Sprinter

Dann erzählte mir ein Kollege neulich von einer Tour:

“ Hab ick so’n Jungschen einjesammelt. Meent der, er müsse zur Frankfurter. War nich weit, hätter ’ne Kurzstrecke machen könn‘. Dann war’n wir an der Karl-Marx, hatte jerade mal vierachtzig auffer Uhr, springt der mir plötzlich ausse Kiste und looft. Ick hab dit erst nich‘ jeblickt, aber dann is der jeflitzt, meine Jüte! Während der da so jerannt is‘, ha‘ ick mir natürlich überlegt, ob ick de Bull’n hol’n soll. Und ick kiek den so nach, drück uffe Uhr den Fünfer weg und denk mir: ‚So wie der jeflitzt is, dit war’s absolut wert!'“

Unkommentiert stehen lassen möchte ich das keinesfalls, nicht das am Ende noch wer denkt, ich fände es auf einmal auch noch lustig, wenn Taxifahrer um ihr ohnehin knappes Geld gebracht werden. Quatsch! Das ist natürlich zum Kotzen, auch und gerade wenn es um Kleinbeträge geht. Der Typ aus der Story hätte die Strecke ja ganz offensichtlich ohnehin laufenderweise zurücklegen können 🙁
Aber auch wenn ich denke, dass die Leute, die ausgerechnet bei uns armen Schluckern noch was holen wollen, allesamt mal eine Abreibung verdient hätten, musste ich doch lachen, als der Kollege das erzählt hat. Wir haben alle lachen müssen! Ging nicht anders.

Denn auch wenn dieser Eimerkopf dieses Mal davongekommen ist: Wieso eigentlich der Ärger um die paar Kröten? Mal ’ne halbe Stunde auf die Bahn warten oder ’nen Kumpel um einen Zehner für’s Taxi anhalten ist doch für die meisten kein Problem. Wir fahren bei dem Kumpel sogar extra noch vorbei! Sich wegen sowas die Zukunft verbauen? Ernsthaften Ärger mit den Cops oder einem Gericht riskieren? Ausgerechnet einen Taxifahrer prellen, der die Kohle wirklich nötig hat? Oder panisch und abgehetzt durch Friedrichshain rennen?

Nee Leute, ganz egal wie das im Einzelfall ausgeht: Bei so einer Aktion gibt es zweifellos nur einen Dummen. Und das ist nicht der, der sich über dieses Verhalten lustig macht! 🙂

10 Kommentare bis “Sprinter”

  1. Ingmar sagt:

    Die Bezeichnung „Eimerkopf“ dürfte seinen Ursprung bei Indiana Jones haben, oder?

  2. elder taxidriver sagt:

    War gut so, den laufenlassen, weil: Ich habe mal so ein Jüngelchen über fast zwei Kilometer zu Fuß verfolgt, wegen meinem
    sofort erwachten Jagdinstinkt, als der stiften ging. Vom KaDeWe bis zum Leipziger Platz und.. weg war er. Ich hinterher,
    bis Gendarmenmarkt und dann schließlich unten im U-Bahnhof Mohrenstraße haben wir ihn gestellt, ein türkischer Kollege hatte auch noch mitgeholfen zum Schluss..Unterwegs hat er sich zweimal unter Bauwagen versteckt und ich: ‚Dich krieg‘ ich noch, wart’s nur ab‘. Der hatte nicht soviel Luft wie ich, da hatte ihm die Schnelligkeit nichts genutzt. Ich packe ihn am Revers und er‘ Nicht schlagen‘.. Aber woher denn! Und siehe da, er hatte auch genug Geld dabei. Und ich einen verstauchten Fuß.
    Aber man fühlt sich als Held (der Arbeit)..

  3. Bernd K. sagt:

    Respekt für den Humor des Kollegen!

