Schlüsselkinder

Dass die Samstagsschicht verdammt gut war, habe ich in den letzten beiden Einträgen bereits geschrieben und sogar Zahlen genannt. Nur unzureichend beschreibt es allerdings den Dusel der letzten Stunde der Schicht. Ich habe hochzufrieden nach dem Einfahren von rund 250 € beschlossen, ich nehme noch eine kurze Tour mit, um dann vielleicht über dem Silvesterumsatz zu liegen. Es war 6.30 Uhr, eine halbe Stunde lang hatte ich das Auto offiziell noch und ich habe es gerade gewaschen und getankt.

Am Ostbahnhof stieg mir dann nach wenigen Minuten tatsächlich eine Frau zu. Der Anfang war vielversprechend:

„Ist leider nicht wirklich weit…“

Na also, so wünsche ich mir das.

„Nach Köpenick in den…“

Nicht weit? Ich merke hier gerne noch mal an, dass die durchschnittliche Tour in Berlin zwischen 11 und 12 € bringt, und damit runde 5 km lang ist. Köpenick bedeutet runde 25 €…

Ich hab kurz überlegen müssen. Klar, alle Kollegen hätten sich gefreut, wenn ich ihnen die Tour geschenkt hätte, aber ich finde es eigentlich nicht nett, Kunden weiterzureichen, weil es einem nicht passt. Zudem hallte mir im Kopf, dass mein Tagfahrer mal gesagt hat, er fange Sonntags sowieso frühestens 8.30 Uhr an. Und naja… es war zwar kalt, aber er kommt  mit dem Auto zur Übergabe. Will heissen: Wenn er 10 Minuten warten muss, dann wird er mich deswegen auch nicht hassen. Also auf nach Köpenick!

Die Fahrt war unspektakulär und geprägt durch das Redebedürfnis meines Fahrgastes. Sie kam aus dem Skiurlaub und hatte einige nette Anekdoten zu erzählen, wie beispielsweise die, dass sie sich mal „versehentlich“ bei einem Mountainbike-Extreme-Race angemeldet hat, und das dann auch durchgezogen hat, weil sie „nun eh schon da war“. Ist jetzt aber eine stark vereinfachte Version…

Naja, schließlich machte ich mich wieder auf den Rückweg und hoffte, das Auto so gegen 7.20 Uhr abstellen zu können. An der langen Brücke dann: Winker. Ich hab mit mir gerungen, aber immerhin war die Fahrtrichtung stadteinwärts, also wie schlimm sollte es kommen?

„Nach Altglienicke, bzw. Schönefeld…“

OK, ich werde mich meinem Ziel also eher spiralförmig annähern. Zwei Partygänger auf dem Heimweg, beide eigentlich recht nüchtern. Das könnte allerdings auch daran gelegen haben, dass sie bereits seit mindestens einer halben Stunde zu Fuß unterwegs waren und auf ein vorbeifahrendes Taxi gehofft haben. Auch diese Fahrt verlief ganz reibungslos und toll, allerdings kam die Wende ca. 200 Meter vor dem Ziel:

„Wie, du hast deinen Schlüssel nicht dabei?“

„Ja nee, im Ernst…“

Also durfte ich wenden, und die beiden wieder nach Köpenick fahren. Nix war es mit Spirale. Ich komme wohl einfach nicht mehr an. Schließlich wollten sie danach wieder nach Altglienicke…

Bemerkenswert übrigens folgendes Dialog-Kleinod:

„Och, das war jetzt aber auch wieder… ne, Häschen?“

„Wie, warum bin ich denn jetzt…?“

„Ey, na klar bist du Häschen!“

Unterwegs haben sie dann beschlossen, dass Häschen die Dame bereits wieder fahrtüchtig ist, und meine Dienste nur bis zu ihrem Auto (wo der Schlüssel sich so oder so befand) benötigt werden. Sonderlich wehgetan hat das auch nicht, obwohl ich mich natürlich gefreut hätte, die 300 € Umsatz zu knacken. Um die Fahrtüchtigkeit schien es ja auch nicht so schlecht bestellt zu sein, sodass ich nicht interveniert habe – was sowieso immer nach Geschäftemacherei aussieht.

Und wie bereits geschrieben habe ich dann nach 12 Stunden mit 297 € das Auto um 8 Uhr abgestellt. Mein Tagfahrer war noch nicht mal da, es gibt also nichts, was ich zu bereuen hätte 🙂

2 Kommentare bis “Schlüsselkinder”

  1. […] Auch von vergessenen Schlüsseln erzählt der Eintrag “Schlüsselkinder” von […]

  2. […] entschädigt, zu Beginn kurz gewartet zu haben. Hat mich an die ewig alte Tour mit den “Schlüsselkindern” erinnert […]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

%d Bloggern gefällt das: