch wie ich Italienisch. Immerhin konnte er Englisch so gut, wie ich Spanisch. Mein Spanisch beschränkt sich darauf, mir 2 Bier bestellen zu können, in Italien würde ich sogar verdursten. Viel Übereinstimmung herrschte also nicht…

Doch: Gefahr erkannt – Gefahr gebannt! Dachte er sich zumindest und verlangte mit Händen und Füßen ein Blatt Papier. Ich hab ihm mein kleines Büchlein gereicht. Daraufhin stand dort folgendes:

Aha. Sie sind Ägypter! Quelle: Sash

 Sicher könnte ich jetzt bemängeln, dass Chalotenborg höchstens eine außerirdische Lebensform, aber kein Stadtteil sein kann – mache ich aber nicht. Ich hab schon schlimmere Ansagen gehört und krudere Texte gelesen.

Die Hausnummer konnte er übrigens ebenso wenig entziffern wie ich, denn er wusste sie schlicht nicht. Als Hinweis sollte mir „Supermarkt“ dienen. Ein paar Straßen kenne ich gut genug, um mit sowas etwas anfangen zu können. Die Schillerstraße gehört nicht dazu. Ich weiß, wo sie liegt, ich kann mir etwa vorstellen, nach wem sie benannt ist und ich habe mich über die lange Tour von Ostberlin aus gefreut. Damit hatte es sich allerdings auch schon.

Gut, das mit der Hausnummer ist kein riesiges Problem, da man sie in Ost-West-Richtung ohnehin einmal durchfährt. Nun hatte er allerdings kurz vor dem Ziel ganz andere Ideen als ich und lotste mich auf einem unsagbar kruden Weg in die Schillerstraße. Ich hätte ihn dabei gerne unterbrochen, allein mir war es der Sprache wegen nicht wirklich möglich. Andererseits fand ich es auch schön, mich nicht zwischen der Hardenberg- und der Kantstraße entscheiden zu müssen. Wir sind einfach beiden gefolgt… 😉

Am Ende noch eine Prise Verzweiflung und Verstrahlung auf seiner Seite, weil er sich plötzlich total unsicher fühlte – und fertig war die anstrengende Tour.  Trinkgeld gab es natürlich nicht einmal die 20 Cent zum nächsten ganzen Euro, dafür aber locker 2 € mehr Umsatz als nötig. Belassen wir es dabei!

Face vs. Book

OK, abenteuerliche Überschrift. Ich bin gerade etwas unkreativ. Halbwegs kreativ war ich dafür ja letztes Jahr und hab ein Buch geschrieben. Demnächst will ich es dann sogar mal an ein paar Verlage schicken. Bei Facebook drüben verlose ich zwei Exemplare des Manuskriptes zum Vorab-Lesen (mit der Berechtigung mich hinterher niederzumachen!).

Nur so, damit ihr es alle wisst.

So, jetzt wollte ich euch gerade ein schönes Wochenende wünschen, dabei haben wir ja…

Ach egal: Schönes Wochenende euch allen! 😀

Hasinizer

Man stelle sich folgendes Gespräch im Fond meines Taxis bitte mit breitem amerikanischem Akzent vor:

„Und dann ist there eine Concert.“

„Wow. Und ihr geht dahin?“

„Oh yeah, weil Susi is eine kultureller Hasi! Das besten kultureller Hasi!“

„Woher weißt du das?“

„Ich habe viel mit kultureller Hasis zu tun.“

„Ha, du bist einfach ein Womanizer!“

In diesem Moment meldete Susi, selbst anwesend, auch einmal zu Wort:

„Nee, der is nich ein Womanizer. Der is eine kultureller Hasinizer!“

Nach sowas braucht man eine Pause. Zur Zwerchfellentspannung.

Musik und Laut

Was mich mal ganz ehrlich als Blogger und Taxifahrer gleichermaßen interessieren würde zum Wochenanfang: Wie haltet ihr es eigentlich mit Musik im Taxi? Und die Frage geht sowohl an Kunden als auch an die Fahrer unter den Lesern raus. Das ist ja doch ein interessantes und spannungsreiches Feld.

Die Taxiordnung schreibt ja (zumindest hier in Berlin) vor, dass die Wahl der Musik und deren Lautstärke den Fahrgästen obliegt. Natürlich haben wir Fahrer aber auch ein Wörtchen mitzureden. Auf Funk und Verkehrsnachrichten haben wir letztlich doch ein Anrecht, theoretisch kann man sich also schon tierisch in die Wolle bekommen, ohne auch nur einen unterschiedlichen Musikgeschmack zu haben. Und letzteres ist dann ja wahrscheinlich sogar meistens das Problem.

