Und ich dachte, ich wäre manchmal komisch…

Ich hatte die dritte der Biermeile geschuldete Fahrt in der Nacht. Dieses Mal so, wie man es sich vorstellt: Prolls von außerhalb, der einzige Ortskundige war der einzige über 3 Promille. Die Fahrt war recht kurz und bis vor dem Ziel herrschte Konfusion ob der Location vor, die die Jungs noch besuchen wollten.

Naja, ich hab sie mitten im Kneipenviertel Friedrichhains rausgelassen, sie waren zufrieden und gut gelaunt. Der „Spacko“ (so wurde er von seinen Kumpels genannt) in der letzten Sitzreihe hat sich wider leider sehr glaubhafter Versprechen nicht eingenässt und die Bezahlung glich wie fast immer in dieser Nacht einem langatmigen Trauerspiel ohne den Akt mit dem Trinkgeld. Naja, 7,50 € sind 7,50 €…

Die Jungs waren ausgestiegen, bedankten sich mehr als überschwänglich, wünschten mir viel Spaß und Glück und überhaupt und sowieso. Ich hab die Zeit dann gleich genutzt, um die hinteren Sitze wieder einzuklappen und mich nach deren Verschwinden noch dreißig Sekunden mit dem Notieren der drei Eckdaten der Tour befasst.

Während ich das tat, meldet sich eine schrill-begeisterte weibliche Stimme links von mir und bittet mich auf Englisch, die Scheibe ein wenig runterzumachen. Ich bin ihrem Wunsch mit gepflegtem wtf-Blick nachgekommen und wartete auf sowas wie eine Preisabfrage oder eine der üblichen, eigentlich recht kuriosen Anfragen, ob ich denn (ich, als Taxifahrer!) irgendwelche Adressen anfahren würde. Aber weit gefehlt: Die junge Dame hatte ein ganz anderes Anliegen. Sie wollte mich nämlich küssen…

„Das meint die jetzt nicht ernst, oder?“

war so der ziemlich einzige Gedanke, den ich zu dem Zeitpunkt hatte. Was soll ich sagen? Sie hat es doch ernst gemeint… und ich kann nicht behaupten, dass mich die Aktion nicht irgendwie irritiert hätte. OK, sie ist dann artgerecht von einer Freundin weggetragen worden, aber mal im Ernst: Wie viele Menschen rennen nachts durch die Stadt und wollen Taxifahrer küssen?

Und wie immer in kuriosen Situationen stellt man im Nachhinein fest, dass man schlagfertiger sein sollte. Ich hätte zum Beispiel das Taxameter anschalten können. Dann wäre ich zumindest nicht mehr der einzige mit einem dämlichen Gesichtsausdruck zu dieser Zeit in Friedrichshain gewesen…

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5 Kommentare bis “Und ich dachte, ich wäre manchmal komisch…”

  1. Marcus sagt:

    Der letzte Abschnitt riecht doch wieder stark nach….Junggesellenabschied ( öhm, nennt man doch in der weiblichen Form auch so oder? ) oder sowas.

  2. Aro sagt:

    Küssen als Wartezeit berechnen, herrlich. Richtig lohnen tut es sich aber erst bei einer ganzen Nacht 😉

  3. Sash sagt:

    @Marcus:
    Kann schon sein – ich werde es wahrscheinlich nie erfahren…

  4. Sash sagt:

    @Aro:
    Ja, aber find mal in unserer Tarifordnung den Punkt „andere Gefälligkeiten“ oder so… ich finde es auch erschreckend, aber mir scheint fast, die wollen, dass wir nur Geld kriegen, wenn wir auch das Auto bewegen. Unheimlich, nicht wahr?
    Und nicht mal für schnelle Schaukel-Bewegungen hab ich was gefunden…

    Ach so, und das mit der Nacht: ALLES erlaubt Ozie mir dann auch nicht 😉

  5. […] bin ich sehr froh! – ist, obwohl in einer Beziehung lebend, darüber reden, dass ich derletzt nach langer Zeit mal wieder einen Kuss als Dankeschön akzeptiert habe für eine Anfrage nach einer Adresse. Ist vielleicht ein […]

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