Arschlöcher mit Bettellampe

In Berlin gibt es rund 7000 Taxen. Das heisst, es müsste irgendwas um die 10000 Taxifahrer geben. Da ist es klar, dass man nicht alle kennt. Klar, viele haben so ihr Stammrevier, viele sieht man geplant beim Pause machen, wie auch immer. Aber wenn man so an der Halte steht und ein weiteres Taxi fährt an den Stand ran, dann schaut man einfach. Ist das ein bekanntes Gesicht, ein bekanntes Auto? Ein Freund?

Genau das hat sich ein Kollege, den ich gelegentlich mal sehe, derletzt auch gedacht. Von den Scheinwerfern noch halb geblendet hat er die Scheibe ins Visier genommen in der Hoffnung, ein bekanntes Gesicht zu sehen.

Und was passierte?

Aus dem Auto sprang ein recht junger übermütiger Fahrer und wollte handgreiflich werden, weil der Kollege ihn „dumm angeschaut“ hat.

Ich hatte ja irgendwann mal die Hoffnung, dass dieses „Was guckst du?“ von den entsprechenden Idioten irgendwann nachlässt, sobald sie ihre Scham über die Haare am Sack verarbeitet haben. Also mit 15 oder so. Dass es aber tatsächlich erwachsene Menschen gibt, die noch dazu in einem Job mit Kundenkontakt arbeiten, die so blöd sind, das schockiert mich trotz aller Horrorgeschichten über unangemessenes Verhalten von Taxifahrern!

Ich bin jetzt wirklich niemand, der meint, man müsse erstmal auf der Seite von Kollegen stehen, nur weil sie die selbe Arbeit machen (worin mich dieser Fall bestätigt!), aber wie viel muss im Kopf schieflaufen, wenn ich nichts besseres zu tun habe, als einen mir unbekannten Kollegen derart anzugehen?

Denn auch wenn ich einem Kollegen nicht automatisch einen Sonderstatus zugestehe, so denke ich doch, dass es auch in unserem Gewerbe wirklich wichtig ist, sich gegenseitig fair zu begegnen. Denn klar sind wir immer auch Konkurrenten, aber die Entscheidungen treffen die Kunden und das Glück – wenn man Probleme damit hat, dann macht man den falschen Job.

Wenn Kunden mitarbeiten…

Und dann war da noch der Mann, den ich nach Prenzl’berg gefahren habe. Die Fahrt verlief angenehm und völlig unspektakulär. Vor seiner Haustüre hielt ich und darauf hin fragte er:

„Soll ich mal kurz zum Italiener reingehen? Fragen, ob der noch einen Fahrgast für sie hat?“

„Äh… hm. Also… wenn sie wollen?“

Und daraufhin ist er mit den Worten:

„Wissen sie, ich kenn da den Wirt…“

verschwunden und hat nachgefragt. Die beiden Mädels, mit denen er wieder rauskam, wollten zwar leider nur eine rauchen, aber ich kann nicht behaupten, dass mich die Einsatzfreude seinerseits nicht positiv überrascht hätte. Dieses „Die eine Hand wäscht die andere“-Prinzip würde erstaunlich gut funktionieren, wenn man es konsequent umsetzt…

Mal andersrum!

„Können sie bitte das Teil anmachen?“

„Welches Teil soll ich anmachen?“

„Das Fahrpreis… ach, haben sie schon.“

„Äh, klar!“

Ja, so können Kunden auch drauf sein. Liegt wohl an dem „Kollegen“, der sie für unschlagbar günstige 10 € von der Oranienburger Str. zur Kulturbrauerei gebracht hat. Das ist zwar kein übel überhöhter Preis, aber irgendwie kam ihnen die Fahrt etwas kurz für den Preis vor. Das wird ihnen eine Lehre sein.

Nicht, dass ich das gutheißen würde, aber wenn es der Erziehung dient…

Ich kann es nur immer wieder sagen: Festpreise sind illegal, man ist nicht versichert, wenn das Taxameter nicht läuft und unter den Kollegen, die das dennoch machen, finden sich nur sehr wenige Samariter, die es darauf abgesehen haben, den Kunden Geld zu schenken und selbst keines zu verdienen! Leute, der Tarif ist nicht nur zu unserer Existenzsicherung da, sondern auch ein Mittel gegen überhöhte Taxipreise!

Schön übrigens, dass der Artikel zufällig gerade in der Liste ist, nachdem Klaus sowas ähnliches auch hatte. Na gut, genau genommen passiert das einfach sehr oft. Viele Kunden wollen einen Festpreis und bei Festpreisen langen viele Fahrer zu…

Kalte Nudeln

Gespräch in meinem Taxi:

Fahrgast 1: „…erst Weihnachtsmarkt und dann später zum Bumsen aufs Riesenrad.“

Fahrgast 2: „Das find ich ja auch so ein bisschen… also das hat’s letztes Mal so gar nicht gebracht. Ich hab ja kaum die Hose runtergekriegt.“

Fahrgast 1: „Alter, du musst da ja auch nicht den kompletten Akt vollziehen!“

Fahrgast 2: „Ich weiss nicht, ein bisschen in Stimmung muss ich da schon sein. Weisste, wenn dir da so eiskalter Wind um die Nudel weht…“

Kann mir mal jemand glaubhaft versichern, dass das ein Traum war!?

Na'ucken?

Winker zum Holiday Inn am Alex. Das kommt auch nicht allzu oft vor. Zumindest nicht Montag Nacht um 3 Uhr. Als ich die Kunden höflich verabschiedet habe, und mich über meine 20 Cent Trinkgeld gefreut habe, blickt mich schon eine asiatisch aussehende Frau um die 40 hilfesuchend an.

