Was ich gerne mal wissen würde …

Nämlich: Wie hoch ist wohl die Wahrscheinlichkeit dass das LDS-Taxi auf der Warschauer Brücke mit 7,20 € auf dem Taxameter gerade dabei war eine legale Tour zu absolvieren?

Ich weiß, es kann sein. Aber mich würde einfach mal interessieren, ob die Wahrscheinlichkeit dafür bei 2% liegt oder bei 0,02% …

Ständige Vorsicht …

erfordert die Teilnahme im Straßenverkehr ja schon laut StVO. Und das ist echt eine fiese Geschichte. Denn natürlich: Je mehr man im Auto sitzt, je öfter, länger, weiter man fährt, desto unachtsamer wird man. Und da muss man als Fahrer im Grunde ständig gegen anarbeiten.

Allerdings hab ich da als Taxifahrer großes Glück. Wir haben zwischen unseren Touren (viel zu) oft Pausen, Ruhezeiten, Ablenkung. Im Schnitt trete ich mindestens jede zweite Tour nach einer längeren Pause an – also zumindest lang genug für einmal Aussteigen, eine Zigarette oder gar einen Kaffee. Man startet 5 bis 10 Mal quasi völlig von null an und ist wieder konzentriert. Und da ich merke, wie selbst ich mich manchmal von der Routine ablenken lasse, hab ich auch verdammt großen Respekt vor den ganzen LKW-Fahrern da draußen, die teils stundenlang am Stück hinterm Steuer sitzen. Und wesentlich monotonere Fahrten haben als wir. Es wird oft über schlimme Unfälle berichtet, tatsächlich müssten es der schwierigen Verhältnisse wegen etliche mehr sein, wenn da nicht überwiegend kompetentes Personal unterwegs wäre.

Ich hatte bislang zum einen immer Glück, zum anderen – ebenso glücklich wahrscheinlich – schnelle und vernünftige Reaktionsmuster zur Hand. Trotz meiner paar hunderttausend Kilometer Fahrerfahrung (schätze, ich bin irgendwo zwischen 400 und 450k) hab ich keine Ahnung, woher das kommt. Ja, ich hab mit fast jedem länger genutzten Auto mal eine Vollbremsung testweise gemacht und nach einem eisigen Winter voller waghalsiger Experimente zu tiefer Nachtstunde kann man das Verhalten eines Autos ganz gut einschätzen. Dass ich das bisher immer genau richtig umgesetzt habe, ist indes einfach nur Glück gewesen.

So im Grunde auch neulich.

Ihr müsst wissen, dass ich mir als Taxifahrer eine seltsame Fahrweise angeeignet habe – nämlich eine, die nur sehr vorsichtiges Bremsen beinhaltet. Mal abgesehen davon, dass unser Auto immer mal wieder beim Bremsen Geräusche gemacht hat im Laufe der Jahre – so zackiges Bremsen kommt auch nicht gut. Es wirkt wesentlich ruhiger, eleganter und professioneller, wenn man das Fahrzeug ohne Ruck zum Stehen bekommt und keine Hektik walten lässt – so wie man wohl auch beim Schalten besser nicht hakelt.

In Kreuzberg wäre mir neulich allerdings fast genau das passiert, was einen ehemaligen Mitbewohner von mir schon mal in ziemliche finanzielle Schwierigkeiten gebracht hat:

Ich fuhr als zweiter zum Rechtsabbiegen an die Kreuzung heran und sah, dass der Fahrer vor mir freie Fahrt hatte. Er löste auch die Bremsen und fuhr los. Ich hab die Kiste ebenfalls anrollen lassen und mich fast umgehend nach links orientiert. Klar, ich wollte sehen, ob irgendwelche Radfahrer, Autos oder Fußgänger mich an der Weiterfahrt hindern würden. Das kann man im Prinzip unter vorbildliches vorausschauendes Fahren einsortieren, allerdings nur, wenn man – anders als ich eben – das unmittelbare Hindernis nicht ganz aus den Augen verliert: Den Wagen direkt vor der eigenen Motorhaube!