Ich persönlich höre gerne laut Musik, wenn ich alleine unterwegs bin, mache allerdings keinerlei Anstalten, die Kunden damit zu belästigen. Im Normalfall ist das Radio aus, bzw. auf lautlos gestellt, wenn ich besetzt bin. Meist unterhält man sich ja doch, da nervt Musik nur. Und wenn jemand einen Wunsch hat, dann spiele ich da schon mit. Die Leute freut es meist ziemlich, wenn man ihren Wünschen nachkommt. Und ehrlich: Ein paar Minuten schlechte Musik hat man auch, wenn man selbst das Radio anschmeißt oder wenn im Lieblingsclub mal ein Lied läuft, dass man nicht haben will. Das ist doch eigentlich locker wegzustecken.

Und wenn die Kundschaft dann raus ist, dann landet wieder die CD im Player und man wäscht sich erstmal die Ohren…

Haltet ihr Fahrer das ähnlich oder habt ihr das Radio einfach immer an? Und wer hier gehört zu den verdammt wenigen Leuten, die sich im Taxi eigene Musik wünschen? Ich hatte bisher nur einmal Leute, die eine eigene CD dabei hatten (hier der lesenswerte Artikel dazu: Russen-Disco!) und einmal welche, die mich (leider!) vergebens nach einem Anschluss für ihren mp3-Player gefragt haben. Dann kommen noch vielleicht 100 Anfragen nach Radiosendern dazu. Der Rest war einfach zufrieden damit, sich mit mir zu unterhalten 😀

Ach ja, aktueller Opener meiner CD ist das hier: One Man Army and the Undead Quartet – Killing Machine

Das sollte ich sowieso nicht an Kundschaft jenseits der 50 ausprobieren 😉

Von dreckigen Elstern…

Ich hab mir das Verbloggen des aktuellen Tages morgens nach den Wochenendschichten weitgehend abgewöhnt und schreibe lieber ein paar Tage voraus. So kann man viel besser Dinge noch einmal überdenken oder sie gar in einem ganz anderen Zusammenhang nochmal neu beleuchten. Mit anderen Worten: Ein bisschen besser schreiben.

Heute mache ich mal wieder eine Ausnahme, denn manch Blödheit muss unbedingt auf der Stelle unter die Leute gebracht werden. Aber fangen wir doch von vorne an:

Ich hatte die erste nach Plan verlaufende Schicht im Januar. Ohne Pannen, Einschlafen, kuriose Umsatzeinbrüche oder sonstige Unstimmigkeiten des Nachtschicht-Taxifahrers bin ich mit der Samstagsschicht 10 Stunden durch die City gecruist und hab mit fast ausschließlich netten Fahrgästen einen für mich ausreichenden Umsatz gemacht, Blogstories gesammelt und selbst die Bahn nach Hause hab ich quasi auf die Minute genau gekriegt.

Eine „Kleinigkeit“ hat mich aber doch aufgeregt. Hier sei vorweg nochmal daran erinnert, dass ich mich als halbwegs kreativen Menschen mit wirklich viel Humor sehe und selbst in meinem Leben schon eine Menge Mist gebaut habe. Mangelndes Verständnis fürs Verhalten meiner Kundschaft wäre wahrscheinlich die allerletzte Unterstellung, die man mir machen könnte. Hier fehlt es mir irgendwie dennoch ein bisschen.

Ich meine: Wie bekifft muss man bitte sein, um aus einem Taxi eine Tasche mit Reinigungsmitteln und die Kofferraum-Matte (!) zu klauen? Das ist mein voller Ernst! Als ich die Schicht begonnen hab, war das Zeug nämlich noch da. Ich hab zwischendrin die Fenster geputzt, ich weiß das ganz ganz sicher…

Bei der Tasche… naja. Vielleicht hat ja jemand etwas darin vermutet, das mehr Wert ist als Scheibenreiniger, Handfeger und ein bisschen Kleingelumpe in dieselbe Richtung. Aber die Matte!?

Noch dazu wollten die meisten Kunden (insbesondere die, denen ich das irgendwie zutrauen würde) in irgendwelche Clubs. Also wahrscheinlich liegt das Zeug jetzt auch noch nutzlos irgendwo im Regen rum 🙁

Wirklich klasse! Wenn sich nicht irgendwer als Mutprobe den Scheibenreiniger einverleiben will, ist die gesammelte Konsequenz aus der Geschichte, dass meinem Chef ein Schaden zwischen 20 und 50 € entstanden ist und ich mein Zeug in der Jackentasche heimtragen musste (meine Leinentasche war auch weg…). So sehr mir das damals wehgetan hat: Da hab ich ja größeres Verständnis für die Kids, die mir damals Handy und Kamera geklaut haben! Die hatten wenigstens eine gute Cam oder 200 € davon…

Erste Tour

Meine erste Tour verlief ja so unspektakulär, dass ich sie trotz aller Aufregung dennoch mit der kompletten ersten Schicht verbloggen konnte. Gut, ich hab das Navi nicht geblickt und hätte ohne dennoch nicht den Weg zur Friedrichstraße gefunden – aber immerhin hatte ich verständnisvolle Kundschaft 🙂

Da verliefen die ersten Touren des ein oder anderen Kollegen doch ein wenig spannender.

