Immer locker bleiben…

Immer locker bleiben! Die fantastischen Vier hatten schon irgendwie Recht!

Das gilt nicht nur für den (zumindest bei mir) immer noch desaströsen Umsatz die Tage, sondern auch für das Miteinander auf der Straße. Das Wetter wird wenigstens zeitweise wieder lockerer und einen spürbaren Effekt auf die Fortbewegung in der Berliner Innenstadt hat das natürlich auch:

Die Leute packen ihre Fahrräder wieder aus.

Im Laufe der letzten Woche war schon wieder wesentlich mehr Vorsicht angesagt als ohnehin schon im Stadtverkehr, an jeder Ecke sind einem zusätzlich zum regen Autoverkehr auch wieder vermehrt Radfahrer entgegengeschossen.

Ähnlich wie Aro finde ich zwar durchaus mal deutliche Worte für die Assis, die – gleich, welche Waffe sie wählen – Menschenleben in Gefahr bringen, halte aber nichts vom ewigen Kampf der Radler gegen die Autofahrer oder umgekehrt. Sicher, die Reibungsflächen sind groß, aber letztlich wollen wir doch eigentlich alle genau eines: Möglichst schnell und sicher ans Ziel kommen.
Ich hab schon oft geschrieben, dass ich bei aller Skepsis gegenüber Reglementierungen die StVO immer noch für eine der besten Regelsammlungen dieser Republik halte. Das mag darin begründet sein, dass ich häufig mit ihr aneinandergerate – aber es liegt auch daran, dass ich mir bewusst bin, dass der Straßenverkehr nunmal eine Gefahr darstellt, mit der man irgendwie umgehen muss.

Nach wie vor halte ich an meiner Maxime fest: Absolute Sicherheit gibt es nicht, und ich bin mir wirklich bewusst, dass ich prinzipiell mein Leben und das anderer Leute gefährde, indem ich anderthalb Tonnen Stahl mit absurder Geschwindigkeit durch einen Häuserparkour lenke. Fatalistisch könnte ich auch sagen: Irgendwann passiert sicher mal was, was will man machen? Das heisst aber nicht, dass man komplett darauf scheißen sollte, darüber nachzudenken.

Sicher, als Radfahrer hat man es gewissermaßen einfacher: Man ist mobiler, und natürlich ist man selbst nur für eine wesentlich kleinere Gruppe potenziell tödlich. Die Fälle, in denen unachtsame Radfahrer Reisebusse zermalmt haben, halten sich zweifelsohne in Grenzen. Insofern finde ich es auch gerecht, dass der motorisierte Verkehr auf unseren Straßen wesentlich stärker überwacht wird. Hier sind größere Massen im Spiel, höhere Geschwindigkeiten und letztlich auch das nicht auszumerzende gesteigerte Überlegenheitsgefühl von Menschen, deren Ersatz für eine ausgebildete Persönlichkeit eine rollende Festung mit 300 PS und Alufelgen ist.

Insofern bin auch ich als Autofahrer eher bereit, einen Verstoß gegen die Regeln einem Fahrradfahrer zu verzeihen als einem Kollegen mit Blechummantelung. Und ja: Auch ich verzichte nachts um 4 Uhr an einer unbelebten Kreuzung mal aufs Blinken und fahre hier und da mal 10 km/h zu schnell. Den Heiligenschein hab ich nicht zufällig im Kofferraum liegen lassen, ich besitze tatsächlich keinen!

Aber heute erst wieder habe ich auf der Warschauer Straße aprupt bremsen müssen, weil mir – und ja, das ist das schlimmste Klischee – ein offensichtlich betrunkener Radfahrer ohne Licht mit Bierflasche in der Hand in Schlangenlinien vors Auto gefahren ist, obwohl er Rot hatte.
Ich will dem schief grinsenden Kerl noch nicht einmal anlasten, dass er mich zum Bremsen gezwungen hat, ich bin ja schließlich verpflichtet dazu, umsichtig zu fahren – aber was wäre gewesen, wenn hinter mir ein Auto/Bus/Gefahrenguttransporter gewesen wäre?

Ich möchte hier keinesfalls „die Radfahrer“ als solches diskreditieren! Da sind ebenso wie unter den Autofahrern ein paar Idioten unter einer enormen Menge vernünftiger Leute verteilt. Aber hier wie dort fallen sie auf.

Deswegen möchte ich hier auch keine Schuldzuweisung für die teils abartigen Verhältnisse auf den Straßen tätigen. WIR als Gesamtheit sind der Verkehr und sollten darauf achten, dass wir miteinander klarkommen!

Pervers wird es in meinen Augen erst da, wo man versucht, die Gruppen gegeneinander auszuspielen. Der ADAC und der ADFC sind beides absurde Lobby-Verbände, die die Fortbewegungsart (hey, um nicht anderes geht es hier!) ihrer Mitglieder so in den Himmel loben und gegen alles verteidigen, was da kommt – auch wenn es bisweilen sehr berechtigt ist.
Es mag autofahrertypisch klingen, wenn ich es verteidige, dass die Berliner Polizei in der letzten Woche schwerpunktmäßig Radfahrer überprüft hat. Denn ja, das finde ich ok. Während ich mich beim Ausfall von einem von drei Bremslichtern gleich panisch an den Austausch mache, kommen mir Idioten mit gänzlich unbeleuchteten Rädern nachts vors Auto und pöbeln mich an, wenn ich nicht rechtzeitig bremse. Das finde ich unfair. Zumal ich sie nicht einmal anzeigen kann, weil sie im Gegensatz zu mir nicht einmal Kennzeichen haben.
Aber andererseits halte ich auch nichts davon, dass sich meine Kollegen immerfort über Blitzer beschweren. Gewiss, in der ein oder anderen Ecke ist es fies, weil man da wirklich schneller fahren könnte – vielleicht sogar sollte – aber es ist ja nicht so, dass es sich nicht vermeiden ließe, geblitzt zu werden. Gemeinhin passiert das nämlich nur, wenn man zu schnell ist…

Die Tatsache, dass zum Frühlingsstart auch mal mehr oder weniger ausnahmsweise die Radfahrer auf den Kieker genommen werden, ist bei allem, was tagtäglich da draussen passiert leider nicht so einfach mit polizeilicher Willkür abzutun, sondern es zeigt tatsächlich auf, dass es da teilweise ein wenig zu locker zugeht.
Ich meine: Hey, wir Autofahrer werden das ganze Jahr über gelasert, beobachtet, rausgewunken und kontrolliert. Das finde ich sicher genausowenig schön, wie es jetzt die Radfahrer finden. Ich wäre auch dafür, alle Kontrollen komplett einzustellen und auf die Vernunft der Leute zu hoffen. Das Ergebnis wäre aber wahrscheinlich, dass in der Innenstadt 100 km/h an der Tagesordnung wären und vom LKW- bis zum Fahrradfahrer wesentlich mehr Unfallopfer zu beklagen wären.

Bevor wir jetzt also alle auf die jeweils anderen einprügeln, würde ich sagen: Locker bleiben! Der meiste Ärger entsteht letztlich sowieso durch Missverständnisse und Unachtsamkeit. Da müssen wir nicht auch noch Krieg führen nebenher. Und wenn ich es als Taxifahrer schaffe, in zweieinhalb Jahren nur einmal mit 8km/h zu viel geblitzt zu werden, dann wird man es als Radfahrer wohl auch schaffen, ohne Rotlichtverstoß durchzukommen.

Das Krokodil

Gestern ist mir während eines Gespräches eine Geschichte eingefallen, die ich tatsächlich noch nicht verbloggt zu haben scheine. Um solche Geschichten bin ich froh, jetzt wo ich etwas angeschlagen die heimatlichen 4 Wände hüte.

Ein Kollege und ich standen am Ostbahnhof und wir beobachteten gespannt, was in der Halle vor sich ging. Dass dort am Wochenende jede Menge seltsamer Gestalten umher rennen, ist ja Standard. Dass allerdings zwei Typen, als Krokodil und Bär (bei Bär bin ich mir nicht mehr ganz sicher) verkleidet durch den Bahnhof rennen, und dabei sich selbst und andere anrempeln… das passiert selbst hier nicht jeden Tag.

Der Kollege, nicht der gesprächigste seiner Sorte, nahm das eher skeptisch wahr:

„Wat für Spinner!“

Ich hab es wie üblich eher ein bisschen lockerer gesehen:

„Ach, mal im Ernst: Interessante Fahrgäste wären es sicher. Mich würde die Story dahinter interessieren. Verlorene Wette vielleicht…“

Plötzlich kommt der Bär aus dem Bahnhof gerannt, bleibt keuchend am Taxistand stehen und meint zu uns:

„Nehmt auf keinen Fall das Krokodil mit. Der Typ hat sich schon innen in die Verkleidung gekotzt.“

Dann rennt er wieder rein…

Einer der Gründe, weswegen das Kürzel WTF eine Daseinsberechtigung hat.

Umwelt-Taxen

In den Kommentaren zu meiner Frage nach dem Sinn und Unsinn von Hummer-Fahrzeugen als Taxi ging es mehr oder weniger hoch her. Olli hat z.B. als Verfechter großer und luxuriöser Taxen gemeint:

Ein Taxifahrer als Umweltaktivist passt eben genau so wenig, wie ein Zigarettenhersteller als Unterstützer des Nichtraucherschutzgesetzes!

Diesem konkreten Vorwurf habe ich dann doch einiges entgegenzusetzen. Ich habe mich zu Beginn, als ich anfing mit Taxifahren, auch gefragt, ob sich das mit meinem Anspruch an Naturschutz und ökologisch durchdachte Lebensweise decken kann. Ich setze meine Ansprüche an mich selbst zwar so oder so leider nicht konsequent in allen Details um, aber mich hat der Gedanke gestört, nun die Ölindustrie zu stützen, die Automobilindustrie, etc.

Ganz ehrlich: Über ein für jeden Zivilisationsfreund hinausgehendes Maß tue ich das nicht. Unter der Annahme, dass ein öffentlicher Personennahverkehr auch eine Individualausführung besitzen muss, ist es eigentlich gar nicht so verkehrt, Taxi zu fahren.

Den Sinn des Gewerbes zweifel ich nicht ernsthaft an. Klar, in meiner Jugend hätte ich auch gedacht, Taxen seien nur was für Snobs und Besserverdienende, aber mein Alltag zeigt mir, dass wir tatsächlich öfter gebraucht werden. Und zwar nicht nur von Bequemlichkeitsjunkies oder selbstverschuldet im Drogenrausch gelandeten Spinnern. Die alte Oma beim wöchentlichen Einkauf, der Nachtschichtler mit beschissenem sonstigen ÖPNV-Anschluss, die nur so halbwegs kranke Mutter auf dem Weg zum Arzt oder jeder Teil der Restbevölkerung bei einem Bahnstreik: Dass es Taxen gibt, macht irgendwann mal für fast jeden Menschen Sinn.

Natürlich wirkt es in erster Linie einmal unsinnig, dass wir Fahrer die ganze Zeit in der Stadt umherfahren, um Kunden zu finden. Was für eine Spritverschwendung!
Das stimmt zum Teil, auf der anderen Seite stehen wir meist mehr als dass wir fahren (wenn wir nicht besetzt sind). Wer jetzt aber unbedacht die vielen Liter Sprit hochrechnet, die grundlos verbrannt in die Atmosphäre geblasen werden, muss im Gegenzug auch darüber nachdenken, dass es tatsächlich Leute gibt, die dank der Verfügbarkeit von Taxen kein eigenes Auto unterhalten (müssen). Und so lange man ein eigenes Auto nicht jeden Tag für die Fahrt zur Arbeit braucht, rechnet sich das durchaus manchmal. Ich hatte schon Kunden, die mir gesagt haben, sie sparen sich inzwischen das Auto und fahren dafür ein paar Mal im Monat mit dem Taxi heim, wenn sie unterwegs waren.

