Gefahren?

Ich kann es nur mit einem Ausdruck intensiver Freude sagen: Gott sei Dank irrt man sich in Fahrgästen!

Abgesehen von der ein oder anderen persönlichen Abneigung gegenüber bestimmten Personengruppen wirken manche Typen einfach erstmal so, als würde es Ärger geben.

Ich hab meine Schicht spät angefangen, hatte zu Hause noch ein paar Dinge zu erledigen, war müde, alles hat sich verzögert… bla bla bla. Plötzlich standen zwei Typen mehr oder minder vor meinem Auto. Beide offensichtlich in körperlich mehr als fittem Zustand, die Muskeln haben sich selbst unter den Lederjacken abgezeichnet. Die Frisuren waren gegelt, die Bärte gepflegt und der Gesichtsausdruck der beiden sagte ungefähr:

„Einmal ein falsches Wort und du bist fällig!“

Nun hab ich durchtrainierte Kundschaft öfter an Bord und Lederjacken sind mir kein Bisschen unheimlich. Ehrlich gesagt nehme ich lieber ein paar Punks mit als irgendwelche gestriegelten Fuzzis, die ihre Allmachtsfantasien aus ihren täglichen Börsenberichten ableiten. Aber die Typen waren mir nicht ganz geheuer. Einsteigen lassen habe ich sie dennoch, in manchen Momenten ist man eindeutig zu sehr Sklave des Geldbeutels. Sie verteilten sich, beide mit Sonnenbrille, wie die Vorzeige-Taxiräuber auf den Beifahrersitz und den Sitz direkt hinter mir.

Die Zielangabe war zunächst eher ungenau, Kreuzberg, dann wollten sie zu einem Club, von dem ich noch nichts gehört hatte. Irgendwo in einer Nebenstraße sollte er liegen. Ziemlich einsilbige Ansagen, alles eher verdächtig.

Ich bin in meinem Kopf alle Verteidigungsstrategien durchgegangen, die mir eingefallen sind. Nicht sehr viele, zugegeben.

Kurz bevor ich meinem Instinkt gehorchen und mich totstellen wollte, kam dann eine eher gut gelaunte Anfrage nach Musik. Wir kamen dann auch umgehend ins Gespräch und 10 Minuten später war ich mir sicher, dass das die angenehmsten Fahrgäste des Abends werden sollten.  Wir tauschten uns über dies und das aus, lachten viel und laut und am Ende bekam ich ein Trinkgeld, von dem ich nicht einmal zu träumen gewagt hätte: Knapp über 5 €.

Insgesamt also eher eine positive Geschichte. Allerdings hab ich mir danach Gedanken darüber gemacht, denn ich bin per se kein ängstlicher Typ, bin vielen ohnehin körperlich überlegen und vertraue auch durchaus auf meine psychologischen Fähigkeiten. Ich habe die Ängste einiger anderer Fahrer irgendwie durchaus nachvollziehen können in diesem Moment.

Aber letztlich bleibt dann doch eine geile Tour in Erinnerung. Und das wünsche ich allen Kollegen natürlich auch, wenn sie sich mal wieder denken:

„Oh-oh, was für Typen!“

Bauerntrampel. Allesamt!

Manchmal hat man es als Taxifahrer ja nicht leicht. Leider merkt man es oft zu spät.

Nachdem der Typ etliche Taxen vor mir abgeklappert hatte und mich fragte, ob ich 6 Leute nach Charlottenburg bringen könnte, war ich eigentlich noch hellauf begeistert. Ich war gerade mal seit einer Minute am Ostbahnhof aufgeschlagen, und das Alter des Protagonisten (Ü50) versprach erstmal kein großes Konfliktpotenzial.

Ich hab ihn noch vorgewarnt und gesagt, dass es aber in der letzten Reihe ziemlich eng wäre, wenn keine sehr kleinen Leute dabei wären. Das war natürlich genau so der Fall und einer hat gleich beim Einstieg zu fluchen angefangen. Da hatte ich schon längst erwähnt, dass es vielleicht sinnvoller wäre, sie würden sich gleich einen Bus kommen lassen. Aber nein.

Dann kam der Auftritt eines Kollegen, der aus Richtung des ersten Platzes am Stand vorgefahren kam. Er brüllte unvermittelt meine Fahrgäste an, dass es genug andere freie Taxen gäbe und er doch nicht als Depp der Nation eine Stunde auf Penner wie sie warten würde. Sinngemäß. Ganz ehrlich: Ich hab – insbesondere, da mein Beifahrer ja schon eine Weile nach einem Auto gesucht hatte – damit gerechnet, es wäre nur einer jener Kollegen gewesen, der sich etwas schwer damit tut, die Taxiordnung zu verstehen bezüglich des Hinten-Einsteigens.

Natürlich war er bestellt. Allerdings erwähnten meine Fahrgäste diese Kleinigkeit auch erst als wir schon lange unterwegs waren. Der Kollege gar nicht. Dabei hätte ich die Kerle gerne stehen gelassen. Ich klau doch verdammt nochmal keine Touren! Warum kam der Kollege denn nicht her und hat wenigstens – wenn er schon pissige Laune hat – mich gefragt, ob ich immer Touren klaue? Dann wäre die Sache doch geritzt gewesen. Aber wenn irgendein dahergelaufener Grasdackel anfängt, meine Kundschaft zu beleidigen, was soll ich dann machen? Einen Hauch Professionalität kann man doch erwarten, oder?

Im Nachhinein hätte ich sie gerne abgegeben. Wirklich dramatisch war eigentlich nichts an der Tour. Aber gestresst haben die wie ein Rudel besoffener Teenager. Der hinter mir beschwerte sich wie ein Kleinkind, dass es ihm zu eng sei. Da war was wahres dran, aber ich hab zu dieser Tour das zweite Mal überhaupt erst MEINEN Sitz nach vorne geschoben. Und all das nur, weil sie nicht warten wollten und die Töffel in der letzten Reihe auch zu blöd waren, ihre Quadratlatschen einzuziehen. Ich hab mich genauso wie eine Ölsardine gefühlt – mit dem Unterschied, dass ich dabei noch Pedale bedienen musste…

Aber gut. Dummerweise begann einer in der letzten Reihe ab der fünften Minute der Fahrt damit, ständig zu behaupten, ich würde einen riesigen Umweg fahren. Das war zwar alles irgendwie halbwegs ironisch gemeint, aber nach der achten Wiederholung nervt es einfach nur noch. Ich hab dann auch ziemlich rüde angemerkt, dass ich für sie gerne mal meine moralischen Grundsätze fallen lasse und einen wirklichen Umweg fahre, wenn er weiter so danach betteln sollte.

Das wurde natürlich alles runtergespielt, ich solle mich mal nicht so haben, blabla. Die ganze Fahrt über hab ich nicht von einem der sechs Besucher der grünen Woche (Bauern, dummes Klischee, aber hier halt leider treffend!) irgendwas gehört, das gehaltmäßig über eine Headline in der Bild-Zeitung rausging. Abgesehen von der permanenten direkten Beleidigung hab ich mich auch einfach intellektuell aufs Gröbste verletzt gefühlt, und das ist ein Gefühl, das echt an den Nerven zerrt.

Ihr werdet jetzt einen Satz von mir lesen, den ich so hoffentlich nie wieder artikulieren muss: Ich hoffe, dass diese Deppen mich in schlechter Erinnerung behalten und einfach nicht wiederkommen!

So, jetzt isses raus. Geht mir auch schon wieder besser und ich freue mich auf alle anderen Fahrgäste 😀

Jaja, ich Idiot…

Zugegeben: Die Astro-Bar kannte ich auch nicht.

In dem Wust an Kneipen und Bars rund um den Boxhagener Platz und die Simon-Dach-Straße finde ich das allerdings nicht schlimm. Im Gegensatz zum Kollegen vor mir hab ich mir jedoch auch für die kurze Tour die Zeit genommen, kurz Onkel Google zu befragen. Die Tour hat mit 6,40 € und 60 Cent Trinkgeld tatsächlich nicht gerade den Abend gerettet.

Dann wurde ich 200 Meter weiter herangewunken zu einer kurzen Fahrt (allerdings ohne Bitte um Kurzstrecke) zum Watergate. Diese mit 5,60 € noch kürzere Tour wurde immerhin gleich mit 2,40 € Trinkgeld belohnt.

Bevor ich weiter konnte, sind mir gleich noch ein paar Hansel ins Auto gehüpft und haben mich als Chauffeur für 9,00 € zum Weekend gewählt. Begeistert von Berlin und meinen Englischkenntnissen gab es satte 6,00 € Trinkgeld!

Dass ich auf dem weiten Bogen über die Schönhauser und die Danziger zurück zu meiner Lieblingshalte noch schnell eine Tour für 13 € machen konnte, komplettiert das Bild einer verdammt guten Stunde – selbst für einen Freitagabend.

Aber ich weiß, was bin ich doch für ein Idiot, dass ich diese „Kunden“ überhaupt fahre, die diese unsagbar kurzen Strecken fahren wollen, obwohl sie doch eigentlich die zwei Kilometer auch laufen könnten…

Kleinigkeiten nebenbei:

Morgen Abend entscheide ich drüben bei Facebook, wer mal mein Buch probelesen darf – und wer sonst noch was zu lesen sucht: Im Taxihaus-Blog gibt es auch einen neuen Eintrag.

Kassensturz

Im Grunde sind die meisten Taxifahrer durchaus professionell. Manchmal wirken wir wie ein ungestümer Haufen und ein paar laute Typen werden dem Image sicher auch gerecht. Vielfach jedoch üben wir unseren Job auch aus wie manch Büroangestellter. Da hat man dann sein Freßpaket, das im klischeehaftesten aller Fälle von der Frau geschnürt wurde, man hat Arbeits-Koffer / -taschen /-Rucksäcke. Im Auto hat alles seinen angestammten Platz. Vom Ersatzquittungsblock bis zur Trinkflasche sind die Dinge organisiert und geplant.

Manchmal trifft das sogar noch auf die Fahrten zu. Manch einer hat seine Lieblingshalte, trifft jeden Tag dieselben Kollegen, beginnt seine Schicht mit demselben Ritual. Ein bisschen in diese Kategorie fällt Matthias. Ein Kollege, der nicht nur genauso lange im Betrieb ist wie ich, sondern mit dem ich sogar schon die Qualen der Ortskundelernerei hinter mich gebracht habe. Einmal haben wir uns sogar im Vorzimmer der Innung getroffen.

Der startet seine Schicht jeden Abend im tiefsten Südosten mit einem gepackten Köfferchen voller Leckereien. Als erstes stellt er sich an den Flughafen in Schönefeld – nach seiner ersten Tour trifft man ihn gerne mal am Ostbahnhof. Ich hab noch nie gehört, dass bei ihm mal was außerplanmäßig gelaufen wäre. Manchmal bezweifel ich, dass er Touren Richtung Westen überhaupt annimmt 🙂

Aber ich bin ja selbst so ein Gewohnheitstier…

Heute hat er sich am Bahnhof in mein Auto geschwungen und gemeint:

„Na Sash, haste heut schon dick Geld verdient?“

„Äh, nö. Hab gerade 3 Touren…“

„Dann kannste mir auch nichts wechseln?“

„Sieht eng aus. Also ganz großes sicher nicht.“

Heute hat Matthias es genauso gemacht wie immer. Er ist losgefahren, zum Flughafen, hat sein Essen ausgepackt und anderthalb Stunden gewartet. Als er kurz vor seinem ersten Kunden war, rief seine Frau an:

„Matthias, was ist mit dir los? Du hast die ganzen Scheine aus der Kasse hier liegen lassen…“

Mit der ersten Tour hatte er doppelt Glück: Der Fahrgast hatte ihm nicht nur eine Tour für über 50 € zu bieten, sondern konnte ihm das Geld sogar passend geben. Und nun stand er da. Zum Zurückfahren war es ihm eigentlich zu weit – obwohl er sich ohnehin schon aus dem Nordwesten zum Ostbahnhof aufgemacht hatte. Also hab ich ihm meine bisher verdienten 30 € in kleinen Scheinen als Wechselgeld überlassen. Geliehen, bis morgen.