Den absoluten Glücksgriff hatte allerdings offenbar ein älterer Kollege. Zugegeben, es klingt ein wenig nach Urban Legend, aber ich kann wenigstens eines versichern: Der Kollege ist nicht gerade bekannt für Räuberpistolen und Anglerlatein. Ich hab ihn trotz etlicher Gespräche noch nie mit irgendwelchen Touren prahlen gehört und auch das kam jetzt eher nebenbei ans Licht:

Seine erste Tour war gleich eine Tour mit Fast-Geburt im Taxi. Und zwar immerhin mit Sauerei im Auto, geplatzte Fruchtblase und so…

Glücklicherweise hat mich dieses Schicksal ja noch nicht ereilt. Ein bisschen knapp war es zwar auch bei mir schon mal, aber von ernstlichen Problemen war ich damals wohl noch weit entfernt. Und vor allem war es nicht die erste Tour!

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Service Taxifahrt

Wenn wir Taxifahrer unsere Tarife verteidigen, dann fällt meist irgendwann auch mal der Begriff „Service“. Ein großer Unterschied zu anderen öffentlichen Verkehrsmitteln ist der Service, den wir bieten. Im Gegensatz zum Tarif sind die Regeln beim Service allerdings nicht so genau festgelegt. Natürlich gibt es auch Fahrer, die unter Service verstehen, zum Abschied nicht die Hand zu reichen, mit der sie sich am Hintern kratzen. Mit einem bisschen optimistischen Restglauben vermute ich dieses Verhalten aber nur bei einem kleineren Teil der Kutscherschaft.

Ich hatte neulich eine ziemlich klassische Tour, bei der ich am Ende wirklich zufrieden war, einfach, weil ich einem ziemlich verzweifelten Menschen weiterhelfen konnte. Der Mensch war ein hochgewachsener Pariser, der Hautfarbe nach afrikanischer Abstammung. Deutsch hat er nicht gesprochen, glücklicherweise jedoch ein ziemlich gutes Englisch. So waren wir schonmal nicht auf mein Französisch angewiesen, was das längere Gespräch zwischen uns deutlich vereinfacht hat 🙂

Neben seinen 2 monströsen Koffern führte er noch einen Schmierzettel bei sich, auf dem kreuz und quer jede Menge scheinbar ungeordnete Zahlen und Buchstaben standen. Er drehte das Blatt im DINA4-Format mehrmals in unterschiedliche Richtungen, bis er mir zu guter Letzt das Blatt unter die Nase hielt, den Daumen unter einer Buchstabenfolge: Finowstr. 10.*

„Great. No Problem. But: Which one?“

„Here!!!“

stieß er hervor und hielt mir das Blatt nochmal vor die Nase. Es verging eine Weile, bis er mir geglaubt hat, dass es diese Straße tatsächlich zweimal gibt und diese beiden auch tatsächlich in völlig unterschiedlicher Richtung vom Ostbahnhof aus liegen. Dann fragte er mich, ob ich ein Telefon hätte. Nun durfte ich erfahren, dass ein paar der kryptischen Nummern Telefonnummern waren. Bereits bei der dritten hob jemand ab.

Das Problem war gleich geklärt und zur Sicherheit nannte mir der nette Kerl am anderen Ende auch nicht nur den Namen, bei dem wir klingeln sollten, sondern ermahnte mich nochmal:

„Die in Neukölln! Nicht verwechseln!“

Was für ein Scherzkeks! Warum habe ich wohl als Taxifahrer bei ihm angerufen?

Die Fahrt selbst stellte mich nun vor keine große Herausforderung mehr, mein Fahrgast war auch ein eher schweigsamer Genosse. Dass er das erste Mal in Berlin war, war lange klar. An der Adresse angekommen habe ich ihm den Koffer vor die Haustüre gewuchtet und auf sein fragendes Gesicht hin auch noch den passenden Klingelknopf gedrückt.

Finanziell war die Fahrt nicht so der Bringer. Ich hab einen glatten Zehner kassiert und das war auch der Betrag, der auf dem Taxameter stand. Irgendwie war ich aber einfach froh, dass er nicht bei einem weniger geduldigen Kollegen gelandet war…

Und mal ganz ehrlich: Ein Zehner für Zielfindung, telefonische Abklärung, 4 Kilometer Fahrt und Hilfe beim Klingeln und Koffertragen ist doch echt nicht schlimm, oder?

*Hausnummer geändert…