Autofahren ist natürlich nie „gut“ für die Umwelt. Aber gerade die Leute, die auf die Anschaffung eines Autos verzichten, sind letztlich die, die sich – natürlich auch weil Taxen teuer sind – nur bei einem tatsächlichen Notfall (=notwendiger Fall) dafür entscheiden, Auto zu fahren. Gerade in einer vom öffentlichen Nahverkehr gut erschlossenen Großstadt wie Berlin schließen Taxen die letzte Lücke, um ein persönlich autofreies Leben zu ermöglichen. Mache ich zum Beispiel ja auch so. Ich hab nur das Glück, dank meines Jobs fürs gelegentliche Taxi vom Ikea nach Hause nix zu zahlen, weil ich es selber fahren kann.

Von den Kunden richtig genutzt ersparen Taxen die Produktion von Autos, deren Unterhalt und wahrscheinlich sogar eine Menge Sprit, weil wir durchschnittlich weniger „unsinnige“ Leerkilometer fahren, da wir oftmals nach der Tour weitere Kunden in der Umgebung aufnehmen, während man privat ja immer z.B. nach Hause fährt.

Zugegeben: Taxen umgibt immer noch diese Aura des unbezahlbaren Luxus, der eigentlich gemacht ist für die Geschäftsmänner, die den Fuffi auch noch schnell mit auf die Rechnung des Millionendeals aufschlagen.
Tatsächlich sind wir längst Massendienstleister. Wer ein Taxi nutzt, wenn es nötig ist, vielleicht sogar mal nicht nur alleine, der gönnt sich im Prinzip wesentlich weniger Luxus als derjenige, der sich für ein paar wenige Fahrten ein Auto anschafft.
Wenn man es mal veranschaulichen will: Was ist Taxifahren anderes als Car-Sharing mit Fahrpersonal?

Dass die Kunden natürlich angemessen transportiert werden sollen, steht außer Frage. Und ob man persönlich den Luxus höher wertet als die Umweltfreundlichkeit, das bleibt (leider?) den Kunden überlassen.
Natürlich muss man als Fahrer in dem Wagen bequem sitzen und seine Arbeit vernünftig erfüllen können, und natürlich sollten die Kunden auch entsprechend der aktuellen Mögichkeiten sicher sein. Tatsächlich aber erfüllen alle Anforderungen an einen vernünftigen Taxenverkehr sowohl mein Opel Zafira, der Dacia vom Taxiblogger, Klaus und Torstens E-Klassen sowie der Hummer mit dem mir noch unbekannten Fahrer.

Die Erwartungshaltung der Kunden ist letztlich aber sowohl der individuelle Grund zur Taxenwahl am Stand, als auch (wenn sich beispielsweise bestimmte Autotypen als zu unbeliebt erweisen würden) für die Anschaffungen der Betriebe.
Was den meisten Kunden nicht bewusst ist: Taxifahren ist nicht so teuer, weil man dann endlich mal in einem Mercedes mitfahren kann – Taxifahren ist in erster Linie teuer, weil man einen Fahrer dazu bekommt, der seinen Lebensunterhalt mit diesem Job verdient. Bei einer normalen Taxifahrt kostet alleine der Fahrer etwa die Hälfte, wenn nicht mehr. Wenn man dann die Unterhaltskosten und die Firmenkosten dazuzählt, stellt man fest, dass ein Auto mit Fahrer eben seinen Preis hat, und man nicht teuer für den Weg bezahlt, weil da jemand einen besonderen Luxus anbieten will – die Unterschiede zwischen den Autos würden den Tarif nicht groß verändern.

Mein Chef vertritt die Meinung, im Grunde seien die Taxen fast allesamt übermotorisiert. Er schafft eigentlich nur noch Opel und VW neu an, und ich finde seine Einstellung diesbezüglich sehr lobenswert. Denn es ist natürlich ein (vielleicht kleiner) Beitrag zum Umweltschutz, auf die ganz großen Kisten zu verzichten. Egal, ob das privat oder geschäftlich ist.

Ergo: Taxen können gerade aus Umweltschutzgründen ein sinniges Angebot sein. Ob das aber so ist, liegt letztlich auch am Kunden.

Olli darf meinetwegen gerne weiter mit dem Hummer fahren. Wenn ihm der Luxus so wichtig ist, dann ist das sein gutes Recht. Die Frage, ob Taxifahren umweltfreundlicher sein kann, berührt das indes nicht. Das hat man als Kunde selbst in der Hand, denn wir Taxifahrer fahren ja nicht grundlos durch die Gegend. Wir tun es für unsere Fahrgäste, und zwar letztlich genau so wie sie es wollen.

Mittendrin statt nur dabei

Das ist ein Slogan, der aufs Taxifahren wesentlich eher zutrifft als aufs Sportfernsehen. So manches Mal ist man mitten drin in einer Party, einer Beziehungskrise oder einer spannenden Diskussion. Manchmal auch durchaus ungewollt.

Im Großen und Ganzen weiß ich zu schätzen, dass die Leute in der gefühlten Anonymität des Taxis mal eben alles loswerden, was sie bedrückt – oder weiterfeiern als wären wir noch im Club. Neulich hatte ich erst ein Gespräch mit einer Psychologin (Wofür Termine? Die fahren ja auch Taxi 😉 ) und die meinte, ich hätte ja den großen Vorteil, keine Schweigepflicht zu haben. Oh ja, was würde mir mein Blog fehlen, wenn es so etwas gäbe!

Aber alles ausplaudern kann ich auch nicht. Ich würde ja gerne erzählen, bei welchem Verein der Fußballer kickt, der hackevoll vom Matrix zur Bank gefahren werden wollte und erklärte:

„Ich verdien 500.000 € im Jahr. Ist mir doch egal, was die Fahrt kostet!“

Da gibt es natürlich Grenzen. Oder die Mitarbeiter einer großen Firma, die über einen Kollegen sagten, dass sie es nicht aushalten würden, wie dieser direkt gegenüber der Firma zu wohnen und auf den Schriftzug des Arbeitgebers zu blicken… das sind so Dinge, die ich in ihrer ganzen Pracht dann doch auch alleine genießen muss – alles andere wäre unfair!

Was ich aber kann – und darüber bin ich sehr froh! – ist, obwohl in einer Beziehung lebend, darüber reden, dass ich derletzt nach langer Zeit mal wieder einen Kuss als Dankeschön akzeptiert habe für eine Anfrage nach einer Adresse. Ist vielleicht ein bisschen viel Mittendrin, aber Spaß muss bekanntlich sein 😉

Neujahr, 4:23 Uhr

Ich erkläre dem älteren Ehepaar in der Edisonstraße, dass ich nicht so langsam fahre, weil die Straße rutschig ist, sondern weil die Typen da vorne Böller unter fahrende Autos zu schmeißen versuchen. Einer der Vorteile, wenn man mehrmals die selbe Strecke fährt.

Dieses Mal sind die drei damit beschäftigt, sich von einem unbequem lauten Mann zusammenbrüllen zu lassen. Haben gelacht. 2 € Trinkgeld.