Der nämlich hat aus einem mir nicht ersichtlichen (und vielleicht ja tatsächlich unsinnigen) Grund plötzlich gebremst. Als ich den Blick wieder auf ihn gerichtet habe, waren ungefähr noch gefühlte minus 20 Zentimeter Platz. Auch nach Jahren schätze ich die von innen unsichtbare Schnauze unseres Autos immer noch länger ein als sie ist …
Bevor ich auf die Bremse trat, hörte ich jedenfalls schon das Krachen von gefaltetem Metall und gesplittertem Plastik.

Meine Fahrgäste hörten nichts und fanden sich etwa 0,4 Sekunden später mit sicher ziemlich lustigen Gesichtsausdrücken in den Sicherheitsgurten hängend, als ich mich schon wunderte, weswegen der Wagen vor uns nicht langsam mit blinkenden Lichtern und eingedellter Stoßstange auf die Kreuzung rollte.

Ich – und natürlich die neuen Bremsen der 1925 – hatten es glücklicherweise einmal mehr geschafft. Ich würde wetten, dass der Abstand am Ende so gering war, dass die Besatzung des vorderen Wagens den Ruck durch den Luftdruck zwischen unseren Autos gespürt hat. Wenn da 2 Zentimeter Rest waren, dann weil die Autos irgendwie schräg zueinander standen.

So war die Schicht dann doch nicht zu Ende, nur ein kleines „Sorry“ an die Fahrgäste hatte ich zu entrichten. Die nahmen es allerdings gelassen und so ging es dann weiter wie geplant. Ich hoffe nun zum einen natürlich, dass mein Glück mich nie verlässt. Zum anderen bin ich sicher auch mal wieder eine Weile vorsichtiger als sonst unterwegs. Aus Gründen, wie man so schön sagt …

Voll am Rad drehen

Ich bin im Grunde ja einer der Menschen, die im Laufe der Zeit vergessen, wo ihre Hupe ist. Mal abgesehen davon, dass man sie nachts eh seltener als tagsüber einsetzen sollte: ich reagiere auch einfach nicht so sonderlich emotional im Verkehr. Die Hupe ist ja von ihrer ursprünglichen Verwendung als Warnsignal weit weggerückt. Meist wird sie inzwischen nur noch als Signal für Wut verwendet, was ihre Einsatzmöglichkeiten für mich weiter einschränkt. Ich hab beispielsweise noch nie jemanden gesehen, der die Hupe ordnungsgemäß außerorts zum Ankündigen eines Überholvorgangs (StVO §16 (1)) verwendet. Und der letzte, der es versucht hat, wurde wahrscheinlich von der Straße gedrängt, verprügelt und verbrannt.

Wenn ich sie allerdings benutze, dann achte ich auch nicht auf die strikte Verkehrsgefährdung im eigentlichen Sinn, sondern verwende sie als Hinweis. Im klassischen Fall z.B., wenn andere Verkehrsteilnehmer an einer grünen Ampel stehenbleiben. Passiert mir vielleicht einmal pro Halbjahr.

Jetzt war ich vorgestern ja auch mal wieder bei Tageslicht unterwegs und stand an einer Linksabbiegerampel, an der es sich gestaut hat. Ist natürlich immer blöd, aber gehupt habe ich nur, weil der Fahrer vor mir nach wirklich 3 Sekunden noch nicht losgefahren war und den Kopfbewegungen nach auf der anderen Straßenseite was gesucht hat, es also einfach nicht mitbekommen hat. Ich hätte ihm die Zeit dazu gerne gegönnt, aber er hatte eh keine Wahl mehr, sich zu entscheiden und hinter mir standen nochmal 20 Autofahrer, die auch gerne vorwärts gekommen wären. Ein kurzes Hupen im Sinne von

„Ey, guck mal: so langsam sollteste mal …“

hielt ich für halbwegs angemessen.