  4. Lutz sagt:

    Ärger mit den Cops? Ja, vielleicht. Aber auch nur, wenn man sich dann auch noch blöd benimmt.
    Ärger mit Gerichten? Nö, das wird gepflegt wegen Geringfügigkeit oder mangelndem öffentlichem Interesse eingestellt, da passiert rein garnichts.

  5. Wolfy sagt:

    @Lutz:

    Auch dann nicht, wenn das öfter passiert? Oder wenn es ein bekannter Kleinkrimineller ist, der bisher nur Kleinigkeiten auf dem Kerbholz hat, das Kerbholz aber wegen der schlichten Anzahl nicht mehr vorhanden ist?
    Woran ich wieder denke… 😀

    @Sash:

    „Wir fahren bei dem Kumpel sogar extra noch vorbei!“

    Am liebsten natürlich, wenn das den Fahrpreis deutlich erhöht, was? xD
    Tut mir Leid, ich weiß, dass du es nicht unbedingt so meintest… aber irgendwie war das mein erster Gedanke bei dem Satz 😀

  6. Sash sagt:

    @Ingmar:
    Nee, die kam mir spontan. Will gar nicht wissen, was mich dazu inspiriert hat 😀

    @elder taxidriver:
    Respekt! Das ist mal ein ordentlicher Lauf! 🙂

    @Bernd K.:
    Was will man auch machen? Galgenhumor kann extrem entlastend sein 😉

    @Lutz:
    Natürlich kommt sowas vor, keine Frage. Aber die meisten würden selbst ein letztlich eingestelltes Verfahren nicht wegen Zwölffuffzich führen wollen. Natürlich versaut sich nicht jeder sein Leben mit so einem Quatsch, lohnend wird es dadurch aber immer noch nicht.

    @Wolfy:
    Klar 😀

  7. Sphen sagt:

    @ Lutz,
    naja nicht immer, es ist nunmal „erschleichen von Leistungen“, und je nach Staatsanwalt wird das auch durchgezogen, und geht vor Gericht, das kann immerhin bis zu einem Jahr geben… Wobei mir mal ein Anwalt sagte er sei sich nicht sicher ob das nicht Betrug seie, weil ein Taxi zwar als Verkehrsmittel zähle, und Teil des ÖPNV sei, aber auf der anderen Seite auch Individualverkehr…

    Egal, jedenfalls wenns das erste mal ist wird es vielleicht eingestellt, vielleicht gegen Auflagen, sollte es öfter vorkommen, wohl er nicht mehr

  8. Lutz sagt:

    Klar gibt das Fälle, wo das durchgezogen wird, aber das sind die absoluten Ausnahmen.
    Die meisten „Sprinter“ müssen ja noch nicht mal ein Verfahren „durchziehen“ – das wird noch _vor_ einem eventuellen Verfahren von der Staatsanwaltschaft begraben. Das Problem ist, das immer nachgewiesen werden muss, das beim Einsteigen ins Taxi schon die Absicht nicht zu bezahlen vorhanden war. Und das ist – mit wenigen Ausnahmen – schwierig, denn dazu reicht es nicht, das jemand das schon 10 oder 15 mal gemacht hat.
    Natürlich lohnt sich das nicht (genau wie z.B. Ladendiebstahl von Kaugummi oder sowas), aber Ladendiebstahl gibt das trotzdem – da muss man nur mal hin und wieder bei Björn mitlesen.

  9. Mausflaus sagt:

    @Sphen
    den taxifahrer um seinen lohn zu bringen ist nix anderes als zechprellerei; und das ist als betrug strafbar. gibt sogar bis zu 5 jahre… aber wegen so kleinkram macht die staatsanwaltschaft keinen finger krumm.

  10. Lutz sagt:

    @Mausflaus
    Nein, das ist in der Regel Erschleichen von Leistungen ( § 265a – und mit deutlich niedrigerer Strafandrohung), nur in Verbindung mit einer aktiven Täuschungshandlung kann daraus Betrug werden…
    Aber das sind rechtliche Feinheiten, bei denen sich Teilweise auch die Experten nicht immer einig sind.

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