Scheint, als könnten wir uns langsam wieder an Plusgrade gewöhnen. Trotz meinem Hang zur winterlichen Jahreszeit freue ich mich darüber. Der Frühling ist einfach eine zu schöne Jahreszeit, kaum etwas daran, das nicht schön ist: Erträgliche bis angenehme Temperaturen, ein Wiedererwachen der Natur und der ein oder andere Sonnenaufgang zur Arbeitszeit. Mit einem Wort:
Hach.
Uns Autofahrer in Berlin erwartet nun allerdings auch wieder der Anstieg des Fahrradaufkommens, was nach wie vor gemischte Gefühle hervorruft. Genau genommen hat mich in meiner Frühlingsvorfreude vorgestern diese Polizeipressemeldung wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt: Gefahrenbremsung wegen Radfahrer – Mehrere Busfahrgäste verletzt.
Wer hier länger mitliest, weiß dass mir dieser Kleinkrieg zwischen Fahrradfahrern und Autofahrern auf die Nerven geht. Ich als Taxifahrer bin ja ebenso Mitglied einer Gruppe von Verkehrsteilnehmern, denen gerne besondere Rüpelhaftigkeit im Straßenverkehr nachgesagt wird, ich verstehe also durchaus, dass es enervierend ist. Noch dazu sind bei dieser Posse um richtiges Verhalten im Straßenverkehr ausgerechnet zwei der beklopptesten Lobbyverbände in Deutschland involviert, die ich für fast jedes Statement in die Tonne kloppen könnte:
Auf der einen Seite der ADFC, der grundsätzlich nicht wahrhaben will, dass es eine Menge Probleme im gemischten Verkehrsraum gibt und Schuldzuweisungen an Radfahrer grundsätzlich damit zurückweist, dass die Autofahrer ja mindestens genauso schlimm sind und spezielle Kontrollen für Radfahrer natürlich willkürliche Gängelung sind, während Autofahrer ja viel zu selten mal geblitzt werden würden und so…
Der ADAC als Autofahrervertretung indes wartet mit seiner absurden Haltung auf, schnelles und unkompliziertes Autofahren sei ein Grundrecht und schon beim Aufstellen von Geschwindigkeitsbegrenzungen einen Abgesang auf die deutsche Automobilindustrie anfängt, wenngleich es eigentlich um Unfälle mit Fahrradbeteiligung ging.
Das ist jetzt mal sehr oberflächlich ausgedrückt, ich hab mir keine O-Töne besorgt, aber das war so der Grundtenor, der mir in den letzten Jahren aus der Presse entgegengeschwappt ist.
Ich stelle das deswegen voran, weil ich im Grunde als Wort zum Frühling ausrufen möchte:
Radfahrer, reißt euch bitte am Riemen!
Denn diese Aussage ist, so ernst sie gemeint ist, keine Rechtfertigung für blödes und gefährliches Verhalten von Autofahrern, kein Hass auf Radfahrer, sondern sie soll nur genau eines ausdrücken:
Reißt euch bitte am Riemen!
Wir hatten doch alle irgendwann mal so eine Art Verkehrsschulung. Auch ohne Führerschein. Und auch wenn wir alle viel vergessen haben, so halten wir uns doch einfach an § 1 der StVO, der vollumfänglich dieses aussagt:
(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.
(2) Jeder Verkehrsteilnehmer hat sich so zu verhalten, daß kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.
That’s all. Vom ein oder anderen kleinen Fehler mal abgesehen erwarte ich nichts anderes von den Leuten um mich herum und das sind auch die Regeln, an die ich mich zumindest halte, sobald ich sie vielleicht woanders mal übertrete.
Wir wollen alle ans Ziel, alle möglichst schnell und stressfrei. Das jedoch geht nicht für jeden unbegrenzt. Wir müssen aufeinander Rücksicht nehmen – und zwar gegenseitig. Niemand ist per se böse, weil er ein bestimmtes Fahrzeug bevorzugt, wir müssen diesen Krieg nicht führen, es geht eigentlich wesentlich gelassener. Ich versuche, meinen Teil dazu beizutragen und ich freue mich über jeden, der es auch tut. Auch wenn er letzte Woche aber mal einen total miesen Radfahrer/Autofahrer/LKW-Fahrer/Fußgänger oder Großtankerkapitän gesehen hat!
Warum richte ich mich an die Fahrradfahrer?
(Wenn es mir doch so egal ist, was jemand fährt…)
Ganz einfach: Mit euch hab ich den meisten Ärger! Wenn es mit anderen Autofahrern mal knallt, dann ist es in der Stadt meist ein bisschen Blechschaden und wenn ich nicht schuld bin, kostet mich das nichtmal viel. LKW-Fahrer sind nachts zu selten auf der Straße unterwegs, als dass sie mir oft gefährlich werden und die oben erwähnten Großtanker kreuzen meinen Fahrtweg nur, wenn ich ohnehin ganz andere Probleme habe. Die Fußgänger sind zwar Nachts auch oft wandernderweise auf der Straße unterwegs, allerdings im entsprechenden Zustand meist recht träge – und sie treten fast immer an Stellen auf, wo ich sie erwarte (vor Clubs und Bars beispielsweise).
Fahrradfahrer aber sind ggf. auch unter Drogen noch flott unterwegs und schießen an jeder x-beliebigen Kreuzung irgendwann mal in Sekundenbruchteilen auf die Fahrbahn. Und wenn dabei wirklich mal was passiert, dann hab ich die Sauerei mit der Leiche und ich bin mir sicher, dass sich so ein Trauma nicht von einem richterlichen Freispruch beeinflussen lassen wird.
Deswegen.
Und hey: Ich bin es gewohnt, noch schneller zu sein als ihr und kann mich trotzdem an Ampelphasen halten. Ich trinke gerne mal ein Bier, verzichte dennoch darauf, wenn ich Auto fahre. Und ich bin auch schon Fahrrad gefahren. Ich weiß, dass ein Licht bezahlbar ist und dass man ohne Bierflasche mit einer Hand wirklich total easy und für alle sichtbar einen Richtungswechsel anzeigen kann. Ist auch gar nicht so peinlich, wenn es alle machen 😉