Das Erste

Wenn ihr das hier lesen könnt, dann bin ich seit einem Jahr Taxifahrer. Wie die Zeit vergeht…

Mir kommt es bei weitem nicht so lange vor. Ich bin irgendwie immer noch der Neue, aber natürlich ist einiges passiert, seit ich das erste Mal auf Kunden losgelassen worden bin. Ich hab keine Panik mehr vor Ortsangaben. Nicht mal mehr vor solchen, die ich nicht kenne 😉

In dem Jahr ist mir Berlin wesentlich mehr ans Herz gewachsen als im Jahr zuvor, und ich hab so viel gesehen, gehört und erlebt. Nichts wirklich großes, nichts spektakuläres, sondern einfach sehr viele Kleinigkeiten, die das Leben so interessant machen.

Vor einem Jahr hab ich mich mit einem aus unserer Firma bei meinem Auto getroffen und er hat mir mal auf die Schnelle gezeigt, wie das Taxemeter funktioniert, was es bei dem Auto sonst zu beachten gibt, wie man die Sitze hinten ausklappt und auch meinen Tagfahrer hab ich kennengelernt. Dann durfte ich das erste Mal eine gruselige Erdgas-Zapfsäule bedienen. Inzwischen kenne ich die Leute aus der Nachtschicht an der Tanke recht gut, das Auto so komplett es nur geht und die Fehldrückereien am Taxameter lassen auch langsam nach 🙂

Die weißen Flecken im Stadtplan werden täglich kleiner, obwohl ich befürchte, dass sie nie ganz verschwinden werden. Die Stadt ist einfach immer noch so verdammt groß, so überschaubar sie nach einem Dreivierteljahr lernen und einem Jahr Fahren auch plötzlich geworden ist.

Der Job macht mir nach wie vor wahnsinnig viel Spaß, und die Kunden, auf die ich verzichten hätte können, sind zahlenmäßig eindeutig denen unterlegen, die ich mir noch einmal ins Auto wünsche.

Die meisten der über 1000 Gespräche in dem Jahr waren unbedeutend, teilweise aber auch spannend, unterhaltsam, witzig oder denkwürdig. Und die Kunden sind mir überwiegend entgegengekommen wie ich ihnen: Höflich, freundlich, aufgeschlossen und in manchen Fällen planlos.

Demnächst ist hier im Blog der 400ste Taxiartikel veröffentlicht, und nach meiner persönlichen Schätzung werde ich sicher nicht vor dem 2000sten aufgeben. Der Blog ist eng mit meinem Job verbunden, und ich bin schon sehr gespannt, was ich noch alles zu schreiben habe.

OK, aber ich werde immer so schwülstig, wenn es um Jahrestage geht. Lassen wir das! Danke euch allen fürs Lesen, fürs Helfen, Unterstützen und für jeden einzelnen albernen Kommentar!

    Ähnliche Artikel:

    Keine ähnlichen Artikel gefunden

24 Kommentare bis “Das Erste”

  1. Klaus sagt:

    Glückwunsch zum Jahrestag.
    Das erste ist immer das schwerste. Ab jetzt wird’s einfacher. 🙂

  2. Matthias sagt:

    Dat is wie mit die erste Million.

  3. Sash sagt:

    @Klaus:
    Da magst du Recht haben. Aber leider geht das ja nicht sprunghaft, sondern ist ein schleichender Prozess…

  4. Sash sagt:

    @Matthias:
    Erfahrungen? Lust, mich in deine Geheimnisse einzuweihen? 😀

  5. Simon sagt:

    Ist das schon wieder so lange her? Wie die Zeit doch vergeht… Aber herzlichen Glückwunsch, und dass du noch lange durchhältst. Zumindest so lange bis ich wieder mal in Berlin bin 😉

  6. Sigrun sagt:

    Na dann ,herzlichen Glückwunsch zum ersten Jahr alleine fahren :).
    Das Du noch viele nette Fahrgäste bekommst in den nächsten Jahren .
    Mußte grade schmunzeln,meine Einweisung auf dem Taxi war auch nicht besser,oder intensiver ;-),so wegen Uhr und Alarm und so.
    Ich weiß noch,wie ich damals immer ehrfurchtsvoll meinen Kollegen Jürgen angeguckt habe,der mir genau sagen konnte,welche Leute,die aus dem Bahnhof kamen,ein Taxi brauchten ;-).
    Wenn irgendwann mal bei Dir Leute ins Taxi springen und sagen,bitte folge dem Wagen,dann hast Du noch ein Highligth in Deinem Taxifahrerleben erreicht…………..obwohl,mir fällt da grade ein,in 10 Jahren hatte ich keine Geburt ;-). Ich glaube,DAS wäre es gewesen 🙂

  7. Paramantus sagt:

    Bitte Bitte, gern geschehen. Immer wieder amüsant zu lesen, was man als Taxifahrer so erleben darf… 😉 Herzlichen Glückwunsch!

  8. Aro sagt:

    Die mageren Einweisungen sind wohl Standard. Andererseits: Als Taxler ist man ja fast immer auf sich allein gestellt und kann dann gleich lernen, mit unbekannten Situationen umzugehen. Das kommt ja in der Praxis auch ständig vor.
    Nun denn, nicht vergesseN. Die ersten 20 Jahre sind die Schlimmsten.