Also wenn einer wieder auftaucht, dann definitiv Matthias 😀

PS: Ich bin übrigens wegen des Wechselgeldes am Ende noch ganz schön ins Schwitzen gekommen, weil die nächsten 4 Kunden alle mit Zwanzigern gezahlt haben und zwischen 5 und 11 Euro zurückhaben wollten. Aber – spitz auf knapp – es hat gereicht. Ende gut, alles gut 🙂

PPS: Sorry, dass ich gerade nicht zum Kommentare-Beantworten komme. Ich lese fleissig mit und hole das Kommentieren nach, versprochen!

Noch lange?

„Und? Müssen sie noch lange?“

„Wie man es nimmt. Aber ich bin schon noch bis um 7 Uhr unterwegs.“

“ Och! Das ist aber schon ganz schön lange, da müssen sie doch auch mal müde sein.“

„Wann sind sie denn aufgestanden?“

„Na um 5 Uhr wie immer!“

„Sehen sie, da bin ich erst ins Bett. Ich bin um 16 Uhr aufgestanden.“

„Dann, dann arbeiten sie nur nachts?“

„Ja.“

„Also ich, ich würde ja, also nicht, oder doch. Das ist hart!“

„Hat alles Vor- und Nachteile.“

„Ja. Nein, aber sie tun mir echt leid!“

Wenn er das wenigstens mit einem angemessenen Trinkgeld ausgeglichen hätte…

OK, so schlimm finde ich es nicht, nachts zu arbeiten, aber wenn jemand schon so besorgt ist…

Die Frage, ob ich noch lange müsste, ist übrigens inzwischen die wohl verbreitetste Frage der Fahrgäste überhaupt. Weder der klischeehafte Einstieg mit der Frage danach, ob es gut läuft, noch das sinnlose „Sind sie frei?“ am Taxistand können da mithalten.

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Chefsache

Ich hab ja hier und bei Facebook in letzter Zeit öfter mal rumgejammert, dass ich nicht viel Zeit hab. Und die meisten wissen ja auch, weswegen: Nach langem Hin und Her haben meine Chefs sich entschlossen, ihren Internetauftritt der Neuzeit anzupassen und aus Ermangelung noch unqualifizierterer Arbeitskräfte war ich am Ende derjenige, der die Seite erstellt hat.

Abgesehen von der Seite – und für mich selbst wichtiger – ist allerdings die Tatsache, dass ich bei ihnen auf der Seite jetzt auch ein wenig blogge, um die Firma nach außen hin ein bisschen nett zu präsentieren. Es mag vielleicht auf Anhieb etwas komisch wirken, wenn ein einzelner Fahrer gleich zwei Blogs übers Taxigewerbe führt, aber mir war es wichtig, die Dinge getrennt zu halten und GNIT nicht zu einem Firmenblog zu machen, für den ich im übrigen auch bezahlt werde.

Wenn ich euch jetzt also auf die Seite meiner Chefs einlade, damit ihr euch auch mal anschauen könnt, für wen ich arbeite – dann seid euch bewusst, dass da nicht viel Böses steht. Wobei sich das ändern könnte, die einzige Rüge aus der oberen Etage zum neuen Blog lautete, dass ich zu wenig frech bin 😉

Also mal sehen.

Wie dem auch sei, machen wir es kurz und schmerzlos:

Meine Chefs residieren online unter folgender Adresse: taxihaus-berlin.de

Den Blog der Seite findet man unter taxihaus-berlin.de/category/blog

Zu sagen bleibt noch: Ich mach den Quatsch nicht für ein paar Euro im Monat! Ich arbeite seit über drei Jahren in der Bude und ich finde es selbstverständlich, meinen Chefs behilflich zu sein. Ich reisse mich gerade wirklich nicht um noch mehr Arbeit, aber sie haben es verdient. Eine neue Seite zu starten, ist immer schwierig. Also geizt nicht mit Kommentaren oder Likes, wenn ihr drüben vorbeischaut. Wenn ihr den neuen Blog noch abonnieren würdet, wäre ich euch natürlich auch dankbar. Noch wichtiger aber ist: Wenn ihr irgendwen kennt, der vielleicht auf der Suche nach einem Job im Gewerbe ist, dann schickt ihn dorthin!

Also seid nett zu meinen Chefs, sie sind es auch zu mir.