Er nicht wirklich. Was genau er in seinem Auto gemacht hat, kann ich von hinten nur schlecht sagen. Auf jeden Fall hat er auf sein Armaturenbrett getrommelt, den Kopf wild hin und her geworfen, anschließend mit den Armen herumgefuchtelt und ist dann mit quietschenden Reifen in Schlangenlinien über die Kreuzung geprescht und mit einer Geschwindigkeit davongerast, dass ich ihn nach 30 Sekunden aus den Augen verloren habe.

Verständis fürs Erschrecken: check!

Verständnis für Verärgerung: Naja, … mh gut – check!

Verständis für DIE Aktion: Äh, nö?

Mir egal …

„Ich halte dann mal hier an der Einfahrt, dann steh ich nicht so blöd im Weg rum.“

„Wenn’s Dir wichtig ist. Mir egal.“

War eine Durchfahrtstraße mit einer gesperrten Spur. Ich kann es nicht beweisen, aber ich vermute, die Leute, denen das auf dem Rücksitz am egalsten ist, hupen im Auto hinter mir immer als erste … 😉

Taxistand. Taxistand! TAXISTAND!!!

Ich bin wirklich keiner dieser sturen Rechthaber, die immer alles nach ihren Wünschen und ihrem Wissen durchprügeln müssen. Gerade im Verkehr. Im Grunde gibt es für mich eine einzige wirklich entscheidende Verkehrsregel. Und das ist witzigerweise die erste überhaupt: Straßenverkehrsordnung, §1:

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.

(2) Jeder Verkehrsteilnehmer hat sich so zu verhalten, daß kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

Ich bin mir sicher, dass 95% allen Ärgers vermieden werden könnten, würden wir uns alle an diese Regel halten. Aber das ist natürlich Auslegungssache, weswegen wir all die anderen Paragraphen gleich noch miterfunden haben.

Die Halte am Ostbahnhof ist bekloppt. Ich habe das die Tage erst ausgesprochen und von einem Kunden (der dann bei einem Kollegen einstieg) bestätigt bekommen. Wir müssen an dieser Halte nämlich wenden. Das wird schon dadurch erschwert, dass auf der zu erreichenden Seite direkt an den Taxistand eine Halte für Einsatzwagen der Polizei grenzt. Dieses Problem ist rein geometrischer Natur – auf den letzten Platz der ersten Rücke könnten wir einfach leichter vorrücken, wenn der Platz frei wäre.

Das war er auch, als ein Kollege zum Blinken und Herüberrücken ansetzte. Doch dann geschah das hier:

Polizeifahrzeug parkt am Taxistand

„Weg gegangen Platz gefangen, nänänänänänä!“ Quelle: Sash

Ein Polizist hielt eben mal kurz am Taxistand (die Trennung zwischen den beiden Ständen ist das Schild hinter dem Corsa!) und ging in den Bahnhof. Der Kollege vor mir hatte ziemlich zu rödeln, um sein Auto (hier inzwischen vor dem Polizei-Corsa) zu wenden. Schließlich war er auf der anderen Seite (die, von der aus ich das Foto gemacht habe) bereits so weit vorgerückt, dass er vor dem Polizei-Bus hätte bequem einscheren können.

Aber man nimmt das ja mal hin. Abgesehen davon, dass man sich ungerne mit der Exekutive direkt anlegt. Man weiß ja auch nicht: Ist das wichtig? 5 Minuten später kam der blaubefrackte Scheinkollege dann zurück. Mit einer McDonalds-Tüte. Fragwürdig genug. Nun aber dauerte es zwei (zwei! ZWEI!!!) Minuten, bis er den Corsa aus der engen (siehe Foto) Lücke herausmanövriert hatte und mich derweil am Wenden hinderte …