  9. Sash sagt:

    @Simon:
    Da ich deine Bestrebungen, nach Berlin zu kommen, nicht kenne, verspreche ich mal nichts. Meine Motivation sieht aber noch ganz gut aus 🙂

  10. Sash sagt:

    @Sigrun:
    Folgen sie diesem Wagen? Hatte ich zweimal in einer Schicht…
    Na gut, ich sollte dem Kollegen folgen, der den Rest der Bande gefahren hat. 🙂 Werde ich nie wieder machen – die Sau ist mords den Umweg gefahren! Als ich dem dann aber nach dem Ausladen noch am Auspuff hing, ging das Spielchen gleich wieder los:
    „Folgen sie diesem Wagen! Haha, das wollten sie sicher schon immer mal hören! Haha!“
    Ich hab ihnen dann gesagt, dass ich sie hinbringe wo sie wollen, ich dem Kollegen aber nicht folgen werde. Sie sollen doch nachher einfach den Preis vergleichen…

    Tja, und Geburt hatte ich auch noch nicht. Knapp war es ja schon
    http://www.sashs-blog.de/wordpress/2009/02/02/klassiker-alarm/
    aber gereicht hat es noch!

  11. Sash sagt:

    @Paramantus:
    Du musst bei deinem Job ja gerade was sagen 😀
    Das find ich auch immer wieder amüsant!

  12. Sash sagt:

    @Aro:
    Ach, die Einweisung war an und für sich ok. Mir ist ja selber gar nichts so recht eingefallen, was ich noch hätte fragen sollen. Den Umgang mit Kunden bin ich ja seit Jahren gewohnt gewesen, da hab ich mich auf mich selbst verlassen. Und das ist ja dann doch das Schlimmste. Die Stadt lernt man in der Praxis am besten kennen, fahren sollte nu ja nicht das Problem sein und von den Dingen, die dann noch bleiben, hab ich doch einiges gezeigt, erklärt und vorgeführt bekommen.

    Es ist doch das Beste, erstmal ins kalte Wasser geschmissen zu werden!

    Und was bin ich froh, dass die ersten Kunden gleich kamen und ich nicht erst eine halbe Stunde zittern musste. Wobei ich mich bis heute frage, wer bitte Mittwoch Nachmittag um 16 Uhr aus dem Berghain kommt…

    Und von den ersten 20 Jahren hab ich ja immerhin schon 5%! 🙂

  13. Matthias sagt:

    Leider keine großen Erfahrungen.
    War mal Zloty-Millionär, aber dann hatten die in Polen die Währungsreform und haben vier Nullen gestrichen…
    Wie man Schulden macht kann ich dir allerdings beibringen 🙂

  14. Sash sagt:

    @Matthias:
    Und das im Millionenbereich? 😉

  15. Joni sagt:

    Gratulation. Das Lesen macht Spaß, ich bin damals irgendwie durch eine Petition hier gelandet und bin immer noch da 😀

  16. Sash sagt:

    @Joni:
    Das fasse ich mal ganz frech als Kompliment auf 🙂

  17. Basti sagt:

    Auch Herzlichen Glückwunsch von mir. Weiterhin viele nette Kunden. Aber auch solche, wo wir was zu lachen haben :-)Hab mich lange nicht mehr gemeldet, da ich zur Zeit viele andere Dinge im Kopf habe.Bis dahin….Grüße Basti

  18. Sash sagt:

    @Basti:
    Keine Sorge, die Kunden mit Nebenwirkungen fürs Zwerchfell werden nicht aussterben… Danke für die Glückwünsche und nur keine Sorge wegen längerer Abwesenheit. Wenigstens darüber führe ich keine Listen – und das mit den anderen Dingen kenne ich zur Genüge 🙁

  19. Matthias sagt:

    @Sash: Ja, aber nur bei Freewar: http://www.freewar.de/

  20. guggug aka Martin sagt:

    ich gratuliere dir ebenfalls…
    nen verwanter von mir ist schon seit einigen Jahren in Berlin Taxifahrer… eines kann ich dir jetzt schon vorweg sagen… die weißen Flecken werden nie verschwinden. Auch in 100Jahren nicht 🙂

  21. Sash sagt:

    @Matthias:
    Naja, besser als nicht Millionär zu sein…

  22. Sash sagt:

    @guggug aka Martin:
    Das glaube ich auch. Wenn ich schon überlege, was alles geändert worden ist, seit ich das jetzt mache. Da ist lebenslanges Lernen keine hohle Phrase mehr 🙂

  23. Cloggerin sagt:

    Wow, ein Jahr deines Lebens habe ich jetzt – also rein blog-technisch – mir schon erlesen? Wahnsinn! Beziehungsweise natürlich mehr, da die Zeit „davor“ ja auch hier für die Ewigkeit vermerkt ist.

    Irgendwie bin ich bei twitter „über dich gestolpert“, habe deine aktuellen Einträge gelesen, mich über die Verweise/Links zu anderen Beiträgen bringen lassen und nun, seit ein paar Tagen wird das ganze mal chronologisch aufgerollt.

    Bin begeistert von allem, was ich hier lese, war auch schon mehrfach versucht, zu kommentieren, aber irgendwie habe ich es nie geschafft. Werde allerdings vermutlich häufiger meinen Senf abgeben (sei gewarnt!), da mir längere Kommentare einfach mehr liegen als tweets. Bleib weiterhin so aktiv, du bringst mir Berlin sehr nahe, auch das, was du über deine Kunden sagst, kommt mir – in gewisser Weise – bekannt vor. Dienstleistungssektor ist sich doch irgendwie ähnlich. Auch wenn ich nur am Telefon mit Kundenanfragen zu tun habe.

    Es grüßt die Cloggerin aus HH!

  24. Sash sagt:

    Gruß zurück!
    Und freut mich, wenn Du Spaß am Lesen hast. Ein bisschen bleibt Dir ja noch 😉

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

%d Bloggern gefällt das: