Wie der Tagesspiegel gerade online berichtet hat, ist in Berlin ein Pilotversuch mit Fiskaltaxametern angelaufen. Zu diesem Artikel hier ein Kommentar. Ich möchte vorweg anmerken, dass ich über die Geräte nur sehr grob Bescheid weiß, also sicher nicht alle Vor- und Nachteile mal eben benennen kann.
Worum geht es überhaupt?
Steuerhinterziehung ist im Taxigewerbe eine weit verbreitete Problematik, natürlich auch in Berlin. Wenn man den Medien glauben kann, dann weit mehr als in anderen Branchen. Ob das den Tatsachen entspricht, kann ich schlecht bewerten. Aber ja: Es gibt Unternehmer, die ihre Fahrer schwarz arbeiten lassen und auf dem ein oder anderen Weg ihre Einnahmen am Fiskus vorbei mogeln. Welche Möglichkeiten es da gibt, kann ich nicht mal aufzählen, dazu bin ich wohl zu ehrlich 😉
Der Tagesspiegel bringt jedenfalls einmal mehr die ominöse Schätzung eines „zweistelligen Millionenbetrags“, in der Vergangenheit war oft von 50 Millionen Euro die Rede, die im Berliner Taxigewerbe an Steuern hinterzogen wird.
Ich persönlich vermute, diese Zahl ist Bullshit. Ich kenne nicht alle Zahlen, aber schon alleine, wenn man diesen Betrag auf die 12.000 Fahrer in Berlin umlegt, bescheisst JEDER den Staat um durchschnittlich 4.000 Euro im Jahr. Das liegt schon weit entfernt dessen, was ein durchschnittlicher Fahrer überhaupt an Steuern zahlen muss, wenn er legal arbeitet. Und die einzelnen Genies im Gewerbe, die ihre 4.000 bis 6.000 € Umsatz pro Monat machen, werden die Statistik kaum derart verfälschen. Aber gut, das nur als Rahmeninformation. Ungeachtet des Betrages ist und bleibt Schwarzarbeit ein Problem in der Branche – da gehe ich mit dem Autor des Artikels durchaus konform.
Fiskaltaxameter sollen dabei (in absehbarer Zukunft gesetzlich vorgeschrieben) eine Lücke schließen, die bisher existiert hat: Die Manipulation der Einnahmen. Das Grundprinzip der Steuerhinterziehung ist ja stets das Gleiche: Man rechnet seine Einnahmen herunter. Fiskaltaxameter sorgen nun dafür, dass die Daten (also die Umsätze und Strecken) „manipulationssicher“ auf einen Server übertragen werden, wo sie von den Behörden abgeglichen werden können mit den Angaben, die die Unternehmer beim Finanzamt machen. Im Grunde ist das eine gar nicht so dumme Idee, und sie dürfte tatsächlich dem ein oder anderen Betrüger das Wasser abgraben.
Ein bisschen dürftig fällt im Tagesspiegel die Kritik an den Geräten aus. Sie wird dort ausschließlich in folgendem Absatz angedeutet:
„Zum Einbau sind aber bei weitem nicht alle Unternehmen oder Alleinfahrer bereit. Auf Schwarzarbeit und Manipulationen sei man angesichts der dürftigen Einkommen mehr oder weniger angewiesen, heißt es im Gewerbe ziemlich offen.“
Nun, das finde ich doch ein wenig oberflächlich. Ich bin wie gesagt grundsätzlich dafür, aber natürlich würde die Einführung gewisse Probleme bereiten. Vielleicht keine dramatischen oder unlösbaren, aber immerhin.
Zum einen ist die Annahme, die Daten seien „manipulationssicher“ in jedem Fall ein Euphemismus. Das mag im Alltagsgebrauch stimmen, aber man muss kein Computerspezialist sein, um zu der Erkenntnis zu gelangen, dass Daten – insbesondere wenn sie auf einem Server gelagert werden – immer von irgendwem manipuliert werden können. Zudem stellt sich natürlich die Frage, inwiefern der Datenschutz gewährleistet ist.
Die direkte Manipulation des Taxameters ist auch heute schon technisch versierteren Leuten vorbehalten und wird wahrscheinlich nicht flächendeckend betrieben. Viel problematischer ist im Alltag sicher, dass auf das Einschalten des Taxameters gleich ganz verzichtet wird.
Und – auch wenn es Erbsenzählerei sein mag: Was passiert mit all den Fehlfahrten? Es kommt vor, dass man als Fahrer mal den falschen Knopf drückt. Zack, und schon sind 3,20 € auf der Uhr! Oder mal 50 ct Zuschlag. Oder Kunden zahlen nicht. Muss man auf diesen gar nicht gemachten Umsatz in Zukunft Steuern zahlen?
Aber das sind nur ein paar Überlegungen von der Fahrerseite aus.
Im Übrigen finde ich es unschön, zu behaupten, „im Gewerbe“ werde die Manipulation „ziemlich offen“ verteidigt. Alle Taxiverbände und alle Unternehmer ohne Dreck am Stecken sind eindeutig dagegen. Es gibt diese Stimmen, zweifelsohne. Aber das Gewerbe repräsentieren die sicher nicht.
diese schätzungen sind einfach nur unseriös.
selbst statistiken sind oft fragwürdig,mein liebling ist eine statistik der eu,das im jahr 200x in der brd
401 bürger an passivrauchen verstorben sind.herrlich,diese zahlen werden mit sicherheit mit einer
glaskugel ermittelt.
naja,dann frage ich mich auch,welche gewerbevertretung bettelt geradezu darum vom finanzamt lückenlos
kontrolliert zu werden.
Ist doch eher die Frage, welcher „Systemlösungshersteller“ hier mit wem ins Bett gestiegen ist. Kann natürlich auch der Branchenverband der „Systemlösungshersteller“ sein.