Ne Anschlusstour? Hier und jetzt? Wo ich gerade meinen Hunni vollgemacht habe? Wow!

Naja, doch nicht wow. Die gute Frau konnte quasi kein Wort Deutsch, und auch wenn ihr Gesichtsausdruck bei meinen Versuchen, auf Englisch zu kommunizieren, ganz deutlich „What the fuck?“ sagte, wage ich zu bezweifeln, dass sie mich deswegen besser verstanden hat.

„Taxi ju? Taxi Weehin?“

„Wedding?“

„Taxi?“

„Sie wollen in den Wedding?“

„Taxi ju?“

So ging das etwa 3 Minuten, und wenn es nicht fürchterlich geregnet hätte, dann hätten wir wohl noch die Schuhe ausgezogen, um damit erklärende Figuren zu legen. Ich hatte den dringlichen Verdacht, dass sie ein Taxi bestellt hat, und wollte die Situation unbedingt klären. Denn weder wollte ich einem Kollegen die Fahrt klauen, noch irgendwie darauf verzichten, die gute Frau zu fahren, wenn es denn nicht so sein sollte.

„Ha-ben sie an-ge-ru-fen? You called a taxi?“

Das Ganze ist natürlich nur echt mit der Telefongeste…

„Anufen?“

„Haben sie? You called a taxi?“

„Anufen?“

Zum Verzweifeln. Und für if/then-Formeln reichen Gesten nunmal nicht. Aaargh! Ich hab ernstlich versucht, ihr klarzumachen, dass ich – wenn sie angerufen hat – nicht ihr Taxi bin, der Kollege aber sicher gleich kommt.

„Na’ucken!“

sprach sie und verschwand. Aber nicht etwa im Hotel – wo man deutlich besser hätte na’ucken können. Nein, im Regen ums Gebäude rum…

Ich hab einfach mal kurz gewartet und mir eine Kippe angemacht, denn jetzt wollte ich auch langsam wissen, was los ist. Aber wie erwartet kam nach ein paar Minuten ein Kollege und hat mich etwas fragend angesehen. Ich hab ihn dann gefragt, ob er etwa eine Bestellung hätte, was er bejahte. Arg viel mehr als ihm die Suche nach der na’uckenden Frau zu überlassen, konnte ich allerdings auch nicht machen. Naja, ich hoffe mal, es hat noch geklappt…

Puh…

Leute, ich hab eine eigentlich gemütliche Achteinhalbstundenschicht hinter mir, aber ich bin beinahe auf Hundertachtzig! Das könnt ihr mir glauben!!!

OK, ich bin ehrlich: Ich meine meinen Umsatz und der Eintrag ist nur da, um die Kollegen neidisch zu machen 😉

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Das Erste

Wenn ihr das hier lesen könnt, dann bin ich seit einem Jahr Taxifahrer. Wie die Zeit vergeht…

Mir kommt es bei weitem nicht so lange vor. Ich bin irgendwie immer noch der Neue, aber natürlich ist einiges passiert, seit ich das erste Mal auf Kunden losgelassen worden bin. Ich hab keine Panik mehr vor Ortsangaben. Nicht mal mehr vor solchen, die ich nicht kenne 😉

In dem Jahr ist mir Berlin wesentlich mehr ans Herz gewachsen als im Jahr zuvor, und ich hab so viel gesehen, gehört und erlebt. Nichts wirklich großes, nichts spektakuläres, sondern einfach sehr viele Kleinigkeiten, die das Leben so interessant machen.

Vor einem Jahr hab ich mich mit einem aus unserer Firma bei meinem Auto getroffen und er hat mir mal auf die Schnelle gezeigt, wie das Taxemeter funktioniert, was es bei dem Auto sonst zu beachten gibt, wie man die Sitze hinten ausklappt und auch meinen Tagfahrer hab ich kennengelernt. Dann durfte ich das erste Mal eine gruselige Erdgas-Zapfsäule bedienen. Inzwischen kenne ich die Leute aus der Nachtschicht an der Tanke recht gut, das Auto so komplett es nur geht und die Fehldrückereien am Taxameter lassen auch langsam nach 🙂

Die weißen Flecken im Stadtplan werden täglich kleiner, obwohl ich befürchte, dass sie nie ganz verschwinden werden. Die Stadt ist einfach immer noch so verdammt groß, so überschaubar sie nach einem Dreivierteljahr lernen und einem Jahr Fahren auch plötzlich geworden ist.

Der Job macht mir nach wie vor wahnsinnig viel Spaß, und die Kunden, auf die ich verzichten hätte können, sind zahlenmäßig eindeutig denen unterlegen, die ich mir noch einmal ins Auto wünsche.

Die meisten der über 1000 Gespräche in dem Jahr waren unbedeutend, teilweise aber auch spannend, unterhaltsam, witzig oder denkwürdig. Und die Kunden sind mir überwiegend entgegengekommen wie ich ihnen: Höflich, freundlich, aufgeschlossen und in manchen Fällen planlos.

Demnächst ist hier im Blog der 400ste Taxiartikel veröffentlicht, und nach meiner persönlichen Schätzung werde ich sicher nicht vor dem 2000sten aufgeben. Der Blog ist eng mit meinem Job verbunden, und ich bin schon sehr gespannt, was ich noch alles zu schreiben habe.

OK, aber ich werde immer so schwülstig, wenn es um Jahrestage geht. Lassen wir das! Danke euch allen fürs Lesen, fürs Helfen, Unterstützen und für jeden einzelnen albernen Kommentar!