Ja, die Polizei hat wichtige Dinge zu erledigen. Klar. Da werden wir uns drauf einigen können. Aber wenn es ums Essen geht, dann wäre es doch schön, wenn diejenigen die Plätze nutzen, die damit auch umzugehen wissen und dazu befugt sind. Und manchmal sind das eben auch wir Taxifahrer …

Park-Philosophen

Aus der Erzählung eines Fahrgastes:

„Früher war hier nicht alles zugeparkt. Dafür sind die Autos da teilweise ganz schön durchgerauscht. Da hab ich mich mal ans Ordnungsamt gewandt, ob wir hier vielleicht so Schwellen kriegen. Dann haben die mir gesagt, dass sich das durch die Leute, die auf der Straße parken, ohnehin bald beruhigen würde. Im Ernst: Das war die amtliche Ansage – das ist so gewollt. Da hab ich eine Kopie davon und die verwende ich jetzt jedes Mal, wenn jemand vom Ordnungsamt oder der Polizei Probleme mit meiner Park-Philosphie hat …“

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Gestern Nacht im Taxi

Heute ist so ein Morgen, der sich anbietet, über Schönheit zu sprechen.

Hat wer von euch heute die Möglichkeit gehabt, das Gewitter zu genießen?

Ich weiß, es wird hier und da auch große Schäden angerichtet haben. Aber es war ein so endgeiles Naturschauspiel, ich bedauere jeden einzelnen, der das verpennt hat. Und ehrlich: Ich hab schon einiges gesehen an Gewittern. Was da heute Nacht um die vierte Stunde herum in Berlin los war, ist kaum in Worte zu fassen. Während ich mich mit einem ebenso naiv begeisterten Fahrgast über die Wassermassen gefreut habe, meinte auch er:

„Das kannste keinem beschreiben. Wenn Du das so erzählst, glaubt es Dir wieder keiner!“

Meine knuffige kleine 1925 war eines der letzten Fahrzeuge, das die Landsberger Allee vor ihrer Vollsperrung passiert hat. Hinter uns das Blaulicht, unter uns locker 30 cm Wasser und seitwärts 5 Meter hohe Fontänen. Wer hätte gedacht, das kleine Opelchen mit 343.000 Kilometern auf dem Tacho noch ihr Seepferdchen machen können? Und das waren die Stellen, an denen man wenigstens „schnell“ fahren konnte. Lange Zeit davor lag die Sichtweite unter 20 Metern, das Fahren war anspruchsvoll und von Vorsicht geprägt, nach und nach fielen zudem etliche Ampelanlagen in ganz Berlin aus …

Es war schlicht und ergreifend eine totale Ausnahmesituation. Die Menschen standen dicht gedrängt unter allem, was irgendwie nach Regenschutz aussah und wir Taxifahrer hatten natürlich Umsätze, die denen an Silvester in nichts nachstanden. Aber jeder klatschnasse und spontan von seinen Abendplänen befreite Fahrgast war irgendwie viel eher inspiriert, happy oder ehrfürchtig. Wut aufs Wetter hab ich kein einziges Mal vernommen. Da kam einfach an vielen Enden das Berlin durch, das ich so schätzen und lieben gelernt habe: Die Lockerheit, die Unbeschwertheit und sicher auch manchmal Pragmatismus. Allesamt Sachen, die ich mir auch auf meine Fahnen schreiben würde.

Ganz trocken hab ich die Schicht nicht überstanden, hier und da musste ich auch mal von außen die Kindersicherung auf der linken Seite lösen. Auch das Auto sah aus wie Sau, mal davon abgesehen, dass ich heute ohnehin wieder Schweine sondersgleichen in der Karre hatte. Aber das kommt alles noch. Zurück bleiben an einem Tag wie heute eigentlich nur bombige Impressionen, Bilder von Blitzen, Wassermassen, überforderten Scheibenwischern und durchnässten Fahrgästen. Und natürlich ein Bombenumsatz. Hatte ich schon erwähnt, dass ich für diesen Spaß bezahlt werde? 😉