@hans:
Naja, es ist ja leider allgemein üblich, dass man mit markigen Sprüchen und knackigen Zahlen besser Politik machen kann als mit Fakten. Dass die Branche um Aufklärung bettelt, finde ich eigentlich ein gutes Zeichen, ich bin durchaus auch ein Freund von Transparenz. Was ich hingegen ziemlich nervig finde, ist immer dieses „Und jetzt haben wir endlich die beste Lösung gefunden!“
Nein! Die gibt es nicht! Das kann nur ein andauernder Prozess sein!
@Der Maskierte:
Ach, derartige Verschwörungstheorien würde ich da nicht einmal hegen. Die Taxibranche steht ja tatsächlich genug unter Beschuss, um daran interessiert zu sein, den miesen Ruf loszuwerden. Dumm nur, dass es meist wirklich um den Ruf geht und nicht um die Verbesserung an sich…
@Sash
Noch größer als die Dummheit des Menschen, die ja bekanntlich unendlich ist, ist die menschliche Gier. Insofern gilt mein Leitsatz: „Erkläre nichts mit Dummheit, was mit Gier genausogut erklärt werden kann.“
Das Ganze ist lustig, solange man im Pflichtfahrgebiet herumsaust. Sobald ich es aber verlasse sind Fahrpreise frei verhandelbar und die Uhr bleibt aus. Gleichfalls bei allen Krankenfahrten, Vertragsfahrten und ähnlichem, dort wird jeweils der geltende Kilometersatz (den zB. die Krankenkassen festlegen) mit den gefahrenen Kilometern multipliziert und fertig ist. Davon taucht im Taxameter auch nichts auf. Wenn dann nur noch der Rest versteuert werden muß: SUPERSACHE! für die meisten Unternehmer. Dürfte dann billiger werden als heutzutage ;-).
@Der Maskierte:
Ich muss zugeben, dass deine Aussage durchaus überdenkenswert ist 🙁
@Taxi 123:
Aber bei den Fahrten außerhalb des Pflichtfahrgebietes sehe ich gar kein soo großes Potenzial. Ich nehme an, es ist nur ein geringer Teil der Einnahmen, die so zustande kommen – und außerdem ist ja auch nicht auszuschließen, dass diese Umsätze auch bisher gerne mal unter den Tisch fallen…
@Taxi 123
Der Fiskaltaxameter wird eiskalt mitlaufen bei jedem Milimeter, den du das Fahrzeug bewegst. Und dann darfst dich über jeden Nanometer, der nicht versteuert ist, auf 3 Formblättern bis ins Detail erklären. Wir reden hier schließlich von deutschen Behörden!
Ich würde sagen: die Statistik machts. Mit der Zeit ergibt sich ein gewisser Durchschnitt, wieviele Fehlfahrten ein durchschnittlicher Taxifahrer so hat. Anhand derer sucht man sich dann die Ausreißer raus.
Es gibt ja auch Statistiken darüber, wenn ein Mensch Zahlen fälscht und Phantasieprodukte hinschreibt, welche „Zufallszahlen“ er am häufigsten nimmt. Echte Zahlen verteilen sich anders.
@Der Banker:
Ich stimme Dir schon zu: Da wird es eine Handhabung geben am Ende. Ich bin allerdings skeptisch, ob es am Ende fair sein kann. Statistik ist natürlich ein verdammt wirksames Werkzeug, bei kleinen Zahlen versagt sie aber recht schnell. Und eine Schicht mit 10 Fahrten und 100 Kilometern ist statistisch meines Erachtens nach beinahe völlig unerfassbar. Zumindest, wenn man weiterhin einige Freiheiten des Berufes beibehält.
Das ist das, was ich am Ende befürchte: Dass man nicht mehr mit seiner Frau zum Einkaufen fahren kann, weil bei einer Auswertung aller Parameter alles für eine Schwarzfahrt spricht. Und das fände ich ehrlich gesagt schade.
Gibt es ein Gesetz, daß ein Fiskaltaxameter vorschreibt? Und was ist das überhaupt?
Es gibt Fehlfahrten. Es gibt Fehlbedienungen. Es gibt die Fahrten ausserhalb des Pflichtfahrgebietes.Es gibt Fahrer die „vergessen“ den Wecker eizuschalten. Das Taxameter ist ein einfaches Messgerät, vergleichbar mit der Waage beim Metzger. Die Umsätze die dieses Messgerät ermittelt sind leider noch nicht in der Börse. Das Taxameter ist keine Registrierkasse. Und das Taxameter ist auch kein Datenverarbeitungsgerät.
Es stellt sich also die Frage ob das Schreiben des BMF in irgendeiner Weise ein Handeln bis 2017 erfordert, oder ob ich mit der alten Kienzle auch darüber hinaus weiter fahren kann. Die Datenverarbeitung beginnt mit dem Eintrag der Umsätze ins Kassenbuch, sowie die Ermittlung von Umsatzsteuer und Gewinn mit dem Taschenrechner. Diese Daten sind handschriftlich gespeichert und werden entsprechend den Gesetzen 10 Jahre lang aufbewahrt.
Das Ermitteln des Umsatzes durch Auszählen des Geldbestandes am Feierabend wird beim alleinfahrenden Unternehmer vom FA nicht beanstandet.
@taxi-mirco:
Wenn ich mich recht entsinne – ich hab aber jetzt auch schon ewig nichts mehr davon gehört – soll das tatsächlich als Pflicht eingeführt werden. Aus den o.g. Gründen finde ich es auch schwierig, wobei man gestehen muss, dass es den ganz üblen (aber wirklich nur den!) Modellen der Schwarzarbeit gefährlich werden wird.