Achthundertsiebenundfünfzig

Wenn man sich darauf freut, Feierabend zu machen, zieht sich die Zeit natürlich ins Unendliche.  8 Stunden wollte ich schon meiner unglaublichen Statistik zuliebe zusammenbekommen, und das brachte mich dazu, dumm in der Gegend rumzustehen. Naja, dazu gebracht hat mich natürlich eigentlich mein eigener Irrsinn.
Aufs Matrix hatte ich heute keine Lust, am Berghain schien sich langsam der Totentanz anzubahnen, also hab ich mich dort niedergelassen, wo die letzte Kundschaft mich hingeführt hat: am Golden Gate.

Der Anfang war auch ok: Ein Kollege stand vor mir, und binnen 10 Minuten war er weg. Mit Kundschaft. Und kürzer als die letzten beiden Berghain-Touren, die mich genau hierhin geführt hatten (7,00 €) wird die Fahrt sicher nicht gewesen sein. Also hab ich abgewartet. Eine geschlagene Stunde…

Während dieser Zeit konnte ich mir sehr gut einen Überblick über die Clubkundschaft machen, über die Einlassstrategie des Türstehers, und nicht zuletzt konnte ich haufenweise Kippen wegquarzen und mir die Discokugel am umliegenden Straßenschild schönreden. Fuck!

Dabei war die Schicht gut gestartet. Im Wochenendtakt hatte ich meine Fahrgäste, und nach 4 Stunden hätte ich nie gedacht, dass ich zur achten meinen Hunni gerade mal so voll hätte. Aber irgendwann kam dann eben doch Kundschaft.

Ein netter junger Kerl, der mit seinen enganliegenden Jeans und seinem T-Shirt einen recht légèren Eindruck machte. Uns beide einte, dass wir eine Nicht-Frisur trugen, und binnen anderthalb Minuten haben wir uns blendend verstanden. Er wollte in den Norden Neuköllns, also keinesfalls eine Hammertour, eher der bequeme Durchschnitt, ein Zehner etwa.  Schon eingepreist, dass wir an einem Späti hielten, wo er sich noch ein abschließendes Bier rausgelassen hat. Er hat von seinem Urlaub erzählt, unter anderem von der Fahrweise spanischer Kollegen (oh, da kenne ich auch eine Geschichte…), und alles in allem kann man sagen, dass ich wegen Kundschaft wie ihm gerne Nachts fahre.

Sicher: Er war nicht nüchtern, und die meisten Kollegen über 50 hätten in ihm erstmal einen potenziellen Zechpreller vermutet, aber er war in Wirklichkeit ein herzensguter Kerl. Dass sein Zwanni fürs Taxi ihm locker reichen würde, hab ich gleich zu Beginn bestätigt, ansonsten war der Preis glücklicherweise nicht mal ein Thema.

Bei 9,80 € auf der Uhr hab ich den Wagen angehalten, kurz nachdem ich gescherzt habe, ich halte besser etwas schräg vor der Türe, wenn er nicht mehr geradeaus laufen könne. Da hatte ich schon eine Menge Lob – und zwar nicht das geschleimte! Das ehrliche – für Banalitäten kassiert und mich in Gedanken mit 20 Cent Trinkgeld von einem „armen Studenten“ abgefunden.

„Weisste, ich würde jetz ja gerne einfach 857 sagen. Einfach weil das ok wäre. Aber so viel hab ich nicht, deswegen sag ich jetzt einfach mal: Zwölf!“

„Vielen Dank! Und ich meld mich dann wieder, wenn das Geld auf dem Konto ist, ok?“

Es ist schön, eine Woche mit gemeinsamem Lachen zu beenden. Immer wieder. Ein kleiner Witz bleibt aber noch: Ich hab beim Saubermachen an der Tanke noch einen Euro gefunden, der davor (ich stand ja eine Stunde rum und hab dies und das gemacht) nicht dort lag. In Anbetracht der Aussage meines armen Studenten nehme ich an, dass es schon ok ist, wenn ich mich jetzt darüber freue 😀

8 Kommentare bis “Achthundertsiebenundfünfzig”

  1. Eigentlich sollte man jeden Tag mit Lachen beginnen und beenden. Macht das Leben viel entspannter.

  2. Nick sagt:

    Außer es kommt von der unbekannten Frau, die gerade neben einem wachgeworden ist.

  3. ednong sagt:

    Wenn sie einen anlacht, ist das doch ok. Schlimm ist es nur, wenn sie einen auslacht …

  4. Sase sagt:

    hallo sash.ich bin taxifahrer in essen und bin blos durch zufall auf deinen blog gestossen.erst mal grosses lob zu dem was du hier erschaffen hast.ich selber mosere des öfteren das es bei uns wohl kaum weniger zu tun sein kann als anderswo.aber wie es scheint teilen die fahrer in jeglichen städten das gleiche schicksal.mache meinen job auch wirklich sehr gerne und es ist wirklich interessant zu lesen wie oft man denkt yo so kunden hatte ich auch schon.werde jetzt auch mal des öfteren meinen senf hier dazu geben^^in diesem sinne weiter so!!!=)

  5. Sash sagt:

    @Sase:
    Danke für das nette Lob 🙂
    Und dass es uns allen irgendwie ähnlich geht, das stimmt wirklich. Sicher, die Zahlen mögen abweichen, und vielleicht sind es auch unterschiedliche Zeiten, in denen was los ist oder nicht. Aber sonst ist sich das Gewerbe sicher hier und da ähnlicher als wir denken…

  6. Taxman sagt:

    Was bitte heisst 857?
    Stimmt so, oder was?

  7. Sash sagt:

    @Taxman:
    Das ist ein Betrag. In Euro.

  8. Ana sagt:

    Ich werd 857 jetzt trotzdem als „stimmt so“ benutzen.
    so als einzelziffern.
    und dann einfach weggehn und fragen ignorieren.
    jau.

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