Abgefahrene Regelauslegung

Also ich kenne das ja: Man schnappt sich als Taxifahrer Kunden so schnell und einfach es nur geht. Und man überlässt sie ungern den Kollegen. So sehr man sich vielleicht bei Freunden mit ihnen freut, letztlich hätte man die Touren immer gerne selber, schließlich bedeutet jeder einzelne Kunde mehr ein höheres Einkommen.

Auf der anderen Seite hält man sich an die Regeln. Man klaut keine Touren und man überholt Kollegen nicht. Die Einhaltung der StVO in rudimentärer Form sollte ebenso als gegeben gelten. Insofern hat der Kollege neulich in Weissensee eigentlich alles richtig gemacht. Ein bisschen zum Staunen gebracht hat er mich allerdings schon.

Ich kam gerade, es war am Wochenende in den frühen Morgenstunden, die Rennbahnstr. vom Pasedagplatz in Richtung Berliner Allee angefahren. Am Straßenrand gegenüber steht ein Kollege, bei dem gerade Kunden das Fahrzeug verlassen. Viel dabei gedacht habe ich mir nicht. Als die Kunden ausgestiegen sind, hat er plötzlich wie blöde rückwärts beschleunigt.

Während ich mit 45 bis 50 gemütlich die Straße langgefahren bin, rast mir auf der Gegenfahrbahn der Kollege mit etwa 60 Sachen im Rückwärtsgang davon. Das ist irgendwie dann selbst für Berliner Verkehrsverhältnisse ein eigenartiges Bild. Zunächst blieb mir seine Motivation unklar, nach etwa 200 Metern oder so hab ich dann allerdings auch gesehen, dass am Straßenrand auf seiner Seite Kunden stehen, die er sich dann gekrallt hat.

Jetzt muss ich dazu aber schon sagen, dass es eine ziemlich abgedrehte Reaktion war. Klar, wahrscheinlich hat er den Kunden vorher schon zurückgewunken und sich innerlich schon ausgemalt, wohin sie wollen und wie viel Geld am Ende für ihn übrig bleibt. Ob man jetzt deswegen beweisen muss, dass man im Zweifelsfall für ein paar Euronen wie ein Bekloppter fährt, wage ich zu bezweifeln.

Und ich als direkte Konkurrenz muss in diesem Fall auch mal klarstellen, dass man gelegentlich einfach mal potenzielle Kunden sieht, die man dann leider nicht im Auto sitzen hat. Das ist ein normaler Vorgang, und schon aufgrund des Blutdruckes sollte man sich in dem Job irgendwann mal damit abfinden.

Wirklich lustig macht die Geschichte dann allerdings der letzte kleine Fakt – der dem Kollegen natürlich nicht bekannt war: Meine Zeit an dem Morgen war um. Ich musste schleunigst in den äußersten Süden des Bezirks und hatte mal sowas von Null Interesse an einer weiteren Tour Richtung Heinersdorf oder gar noch weiter weg…

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Eigentlich…

wollte ich heute Nacht schon rumheulen, dass ich gerade keine vernünftige Kamera habe. Ich hatte vor, ein Fahrrad zu fotografieren, das an einem Taxihaltenschild am Ostbahnhof angeschlossen ist. Darüber gibt es bisweilen ja mal Dispute.

Witzig wäre die Geschichte dadurch geworden, dass der betreffende Fahrradfahrer kein Unbekannter war, sondern Hans-Christian Ströbele. Allerdings hatte ich ja eben keine Kamera, und auch Ströbele hat von seinem Vorhaben abgelassen und sein Rad letztlich mithilfe eines Kollegen im Kofferraum eines B-Zafira-Taxis verladen.

Nun war dieser B-Zafira allerdings nicht meiner, und die beiden haben sich auch nur unwesentlich ungeschickter beim Verladen angestellt als ich beim ersten Versuch, ein Zweirad bei mir im Auto zu verstauen. So gab es also gar keinen Grund mehr, überhaupt was darüber zu schreiben. Irgendwie dumm gelaufen.

Und was zur Hölle steht jetzt hier?